Wien wählt: Für Klassenkampf statt Krisenverwaltung

Am 27. April wählt Wien einen neuen Gemeinderat (bzw. Landtag). Dieser Urnengang wird ein erster großer Stimmungstest für die neue Bundesregierung. Von Konstantin Korn.
Ursprünglich wären die Wiener Landtagswahlen erst im Herbst angestanden. Als zu Jahresbeginn Blau-Schwarz fast sicher schien, preschte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) vor und rief vorgezogene Wahlen aus. Die SPÖ wollte von der Empörung über einen Kanzler Kickl Nutzen ziehen und sich als Bollwerk gegen die drohenden Angriffe auf das „Rote Wien“ in Stellung bringen.
Knapp zwei Monate später ist alles anders. Im Bund haben sich ÖVP, SPÖ und NEOS das Ja-Wort gegeben und machen sich nun an die Verwaltung der tiefen Krise des österreichischen Kapitalismus. Der eigentliche Architekt dieser Regierung ist der Wiener Bürgermeister. Ludwig verfolgt seit Jahren das Ziel, die SPÖ wieder in die Bundesregierung zu bringen, das um jeden Preis. Dazu gehört seine enge Kooperation mit der Wiener Wirtschaftskammer. Außerdem hat er schon vor fünf Jahren in weiser Voraussicht die Weichen neu gestellt und die NEOS in die Stadtregierung geholt. In Wien selbst waren die Pinken mit dem politischen Leichtgewicht Christoph Wiederkehr ein Beiboot, um das man sich keine Sorgen machen musste. Und die Überlegung war schon damals, dass man vielleicht die NEOS für eine künftige Regierungsbildung antrainieren könnte.
Diese Rechnung ging auch auf. Ludwig ist der eigentliche Machtpol in der SPÖ und hat alles darangesetzt, dass sich Babler „mit ausgestreckter Hand“ der ÖVP andient. Mangels anderer Optionen griff die ÖVP zu, aber unter der Voraussetzung, dass die NEOS mit ins Boot kommen. In Wien waren die NEOS nicht viel mehr als Ludwigs Bettvorleger, aber im Bund sind sie plötzlich in zentralen Fragen (Außenpolitik, Budgetsanierung, Wirtschaft) der Rammbock der Bürgerlichen. Das bedeutet, dass die Wiener SPÖ jetzt nicht auf Opposition machen kann, sondern für die Sparregierung im Bund geradestehen muss.
Die Krisen der vergangenen Jahre wiegen aber nicht nur auf der Bundesregierung, sondern auch auf Wien. Die finanziellen Spielräume werden immer enger. Dementsprechend kleinlaut sind die Wahlversprechen der SPÖ. Leuchttürme wird die künftige Stadtregierung keine errichten. Vielmehr geht es um die Verwaltung der Krise in der Hoffnung, dass keine gröberen Einschnitte zu machen sind. Blau-Schwarz hätte Wien wahrscheinlich das Leben schwer gemacht. Die Beteiligung der SPÖ an der Bundesregierung bringt wohl vorerst eine leichte Verschnaufpause für Ludwig.
Doch der Status quo ist auch schon nicht berauschend. Der Quadratmeterpreis für Mietwohnungen stieg 2024 auf 19,2 € (+11 Prozent im Vergleich zu 2023). Nur ein massives öffentliches Gemeindewohnprogramm, kombiniert mit einer massiven Zurückdrängung des „Marktes“ kann hier eine Trendumkehr einleiten, dazu ist die SPÖ nicht bereit. Auch Beschäftigte der Wiener Linien, der Kindergärten oder im Gesundheitsbereich spüren den Spardruck bereits jetzt massiv. Die verantwortliche Gewerkschaft younion ist von der Rathaus-SPÖ kontrolliert und verwaltet dies mit.
Das ist der Nährboden, auf dem die reaktionäre Demagogie der FPÖ gedeihen kann. Für jedes Übel in der Stadt werden sie „die Ausländer“ (und speziell „die Muslime“) verantwortlich machen. Es ist absehbar, dass die SPÖ dem nichts entgegenhalten kann und selber mit einer harten Linie in der Asylpolitik in den Wahlkampf gehen wird.
Unter diesen Bedingungen ist es hilfreich, wenn sich Risse in der politischen Betondecke auftun. Unausweichliche politische und soziale Kämpfe fänden so bessere Bedingungen sich zu entfalten. Ein Element dabei: Erstmals seit 1969 hat die KPÖ die Chance wieder in den Gemeinderat einzuziehen.
Die KPÖ Wien versucht das Grazer Modell umzusetzen: Sozialberatung, Hilfe in Notlagen, Nachbarschaftsküchen. Ihr Programm geht über moderate Reformpolitik mit einem karitativen Touch nicht hinaus. Den großen, polarisierenden politischen Fragen unserer Zeit (Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Rassismus, Klimakatastrophe) weicht sie aus, soweit es nur geht. Die KPÖ hat auch nicht den Selbstanspruch, in Bewegungen und Kämpfen eine organisierende und vorwärtstreibende Rolle zu spielen.
Trotz dieser politischen Schwächen ruft die RKP dazu auf, am 27. April KPÖ zu wählen. Ein Einzug der KPÖ in den Gemeinderat würde bedeuten, dass die Betondecke Sozialdemokratie, die auf der Arbeiterklasse lastet, Risse bekäme. Damit die kommenden Kämpfe im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich oder der Klimabewegung letztlich erfolgreich sein können, brauchen die Arbeiterklasse und die Jugend aber keine frischere Sozialdemokratie, sondern eine kommunistische Kampfpartei. Eine solche Partei bauen wir mit der RKP auf.
(Funke Nr. 232/24.03.2025)