KPÖ vor Parteitag

Laut aktuellen Aussagen von KPÖ-Bundesvorsitzenden Günther Hopfgartner fehlt der KPÖ ein gemeinsames Verständnis, „warum es eine kommunistische Partei braucht“. Er selbst schlägt vor, die Partei als Organisation für diejenigen zu sehen, die „es sich nicht selbst richten können“. Die Praxis, die sich daraus ableitet, ist in erster Linie karitative Wohltätigkeit, während gleichzeitig einer Auseinandersetzung mit den Bürgerlichen aus dem Weg gegangen wird. Das schwächt die KPÖ selbst auf parlamentarischer Ebene. Von Christoph Pechtl.
Als Vorzeigemodell gilt Genossen Hopfgartner die „Pizza-Comunista“-Initiative, bei der KPÖ-Gemeinderäte regelmäßig gratis Pizza backen und verteilen. Nur so könne „Solidarität praktisch erlebt“ werden. Dahinter steckt Misstrauen in die Fähigkeit, dass Kommunisten reale gesellschaftliche Konflikte politisch anstoßen, organisieren und gewinnen können.
In der Praxis führt dies in den parlamentarischen Vertretungen zur Selbstauslieferung an die Bürgerlichen, gerade dort wo man in der Regierung ist, so in Graz und Salzburg. Die Stadt Graz wird gezwungen, ständig Einsparungen umzusetzen. Die Perspektive der Stadt-KPÖ besteht darin, die schlimmsten Einsparungen auf die nächste Legislaturperiode abzuwälzen.
In Salzburg stehen vereinbarte Reformen der rot-roten Stadtregierung auch schon auf der Kippe. Für geplante Investitionen wie Wohnungsneubauten, Renovierungen, Radwege etc. sind statt 131 Mio. € nur noch 110 Mio. € im Budget vorgesehen. Projekte wie Schulrenovierungen sind bereits aufgeschoben. Kai Dankl setzt währenddessen weiterhin auf eine Verschärfung der Leerstandsabgabe und härtere Regeln für Airbnb um die Wohnungsnot in Salzburg zu entschärfen. Bei 158.000 Einwohnern sind jedoch die 43 Wohnungen, die aktuell von einer Leerstandsabgabe betroffen sind, und die 109 Wohnungen, die nicht mehr offiziell zur Kurzzeitvermietung zur Verfügung stehen, ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das Programm der KPÖ ist unzureichend, um in ihrem Kernthema Wohnen spürbare Verbesserungen zu erreichen.
Eine kommunistische Partei sollte der Bevölkerung ehrlich die Situation und die von den Bürgerlichen erzwungenen „Sachzwänge“ erklären und versuchen, mit gewonnener Unterstützung einen Kampf gegen diese „Sachzwänge“ des Kapitalismus zu führen. Stattdessen werden allzu oft Appelle an EU und andere übergeordnete Instanzen des Staatsapparates gerichtet.
Denn bisher sind die „lokalen Mandatare“ laut Hopfgartner „oft zu bloßer Schadensbegrenzung gezwungen, anstatt Verbesserungen zu erkämpfen. Wichtige Projekte bleiben liegen, Sozialleistungen müssen gekürzt werden (sic!) und so geraten die Interessen der arbeitenden Bevölkerung weiter unter die Räder, ohne dass man etwas daran ändern kann.“ Dass offensiver Widerstand gegen diese erzwungene Sparpolitik aussichtslos ist, wird stets mit der Untätigkeit und dem niedrigen Klassenbewusstsein der Arbeiter oder dem schlechten Kräfteverhältnis erklärt. Bis die Arbeiterklasse nicht die notwendige Solidarität beim Pizza-Essen erlernt hat, scheint da in den Augen der KPÖ-Leitung nichts zu machen zu sein.
