Vom 1-3. Oktober beging die Younion Wien ihre Landes-(Frauen-)Konferenz und einen Zukunftsabend. Von Lisa Auer & Martin Gutlederer (Delegierte, Mitglieder der RKP).
Wir kennen diverse Konferenzen, aber: gratis Candybar, permanenter Getränke-Service und eine Live-Band zwischen einzelnen Tagesordnungspunkten hatten wir noch nicht erlebt. Dazu kamen Goodies für Delegierte und eine Art Fest im Rahmen des Zukunftsabends inklusive Kabarettprogramm. Kabarett und Zukunftsvisionen ließen sich dabei kaum voneinander unterscheiden. Schwierig in diesem Rahmen über die Herausforderungen unserer Gewerkschaft zu debattieren.
Die Konferenz war gekennzeichnet von einer erstarkten Gewerkschaftsführung rund um die sozialdemokratische FSG und ihrem Bündnispartner KIV-UG (Grüne & Unabhängige). Die Gewerkschaftsführung steht für die „Wiener Sozialpartnerschaft“. Diese besteht darin, dass die FSG-younion eine Doppelfunktion von Beschäftigten- und Arbeitergebervertretung lebt. Der Kollege Christian Meidlinger ist nämlich gleichzeitig 2. Landtagspräsident des Wiener Landtages (u.a. Ausschuss für Finanzen) und Vorsitzender der Gewerkschaft younion. Natürlich ist das in Zeiten von Sparzwang für öffentliche Budgets nicht einfach, in einer Person Sparzwang und Beschäftigteninteressen zu vereinen.
Es war uns leider nicht möglich, dieses Dilemma durch Anträge herauszufordern. Die Frist der ordentlichen Anträge lief im Juni ab, bevor uns die Geschäftsordnung zugänglich war. Initiativanträge haben hohe Hürden. Inhaltliche Beschlüsse wurden von der Konferenz so keine gefällt. Unsere Wortmeldung zum Bericht des Vorsitzenden wurde nur kursorisch bei den Abschlussworten des Vorsitzenden Meidlinger beantwortet. Dabei lieferten wir den einzigen Debattenbeitrag zur Konferenz. Wir argumentierten, dass es kampfbereite Gewerkschaften braucht, um die Angriffe einer künftigen Sparregierung – egal in welcher Farbkonstellation – standzuhalten. Weiters, dass diese Kampfbereitschaft nicht vom Himmel fällt, sondern aufgebaut werden muss. Wir argumentierten für Urabstimmungen über Abschlüsse, wie es die Gewerkschaft vida bereits in den Ordensspitälern gemacht hat.
Vom Vorstand eingebracht wurden Statutenanträge mit klarer Stoßrichtung. Die angenommenen Änderungen erschweren die Arbeit von Minderheitsfraktionen und Listen. So wurde Folgendes verändert:
I. Um Fraktionsrecht zu erhalten braucht man nun eine Verankerung in drei Hauptgruppen statt wie früher zwei Hauptgruppen. Ein Kriterium, das abseits der FSG nur die KIV-UG und die ÖVP-nahe Gewerkschaftsfraktion erfüllt. Die KIV-UG erfüllt dieses Kriterium nur vermittelst der Gruppe der Pensionisten (=Hauptgruppe 7).
II. Die nötige Delegiertenzahl um im Wiener Landesvorstand vertreten zu sein wurde von 1 auf 3 erhöht. Wir sind mit 2 Delegierten auf der Landeskonferenz vertreten gewesen. Zufall?
III. Der Landesvorstand kann nun die Zahl der Delegierten der Jugend-Gewerkschaft und der Hauptgruppe 7 (Pensionisten) frei bestimmen. Damit kann man Mehrheiten der Gewerkschaftswahlen drehen, wie man will. Uns wurde auf unsere dementsprechende Kritik zugesichert, dass dies nicht das Ziel sei.
Auch die Namensgebung von Gewerkschaftslisten ist nun statutarisch normiert: Die Worte „younion_Die_Daseinsgewerkschaft“ oder Teile davon dürfen nicht mehr in deren Namen enthalten sein. Das betrifft offenkundig „Solidarität – für eine kämpferische und demokratische Younion“, der wir angehören, und die KollegInnen der „ug*younion (Unabhängige)“. Die ug*younion hat sich aufgrund ihrer Verteidigung von Gewerkschaftsdemokratie und Basisorientierung von der KIV-UG abgespalten. Denn ihre ehemalige Fraktion KIV-UG tritt generell als loyale Halbopposition auf. Einst ein Sammelbecken für kämpferische Gewerkschafter verteidigt sie ihren Fraktions-Status jetzt hauptsächlich mittels ihrer politischen Unterordnung unter die dominante FSG.
Die Delegation der freiheitlichen Gewerkschafter übrigens verließ nach dem Mittagessen die Konferenz. Es ist völlig unklar, wofür diese Kollegen stehen, jedenfalls tun sie nichts dafür, die Gewerkschaft zu stärken. Dies entspricht der Haltung ihrer Mutterpartei, die die Arbeiterklasse nur spalten will, um sie zu schwächen. Natürlich aber suchten wir den Kontakt mit anderen Kollegen, die sich für eine kämpferische und demokratische Gewerkschaft stark machen. In diesem Sinne laden wir alle ein, mit uns darüber zu diskutieren, wie wir die Gewerkschaft stärken, indem wir einen klassenkämpferischen Ausdruck in ihr bilden. Um dies zu unterstützen können Kollegen und Kolleginnen der Gemeinde Wien in einem ersten Schritt selbst ihre Personal- und Gewerkschaftsvertreter zu ihren Eindrücken zur Konferenz befragen.
(Funke Nr. 228/09.11.2024)