Zehntausende Menschen demonstrierten in ganz Österreich gegen Blau-Schwarz und suchten nach einer Antwort, wie man die FPÖ besiegen kann. Die Kommunisten sind „der entschiedenste und immer weitertreibende Teil“ der Bewegung, so proklamierten es Marx und Engels 1848 im Kommunistischen Manifest, der Geburtsurkunde der modernen Arbeiterbewegung. Welche Ansätze verfolgen KPÖ und RKP in der aktuellen politischen Konjunktur? Von Christoph Pechtl.
Die RKP beginnt mit einer Analyse: Die extreme Rechte ist kein isoliertes Phänomen, das man ausradieren kann. Der Aufstieg der FPÖ ist ein Produkt der Krise des Kapitalismus und des durch sie erzwungenen Zusammenbruchs der politischen Stabilität und ihrer historischen Parteien. Die Zukunftserwartungen sind pessimistisch, es herrscht in breiten Schichten eine zornige, ängstliche Stimmung. Darum wurde die FPÖ die stärkste Partei, auch in der Arbeiterklasse. Denn Kickl gibt den Krisen eine demagogische Stimme. Dass hinter dieser Rhetorik reiner bürgerlicher Klassenhass steht, wird sich in der weiteren Entwicklung zeigen. Vorerst bewegen sich jene, die die reaktionäre Demagogie der FPÖ aus politischen Gründen ablehnen – und dies sind schon viele! Es wird nicht dabei bleiben. Ein Aufschwung des Klassenkampfs ist im weiteren Verlauf unvermeidlich – sobald der asoziale Inhalt der kommenden Regierung breitenwirksam klarer wird. Sprünge im Bewusstsein (auch der FPÖ-Wähler) sind vorprogrammiert.
Kommunisten müssen bei der Wahrheit bleiben und haben als erste Aufgabe die politische Bewegung gegen Blau-Schwarz praktisch zu stärken. Wir mobilisieren auf die Proteste und organisieren selbst welche. Wir werben am Arbeits- und Ausbildungsplatz für den Standpunkt der Arbeiterklasse. Bei Infotischen und auf den Demos vertreten wir selbstbewusst und lautstark die gemeinsamen Interessen der Arbeiterklasse in all ihren individuellen Schattierungen.
Klassenkampf oder solidarische Projekte?
Der KPÖ fehlt hingegen eine konsistente Linie, wodurch Aktivisten den Druck schädlicher liberaler Ideen widerspiegeln. Auf der ersten Donnerstags-Demo in Innsbruck erklärt die Sprecherin von KSV-lili (eine der Studierendenorganisation der KPÖ), dass Wähler der FPÖ allesamt rassistische Hass-Wähler und das Proletariat Schuld am Aufstieg der Rechten seien. Das hat nichts mit der Realität zu tun und ist nur liberale Arbeiterverachtung. Perspektive wird dadurch keine eröffnet, nur abgrundtiefer Pessimismus verbreitet. Unsere Rede kannst du auf unserem Instagram-Kanal nachschauen.
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Tobias Schweiger, Bundessprecher der KPÖ, folgt einer ähnlichen Logik, wenn er meint, die Arbeiter verstünden linke Ideen nicht, im Gegensatz zu den „logischen“ rechten Ideen. Demnach wendet er sich sogar gegen Demonstrationen gegen eine Bürgerblockregierung: „Das ist wie wenn man der FPÖ eine Wahlkampfspende überweist.“ (Podcast JL) Allein für die psychische Gesundheit und damit man sich nicht alleine fühlt, hätten die Donnerstag-Demos eine Existenzberechtigung. Daran hält er weiterhin fest: „Linke Politik wird nur erfolgreich sein, wenn ihr Nutzen im Alltag spürbar wird, das Gefühl der Selbstermächtigung gibt, wenn sie ein solidarisches Kollektiv hervorbringt.“ Für Schweiger bedeutet das die Gratisausteilung von „heißem Gulasch gegen soziale Kälte“. Die KPÖ-Graz rief gar eine zeitgleiche Gegenveranstaltung zur Do-Demo ins Leben: Eine Handarbeitswerkstatt zum gemeinsamen Stricken und Nähen.
