Italien: Soziale Revolte? Ja, aber wirklich!
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Italien hat seit zwei Jahren eine rechte Regierung. Die Politik von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bringt Geschenke für die großen Kapitalisten und Sparpakete für die Massen. Dagegen regt sich nun zunehmend Widerstand. Von Konstantin Korn.
Höhepunkt der bisherigen Proteste war ein Generalstreik der Gewerkschaftsverbände CGIL und UIL am 29. November mit Demos in über 40 Städten. Zehntausende demonstrierten in den Großstädten Florenz, Neapel und Bologna. Nach Jahren ohne gewerkschaftliche Großmobilisierungen verschafft sich die Arbeiterklasse wieder Gehör.
Anlass war das neue Budget der rechten Regierung: ein einziges Wunschkonzert des Kapitals mit Steuergeschenken, Privatisierungen und Bevorzugung von privaten Pensionsversicherungen. Im Gegenzug wird im öffentlichen Gesundheitssystem massiv gespart und die Mindestpensionen werden gerade mal um 3,17 € erhöht. Die reinste Verhöhnung!
Mario Iavazzi, bekanntester Vertreter unserer Schwesterpartei PCR in der CGIL, berichtet, dass der Generalstreik eine neue Qualität der Mobilisierung aus den Betrieben gezeigt hat. In den letzten Jahren waren die Gewerkschaftsproteste nicht viel mehr als ein Ritual. Die Unternehmer und die Regierung sahen wenig Grund, die Gewerkschaft ernst zu nehmen. Doch diesmal war es anders.
Der Vorsitzende der CGIL Landini hat im Vorfeld eine sehr radikal klingende Losung ausgegeben: „Für die soziale Revolte!“ Die Art und Weise, wie die einzelnen Fachgewerkschaften und Regionalorganisationen den Generalstreik angegangen sind, war aber die alt bekannte Routine, die eigentlich niemand vor dem Ofen hervorlockt. Doch die Krise beißt mittlerweile. Die Arbeits- und Lebensbedingungen haben sich für viele Lohnabhängige spürbar verschlechtert. Das hat dazu geführt, dass sich ein signifikanter Teil der Arbeiterklasse gedacht hat: „Soziale Revolte? Ja, aber eine richtige!“ Die Kampfbereitschaft war auf den Demos greifbar. Da war endlich wieder dieser Wille, es denen da oben zu zeigen.
Die Rechten haben sich über den Aufruf zur „sozialen Revolte“ fürchterlich aufgeregt und die Gewerkschaften beschuldigt, Gewalt zu schüren. Außerdem versuchen sie, das Streikrecht v.a. im Transport- und Verkehrssektor weiter einzuschränken.
Umso mehr stellten sich viele auf den Demos die Frage: „Wie tun wir jetzt weiter?“ Von den Reden der Gewerkschaftsführer bekamen sie keine Antworten. Auffällig war aber, dass es die Gewerkschaft vermeidet, den Kampf direkt mit den Unternehmern zu führen – z.B. um höhere Löhne, die die Profite angreifen würden. Ihre Forderungen richten sich nur gegen die Regierung.
Es wird an den Arbeiterinnen und Arbeitern in den Betrieben liegen, den Druck zu erhöhen, um den Kampf gegen Regierung und Kapital offensiv führen zu können. Und genau diese Idee stellten die Genossinnen und Genossen der PCR in mehr als 20 Städten in ganz Italien auf den Demos zur Diskussion. Aufgrund des starken Wachstums der vergangenen Monate war es der PCR bei diesem Generalstreik auch möglich, in Regionen zu intervenieren, wo sie bislang nicht aktiv war.
Dabei stießen die Genossinnen und Genossen auf sehr viele offene Ohren. An diesem Tag konnten sie 800 Stück unserer Zeitung „Rivoluzione“ verkaufen, was zeigt, dass in der Arbeiterschaft ein wachsender Sektor nach neuen Ideen und Perspektiven sucht und offen für Diskussion ist.
Schon in den Tagen vor dem Generalstreik hat die PCR in einer Vielzahl von Betrieben eine systematische Arbeit zur Mobilisierung für diesen Kampftag geleistet. Unsere Betriebsräte organisierten Betriebsversammlungen und am Streiktag selbst Kundgebungen an den Werkstoren, um die Streikenden zu sammeln.
Dabei betont die PCR, dass die Arbeiterklasse ein eigenes Programm benötigt. Eckpunkte dafür sind die Forderung nach einer automatischen Anpassung der Löhne und Pensionen an die Teuerungsrate, die Abschaffung der Antistreikgesetze, die Enteignung von Unternehmen, die Massenentlassungen betrieben, Standorte schließen oder die Umwelt verschmutzen. All diese Forderungen werden verbunden mit dem Ziel, die rechte Regierung zu stürzen.
(Funke Nr. 230/22.01.2025)