Die Widersprüche im Kapitalismus führen zunehmend zu imperialistischen Kriegen. Die Aufgabe der Kommunisten ist es, die Lügen der Herrschenden zu entlarven, dass die Kriege in der Ukraine und in Gaza einen „progressiven“ oder „selbstverteidigenden“ Charakter hätten. Die KPÖ versagt hier. Von Christoph Pechtl.
Im Stellvertreterkrieg zwischen dem westlichen und russischen Imperialismus in der Ukraine töten sich Arbeiter für die Interessen „ihrer“ jeweiligen Herrschenden. Die Ukraine ist heute eine Schuldenkolonie des Westens, ohne Demokratie, Meinungsfreiheit und Arbeitsrechte. Ihre Armee besteht zunehmend aus zwangsrekrutierten Arbeitern, die ohne Ausbildung und Ausrüstung an die Front gekarrt werden. Von „Verteidigung der Demokratie“ kann hier keine Rede sein.
Neutralität ist eine Geschäftsstrategie
Die Neutralität ist in dieser Lage ein willkommener Betrug der österreichischen Kapitalisten, um ihre eigenen Interessen über die Schützengräben hinweg zu sichern. Das geopolitische Lavieren um des Profits Willen, das „mit jedem gute Geschäfte machen“, ist der Kern der „Neutralität“.
Die große Mehrheit der österreichischen Bevölkerung befürwortet die Neutralität. Aber sie tut dies nicht aus Liebe zu den Profiten der Raiffeisenbank in Russland (wie Karl Nehammer), sondern als Ausdruck von Antimilitarismus. Die Aufgabe von Kommunisten besteht darin, ehrlich zu erklären, dass die Bürgerlichen unter dem Deckmantel der (einst von den Alliierten aufgezwungenen) Neutralität schon immer ihre eigenen imperialistischen und kriegerischen Interessen vorangetrieben haben. Die Neutralität steht schlicht für das Recht der österreichischen Kapitalisten, andere Länder auszuplündern und dabei friedlich auszusehen. Der einzige Garant gegen Aufrüstung und Krieg ist der unabhängige Kampf der Arbeiterklasse.
Die Forderung nach „echter Neutralität“, wie sie die KPÖ erhebt, verwirrt hingegen das Problem anstelle Klarheit zu schaffen. Bundeskanzler Nehammer reiste als erster (vor der aktuellen Initiative Orbans) westlicher Regierungschef nach Kriegsbeginn zu Putin, um die Profite der Raiffeisenbank und der Gaslieferungen der OMV zu retten. Für dieses Manöver bekam er volle öffentliche Rückendeckung von der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr, die darin eine „aktive Neutralitätspolitik“ sieht. Anstelle die Interessen der Kapitalisten zu entlarven, hilft die KPÖ damit Nehammer, die Arbeiterklasse zu betrügen.
Ukraine
Im Statement der KPÖ-Bundesleitung zum Ukrainekrieg, unterstützt die Partei die westlichen Sanktionen: „Dem ‚Aggressor in den Arm‘ fallen bedeutet: Sanktionen müssen die ökonomische und machtpolitische Basis Putins treffen.“ Die Partei steht auch für die Enteignung des russischen Kapitals im Ausland. Eine Enteignung der westlichen Rüstungskonzerne fordert sie jedoch nicht. Hart gegenüber den feindlichen Kapitalisten, und unterwürfig gegenüber den eigenen, so lässt sich die Position der Parteispitze zusammenfassen. Die KPÖ-Graz setzte in Folge selbst Sanktionsschritte und kündigte die Städtepartnerschaft mit St. Petersburg und ersetzte sie mit einer Städtepartnerschaft mit der Ex-Habsburgerstadt Lviv.
Ein solches Bündnis mit den „eigenen“ Kapitalisten und Unterstützung ihrer Kriegsziele schwächt die Arbeiterklasse international: Putin kann so unwidersprochen argumentieren, dass ganz Europa den Niedergang Russlands will, Selenskyj kann behaupten, dass ganz Europa hinter dem Krieg bis zum letzten Soldaten steht, und in Österreich wird der Burgfrieden mit den eigenen Ausbeutern eingehalten. Auf dieser Grundlage kann der Krieg nicht enden!
Palästina
Im Gaza-Krieg versucht sich Österreich ganz und gar Washington anzubiedern. In einer Welle von Propaganda, Rassismus und Repression wurde eine nationale Einheit in bedingungsloser Solidarität mit Israel durchgesetzt.
Unter diesem Druck gab die KPÖ erneut die grundlegendsten kommunistischen Prinzipien auf: die Solidarität mit Unterdrückten. Stattdessen stellt sie in ihren wenigen Stellungnahmen Unterdrücker und Unterdrückte gleich. Im Inland bedeutet das, dass die KPÖ über die grassierende antimuslimische Rassismus- Kampagne der Herrschenden schweigt.
Diese ideologische Unterordnung unter die Interessen der eigenen Kapitalisten führt wie auch im Ukrainekrieg direkt in das Kriegslager der eigenen Bourgeoisie. Elke Kahr, KPÖ Bürgermeisterin in Graz beleuchtete schließlich den Uhrturm und das Rathaus in den Farben der israelischen Flagge* und hofierte den israelischen Botschafter.
Die KPÖ-Spitze schuf mit ihrem Opportunismus Raum für eine eigene „Liste Gaza“ bei der Nationalratswahl. Wir denken, dass die Internationalisten in der KPÖ dies zum Anlass nehmen sollten, die patriotische Politik der Parteispitze offen herauszufordern. Es ist klar, dass der Opportunismus der KPÖ-Spitze die Erfolgsaussichten für den Einzug in den Nationalrat schwächt.
Wir benennen die Klasseninteressen jedes Krieges klar und stehen in offener Opposition zu unserer eigenen herrschenden Klasse. „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“, dieser Slogan von Karl Liebknecht ist der einzige Ausgangspunkt, um eine relevante Arbeiterklassepolitik zu Krieg und Unterdrückung zu entwickeln.
(Funke Nr. 225/8.07.2024)
* In der ursprünglichen Version war vermerkt dass Elke Kahr auch für das Hissen der Flagge der israelischen gestimmt hatte. Dies ist nicht richtig. Sie stimmte stattdessen für die Beleuchtung des Uhrturms.