Unter dem Motto „Miteinander Weiterkämpfen“ fand am 18. September in Wien die „Erste österreichweite KV-VerhandlerInnen-Konferenz“ statt. 900 Betriebsrätinnen und Betriebsräte bildeten die Kulisse für die gewerkschaftsübergreifende Kampfansage an die Unternehmer und ihre Regierung. Die Funke-Redaktion berichtet und argumentiert, warum wir für den Generalstreik offen rüsten sollten.
Unser Gegner: der Bürgerblock
Eine Warnung vor jeder Selbsttäuschung vorausgeschickt: Wir sind inmitten der größten Offensive des Kapitals gegen die Lebensinteressen der Berufstätigen, der Kranken, Alten und Pflegebedürftigen, der arbeitenden Frauen und SchülerInnen. Die schwarz-blaue Regierung verfolgt ein Programm der Profitmaximierung für die Reichen und Superreichen. Sie ist die Exekutive eines aggressiven Bürgerblockes, dessen Programm auf Punkt und Beistrich von Industriellen, Zinshausbesitzern und Bankiers diktiert wird. Dies offenbarte zuletzt einmal mehr Sozialministerin Hartinger, als sie im ZIB2 Interview offen bekannte, dass sie die Effekte der Machtübernahme der Unternehmer in der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (die Gebietskrankenkassen) nicht kenne, weil das eh externe „Experten“ entworfen und berechnet hätten.
Politisch sind die NEOS mit von der Partie, sie stimmten für den 12 Stundentag und wollen Wien einen blauen Bürgermeister verpassen. Den spirituellen Beistand liefert der Erzbischof Schönborn und die Bischofskonferenz, die im Namen des Heiligen Geistes für Nulldefizit sprechen und Kurz und Strache in gesellschaftspolitischen Fragen (Migration, Homo-Ehe,…) Beistand leisten.
Das hiesige Fehlen jenes Phänomens, das man gemeinhin als „Journalismus“ bezeichnet, tut das Seine. Der Boulevard portioniert die tägliche Dosis an Rassismus und die „seriösen Zeitungen“ fungieren als Lautsprecher für eben jene neoliberalen Thinktanks, die gleichzeitig die Gesetze schreiben.
Rennende Bänder, Glühende Maschinen…
Die volkswirtschaftliche Gesamtproduktivität steigt im Jahresvergleich um 1,4 %, in der Metallindustrie um 6 %. Diese Steigerung ist aber nicht in erster Linie das Resultat von Investitionen (die in der Produktion in den vorangegangen Jahren niedrig waren und erst seit kurzem anziehen), sondern der permanenten Verdichtung der Arbeitszeit: ein Arbeiter betreut mehr Maschinen, eine Pflegerin mehr Patienten. In Bereichen, in denen akuter Mangel an Fachpersonal herrscht, etwa bei Lokführern, werden hunderte Überstunden aufgetürmt.
Die Maschinen rennen heiß, der Euro rollt im Handel und in einzelnen Bereichen der Daseinsfürsorge (Gesundheit, Pflege,…) arbeiten die Beschäftigen seit Jahren am Anschlag. Zwischen den Unternehmen herrscht ein Wettbewerb um die qualifizierten FacharbeiterInnen: Dreher, Lokführer, Chemiearbeiter, diplomierte Pfleger und viele andere FacharbeiterInnen können es sich zurzeit erlauben, dem Dienstgeber Forderungen zu stellen. Betriebswechsel sind in den meisten Regionen für Facharbeiter recht leicht möglich.
… und gespaltene Interessenslagen
Doch das ist nur die eine Seite der aktuellen Konjunktur. Der Preis der Verdichtung und Ausweitung der Arbeitszeit ist für jeden und jede Einzelne hoch: die geistige und körperliche Verausgabung in der Arbeit und der Kontrollverlust über die Freizeit und das eigene Leben stehen den oben beschriebenen Effekten gegenüber. Daraus ergibt sich eine gespaltene Interessenslage innerhalb der einzelnen Beschäftigten selbst. Einerseits ist der Spielraum für individuelle Lösungen gestiegen, andererseits aber auch das Verständnis, dass man gemeinsam gerade jetzt mehr erreichen könnte. Der aktuelle Mitgliederzuwachs in den Fachgewerkschaften ist Ausdruck dieses Willens, den solidarischen Arm der gemeinsamen Anstrengung zu stärken. Tatsächlich hätte ein Arbeitskampf gerade jetzt einen starken Hebel, jede Stunde Produktionsstopp kostet den Unternehmern bares Geld.
