Palästina-Solidarität wird von den Bürgerlichen verhetzt und kriminalisiert. Als Teil dieser Hetzkampagne werden die Funke-GenossInnen Sonja und Alex, Vorsitzende und stellvertretender Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Vorarlberg, nun strafrechtlich verfolgt und mit 2 Jahren Gefängnis bedroht. In den letzten Tagen erreichten uns dazu viele Solidaritätsbekundungen. Der Verbandstag der SJÖ (17./18.2.) hält zumindest fest, dass die Vorwürfe gegen unsere Genossen völlig haltlos sind. Aber die SJÖ verweigerte sich jederlei konkreter Unterstützung und Solidarisierung. Wir halten fest: Solidarität ist eine Frage der Praxis – hier sprechen Taten tausendmal mehr als Worte! Ein Bericht der Verbandstag-Delegation der SJV.
Der 40. Verbandstag der Sozialistischen Jugend fand dieses Jahr im geschichtsträchtigen Neudörfl statt: Dort hatte 1874 auch der Gründungsparteitag der Sozialdemokratie stattgefunden, der unter der staatlichen Repression der Arbeiterbewegung in der Donaumonarchie geheim abgehalten werden musste. Mit dieser Geschichte sollte man meinen, dass eine Solidarisierung mit den jetzigen staatlichen Repressionen und Angriffen auf die Meinungsfreiheit gegen die beiden führenden Genossen der SJV, Sonja und Alex, für die Sozialistische Jugend Österreich eigentlich selbstverständlich sein sollte. Doch weit gefehlt.
Schon vor Beginn des Verbandstag zeigte sich schnell, dass die eigentlich selbstverständliche Solidarisierung doch nicht so selbstverständlich werden sollte. Wir organisierten vor Ort Solifotos und versuchten, Videobotschaften mit Solidarisierungen aufzunehmen. Doch während sich einige SJ-Genossen mit uns solidarisch erklärten, ist die SJÖ-Führung dieser Frage ausgewichen. Auf die Frage, ob sie sich solidarisieren, sind alle befragten Landes- und Bundesfunktionäre einfach an uns vorbeigelaufen oder haben gemeint: „Das klären wir auf dem Verbandstag“. Auch der Vorsitzende Paul Stich wollte keine Solidaritätsbotschaft aufnehmen.
SPÖ-Chef Andi Babler, der als Gast anwesend war, wich uns wortlos mit einem schnellen Gang auf die Toilette aus (was ja, wenn man ein Auge zudrückt, vielleicht noch natürliche Gründe haben könnte), nur um selbige dann später mit dem Handy am Ohr zu verlassen. Man konnte fast den Eindruck bekommen, dass es ihm zu unangenehm war, Stellung zu beziehen.
Was hier komisch wirken mag, hat einen ernsten Kern: Die Führung der SPÖ und der SJÖ hat sich im Vorfeld jeder Solidaritätsbekundung verweigert, weil sie unter keinen Umständen einen Konflikt mit den Bürgerlichen heraufbeschwören wollen. Diese versuchen gerade, verzweifelt eine Konstellation für eine kommende stabile Regierung nach den Wahlen zusammenzuzimmern, die massive Angriffe auf die Arbeiterklasse starten kann. Der Sozialdemokratie wird dabei eine prominente Rolle zuteilwerden: Und diese Rolle wird jetzt schon vorbereitet.
Dieser Druck der Bürgerlichen zeigte sich in allen Aspekten auf dem Verbandstag. Selbst der Funke-Infotisch mit marxistischer Literatur und unserem Flugblatt mit Aufruf zur Solidarität wurde uns vor Ort von der Verbandssekretärin untersagt. Dieser Infotisch ist seit 20 Jahren fester Bestandsteil jedes Verbandstags, das ist das erste Mal, dass dieser verboten wurde.
Unser Initiativantrag, der eine umfassende, öffentliche Solidarisierung einfordert, wurde zur Diskussion zugelassen, allerdings an das Ende der Tagesordnung gerückt. Dabei ist allseits bekannt, dass dieses Ende der Antragsdiskussion auf einem Verbandstag in der Regel nie erreicht wird. Eine Vorziehung wurde mehrheitlich abgelehnt.
Die Frage der Solidarisierung stand also bereits unter negativem Vorzeichen. Als am Samstagabend die Wahlergebnisse für den Verbandsvorstand (Führung der SJÖ) verkündet wurde, platzte eine weitere Bombe: Sonja Kopf wurde, während sie von staatlicher Repression bedroht ist, als einzige Kandidatin aus dem Vorstand herausgewählt, in dem sie als Vorsitzende der SJ Vorarlberg Mitglied war. Über 60% der Delegierten haben sie gestrichen. Während unsere Genossin politischen Angriffen ausgesetzt ist, war die erste Reaktion also, unseren Initiativantrag ans Ende zu reihen und die Betroffene aus dem Vorstand zu schmeißen. Unter diesen Umständen weigerten wir uns, einen Ersatz zu nominieren, bis nicht zumindest eine Solidarisierung der SJÖ diskutiert wurde: Wir stehen zu 100% hinter Sonja und werden sie nicht fallen lassen! Dies verweigerte die Mehrheit, woraufhin die SJ Vorarlberg nun das einzige Bundesland ist, das nicht im Führungsgremium der SJ vertreten ist. Und das keine drei Tage, bevor Sonja und Alex beim Staatsanwalt geladen sind.
