Studierende im Fadenkreuz der Regierung – Gemeinsam gegen Repression und soziale Angriffe
Unter dem Deckmantel des „Kampfes gegen den Antisemitismus“ ruft die Regierung zur Offensive an den Unis gegen die Palästinasolidarität auf, schränkt systematisch demokratische Rechte ein und bereitet damit massive Angriffe auf die Lern- und Lebensbedingungen der Studierenden und Beschäftigten vor. Die RKP-Studierenden sagen: Vollversammlungen von Studierenden und Personal – bilden wir eine Faust gegen diese Angriffe!
Von Lukas Frank, Bundessekretär RKP-Studierende
Antisemitismus sei „ein Angriff auf unsere gesamte Demokratie“, erklärt Wiederkehr (NEOS) bei der Vorstellung der neuen Antisemitismus-Strategie. Regierungskollegin Plakolm (ÖVP) enthüllt im Zuge der Antisemitismusstudie die angeblich größten Missetäter und damit Feinde der Demokratie: Linke und Muslime. Das ist eine ungeheuerliche Lüge: Es ist gerade die Regierung, die mit ihrer ständigen Gleichsetzung der israelischen Völkermordpolitik und der Ideologie des Zionismus mit dem Judentum antisemitische Vorurteile ausrollt.
Während schon die Stundenpläne auf „geistige Landesverteidigung“ umgestellt werden, um Schüler zu „loyalen Bürgern zu erziehen“ (Zitat: Die HTL Linzer Technikum-Direktorin bei einem Schulbesuch vom Bundesheer), wird die Artillerie auf die Universitäten gerichtet. Eine neue Hochschulstrategie soll erarbeitet werden, deren Umsetzung 2027 (nicht ganz zufällig nach den ÖH-Wahlen) beginnen wird.
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner will Hochschulen zu einem „Bollwerk gegen Wissenschaftsfeindlichkeit“ aufrüsten, die ein „Garant für wehrhafte Demokratie“ sind. Nachdem kaum jemand mehr Politikern, traditionellen Parteien und Medien vertraut, soll also vermehrt der Heiligenschein der Wissenschaft Pensionskürzungen, Spitalsbettenabbau und Rüstungsausgaben schmackhaft machen. Der zweite von drei Schwerpunkten ist „Exzellenz“, d. h. Zugang nur noch für die Besten. Hier wird die im Regierungsprogramm beschlossene „Grundsatzrevision des freien Hochschulzugangs“ – sprich seine Abschaffung – konkretisiert werden.
Die Regierung plant die härtesten Angriffe auf die Studierenden seit Jahrzehnten und bereitet sich dementsprechend vor. Linke Studierende und Personal sollen unter dem Schlagwort Antisemitismus ideologisch eingeschüchtert und demokratische Rechte eingeschränkt werden.
An der Universität Wien hat die praktische Umsetzung bereits begonnen. Mit Semesteranfang ließ das Rektorat eine friedliche, symbolische Blockade des Haupteinganges gegen den Völkermord von über 200 Studierenden durch die Polizei räumen. Mit der „Checkliste gegen Störaktionen“ und „Strategien gegen Antisemitismus“ fordert das Rektorat jetzt Lehrpersonen auf, bei politischen Kundgebungsabsichten das Sicherheitspersonal einzuschalten – auch ÖH-Organe wie Studienvertretungen sollen Studierende abmahnen.
Im offenen Widerspruch zum Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz wurde dem KSV-KJÖ (der Teil der gewählten ÖH-Vertretung an der Uni Wien ist) die Räumlichkeiten für die Anti-Colonial-Week-Veranstaltungsreihe entzogen. Das ist kein Versehen. Nachdem sich die Räumung des Palästina-Camps als verfassungswidrig herausstellte, erklärte Rektor Schütze dies „nach wie vor für gerechtfertigt“. Währenddessen genießen rechtsextreme Burschenschaftler Polizeischutz für ihre Mittwochsaufmärsche, und die GRAS (die Studierendenorganisation der Grünen) kann problemlos Stephan Grigat (berüchtigt durch die Aussage, „Free Palestine“ sei in der Regel ein Vernichtungsaufruf) zu Antisemitismus im Hörsaal referieren lassen.
Das ist die „Verteidigung der Demokratie“: Wege und Mittel müssen gefunden werden, um demokratische Rechte nur noch denen zukommen zu lassen, die den Herrschenden kein Dorn im Auge sind. Wo es das nicht gibt, gibt es bewussten Gesetzesbruch.
