Die Massen erheben sich welweit in Bewegungen – auch für Frauen- und LGBT-Rechte. Der Kampf für die Befreiung ist der Kampf gegen den Kapitalismus – statt Identitäts- und Symbolpolitik brauchen wir Klassenkampf.
Lade die Stellungnahme als Flugblatt herunter: Flyer Frauentag 2021
Es ist keine Übertreibung: Die Massen erhoben sich in den letzten Jahren in vielen Ländern für Frauen- und LGBT-Rechte. Der Druck der Straße bringt die Herrschenden ordentlich ins Schwitzen.
In Argentinien durchflutete die „Grüne Welle“ für das Recht auf Abtreibung jahrelang mit Massenprotesten das Land – und erzielte am 30. Dezember 2020 einen Sieg, als der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert wurde.
In Polen erweckte der Kampf gegen das Abtreibungsverbot im Herbst 2020 binnen weniger Tage 226 Städte und selbst kleine Dörfer im ganzen Land zum Leben. Die Bewegung gibt nicht auf, auch nachdem das fast vollständige Abtreibungsverbot am 28. Jänner in Kraft gesetzt wurde, und der Staatsapparat reagiert mit der Verfolgung von führenden AktivistInnen.
Im erzkatholischen Irland wurden der reaktionären Kraft der Kirche innerhalb weniger Jahre – 2015 und 2018 – herbe Schläge versetzt, als sich die Bevölkerung begleitet von Großprotesten für die gleichgeschlechtliche Ehe und für das Abtreibungsrecht durchsetzte.
Eine Viertel Million marschierte zum letztjährigen Frauenkampftag alleine in Mexiko-Stadt unter dem Banner „Ni una menos“ – Nicht eine weniger, keine soll der Gewalt zum Opfer fallen.
In Spanien gingen 2018 über fünf Millionen zum Anlass des Frauenstreiks auf die Straße – die Schweiz folgte mit den größten Mobilisierungen seit Jahrzehnten beim Frauenstreik 2019.
Sind wir alleine und isoliert? Nein! Gibt es Gründe für Massenerhebung und Revolution? Mehr als genug!
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in Österreich der Unmut die Betondecke des Schweigens durchbricht.
Frauen in der Krise – Frauen in die Revolution!
Die Ungleichheit in der Gesellschaft nimmt rasant zu. Millionäre, Milliardäre und die großen Konzerne scheffeln in dieser tiefen Krise des Systems weiter Reichtum, während auf der anderen Seite die Armut, Arbeitslosigkeit, die Zumutungen in der Schule und an Unis zunehmen. Zu den am härtesten getroffenen Schichten zählen die Frauen der Arbeiterklasse, die MigrantInnen und die Jugend.
Lassen wir die bekannten Fakten über Frauenunterdrückung beiseite, und zählen wir nur einige Entwicklungen seit der Pandemie und der jetzigen Wirtschaftskrise auf:
- Arbeitslosigkeit: Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik. Im Vergleich zum Jänner des Vorjahres stieg sie für Frauen um +42,4% (57.877 Frauen) und für Männer um +25,2% (55.118 Männer). (AMS Übersicht Jänner 2021)
- Intensivierung der Arbeit: Auf der anderen Seite sehen wir die Steigerung der Ausbeutung und des Arbeitspensums in Bereichen wie der Pflege; die KindergartenpädagogInnen sind jene Gruppe, die sich prozentuell am Arbeitsplatz am häufigsten mit Covid infiziert hat. Auch dies sind Bereiche, in denen überwiegend Frauen beschäftigt sind.
- Frauen zurück an den Herd: Die Schulschließungen erhöhen den Druck auf die Familie massiv. In einer Online-Umfrage der Wirtschaftsuniversität Wien gaben 27,8% derjenigen Paare, die sich vor der Pandemie die Hausarbeit gleichmäßig aufteilten an, dass nun Frauen mehrheitlich für die Hausarbeit zuständig sind. In Fragen der Kinderbetreuung sind es gar 40% der Frauen. Das zeigt, dass ein „fortschrittliches Bewusstsein“ allein machtlos ist angesichts der materiellen, wirtschaftlichen Realität.