Wenn diese solidarische Kraftanstrengung ausbleibt, so bleibt die boomende Konjunktur aber der zentrale Faktor für die Stabilität des österreichischen Rechts-Blockes. Erstmals sinkt die Arbeitslosigkeit wieder, und die Steuereinnahmen sprudeln. Dadurch kann sich die Regierung Kurz erlauben, die Pensionen zu erhöhen und Einsparungen (etwa bei den Kindergärten) hintanzustellen. Die Industriellen wollen die schlafende Macht der Arbeiterklasse nicht durch Provokationen wachrütteln. In den Betrieben zirkulieren sie daher wohlfeile Verlautbarungen, dass sie keinesfalls die Arbeitsverhältnisse verschlechtern würden, nicht im Traum daran denken würden, den 12-Stundentag und die 60-Stundenwoche umzusetzen und Zuschläge zu streichen etc. etc…
Nicht wenige Betriebsräte wollen diese Lügen gern glauben, wiegen sich in selbstbetrügerischer Sicherheit. Die „Betriebsratskaiser“ haben sich in den letzten Jahren des Klassenfriedens in ihren Büros, die oft auch räumlich an jene der Geschäftsleitungen angegliedert sind, gemütlich eingerichtet. Wenn der Betrieb gut rennt, stützen sie sich auf die privilegierten Teile der Belegschaft, jene gut ausgebildeten FacharbeiterInnen, die in der aktuellen Konjunktur eigenständig ihre Situation im Betrieb verbessern können. Eine weitere Stütze erfahren sie in vielen Branchen in älteren Schichten der Klasse. Kollegen und Kolleginnen, die noch alte, bessere Arbeitsverträge haben, die deutlich besser verdienen als ihre jungen Kollegen und heute bereits wissen, zu welchem Datum mit welchem Bezug sie in die Pension eintreten – und ihre Lebensplanung um diesen wohlverdienten Ruhestand herum planen.
Demgegenüber stehen junge KollegInnen, die erst in den letzten Jahren eingestiegen sind, etwa mit all-in Klauseln und/oder niedrigerer Dienstverwendung eingestuft sind als ihre älteren KollegInnen und dadurch zu schlechteren Bedingungen weit weniger verdienen – und dies perspektivisch über viele Jahre und Jahrzehnte.
Im Bereich der weniger qualifizierten ArbeiterInnen und Angestellten herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Viele, besonders in den klassischen Frauenberufen, haben Teilzeitverträge. In allen Abteilungsbüros der Produktionshallen liegen Kataloge von Leasingarbeitern. Die Betriebsratskaiser fühlen sich für diese Seelenmärkte an anonymen, austauschbaren ArbeiterInnen oft nicht mal zuständig.
Bürgerblock gegen Gewerkschaftsmacht
Unter dem Druck des Bürgerblocks muss sich die Gewerkschaftsbewegung auf die Hinterfüße stellen, um die vielbeschworene „Augenhöhe“ zu erreichen. Und diese Augenhöhe ist dabei momentan völlig aus dem Gesichtsfeld verschwunden: Die Arbeitszeitgesetznovelle bedeutet, dass die Kollektivverträge in der Luft hängen, dass die Betriebsräte keine Mitsprache mehr haben und auch die Arbeitsinspektorate und Gebietskrankenkassen bieten keinen Hebel mehr, die soziale Situation im Betrieb zu stabilisieren. Der Bürgerblock errichtet eine ungeschminkte Diktatur über die Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaftsführer haben damit recht, wenn sie eindringlich vor dieser neuen Situation warnen: Die Hoffnung darauf, dass die Unternehmen ihre neu gewonnen Verfügungsmacht nicht zu ihrem Gunsten und zu Ungunsten der Beschäftigten einsetzen werden, sind eine reine Lüge der Marketingstrategen des Kapitals. Diese Regierung entrechtet die Arbeiterklasse, und dies wird das Kapital auf jeden Fall in eine verschlechterte Lebenssituation der ArbeiterInnen ummünzen.
Die Gewerkschaftsapparate, die den Widerstand bündeln und anleiten, stützen sich traditionell in erster Linie auf die sogenannten „Betriebsratskaiser“, also privilegierte Betriebsräte, die sich in ihren Betrieben wiederum auf die bessergestellten KollegInnen stützen. Die dominante Ideologie unserer Arbeiter-Kaiser ist der Betriebspatriotismus, der nahtlos aus dem Standortdenken ausfließt. Diese Identifikation mit dem Unternehmen wird durch Bonuszahlungen und Teilhabe am Betriebserfolg genährt, wie auch dem Bewusstsein, dass die Geschäftsleitungen und ihr tägliches Schrauben und Drehen an den Rädern der Ausbeutung einem näher sind als die jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen. Und nachdem man nach Jahrzehnten des von oben durchgesetzten Klassenfriedens beinahe jeder Erfahrung eines tatsächlich gemeinsam geführten solidarischen Kampfes entbehrt, stört es nicht wenige unserer Kaiser, wenn die Gewerkschaften nun zum Kampf rufen. Sie wollen Ruhe und stabile Beziehungen zu ihren eigenen Geschäftsleitungen.
