Wien Sparpaket: SPÖ bläst zum Angriff

Die SPÖ-Neos-Regierung der Hauptstadt bläst zum Angriff. Geht es etwa gegen die Kapitalisten und das Spardiktat der Bundesregierung? Mitnichten: Die roten Manager wollen gegen rote Zahlen vorgehen – auf Kosten der Stadtbevölkerung. Wir sagen: Was es braucht, ist eine klassenkämpferische Gegenstrategie statt Schuldenmanagement. Von Yola Kipcak.
Der Krisenkapitalismus und die Sparpolitik haben nun auch Wien endgültig erreicht. Denn mit diesem Jahr droht Wien eine Explosion der Schulden.
Der Rechnungsabschluss von 2024 wies Wien noch ein Budgetdefizit von 1,7 Mrd. € aus. Dieses Jahr soll dieses nun auf 3,8 Mrd. € ansteigen. Insgesamt betrugen die Schulden der Stadt Wien Ende letzten Jahres 12,7 Mrd. €, ein Zuwachs von 21,26% im Vergleich zu 2023. Rechnet man die Schulden ausgelagerter stadteigener Unternehmen wie Wiener Wohnen, Wien Kanal und Wiener Gesundheitsverbund hinzu, betragen sie um die 31,5 Mrd. € (profil, 13.9.). Zum Vergleich: Die jährlichen Gesamtausgaben der Stadt Wien betragen ca. 20 Mrd. €.
Die Stadtregierung geht daher in den Angriffsmodus. „Wir werden jetzt jeden Stein umdrehen“, verkündete Finanzstadträtin Barbara Novak (SPÖ). 500 Mio. € sollen noch heuer über alle 56 Magistrate (d.h. von Müllabfuhr über Berufsrettung bis Schulen und Gesundheitsverband) und stadteigene Unternehmen eingespart werden: zwei Drittel durch Kürzungen, ein Drittel durch höhere Kosten für Städter.
Bei der Mindestsicherung prescht Wien vor und kürzt 20 Mio. € pro Jahr – oder 80€ pro Kind und Monat – durch Streichung der Mietbeihilfe für Kinder. Große Verschlechterungen wird es für WG-Bezieher geben, was insbesondere junge Menschen treffen dürfte: Sie werden nun wie Familien, die sich ihre Ausgaben teilen, gehandhabt (-75 Mio. € pro Jahr). Der Schulungszuschlag von AMS-Kursbesuchern, jährlich 20 Mio. €, fällt weg. 600.000€ sollen bei Überstunden-Auszahlungen von Magistratsbeamten eingespart werden. Das Budget der Bezirksräte wurde eingefroren.
Die Öffis werden auf einen Schlag um 30% teurer – das soll bis zu 150 Mio. € bringen, die Parkgebührenerhöhung 54 Mio. €. Ein direkter Bruch eines Wienwahlversprechens von Bürgermeister Ludwig ist die Preiserhöhung der Jahreskarte von 365€ auf 467€.
Jede Woche kommen neue Einsparungsankündigungen, dazwischen teilweise Zurückrudern und Zaudern. Wir sehen hier den unmöglichen Versuch, so zu sparen, „dass die Bevölkerung nichts davon spürt” (Novak lt. meinbezirk). Die SPÖ Wien will Stabilität, Passivität und politische Betäubung, statt die Wahrheit zu sagen und die Arbeiterklasse Wiens wachzurütteln und gegen Sparmaßnahmen zu organisieren – ihr Apparat und ihre Führung sind lupenreine Manager fürs Kapital.
Mit dieser Grundhaltung ist der Weg vorbestimmt: harte und tiefe Einschnitte über viele Jahre, nicht bloß kosmetische Änderungen. Laut ersten Informationen steht ein Aus des bereits begonnenen U-Bahn-Ausbaus im Raum. Das „profil“ berichtet von möglichen 500 Mio. € Kürzungen im Gesundheitsbereich, überlegt würde die Streichung von 800 Spitalsbetten. Nulllohnrunden für städtische Bedienstete kann die SPÖ als Arbeitgeber nur wünschen. Das Sparpaket wird schon jetzt durch massive Arbeitsverdichtung in allen Magistraten auf dem Rücken der Beschäftigten – von der Krankenpflege bis zur Elementarpädagogik – ausgetragen.
