8. März 2025: Die Zeit der politischen Neutralität ist vorbei

Der Frauenkampftag ist seit seinen Ursprüngen eng mit dem Klassenkampf verknüpft. In der Krise des Systems war der diesjährige Frauentag ein Spiegelbild der gesamtpolitischen Zuspitzung. Von Yola Kipcak.
In ganz Österreich waren die Demonstrationen am 8. März zahlreicher und größer als letztes Jahr. Die Radikalisierung, oft noch vereinzelt und nachdenklich, war in den hunderten Gesprächen, die wir führten, spürbar. Die RKP beteiligte sich überall enthusiastisch: bei der über 10.000-Personen-starken Demonstration in Wien, bei den 2.000 in Innsbruck, den 2.500 in Graz, auch bei der Kundgebung in Klagenfurt. In Vorarlberg organisierten wir eine kämpferische Demonstration durch Bregenz, die 50 Leute anzog und die Sympathie etlicher Passanten auf sich zog. In St. Pölten organisierten wir eine eigene Kundgebung, die sich anschließend gemeinsam der Demo in Wien anschloss. Ca. 220 „Funke“-Zeitungen verkauften wir an diesem Tag.
Aus Sicht der Bürgerlichen und ihrer ideologischen Verteidiger war der diesjährige 8. März jedoch weniger präsentabel. So sprachen sich die Wiener Demo-Organisatoren von „Take back the Streets“ in Wien diesmal gegen den Völkermord in Palästina aus, mit zahlreichen Palästina-Flaggen über den ganzen Demozug verteilt. Pro-zionistische Organisatoren hatten abends zu einer Konkurrenzveranstaltung zur Großdemo aufgerufen. Seither hackten sie die Social-Media-Accounts des „Take back the Streets“-Bündnisses, um sie zu sperren.
Frauenunterdrückung ist eben nicht losgelöst von allen anderen gesellschaftlichen Konflikten. Die weitverbreitete Solidarität mit den Palästinensern entblößt die Wirkungslosigkeit der seit 1,5 Jahren betriebenen ideologischen Offensive der österreichischen Bourgeoisie und ihrer Helfeshelfer und beunruhigt diese. In Vorarlberg fanden die sozialdemokratischen Organisationen keine Zeit für eine Demonstration an diesem Kampftag der Arbeiterklasse.
Glaubt man der bürgerlichen Medienberichterstattung, haben die Demonstrationen am 8. März in Österreich nicht stattgefunden. Der ORF begnügte sich mit Bildern aus Istanbul, Madrid und Warschau. Treu seiner pro-imperialistisch-liberalen Blattlinie fand „der Standard“ Worte für eine antirussische Schweigeminute in der Ostukraine, für Antiregierungsproteste in Venezuela, der Türkei und im Iran. Die unpässliche Wiener Demonstration war den Enthüllungs-Redakteuren des „Standards“ wohl entgangen.
In Tirol machte vor allem die Demonstration von christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegnern Schlagzeilen. Von rund 20 Festnahmen berichtete die Innsbrucker Polizei stolz – und zwar bei einem (unangemeldeten) Gegenprotest zu den Fundamentalisten.
Die Zeit der „politischen Neutralität“ ist vorbei. Daher: Gegen Frauenunterdrückung und Kapitalismus – mit Kommunismus!