Während die Bürgerlichen mit den abgehobenen Spitzen der Sozialdemokratie versuchen, eine Verlierer-Koalition auf Bundesebene zu basteln, um harte Angriffe auf die Arbeiterklasse durchzusetzen, fanden die Steiermark-Wahlen statt. Die Wut auf das Polit-Establishment und die Frustrationen über die unzähligen Krisen führten die FPÖ zu einem weiteren Kantersieg. Die Regierungsbildung auf Bundesebene gerät so weiter ins Wanken. Die KPÖ steht all dem weiterhin planlos gegenüber. Von Christoph Pechtl (RKP Steiermark)
Mit besonderer Realitätsferne erklärte die abgewählte steirische Landesregierung, die (Konter-)Reformpartnerschaft aus ÖVP und SPÖ im Wahlkampf, wie gut sie doch die letzten Jahre gearbeitet hätte. Dass nur 18% meinen, die Steiermark würde sich positiv entwickeln, geht spurlos an den Polit-Granden vorüber. Beide Parteien wurden abgestraft und fuhren das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein (ÖVP: 26,8%, SPÖ: 21,4%). Die Grünen verloren wie schon auf Bundesebene mehr als die Hälfte ihrer Stimmen und bekamen nur noch 6%. Die Neos stagnierten um die 6%. Die KPÖ, die ihren Caritas Kurs fortsetzte, verlor 1,5% und kam nur noch auf 4,5%.
Allein die FPÖ konnte relevante Zugewinne erzielen, verdoppelte sich auf 34,8% und ist damit die mit Abstand stimmenstärkste Partei. Wie schon bei der Nationalratswahl war sie die einzige Partei, die sich zum Ausdruck von Wut und Unzufriedenheit machte. Die letzten Krisenjahre mit Pandemie, Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, Teuerung, Umweltkatastrophe usw. gingen natürlich auch an der Steiermark nicht vorbei. Sie wurden zusätzlich begleitet von einer besonders ausgedünnten Gesundheitsversorgung und einer Kinderbetreuung, die sich im schlechtesten Zustand in ganz Österreich befindet. Allein die FPÖ stellte sich jedoch offensiv gegen Russland-Sanktionen und den Ukraine-Krieg, den sie korrekterweise für die Teuerung und aufkommende Deindustrialisierung verantwortlich machte. Zuletzt kam es wegen der gestiegenen Energiepreise zu einer Reihe von Massenentlassungen, die die steirischen Industriebetriebe besonders traf. U.a. strich der Magna-Konzern 1150 Stellen, AT&S 250 und AVL 200. Die FPÖ war auch hier die einzige Partei, die mit einer demagogischen Kampagne gegen die „Grüne-Wirtschaftspolitik“, die Jobängste und Unsicherheiten der steirischen Arbeiterklasse überhaupt ansprach.
Der Rassismus der FPÖ, der (muslimische) Migranten als die Ursache allen Übels stilisiert, wurde im Wahlkampf hingegen von fast allen Parteien kopiert. Die ÖVP forderte im Wahlkampf noch mehr Hürden, um die Staatsbürgerschaft zu erhalten, die Streichung von Sozialbeihilfen und wetterte gegen Kinder mit Kopftuch. Die SPÖ beeilte sich zu erklären, sie würde im Gegensatz zur Bundespartei harte Kante gegen Ausländer zeigen. Die Grünen und Neos schlossen nahtlos daran an. Die KPÖ setzte ihre schädliche „Wahltaktik“ fort und versuchte, zur Rassismus Kampagne der Herrschenden kein Wort zu verlieren, um nicht zu polarisieren. All dies schiebt die Demagogie der FPÖ weiter an und hilft ihr, die politische Themenführerschaft abzusichern.
Etwaige Finanzskandale der steirischen FPÖ spielten für den Wahlausgang schließlich keine Rolle. Jedem ist klar, dass ÖVP und SPÖ den Staat ebenso als Selbstbedienungsladen ansehen. Viel schwerer wiegt der Versuch, die FPÖ durch staatspolitische Ränkespiele von der Bundesregierung auszuschließen. In der Hoffnung, eine Regierung zusammenzuzimmern, die felsenfest hinter dem EU-Imperialismus steht und die von den Bürgerlichen geforderten Sparmaßnahmen umsetzt, untergraben die Bürgerlichen weiter das Vertrauen in ihre Demokratie. Der Erdrutschsieg der FPÖ in der Steiermark nach den Erfolgen in Vorarlberg verschärfen die Widersprüche auf Bundesebene. Die verhandelnden Parteien werden nun so schnell wie möglich versuchen, die Koalitionsgespräche abzuschließen, bevor sich innerhalb der ÖVP eine Opposition zur „Ampelregierung“ festigen kann. Bereits jetzt gibt es Teile der österreichischen Bourgeoisie, die in diese Richtung drängen, allen voran die Industriellenvereinigung. In der SPÖ andererseits werden erste Stimmen laut, die davor zurückschrecken für die geforderten brutalen Einsparungen politische Verantwortung zu übernehmen. Sicher ist, dass eine mögliche „Ampelregierung“ von Beginn an eine zerfahrene Krisenformation sein wird, die Klassenkämpfe und turbulente politische Sprünge im Bewusstsein der Massen anschieben wird.