Am nächsten Tag wurde dann eine Statutenänderung beschlossen, die die Grundlage dafür legt, dass Landesorganisationen in Zukunft aus der SJÖ ausgeschlossen werden können. Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu erraten, wozu diese „kosmetische Änderung“ dienen wird: Die Funke-geführte SJ Alsergrund wurde aufgrund ihrer Unterstützung der Palästina-Demonstrationen bereits Mitte November aufgelöst.
Dann kam es schließlich zur Diskussion unseres Initiativantrags, der unter dem Druck der Debatte des vorigen Abends vorgezogen wurde. Doch auch hier gab es statt ehrlicher Solidarisierung nur Manöver, um das Gesicht zu wahren.
Nach unserer Vorstellung argumentierte ein Vertreter des Verbandsvorstands, dass unser Antrag zu weitreichend wäre und der Palästina-Antragsdiskussion vorgreifen würde. Dass dies nur vorgeschobene Gründe waren, zeigte sich nach unserer Abänderung des Antrages auf folgende einfache Zeilen:
„Wir solidarisieren uns mit Sonja und Alex gegen diesen Angriff des Staatsapparates auf die Meinungsfreiheit. Die Genossen haben die volle Unterstützung der SJÖ.“
Selbst diese grundlegendste Solidarisierung wurde ausgeschlagen. Stattdessen wurde ein „Abänderungsantrag“ des Verbandsvorstandes beschlossen, der im Vorhinein mit nahezu allen Landesorganisation diskutiert und abgestimmt wurde – aber nicht mit der betroffenen Landesorganisation, der SJ Vorarlberg! Er hält fest:
„Die Sozialistische Jugend weist den Vorwurf nach geäußerter „Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen“ zurück. Das weitere Vorgehen in der betreffenden Causa wird in Absprache mit der SJ Vorarlberg im Verbandsvorstand besprochen.“
Auch wenn es für uns ein Teilsieg ist, dass zumindest festgehalten wird, dass die Vorwürfe „zurückgewiesen“ werden und so noch einmal deutlich wird, wie haltlos die Angriffe sind, ist dieser Beschluss doch nichts anderes als ein Manöver, um sich um jede konkrete Solidarisierung herumschummeln zu können.
„Keine Solidarität mit den unterdrückten Palästinensern!“, donnert es aus den bürgerlichen Medien und Parteien, vom Staatsapparat und von der SPÖ. Die SJ kapitulierte im Herbst vollständig vor diesem Druck. Sie geht diesen Weg nun auf dem vorgesteckten Pfad weiter, indem sie immer überzeugter gegen links tritt. Ein Mitarbeiter des Verbandsbüros maßte sich in der Diskussion zum Nahostkonflikt sogar an, uns zu unterstellen, dass es uns nie „um die Person Sonja ging, sondern immer nur um Selbstinszenierung.“ Auf die Frage: „Which side are you on? Auf der Seite der Unterdrückten oder der Unterdrücker?“ hat die SJÖ geantwortet: „Auf der Seite der Unterdrücker, aber wir wollen das noch nicht öffentlich sagen“.
Uns ist klar von welcher Seite der Druck kommt. Wie schon oben beschreiben: Die Bürgerlichen und die Führung der SPÖ bereiten die nächste Regierung der sozialen Angriffe vor. Dazu müssen die Reihen geschlossen werden, die Sozialdemokratie und die SJ müssen sich ihren „linken Rändern“ entledigen.
Paul Stich hielt in seiner Antrittsrede fest, jeder SPÖ-Regierung, die bei der Arbeiterklasse einspart, den Kampf anzusagen. Gleichzeitig befürwortet er eine Koalition mit den „fortschrittlichen“ Bürgerlichen (Grüne-Neos). Doch auch eine ÖVP-Koalition lehnte Stich – im Unterschied zum vorigen Verbandstag – nicht ab, ähnlich wie Andi Babler. In jedem Fall ist eine künftige SP-geführte Sparregierung mit den Bürgerlichen vorprogrammiert. Wir können der Kampfansage, sowie dem „Solidarisierungsversuch“ der SJÖ nur entgegnen: „Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn!“ Darauf werden wir allerdings lange warten. Denn schließlich kritisiert die SJÖ nicht einmal die aktuelle Rechtsentwicklung von Babler in der Flüchtlingsfrage.
Das zeigt wie bankrott und kraftlos der Reformismus ist. Denn jeder, der den Kapitalismus akzeptiert, muss am Ende des Tages seine Krise mitverwalten und argumentieren, wieso es gerade nicht möglich ist, für diese oder jene Verbesserungen zu kämpfen.
Wir machen hingegen die Notwendigkeit, den Kapitalismus zur stürzen, zur Grundlage unserer Politik. So können wir nicht nur offen und ohne Scheuklappen die Unterdrückung und die kapitalistische Ausbeutung benennen, sondern sie auch bekämpfen.
Die Jugend und die ArbeiterInnen brauchen eine revolutionäre und kommunistische Organisation, die es ernst meint mit dem Sturz des Kapitalismus und dem Ende von Ausbeutung und Unterdrückung. Wenn du das auch so siehst, tritt den revolutionären Kommunisten vom Funke bei.