- Häusliche Gewalt: In Österreich vermehrten sich die polizeilich gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt in größeren Städten nach dem Lockdown um 26 Prozent. Die Frauen-Helpline erhielt im März 2020 38 Prozent mehr Anrufe.
Der Kapitalismus in der Krise, seine Handlanger in der Politik und den Ideologieschmieden drängen jeden kleinen Fortschritt und jede Reform mit aller Macht wieder zurück und treiben die Gesellschaft zunehmend in die Barbarei.
Klassenkampf statt Identitäts- und Symbolpolitik
In der jetzigen Krise wird deutlich, dass Identitäts- und Symbolpolitik ein Werkzeug der Herrschenden sind, um ihre reaktionäre Politik zu verschleiern. Die US-Regierung unter Joe Biden ist ein Beispiel par excellance für die irreführende Rolle identitätspolitischer RepräsentantInnen im System: Der Präsident der Wall-Street, gegen den mehrere Fälle sexueller Belästigung vorliegen, umgibt sich mit einem identitätspolitischem Regenbogen-Kabinett, während er Politik für die Herrschenden verfolgt.
Die Idee, dass man mit symbolischen Gesten und Repräsentation die Ungleichheit und Unterdrückung in der Gesellschaft beseitigen kann, ist widerlegt. So erklärt das European Institute for Gender Equality beinahe humoristisch, dass die Geschlechtergleichheit in der EU mit dem Tempo vor der Krise – erst in mehr als 60 Jahren erreicht werden kann! Dies ist eine lachhafte Perspektive.
Gleichzeitig gibt das Institut in seinem „Gender Equality Index“ von 2020 zu, dass die einzigen Verbesserungen der letzten Jahre auf den Bereich der „Macht“ – etwa Frauen als CEO oder in politischen Machtpositionen – zurückgeführt werden können. „Ohne Zuwächse im Bereich Macht würde die Geschlechtergleichheit kaum fortschreiten.“ Gleichzeitig wird festgehalten: „Seit 2010 hat sich das Ergebnis der EU in den Bereichen Verteilung der Hausarbeit und Pflegearbeit um -0,6 Punke verschlechtert“.
Der statistischen Verbesserungen der Frau im letzten Jahrzehnt ergaben sich also einzig und allein aus der stärkeren Integration von einzelnen Frauen in Positionen der herrschenden Klasse, für die breite Masse wurde es schlechter.
Um wirklich etwas zu verändern, müssen wir anerkennen, dass Ungleichheit, Ausbeutung und Diskriminierung im Kapitalismus verwurzelt liegen – und diesen müssen wir überwinden.
Aber das geht nur mit einem Klassenkampf der Arbeiterklasse – der Frauen, Männer und aller Menschen der Arbeiterklasse – gemeinsam. Die Identitätspolitik der letzten Jahre hingegen ist gescheitert, sie verschleiert nur die Verschlechterungen, oder um es mit den Worten von Christine Nöstlinger zu sagen: „Ein Binnen-I haben wir gekriegt. Das ist für mich ein bissl wenig.“
Warum Klassenkampf?
Wir MarxistInnen wissen, dass wir nicht alleine, sondern Teil einer mächtigen globalen Arbeiterklasse sind. Das herrschende System behauptet und organisiert ständig das Gegenteil: es betont die spezifische „Natur“ und die voneinander isolierten Bedürfnisse der einzelnen unterdrückten Schichten.
