Handelskrieg bereitet soziale Explosion vor

Donald Trumps kürzlich verkündete Handelszölle stellen eine Verschärfung in der Wende vom Freihandel zum Protektionismus dar. Die Ära der Globalisierung ist vorbei und ein neues, turbulentes Kapitel in der anhaltenden kapitalistischen Krise bricht an. Doch es gibt keinen Weg mehr zurück. Die Nachkriegsordnung ist tot und der „freie“ Markt hat versagt. Das System steckt in der Sackgasse. Nur der Kampf für eine weltweite sozialistische Revolution kann uns aus dem kapitalistischen Sumpf befreien. Von Mio Purgathofer.
Am selbsternannten „Liberation Day“ (2. April) erklärte Donald Trump einen Blitzkrieg an Zöllen. Freunde wie Feinde Washingtons werden ab jetzt mindestens 10% an Zöllen für den Export in die USA zahlen. Der Handelskonflikt mit China schaukelte sich sogar bis zu Zöllen von 145% hoch. Zusätzliche Zölle gibt es außerdem auf Stahl-, Aluminium- und Auto(teil)importe sowie für Kanada und Mexiko (alles 25%). Nach einer Woche Chaos an Weltmarkt und Börse legte Trump alle weiteren Zollmaßnahmen (Extrazölle für EU, GB und eine ganze Reihe anderer Länder) für 90 Tage auf Eis. Ein Waffenstillstand, während dem die Karten der Weltwirtschaft neu gemischt werden.
Protektionismus und Handelskrieg sind Merkmale unserer Epoche, des Imperialismus. Protektionismus ist der Versuch, die eigenen Kapitalisten vor der Konkurrenz zu „schützen“, z.B. indem die eigenen Konzerne gefördert und andere durch Zölle benachteiligt werden. Diese Politik ist nicht die Ursache der kapitalistischen Krise, sondern eine Folge davon: Die verschiedenen imperialistischen Player müssen in schrumpfenden Märkten Gewinn machen und um jeden Preis wettbewerbsfähig bleiben, um ihre eigenen Profite zu sichern.
Die aufstrebende Wirtschaft Chinas bedroht seit Jahren die Vorherrschaft der USA auf dem Weltmarkt. Dieser Widerspruch bestimmt seit spätestens 2018 die US-Außenpolitik, Trump hebt das nur auf eine neue Stufe. Trumps Plan ist es, in weiterer Folge die Produktion verschiedener Waren zurück in die USA zu verlagern und so die US-Wirtschaft zu fördern. Allerdings kann die kapitalistische Weltwirtschaft unmöglich nach einem „Plan“ gemodelt werden.
Der Weltmarkt und die international organisierte Produktion werden auseinandergerissen. In diesem Prozess verschärft sich der Kampf um Märkte, Einflusszonen, Ressourcen und Handelsrouten. Die meisten Waren werden in verschiedenen Stadien des Produktionsprozesses mehrmals zwischen Ländern hin- und hertransportiert. Die Zölle müssten also nicht einmal, sondern zwei-, drei- oder viermal gezahlt werden. Ein US-Autohersteller schätzt, dass ein Auto so zwischen 4.000 und 12.000 USD teurer werden könnte. Tatsächlich geht fast jede Ware im Handel oder Produktionsprozess über den einen oder anderen Weg durch die USA.
Durch den Handelskrieg wird erzwungen, dass die globale Warenproduktion neu und viel ineffizienter und somit teurer gestaltet werden muss. Das sorgt für enorme Unsicherheit und Chaos auf den Märkten. Das wird die Weltwirtschaft nach unten zerren und die Inflation weiter ankurbeln. Die gefürchtete Stagflation – eine toxische Mischung aus Wirtschaftseinbruch und Teuerung – wird so einzementiert. Damit einhergehen wird eine neue Welle von Einsparungen und Angriffen auf die Arbeiterklasse, denn die Kapitalisten werden alles versuchen, um ihre Verluste auf die Massen abzuschieben.
Trumps Plan, den amerikanischen Kapitalismus in eine neue Ära des Erfolgs zu führen, wird nicht aufgehen. Die weltweite Krise – auch in den USA – wird vertieft. Er wird jedoch versuchen, in diesem Handelskrieg mit Druck und allerlei Deals mit verschiedenen Ländern das Beste für den US-Imperialismus herauszuschlagen. Was dabei rauskommt, ist offen.
Österreichs Außenministerin Meinl-Reisinger schwärmt in der ZiB2 von der „Geschlossenheit“ und „Stärke“ der EU im Handelskrieg. Die Wahrheit sieht weniger rosig aus: Europa ist abhängig von US-Technologie und von US-dominierten Finanzmärkten. Im Ganzen ist die EU militärisch und ökonomisch zu schwach, um ihre Handelsinteressen zu verteidigen – und vor allem stehen verschiedene Widersprüche nationaler Interessen einer geeinten Strategie im Weg. Der Handelskrieg zwischen den zwei größeren Mächten USA und China droht, die EU zu zerreiben.
So war zum Beispiel die Autoindustrie Deutschlands (und die Zubringerwerke in Österreich) schon davor in der Krise und durch die Konkurrenz von chinesischen E-Autos bedroht. Nun setzen Trumps Pläne, die US-Autoindustrie zulasten der EU zu retten, der europäischen Autoindustrie den Revolver auf die Brust. Die EU-Bürokratie der Von-der-Leyen-Clique träumt von einem starken Europa, aber selbst bei den geplanten Vergeltungszöllen gegen die USA konnte man sich nur auf Produkte wie Bourbon-Whiskey oder Erdnussbutter einigen, fast allem anderen stehen verschiedene Kapitalinteressen einzelner Mitgliedsstaaten im Weg.
Am liebsten würden die Liberalen und Reformisten die Zeit zurückdrehen. Dann könnte selbst eine kleine Exportnation wie Österreich noch profitabel sein. Doch der Freihandel kommt nicht mehr zurück, durch die globale Überproduktion ist er an seine Grenzen gestoßen und Protektionismus und Handelskrieg sind nur der nächste logische Schritt.
Der einzige Grund für diese Wende ist der notwendige Erhalt der Profite im nationalstaatlich organisierten Kapitalismus. Um bessere Wettbewerbsbedingungen für die eigenen Kapitalgruppen zu erobern, nimmt die Bourgeoisie weltweite Deindustrialisierung, Wirtschaftseinbruch und Inflation in Kauf. Die Arbeiterklasse wird dafür zahlen müssen, in Form von erhöhten Preisen, Lohnverlusten, Einschnitten in die Gesundheitsversorgung und Massenentlassungen. In Österreich will sich die SPÖ als Teil der Faschingskoalition schamlos an diesen Angriffen auf die Arbeiter beteiligen, weil sie den Kapitalismus als alternativlos akzeptiert.
Was die Bourgeoisie hier kocht, ist ein Rezept für weitere tiefe Krisen und soziale Explosionen. Wir müssen uns organisieren, um dieses schrottreife System auf den Müllhaufen der Geschichte zu fegen. Nur ein internationaler, rationaler und sozialistischer Produktionsplan kann die Menschheit aus Krieg, Krise und Armut retten.
(Funke Nr. 233/24.04.2025)