Lenin sah die Aufgabe einer kommunistischen Partei stets darin, aktiv das Kräfteverhältnis durch eine offensive Erklärung des Standpunkts der internationalen Arbeiterklasse zu verändern. Indem die KPÖ politische Kämpfe in die vage Zukunft verschiebt, organisiert sie stattdessen selbst das angeblich „niedrige Klassenbewusstsein“ mit. Unter dem Druck der Bürgerlichen werden die leeren Seiten ihres politischen Programms der Partei von der liberalen Standard-Redaktion beschrieben. Der gute Wille dieser Zeitung scheint als Vorbedingung erfolgreichen politischen Handelns gesehen zu werden.
Positionen zur rassistischen Hetzkampagne sucht man daher vergeblich. Weder das Kopftuchverbot für muslimische Mädchen noch die Abschiebungen nach Syrien oder gar Afghanistan werden aufgegriffen. Den Genozid in Palästina versuchte man zwei Jahre zu ignorieren, um jetzt hinter der utopischen Zweistaatenlösung der europäischen Imperialisten hinterher zu torkeln. Auch im Ukraine-Krieg deckt die KPÖ die Lügen der österreichischen Bourgeoisie. Seit Kriegsbeginn versuchen die heimischen Räuber ihre Interessen in Osteuropa und ihre Sonderrolle gegenüber Russland unter dem Deckmantel der Neutralität zu verteidigen. Dennoch appelliert KPÖ-Bundessprecher Schweiger unisono mit Bundeskanzler Stocker an Neutralität und die OSZE in Wien für Friedensverhandlungen. So wird nicht „Solidarität“ hergestellt, sondern nationale Widersprüche vertieft.
Dass hier Unsicherheit vorherrscht, ist schnell ersichtlich. So meint Hopfgartner:
„Wir reden gern in der Partei darüber, dass wir in Arbeitskämpfen und Betrieben aktiv sein sollen. Wenn es um konkrete Schritte dorthin geht, fehlen schnell die Ideen.“
Doch eine offene Debatte um die politische Ausrichtung der Partei wird von den Granden offensichtlich als Hindernis für die Einheit der Partei empfunden. Statt die Palästinafrage zu diskutieren, sind altbekannte Genossen wie Ernst Wolrab, die sich für eine offensive Pro-Palästina Position eingesetzt haben, einfach „gegangen worden“. Erneut Günther Hopfgartner: „Es gibt keinen politischen Fortschritt ohne die Austragung von Widersprüchen, aber nicht jeder Widerspruch bringt die Möglichkeit für politischen Fortschritt.“ (hier fällt uns Friedrich Engels ein: „Wäre Hegel nicht tot, er würde sich erhängen.“) Eine Debatte über die brennenden politischen Fragen unserer Zeit will sich die Führung der Partei nicht zumuten.
Stattdessen sollen am kommenden Bundesparteitag die Finanzen in den Mittelpunkt gerückt werden. Dabei stehen jedoch nicht etwa die wichtigen politischen Fragen der Selbstfinanzierung und Unabhängigkeit vom Staatsapparat im Mittelpunkt, sondern die Frage, wie die öffentliche Parteienfinanzierung, die in den wahlmäßig stärkeren Landesorganisationen konzentriert ist, vermehrt in die Bundespartei fließen könnte. So wird versucht, die „Einheit der Partei“ zu erfeilschen, anstelle sie durch eine demokratische Debatte programmatisch herzustellen.
Für eine kommunistische Partei ist die Organisation allein das Werkzeug, um die Ideen des Kommunismus zu verwirklichen. Ohne Programm und Perspektive droht der Parteiaufbau in bürokratischem Schlammcatchen zu versinken.
Was unsere Klasse braucht, ist eine Partei, die sich schlichtweg traut, die Wahrheit zu sagen. Die Voraussetzung dafür ist ein klares Verständnis der Welt, politische Einheit auf Basis von relevanten politischen Debatten und das Vertrauen in die Arbeiterklasse und Jugend, diese Welt tatsächlich verändern zu können. In der RKP ist dies gegeben. Für den Kommunismus in Österreich und damit für die ganze Arbeiterbewegung hierzulande wäre es wünschenswert, wenn auch die KPÖ sich in diese Richtung zu entwickeln vermag.
Zurück zu Lenin!
(alle Zitate stammen aus dem Mitgliedermagazin „Argument“ der KPÖ)
(Funke Nr. 236/28.08.2025)