KPÖ in einer Sackgasse
Die KPÖ konnte von der aufgestauten Wut auf die etablierten Parteien nicht nur nicht profitieren, sondern verlor 1,5%, fiel damit auf 4,5% und zitterte den ganzen Wahlabend, ob sie überhaupt in den Landtag kommen. Der Wahlkampf der KPÖ schloss an die parlamentarischen Illusionen der Bundespartei an. Man wolle den anderen Parteien weiterhin „auf die Finger schauen“ weil man angeblich so schon bisher viel „Druck“ erzeugen konnte. Während die steirische Arbeiterklasse dem Polit-Establishment eine glatte Abfuhr erteilte, versuchte sich die KP-Spitzenkandidatin als Teil davon zu gebaren und plakatierte mit ihrer Landtags-„Erfahrung“. Das Ganze wurde zusätzlich unglaubwürdig, da man sich nur schwer gegen Sparpolitik auf Landesebene positionieren konnte, wenn man diese selbst in der Landeshauptstadt unter einer KPÖ geführten Stadtregierung gewissenhaft (im Sinne der Banken) umsetzt.
Der bundesweite Caritas-Kurs der KPÖ (zuletzt ergänzt durch Punsch und Burrito), der in der Steiermark seinen Ursprung hat, ist dabei unfähig über eine kleine Klientel hinaus Wirkung zu zeigen. Die Selbstbeschränkung auf Almosen und der Verzicht, offen gegen die Herrschenden und ihr System zu stehen, geht Hand in Hand mit der Aufgabe der kommunistischen Prinzipien. Anstelle dem Rassismus, der Sparpolitik, der Kriegstreiberei etc. die Stirn zu bieten, ordnet man sich unter und hofft darauf, Sympathien durch soziale Hilfe zu erkaufen. Diese Politik ist eine Sackgasse.
Was die österreichische Arbeiterklasse braucht, ist eine Partei, die nicht durch schlaue Tricks versucht, Arme und die Arbeiterklasse für sich zu gewinnen, sondern die sich traut, ideologisch und praktisch den Kampf gegen die Kapitalisten aufzunehmen. Für eine solche klassenkämpferische Politik braucht es jedoch ein festes theoretisches Fundament. Das Verständnis des Kommunismus von Claudia Klimt-Weithaler kommt jedoch einer ideologischen Selbstaufgabe gleich: „Die Ideologie [der Kommunisten] besagt, alle Menschen sind gleich viel wert und alle Menschen sollen gleichberechtigt leben können.“ (derStandard, 14.11.) Diese Moral-Lehre ist einfach zu wenig, um den Krisen und Kriegen des Kapitalismus etwas entgegenzusetzen.
So will die Spitzenkandidatin nicht zu einer Palästina Demo gehen, weil ihr die Menschen auf beiden Seiten wichtig seien. Dass Israel einen einseitigen Vertreibung-Krieg gegen ein unterdrücktes Volk führt und die westlichen Imperialisten den Genozid aus eigenen Interessen heraus unterstützen, lässt sich mit humanistischem Moralismus nicht erklären. Anstelle Netanjahu zu kritisieren, verurteilte Klimt-Weithaler hingegen die Angriffe Putins „aufs Schärfste“. Ohne eigene Ideologie wiederholt die KPÖ so die Heuchelei und Doppelmoral der westlichen Kriegstreiber anstelle diese zu entlarven. Dass sich die FPÖ als einzige Anti-Kriegspartei darstellen kann, ist so allein der Entideologisierung der KPÖ-Führung geschuldet.
Wir haben zur Wahl der KPÖ in der Steiermark aufgerufen, aber erklärt, dass ihre politische Ausrichtung völlig unfähig ist die Probleme der Arbeiterklasse zu lösen. Die Wahlergebnisse untermauern unsere Analyse. Doch während die Führung der KPÖ unfähig ist, sich zu ändern und politische Schlussfolgerungen zu ziehen, fehlt den jungen Teilen der Partei bisher der Selbstanspruch einen Richtungswechsel einzuleiten. Die KPÖ wird sich dadurch weiter in „solidarischen Projekten“ vergraben und droht damit in die politische Irrelevanz zu driften. Dabei werden sich die „Kader“ der KPÖ weiter auf das angebliche „niedere politische Niveau“ der Arbeiterklasse in Österreich ausreden. Die kommenden Klassenkämpfe werden die Partei daher völlig unvorbereitet treffen.
Die RKP kämpft in der Arbeiterbewegung für die Prinzipien des Kommunismus. Nur diese bieten die politische Grundlage für die künftigen Kämpfe. Stärkt die Revolutionären Kommunisten!