SPÖ & KPÖ: Krise des Reformismus

Die Sozialdemokratie ist wieder Teil der Regierung. Und das in Zeiten der längsten Krise des österreichischen Kapitalismus. Die KPÖ versucht davon zu profitieren, um freiwerdende sozialdemokratische Räume zu besetzen. Währenddessen steht der Kapitalismus als ganzes unter wachsendem Druck und Ablehnung. Nur die RKP stellt dies in den Mittelpunkt ihrer Politik. Von Konstatin Korn.
Keine Frage, die Tatsache, dass Kickl doch nicht Kanzler wurde, haben viele als Erleichterung empfunden. Doch bis auf die sozialdemokratischen Klüngel, die jetzt Jobs in den Ministerkabinetten bekommen haben, ist niemand begeistert. Vom ersten Tag an war klar, dass ÖVP-SPÖ-NEOS aus nichts anderem als Krisenmanagement besteht. In der Sozialdemokratie vertröstet man sich noch auf die zweite Hälfte der Legislaturperiode. Nach zwei harten Jahren der Sparpakete würde man Geld für Reformen in die Hand nehmen. Bis dahin müsste man halt durchtauchen.
Doch da hat wer die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn angesichts der Vielzahl an Krisen, die wir derzeit erleben, ist dieses Szenario reines Wunschdenken. Es ist wie ein Blindflug durch Nebel und Dunkelheit. Das instabile internationale Umfeld macht die Situation völlig unberechenbar. Und die einzige Gewissheit ist, dass Österreich zu einem der schwächsten Glieder in der Kette des europäischen Kapitalismus geworden ist.
Schon in der Vergangenheit waren SPÖ-Regierungsbeteiligungen davon gekennzeichnet, dass man Arzt am Krankenbett des Systems war und jeden politischen Ausverkauf schöngeredet hat, z.B. als man sich 2008 zur Rettung der österreichischen Banken auf Kosten der Steuerzahler wieder in Regierungsgeschäfte einspannen ließ. Spielraum für wirkliche Reformen gibt es bei dieser Politik spätestens seit den 1980iger Jahren nicht mehr. Das ist die Ursache für den jahrzehntelangen Abstieg der SPÖ.
Mit Babler und Finanzminister Marterbauer besetzen jetzt zwei linke Sozialdemokraten Schlüsselpositionen in der Regierung. Ihre politischen Theorien und Konzepte werden jetzt in der Praxis abgetestet. Aber sie machen nichts anderes als ihre Vorgänger, die die Partei hinuntergewirtschaftet haben. Laut Marterbauer sitzen wir alle im selben Boot und müssen gemeinsam das Budget sanieren. Er hofft nur auf „Stabilität und Zuversicht“, dass es besser werden kann. Babler ist längst ein Meister im Schönreden jeden Kompromisses, egal ob auf dem Rücken von Arbeitslosen oder weiterer Verschärfungen bei der Asylpolitik oder der militärischen Beistandsverpflichtung auf EU-Ebene. Von seinem einstigen Programm ist nichts übrig.
Jeder Reformismus versucht Politik immer als Kunst des Möglichen darzustellen. Doch in der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus ist eben nichts möglich. Diesen Realitätssinn legt die SPÖ in Wien an den Tag. Mit ihrem Schlaftablettenwahlkampf versucht sie, ja keine Hoffnungen auf positive Veränderung aufkommen zu lassen. Die Arbeiterklasse und die Jugend werden regelrecht narkotisiert.
In keiner Frage nimmt die Sozialdemokratie eine Position ein, um das Klassenbewusstsein zu heben. In dem Maße, in dem sie von der Verteidigung der sozialen und politischen Interessen der Arbeiterklasse abrückt, desto mehr wird sie zum Instrument der Bürgerlichen und zum politischen Appendix der herrschenden Klasse.
Perspektivisch wird mit der aktuellen Regierung der Illusion einer linken Spielart des Reformismus die Grundlage entzogen. Die Krise der SPÖ wird dramatische Ausmaße annehmen. Das hat auch Auswirkungen auf die KPÖ, die für einen linken Keynesianismus eines Markus Marterbauer steht und der mit seiner Ministerschaft nun auch die theoretische Grundlage entzogen wird.
Währenddessen wächst eine Generation heran, für die der Kapitalismus nur noch Krisen, Kriege und Zukunftsvergessenheit bedeutet und deren persönliches Leben durch unleistbares Wohnen und unbefriedigende Jobs charakterisiert ist. Eine tiefere politische Beziehung zum Reformismus kann auf dieser Grundlage nicht entstehen, höchstens wählt man jene Partei, die am radikalsten dagegensteht.
Die KPÖ ist unfähig und unwillig, diese großen Fragen unserer Zeit zu beantworten, vielmehr verkörpert auch sie nur eine institutionelle, stabilitätsorientierte Politik der kleinen Reformen. Sie zeigt keinen Weg auf, wie die Massen den Klassenkampf führen können, geschweige denn, wie diese Kämpfe um praktische Alltagsfragen (Wohnen, Soziales…) programmatisch mit dem Kampf zur Überwindung des Kapitalismus verbunden werden können.
Eine linke Partei, deren Horizont der Parlamentarismus ist, wird spätestens gegenüber dem Opportunismus kapitulieren, wenn sie Regierungsverantwortung hat. Das ist die Erfahrung von Syriza 2015 oder jüngst der deutschen Linkspartei, die sich in der Frage der Aufhebung der Schuldenbremse zur Finanzierung der Aufrüstung dem Druck der Bürgerlichen beugten. Das zeichnet sich auch in Graz ab, wo die KPÖ leere Gemeindekassen verwaltet – dies aber nicht offen benennt und einen politischen Kampf gegen die Spardiktatur führt, sondern sich mit Symbolpolitik aus der Affäre ziehen will. Das Fehlen einer festen Grundlage in Form marxistischer Theorie, die bei der KPÖ durch Keynesianismus und Identitätspolitik ersetzt wurde, ist bei jeder Frage augenscheinlich. Das ist der Grund, warum die KPÖ aus Angst vor der bürgerlichen Propagandawalze schon im vorauseilenden Gehorsam Konflikten ausweicht (siehe Ukraine, Gaza) oder es, wenn überhaupt, bei leeren Phrasen belässt („für Frieden & Völkerrecht“).
Frei nach Rosa Luxemburg gehen Kommunistinnen und Kommunisten die Sache ganz anders an, weil „wir im grundsätzlichen Gegensatz zu der ganzen gegenwärtigen Ordnung stehen. Bei uns liegt in dem Nein, in der unversöhnlichen Haltung unsere ganze Kraft. Diese Haltung ist es, die uns die Furcht und die Achtung der Feinde, das Vertrauen und die Anhängerschaft des Volkes erwirbt.“
(Funke Nr. 233/24.04.2025)