Im Zuge der Offensive soll auch der VSStÖ ganz auf Linie gebracht werden. Dieser hatte unter dem Druck der Studierenden begonnen sich der Palästinabewegung zuzuwenden: Kurz vor den ÖH-Wahlen gaben er eine Entschuldigung für die Unterstützung der Räumung des Palästinacamps im Juni 2024 ab, auch die Koalition mit den rabiaten Zionisten vom KSV-LiLi wurde nicht verlängert, die Zusammenarbeit mit der jüdischen Hochschülerschaft (JöH) nach einem Leak rassistischer Chats in einer ihrer Whatsappgruppen gegen propalästinensische Protestierende auf Eis gelegt.
Doch mit dem Waffenstillstand und der Ebbe der Palästinabewegung wollen die Bürgerlichen politische Totenruhe. Für sie ist es inakzeptabel, dass die größte ÖH-Fraktion, deren Mutterpartei SPÖ ein wichtiger Pfeiler der Sparregierung ist, ihr Antisemitismus-Narrativ in Frage stellt und sich zu sehr den radikalen Teilen der Studierenden zuwendet.
Rammbock für die Bürgerlichen spielen die GRAS, welche dem VSStÖ unter Antisemitismusvorwürfen die ÖH-Koalition an der Uni Wien kündigten und zusammen mit JöH, den ÖH-Fraktionen (von Junos und AG bis zum KSV-LiLi) und Medien eine Hetzkampagne starteten. Die GRAS streben eine Sondersitzung an, in der auf Basis eines vom Antisemitismus „geläuterten“ VSStÖ eine Neuauflage der Koalition versprochen wird. Die JöH fordert von der SPÖ und Vizekanzler Babler gleich den Austausch der gesamten Führungsspitze des VSStÖ Wien.
Die RKP-Studierenden erklärten sich angesichts dieser Angriffe solidarisch mit den Genossen vom VSStÖ Uni Wien. Die Mehrheit der Studierenden hat links gewählt, hat pro-Palästina gestimmt. Gemeinsam mit dem KSV-KJÖ gibt es auf der ÖH Uni Wien eine linke, Pro-Palästina-Mehrheit. Der VSStÖ hat die Wahl, vor den Bürgerlichen einzuknicken oder gemeinsam mit allen tatsächlich linken und propalästinensischen Kräften diese schamlosen Angriffe zurückschlagen.
Die Hochschulen waren nie ein Ort des freien akademischen Diskurses, sondern schon immer fest in Hand von Banken, Konzernen und Staatsapparat. Jetzt, wo die Herrschenden Krise und Militarismus in nie dagewesenem Ausmaß auf die Bevölkerung – eben auch Studierende – abwälzen wollen, tritt das deutlich zutage. Ein „Lobbyismus für Studierende“ (ÖH-Koalitionsprogramm), der sich Verbündete in der Regierung einbildet und auf faire Hinterzimmerdeals hofft, ist Geschichte.
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Die RKP-Studierenden haben daher eine Kampagne für Vollversammlungen der Studierenden gestartet. In Wien streben wir 1000 Unterschriften bis Februar an – 850 Unterschriften von Studierenden der Uni Wien reichen, damit die ÖH Uni Wien eine Vollversammlung einberufen und breit bewerben muss. Im Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz ist Ähnliches für alle Unis und FHs festgeschrieben.
Die vielen Studierenden müssen zusammenkommen, sich ein gemeinsames Bild von der Lage machen, um so eine gemeinsame Faust gegen die Angriffe bilden zu können – die Hetze gegen Palästina und die Komplizenschaft der Rektorate, die Einschränkung demokratischer Rechte und Sparmaßnahmen auf Kosten der Studierenden. Der Klassenkampf kommt auch nach Österreich, wir müssen lernen zu kämpfen und uns darauf vorbereiten. In Serbien und vielen anderen Ländern konnten wir in den letzten Monaten sehen, welche wichtige Rolle Studierende hier spielen können.
In Wien konnten gleich zu Beginn über 260 Unterschriften sammeln. Aus einer Reihe von Studienvertretungen wissen wir von Empörung über die Maßnahmen des Rektorates. Neben Lesekreisen von Studierenden der RKP planen wir Diskussionsveranstaltungen in ganz Österreich an den Unis– wir kämpfen dafür, dass die Studierenden über die relevanten Sachen reden können. Beteilige auch du dich an unserer Kampagne und organisiere dich!
Funke 239