Die einfachen Gewerkschaftsmitglieder dienen in erster Linie der Finanzierung der Organisation und als numerische Drohkulisse gegenüber den Unternehmern. Eine aktive Rolle ist dem einfachen Mitglied in Österreich seit der Durchsetzung der Sozialpartnerschaft in Jahr 1950 nicht mehr zugedacht. Es wird in keine Debatte über Programm und Strategie der Gewerkschaften eingebunden, Urabstimmungen über die Resultate von Kollektivvertragsverhandlungen oder Direktwahlen der Führung sind hierzulande nicht vorgesehen. Allein beim harten Arbeitskampf bei den Ordensspitälern in Oberösterreich im Jahr 2013 wurden die Verhandlungsergebnisse bei Betriebsversammlungen diskutiert und abgestimmt. Dies stärkte den Kampf auch ungemein.
Die nicht vorhandene Demokratie in unserer Bewegung schwächt unsere Kraft, und diese Schwächung wird sogar der ÖGB-Spitze dieser Wochen schmerzlich bewusst. Eine „Selbstheilung“ der Apparate ist jedoch nicht zu erwarten, zu tief steckt die Orientierung auf die stabile Zusammenarbeit mit den Unternehmern („Sozialpartnerschaft“). Sobald diese wiedererrichtet ist, sollen auch die Mitglieder wieder schweigen. Auch heute, in höchster Not unter dem Druck der Bürgerlichen herrscht ein Paternalismus der Chef-GewerkschafterInnen gegenüber den Mitgliedern, AktivistenInnen und Betriebsräten vor: bei jeder Demo, Konferenz oder Veranstaltung bedanken sie sich etwa bei den TeilnehmerInnen. Kollegen und Kolleginnen an der Spitze, begreift: Wir sind keine kleine Kinder, die kommen, weil wir euch was Gutes tun wollen, wir folgen eurem Ruf, weil wir für unser gutes Leben kämpfen wollen. Von euch verlangen wir, dass ihr diesen Kampf gut organisiert, wozu auch gehört, dass wir demokratisch Programm und Kampfmethoden bestimmen wollen.
Jahrelang wurde die Abgehobenheit der Führungen der Gewerkschaften von den meisten nicht als Problem wahrgenommen. Konnte man doch davon ausgehen, dass sich in der Großen Koalition immer eine Hintertür in den Ministerien findet, hinter der vielleicht nicht eine gute Lösung für die ArbeiterInnen, aber doch immerhin die erwünschte „Einbindung“ lag.
Doch der Bürgerblock ändert das grundlegend: damit die Spitze der Gewerkschaften jetzt ebensolche stabilen Beziehungen mit ihrem direkten Gegenüber – der Regierung und den Kollektivvertragspartnern (also den Unternehmerverbänden) herstellen kann, muss sie mobilisieren, wie zuletzt am 30. Juni. Gleiches gilt, um Institutionen wie die Gebietskrankenkassen, Arbeiterkammer und personelle Verankerung in den Ministerien, Nationalbank etc. verteidigen zu können. Und dies stört eben den betrieblichen Frieden.
Kurz gesagt: Die neue Situation erfordert die Herausbildung einer gemeinsamen Front aller Kampfbereiten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von Demokratie und Mitbestimmung in den Gewerkschaften und gegenüber den Betriebsräten.
„Wir müssen uns die Dinge selbst holen. So einfach und so kompliziert ist das zugleich.“
ÖGB-Präsident Katzian beschreibt die tatsächliche Situation richtig, wenn er sie als einfach und schwierig zugleich beschreibt. Doch wir müssen hinzufügen: Das Komplizierte an der Situation ist zu einem guten Teil hausgemacht, das direkte Resultat der Entsolidarisierung und Entdemokratisierung der Gewerkschaftsbewegung in den Jahrzehnten der Sozialpartnerschaft.