Den Menschen „konkret“ zu helfen, „im Alltag spürbar zu sein“ oder „Inseln des Widerstands zu bilden“, bedeutet hier schlichtweg, politischen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Wie soll man so die Kräfteverhältnisse in der Arbeiterklasse und der Gesellschaft im Allgemeinen umdrehen? Die Kehrseite der Almosen-Politik ist die ideologische Unterordnung der Arbeiterbewegung gegenüber liberalen Ideen. Das ist eine Sackgasse.
KPÖ: Getrieben statt vorwärtstreibend
Wir erklärten nach der Steiermarkwahl: „Die kommenden Klassenkämpfe werden die KPÖ daher völlig unvorbereitet treffen.“ Mit dem Scheitern der Regierungsverhandlungen versuchen die Kader der KPÖ jetzt eine erste Kehrtwende zu machen. Walter Baier betont nun: „Donnerstagsdemonstrationen sind gut“ und die KPÖ in Wien mobilisierte einen Block auf die Donnerstag-Demo.
Anstelle bewusst den Klassenkampf vorwärts zu treiben, wird die KPÖ durch die Entwicklung getrieben. Dabei gibt sie jedoch nie ihre enge Perspektive auf die nächste Wahl auf. Wir sagen: Wahlen sind nur ein Feld des Klassenkampfes, und zwar das für die Arbeiterbewegung schwierigste.
Die Wiener Sozialdemokratie nutzt die ansteigende Bewegung gegen Blau-Schwarz, um „das Rote Wien zu verteidigen“. Ein geschickter Schachzug der roten Rathaus-Bürokratie. Die RKP betont: Das Rote Wien kann man mit Wahl-Manövern nicht absichern, sondern nur durch eine sozialistische Politik. Der Bürgerblock im Bund wird wieder versuchen, der roten Hauptstadt das Geld abzudrehen. Gesundheit, Verkehr, soziale Leistungen, dem Gemeindebau droht Gefahr! Das können wir verhindern, indem wir den Klassenkampf auf den Straßen, in den Gewerkschaften und an der Wahlurne stärken! Was sagt die KPÖ-Wien?
„Alle Beteuerungen der SPÖ, bis zum Ende der Legislaturperiode zu arbeiten, haben sich also in Luft aufgelöst. Ludwig spekuliert ohne Rücksicht auf die Menschen in Wien darauf, von der aktuellen Proteststimmung gegen FPÖ und ÖVP zu profitieren.“
Einmal mehr: Kleinkarierte Wahllogik-Politik, die von der Angst geprägt ist, kein politisches Angebot zu haben, das die KPÖ von der SPÖ positiv abhebt! Statt sich über Ludwigs politisches Geschick zu echauffieren, sollte die KPÖ ihren Kommunismus aufpolieren. Wer die Bühne des Wahlkampfes und des Parlaments nützt, um den Klassenkampf zu befördern, kann unserer Klasse politisch tatsächlich hilfreich sein.
Die Arbeiterklasse kann und wird aber nicht darauf warten, dass die KPÖ durch solidarische Projekte ein Wahl-Klientel aufgebaut hat. Kommunisten sollen überhaupt ihre Politik nicht an den eigenen kleinlichen Wahlüberlegungen ausrichten, sondern müssen in alle Kämpfe der Arbeiterklasse und Jugend eine Perspektive hineintragen – in die ideologischen, die politischen und die gewerkschaftlichen Konflikte gleichermaßen.
Die RKP kämpft für diese Ausrichtung. Dabei sind wir entschieden für die praktische Einheit der Klasse und ihrer Organisationen im Klassenkampf, angefangen mit den politisch Fortgeschrittensten, also den Kommunistinnen und Kommunisten. Unsere Auseinandersetzung mit der KPÖ soll nicht eine tiefere Spaltung der Kommunisten befördern, sondern im Gegenteil alles das aus dem Weg räumen, was der Einheit im Klassenkampf im Weg steht. Nur auf der Basis von klaren Ideen können Kommunisten den Kampf gegen Blau-Schwarz erfolgreich befruchten und der Perspektive des Sozialismus einen konkreten Weg ebnen.
(Funke Nr. 230/22.01.2025)