Die Wahrheit ist: Der Kapitalismus ist in einer tiefen Krise und diese hat auch Wien eingeholt.
Die SPÖ glaubt nur an Soziales, wenn es dem Kapitalismus gut geht und hofft auf mehr Kongresstourismus und die Pharma-Branche für Wien. Diese Perspektive hat keine Zukunft. Die Arbeitslosigkeit beträgt in Wien 11,7%, österreichweit 7% . Im September stehen 5.300 Lehrstellensuchenden 800 offene Stellen gegenüber – 15% weniger als letztes Jahr. Im Frauenzentrum in Wien werden täglich 29 Beratungen durchgeführt. Vermehrt geht es hier um das Problem der Teuerung, weswegen nun „Thementage zu Wohnen im Alter und Unterstützung für Alleinerziehende sowie Workshops zur Finanzbildung“ ins Angebot genommen wurden. Derartige Probleme werden zu- und nicht abnehmen.
Die Schuldenkrise Wiens folgt direkt aus der Staatsschuldenkrise Österreichs. Überall ertrinken Gemeinden in wachsenden Schulden, insbesondere seit der 2008er Krise. Damals betrugen Wiens Schulden nur 1,46 Mrd. €.
Wien bezieht fast alle seine Schulden über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA), das heißt, dass Wien nicht Bank-, sondern Staatsschulden hat. Doch ein weiter wie bisher wird nun unmöglich. Durch strengere EU-Fiskalregeln und das EU-Defizitverfahren, in das Österreich geschlittert ist, soll die Stadtregierung dem politischen Willen der Kapitalisten untergeordnet werden: Militärausgaben – ja; Sozialausgaben – nein. Die SPÖ Wien unterwirft sich bereitwillig.
Bürgermeister Ludwig sieht seine besten Verbündeten in den Konzernen und der Wirtschaftskammer. Zu den explodierenden Lebensmittelpreisen sagt er:
„Es wäre wichtig, dass sich die Politik mit den großen Handelskonzernen zusammensetzt und gemeinsam Lösungen erarbeitet. … Ich habe die Vertreter dieser Unternehmen immer als sehr gesprächsbereit erlebt.“ (news, 3.9.)
Bezeichnenderweise war die angedrohte Erhöhung der Tourismus-Abgabe (Ortstaxe) die erste Schuldentilgungs-Maßnahme, bei der die SPÖ nach Beschwerde der Hoteliers zurückruderte.
Dieser Balanceakt wird die SPÖ in den kommenden Jahren weiter politisch untergraben und in direkten Konflikt mit den stadteigenen Beschäftigten und Einwohnern bringen. Die Stilisierung des „roten Wiens“ als Bollwerk gegen die FPÖ, regelmäßig zu Wahlkampfzeiten bemüht, wird in sein Gegenteil gewandelt. Die Umsetzung der Sparlinie der Regierung wird die FPÖ massiv stärken und abermals zeigen, dass nicht das kleinere Übel, sondern nur der Klassenkampf die Rechten besiegen kann.
Die roten Jugendorganisationen SJ, aks und VSSTÖ, die an Schulen und Unis die linken Aspirationen der Jugend für sich verbuchen wollen, werden die Frage nicht umschiffen können: Direkter Kampf gegen die Politik der Mutterpartei – oder Angriffe auf die Jugend mittragen? Die bisherigen schwachbrüstigen Aussagen gegen die Politik der „Stadt Wien“ (angeführt von welcher Partei?!) werden nicht genügen.
Das strukturelle Defizit Wiens kann nicht durch schlaues Schuldenmanagement gelöst werden, sondern nur durch einen Bruch mit der Spar- und Profitlogik des Kapitalismus. Die RKP steht dafür, die Wahrheit auszusprechen und Beschäftigte, Schüler, Studierende, Stadtbewohner für einen Abwehrkampf zu organisieren, nach dem Motto: „Lieber Gesetze brechen, als die Menschen.“ Die Perspektive sind unaufhörliche, lange und immer härtere Angriffe – wenn die Arbeiterbewegung nicht in die Gegenoffensive geht und harte Klassenkämpfe führt. Das ist die einzige Perspektive, die tatsächlich Zukunft hat.
(Funke Nr. 237/24.09.2025)