Wenn man sich was holen will, dann muss man zu allererst klar formulieren, was man sich denn erkämpfen will. Und die ÖGB-Spitze will nicht mehr und nicht weniger, als die tote Sozialpartnerschaft ins Reich der Lebenden zurückholen. Dabei werden allerhand rhetorischer Verrenkungen vorgenommen. So betont Katzian, dass man bei Marketing-Gags der Regierung nicht mitmachen würde, und im gleichen Satz betont er, dass man natürlich jede Einladung – selbst wenn sie nur über die Medien mitgeteilt wird, annehmen wird. Was gilt nun?
Mit „Hü“ und „Hott“ gleichzeitig werden wir schwer in Trab kommen, aber diese Stop-and-Go Politik ist der direkte Ausfluss aus der strategischen Orientierung auf die Sozialpartnerschaft. Wir MarxistInnen lehnen diese Orientierung als utopisch und schädlich zugleich ab. Die Gewerkschafsführungen wollen diese zurückerobern und dabei aber die Unternehmer so wenig wie möglich verärgern. Dafür gilt es, die Arbeiterklasse wie Schachfiguren zu bewegen. Doch diese Übung, die in den letzten Jahrzehnten gut gelernt wurde, geht heute nicht mehr so gelenkig übers Spielfeld. Da ist einmal die Rolle der Betriebskaiser, die sich in den Jahren des Klassenfriedens deutlich verselbstständigt hat, wir haben dies oben beschrieben.
In den letzten Wochen – und die „Konferenz der KV-VerhandlerInnen“ war der offensichtliche Höhepunkt dieser Bemühungen – versuchten die Gewerkschaftsapparate diese KollegInnen durch moralische Appelle und feurige Reden mit aufs Boot zu bekommen. Bei einigen mag dies funktioniert haben, andere Betriebskaiser sind völlig für die Arbeiterbewegung verloren und es gilt sie durch neue, mutige KollegInnen zu ersetzen. Es ist wichtig dies klar auszusprechen – auch damit das Nichtstun einiger nicht zum Vorwand dafür genommen wird, dass alle nichts tun können. Es gilt den Kampf mit all jenen zu organisieren, die die kampflose Kapitulation aktiv ablehnen.
Die inhaltliche Positionierung der Gewerkschaften
Inhaltlich betonierte die „Konferenz der KV-VerhandlerInnen“ einen Rückschritt. De facto akzeptiert die Gewerkschaftsbewegung das neue Arbeitszeitgesetz als Tatsache, mit der man arbeiten muss – die Losung nach einem Kampf gegen das Gesetz als solches wurde nicht erhoben. Dies gebietet die Ehrfurcht vor der demokratischen Entscheidung des österreichischen Parlaments, lautet das Argument hierfür. Es wiederholt sich hier die Geschichte, dass die Arbeiterbewegung an der „Demokratie“ als eisernem Prinzip festhalten, während die Bürgerlichen die Demokratie und demokratische Gepflogenheiten nur genauso lange gutheißen, wie ihre Profitinteressen damit am besten verwaltet werden. Dies zeigt gerade die österreichische Geschichte des 20. Jahrhunderts, wie auch die Gegenwart mit dieser Regierung.
Stattdessen richtet die ÖGB-Führung die Perspektive auf ein „modernes Arbeitszeitgesetz“, das man mit Zivilgesellschaft und Experten entwickeln wolle, und das in Zukunft auf irgendeine Art und Weise Gesetz werden könnte. Dies ist angesichts der politischen Verhältnisse (zum Zustand der SPÖ weiter unten) ein Brief ans Christkind.
Aber selbst wenn man das Argument mit der Demokratie gelten lassen würde: Was hindert die Gewerkschaftsbewegung, für einen Generalkollektivvertrag zum Thema Arbeitszeit und betriebliche Mitbestimmung zu kämpfen? Zweifellos wäre dies alles andere als undemokratisch. Was wir inhaltlich nun haben ist ein vielgliedriger Forderungskatalog, aus dem die einzelnen KollektivverhandlerInnen die ihnen genehmen und „realistischen“ Forderung aussuchen können. Diese setzen inhaltlich an den sozialen Interessen der Beschäftigten an, aber durch diese zersplitterte Vorgehensweise sind einem gemeinsamen Kampf von Anfang an Steine in den Weg gelegt.
Österreich vor einem heißen Herbst!
Allen programmatischen Rückschritten und Halbheiten zum Trotz ist der Klassenkonflikt dennoch angelegt. Die Unternehmer beharren auf die strategische Zurückdrängung und Schwächung der Gewerkschaften. Und diese wollen eben das nicht.
