Die Gewerkschaft lehnt nun doch die getrennten Verhandlungen mit den sechs Fachverbänden der Arbeitgeber in der Metallindustrie ab. Damit steuert alles auf einen heißen Herbst zu. Von Gernot Trausmuth.
In unserem letzten Artikel warnten wir noch vor der im Sommer ausgearbeiteten Taktik der Gewerkschaftsspitze, die von den einzelnen Fachverbänden vorgeschlagenen Verhandlungstermine anzunehmen. Zu groß wäre dabei die Gefahr gewesen, dass die auf der Betriebsrätekonferenz in Leonding beschworene gemeinsame Kampffront aller Metaller für einen gemeinsamen Kollektivvertrag noch vor dem richtigen Beginn des Kampfes zu bröckeln begonnen hätte. Der erste Termin hätte am 10. September stattfinden sollen, so der Wunsch des Fachverbandes für die Metallwaren- und Maschinenindustrie. Die „Presse“ zitiert nun aber Karl Proyer, der Chefverhandler der GPA-djp: „Am 10. September findet keine Verhandlung statt.“ Die Gewerkschaft will frühestens am 19. September verhandeln, und zwar einen gemeinsamen Kollektivvertrag.
Diese Entscheidung gilt es voll und ganz zu unterstützen. Die Rückmeldungen, die wir seit Bekanntwerden dieser Information erhalten, lassen erahnen, welche Bedeutung diese Kurskorrektur der Gewerkschaftsspitze hat. Es zeigt sich einmal mehr, dass eine konkrete Initiative der Führung, den Abwehrkampf gegen das Zerstörungswerk der Unternehmer ernsthaft zu führen, von der Basis mit großer Begeisterung aufgegriffen wird. Erstrebenswert wäre es nun, wenn die Führungen der PRO-GE und der GPA-djp den Unternehmern, der Öffentlichkeit aber auch den eigenen Leuten in deutlichen Worten sagt, was alle bisher nur vermuten: Die Kriegserklärung der Unternehmer wird angenommen und mit allen gewerkschaftlichen Mitteln beantwortet werden.
In unzähligen Betrieben stehen die Zeichen ohnedies auf Sturm. Die Geschäftsführungen und Betriebsleitungen schikanieren Betriebsräte, erzwingen über Betriebsvereinbarungen Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen und Zulagensystemen usw. Der Kampf um einen gemeinsamen Metaller-KV ist ganz abgesehen von den Auswirkungen im Geldbörsel von größter Symbolkraft für die KollegInnen in der Metallindustrie (und weit darüber hinaus). Diesen gemeinsamen KV gilt es mit allen Mitteln zu verteidigen, sonst droht ein Tsunami an sozialen und arbeitsrechtlichen Angriffen.
Mit dieser neuen Entwicklung läuft alles auf einen offenen Schlagabtausch zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverbänden hinaus. Die „Falken“ auf der Unternehmerseite haben eindeutig das Sagen. Für sie gibt es kein Zurück mehr. Ihr erklärtes Ziel ist das Aufbrechen des Flächen-Kollektivvertrags für die gesamte Branche. FMMI-Obmann Christian Knill stellte gegenüber der „Presse“ klar: „Eine gemeinsame Metaller-Runde gibt es nicht.“
Wir schlagen vor zielstrebig den Kampf auf Betriebsebene vorzubereiten.
Angesichts des Ausmaßes dieser Auseinandersetzung wird es nicht ausreichen, sich auf die Betriebsratsvorsitzenden allein zu verlassen und sich zurück zu lehnen. Wichtig ist nun die volle Einbindung der Belegschaften. In Fällen, in denen der Betriebsratsvorsitzende zögert auf die aktive Teilnahme der Belegschaft zurückzugreifen, sollten ihn Kolleginnen und Kollegen aus Eigeninitiative ansprechen. Wenn aus eigener Erfahrung Zweifel an Kampfesmut des BRV angebracht sind, ist jetzt der geeignete Zeitpunkt um sich mit anderen Kolleginnen und Kollegen zusammenzutun, Druck auf den BRV zu machen und die Unterstützung der PRO-GE anzufordern, um ein Ausscheren des eigenen Betriebes aus dem gemeinsamen Kampf im Vorfeld abzuwenden.
Flächendeckende Betriebsversammlungen sollten nun bald abgehalten werden. Jede Kollegin und jeder Kollege muss verstanden haben, dass es hier nicht um die üblichen Rituale der Herbstlohnrunde geht (wie es die bürgerlichen Medien darstellen werden), sondern um eine Entscheidung, die das Lohnniveau, die Arbeitsbedingungen und die Pensionsansprüche einer ganzen Generation entscheiden wird. Ist dieses ausdiskutiert, gilt es konkrete Protestaktionen auf Betriebsebene zu beschließen. In allen Betrieben sollten Streikkomitees gewählt werden, die neben den Betriebsräten allen KollegInnen, die sich aktiv beteiligen wollen, offen stehen sollten. Diese Komitees sollten in Absprache mit der Gewerkschaft die Streikpläne aktualisieren und konkret vorbereiten.
Außerdem sollten kämpferische Belegschaften versuchen sich mit den umliegenden Betriebe zusammenzureden, damit sie in der heißen Phase nicht plötzlich allein da stehen (wie das im letzten Streik nicht selten der Fall war).
Nicht zuletzt gilt es die Geschlossenheit auch öffentlich zu demonstrieren. Die Unternehmer und ihnen geneigte Medien werden versuchen den Arbeitskampf als Gewaltaktion von wild gewordenen Gewerkschaftern, die gegen die Vernunft und den Willen der eigenen Leute handeln, hinzustellen. Dem kann man entgegenwirken, indem man den Streik nach außen trägt und sichtbar macht. Öffentliche Streikposten und Demonstrationen an zentralen Standorten der Metallindustrie strafen die Bürgerlichen Lügner, ermöglichen aktive Solidarität und können in Form von Straßenblockaden auch den wirtschaftlichen Hebel der Streiks vergrößern.
Außerdem sollten jetzt konkrete Schritte zur Organisierung von Solidaritätsaktionen gesetzt werden. Die Entwicklung der Facebook-Gruppe „Gemeinsam den Metaller-KV verteidigen“ zeigt, welches Potential es dafür gibt. Die PRO-GE sollte offensiv zur Gründung von Solidaritätskomitees aufrufen. Betriebsräte anderer Sparten sollten bereits jetzt ihre Solidarität kundtun und auf Aushängen und in Gesprächen die eigene Belegschaft informieren. Wirtschaftsbereiche, deren Verhandlungen traditionsgemäß knapp nach den Metallverhandlungen stattfinden (wie der Handel), sollten sich überhaupt überlegen, ob sie die öffentliche Aufmerksamkeit nützen und gleichzeitig mit den Metallern in die Auseinandersetzung ziehen. Gewerkschaftliche und politische Jugendorganisation können bereits jetzt Kontakt mit Betriebsräten nahegelegener Betriebe aufnehmen und gemeinsame öffentlichwirksame Aktionen besprechen.
Wir haben noch zwei Wochen Zeit, um uns auf diesen Kampf vorzubereiten.
Glück auf!
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