Mädchen und Frauen werden so von Kindesbeinen an auf ihre Rolle als „Mutter“ eintrainiert. Dies ist ein besonders gewinnträchtiges Unterfangen, da damit gesellschaftlich notwendige Haus- und Reproduktionsarbeit in der Arbeiterklasse als „Privatangelegenheit“ organisiert werden können. Das Schüren des Rassismus ist zum Markenzeichen der aktuellen asozialen Regierung und zum Geschäftsmodell für besonders prekäre Arbeit (siehe 24h-Pflege, Logistik und Bau) geworden. Selbst wo der direkte materielle Nutzen fürs Kapital nicht greifbar ist, profitieren die Herrschenden von der Spaltung: Homo- und Transphobie sind klassische Spaltungsmechanismen in unserer Klasse.
Der Kampf gegen die Spaltung bedeutet, dass die Unterdrückung und Ausbeutung alle ArbeiterInnen – egal welchen Geschlechts, welcher sexuellen Orientierung, Herkunft oder Hautfarbe – etwas angeht.
Im gemeinsamen Kampf aller ArbeiterInnen und Jugendlichen wird das Bewusstsein, dass uns Sexismus und Rassismus alle etwas angehen, 1000-mal effizienter und besser gebildet, als durch Bildungskampagnen, Repräsentationspolitik oder „progressive“ Verschleierungstaktik der Herrschenden. Die Kampfform des „Frauenstreiks“ gewinnt dabei dank inspirierender internationaler Massenbewegungen (Spanien, Schweiz) an Bedeutung.
Wir argumentieren gegen die in der österreichischen Linken dominante Idee, dass „Frauenstreik“ bedeuten soll, dass sich nur Frauen daran beteiligen dürfen. Ein Streik, der eine Hälfte unserer Klasse aufgrund ihres Geschlechtes ausschließt ist eine neue spalterische Symbolaktion, die dafür prädestiniert ist vom herrschenden System in seinem Sinne vereinnahmt zu werden.
110 Jahre Frauenkampftag
Die Initiatorinnen des Frauenkampftages waren Sozialistinnen, die diesen speziellen Kampftag für den mehrfach unterdrückten Teil der Klasse in die Tradition der 1848er Revolution und der Pariser Commune stellten. Der Streik der Wyborger Textilarbeiterinnen am 8. März 1917 bildete den Auftakt zur Russischen Revolution, und legte den 8. März als den weltweiten Kampftag fest. Wir MarxistInnen verteidigen diese Tradition und glauben, dass die Orientierung auf die soziale Revolution gerade im heutigen Krisenkapitalismus wieder die einzige relevante Antwort auf die herrschende Unterdrückung und Ausbeutung ist.
Die bürokratische Ignoranz in den Frauenabteilungen der Sozialdemokratie und Gewerkschaften, sowie das spalterische Sektierertum in (Queer-, vs. Radkal-)feministischen Zirkeln verhindern seit Jahren, dass der 8. März hierzulande massenhaft begangen wird.
Wir stehen dafür den 8. März massenhaft zu begehen und einen Frauenstreik beider Geschlechter zu folgenden Themen zu popularisieren:
- Für die Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich
- Für Löhne, von denen man leben kann: Daher deutliche Lohnerhöhungen in den sogenannten Frauenberufen
- Für bedarfsdeckenden Ausbau öffentlicher Pflegeplätze
- Ganztägige und kostenlose Kinderbetreuung für Kinder nach dem Auslaufen des Mutterschutzes
- Öffentliche Unternehmen, die Catering und Reinigung von Haushalten anbieten
- Wissenschaftliche Sexualerziehung ab der Volksschule – Freie Verhütungsmittel – legaler Schwangerschaftsabbruch kostenlos frei von moralischer Repression und Angst
- Für den gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse gegen Frauenunterdrückung, Sexismus und Diskriminierung von LGBT-Personen – für den Kampf gegen den Kapitalismus – für die soziale Revolution!
Die Funke-Redaktion am 26.2.2021
Der Funke am 8. März 2021
- Wien: 17:00 am Stephansplatz
- Graz: 17:00 am Hauptplatz
- Linz: 16:30 Musiktheater am Volksgarten
- Feldkirch: 18:00 beim Katzenturm
- Innsbruck: 17:00 Annasäule