Das zentrale Element dieses Herbstes ist das Zusammenfallen der Metaller- und der Eisenbahnerverhandlungen. Ziehen sich diese beiden Verhandlungen in die Länge, und davon ist auszugehen, würden auch die Verhandlungen im Handel beginnen. Die Bierbrauer sind bereits eingetreten und die SozialarbeiterInnen, die bereits im Frühjahr gestreikt haben, sind in Vorbereitung und wollen offensive Forderungen stellen. Auch der öffentliche Dienst verhandelt zumeist im November. Die Gewerkschaftsführungen, trotz aller Halbheiten, tragen dieser Aufstellung Rechnung, indem sie die Kollektivvertragsverhandler aller Verträge aufgefordert haben, jedem einzelnen Vertragspartner koordiniert eine Aufforderung der Neuverhandlung der Arbeitszeitregelung zu schicken.
Ebenfalls gibt es eine Blanko-Streikfreigabe des ÖGB-Präsidiums für alle Lohnverhandlungen. Die von uns argumentierte Orientierung auf den Generalstreik ist also kein Luftschloss, sondern in der Situation selbst angelegt. Aber ein Potential muss auch geweckt werden, und dies erfordert die zielgerichtete Aktivität all derjeingen, die kampfbereit sind: egal ob Hauptamtlicher, Betriebsrat oder Arbeiter im Betrieb.
Der einzig logische nächste Schritt in dieser Situation, um tatsächlich die Angriffe abwehren zu können, wäre die offene und offensive Vorbereitung eines Generalstreiks. Diese Perspektive wird im Moment aufgrund bürokratischer Halbherzigkeit nicht aufgestellt: Die bestimmenden Elemente in der Gewerkschaftsbewegung (also die Führungen) verstehen die Trageweite der Regierungsaggression, aber sie bestehen auf einen Abwehrkampf mit angezogener Handbremse, um den rollenden Wagen der Bewegung auch wieder anhalten zu können, wenn das Ziel erreicht ist die Sozialpartnerschaft wieder herzustellen. Doch das bedeutet zu Ende gedacht, dass die sozialen Interessen der Arbeiterklasse auf dem Pannenstreifen abgestellt werden sollen.
Politischer Blindflug
Der Eröffnungsveranstaltung für den heißen Herbst wurde jegliche mediale Aufmerksamkeit durch die Personaldiskussion in der SPÖ gestohlen. Kollege Hebenstreit wurde sogar aus dem ORF-Report ausgeladen, damit dort die Personalprobleme der SPÖ diskutiert werden konnten. Diese Vorgänge böten Stoff für einen eigenen Artikel – hier nur so viel: Im SPÖ-Konflikt ist kein Staubkorn an fortschrittlichem Inhalt vorhanden.
Es ist ein vernichtendes Urteil über den Zustand der Führung der Arbeiterbewegung und der Linken, dass die akkurateste Zustandsbeschreibung der gesamten Situation der erzreaktionäre Krone-Kolumnist Jeanée in einem „Brief“ an ÖGB-Präsidenten Wolfgang Katzian liefert: „… und das Proletarische ist nun einmal der unversöhnliche Feind des Bürgerlichen. Anders ausgedrückt: Nicht der slimfitte Anti-Proletarier Christian Kern bedeutet Gefahr für Türkis-Blau – Sie sind es in diesem nun anbrechenden „heißen Herbst“.
Den heißen Herbst organisieren, den Generalstreik vorbereiten!
Der oberflächlich betrachtet unauflösbare gordische Knoten der gesamten politischen und sozialen Situation kann nur mit einem entschlossen geführten Schwerthieb durch die Arbeiterklasse zerschlagen werden. Und: Die Bedingungen hierfür sind so gut wie lange nicht mehr. Doch das Potential muss auch gehoben, geformt und geschliffen werden!
Wir schlagen vor:
- Stärken wir den Gewerkschaften den Rücken durch unseren aktiven Beitrag: Politisieren wir die Pausengespräche in den Betrieben, Schulen und Universitäten.
- Bilden wir Aktivgruppen, die so dicht hinter dem Betriebsrat stehen, dass sie gegenüber den Geschäftsführungen nicht umfallen können.
- Für Urabstimmungen über alle Verhandlungsergebnisse der kommende Kollektivvertrags-Runde.
- Die „Schneepflugfunktion“ der Metaller- und Eisenbahnerverhandlungen nutzen und in der eigenen Branche möglichst schnell die eigenen Verhandlungen eröffnen. Für Solidaritätsaktionen und -streiks mit allen Branchen und Sparten, die kämpfen.
- Für eine aktive Streikbewegung. Alle Maschinen runterfahren und den Arbeitskampf nach außen tragen, Zufahrten, Straßen und Schienen blockieren.
- Rüsten wir offen für den Generalstreik zum Sturz der Regierung.
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