„Das ist das Beste was uns jemals passiert ist.“ So kommentierte ein Kollege in Donawitz den Warnstreik in seinem Stahlwerk. Diese Auseinandersetzung ist längst kein Konflikt um Zehntelprozente: es ist der Ausbruch aus Erniedrigung und Frustration. Die Metaller müssen gewinnen!
Der Druck ist gewaltig. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres produzierte jede einzelne Metallerin 11,3 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. In der Produktion gehen Kollegen zum Werkstor raus und kommen in der nächsten Woche als Leiharbeitskraft mit niedrigeren Bezügen wieder rein. In den Büros werden Stellen solange nicht nachbesetzt bis die Verbliebenen unter der Arbeitslast zusammenkrachen.
Die Krise wurde genützt um ein perfides System der Lohnsklaverei durchzusetzen. Individuelle Methoden der Arbeitserfassung, das Schüren von Konkurrenz und Misstrauen zwischen Kollegen und Konzernstandorten, überhebliches Verhalten von Vorgesetzten und Schichtleitern ist in viele Hallen eingezogen.
5,5 % – das ist der Kompromiss
Auf dem Band und in den Wannen ist die Krise überwunden worden. Die Öfen glühen und die Computer surren. Die Unternehmer haben nicht Unrecht: die nächste Krise steht vor der Tür. Doch hat sie für uns Arbeitnehmer jemals geendet? Schon jetzt fallen in vielen Betrieben die Produktionsmargen. Hat es die Unternehmer und Manager daran gehindert ihre Gier zu mäßigen? Nicht im Geringsten. Im großen Krisenjahr 2009 haben sie sich 1,9 Mrd. € an Gewinnausschüttungen genehmigt. Der Staat (also die Lohnsteuer- und MwSt-ZahlerInnen) haben ihnen günstige Kreditlinien geöffnet und die Kurzarbeit finanziert. Wir haben uns mit dem Abschluss zurückgehalten, sind in Zwangsurlaub gegangen und haben viel eingesteckt. Das einzige was wir damit erreicht haben ist, dass aus unseren Nerven, unserem Blut, unseren Hirnen und unseren Muskeln noch mehr Spekulationsmasse abgepresst wurde. Jetzt drehen wir den Spieß um: Die 5,5 % sind bereits ein Kompromissangebot und keine Verhandlungssache!
Dicht hinter unserer Gewerkschaft stehen
Die Unternehmer wurden am falschen Fuß erwischt. In vielen Betrieben haben die Leiter ihren Augen nicht getraut als der Ruf „Maschinenstopp“ durch die Hallen schallte und diese Maschinen den Arbeitern und Arbeiterinnen gehorchten. Napoleon warnte vor den denkenden Bajonetten; denkende Arbeiter und Arbeiterinnen sind der Alptraum von Hinteregger und Konsorten und der gesamten politischen Elite des Landes. Der Druck ist jetzt gewaltig. Wie es nicht anders zu erwarten war, rückten ÖGB-Präsident Foglar und Wirtschaftskammerpräsident Leitl am Sonntag gemeinsam aus um die Eskalation zu verhindern. An einem geheimen Ort tagten die Herren in kleinem Rahmen und vereinbarten die Aussetzung des Streiks. Dies ist ein Fehler! Wir wollen die Unterschrift der Unternehmer, wir reden mit ihnen, aber wir sehen keinen Verhandlungsspielraum. Die Verhandlung Montagnachmittag ohne den Druck des Streiks fortzusetzen ist ein Fehler. Eine Streikbewegung kann man nicht auf- und abdrehen wie einen Wasserhahn. In über hundert Betrieben in neun Bundesländern sitzen jetzt, Sonntagabend, hunderte Betriebsräte und AktivistInnen und warten auf das Signal zum Ausstand. Wenn dieses jetzt nicht kommt, werden Unruhe und Zweifel in unseren Reihen Einzug halten. Daher: Stellen wir uns so dicht hinter unsere Funktionäre und Hauptamtlichen, dass sie dem Druck der Unternehmer und jener Menschen, die ihm seit langem erlegen sind, entgegenhalten können.
Wir haben Erfahrungen gemacht
2003 war ein wichtiges Jahr der Arbeiterbewegung: Wir erlebten die Streikbewegung gegen die Pensionsreform und den 72-stündigen Eisenbahnerstreik. Beide Bewegungen haben das Potential gehabt die Regierung zu stürzen. Beide Kämpfe wurden verloren, weil die Führung den Kampf nicht bis zum Ende führen wollte. Die Wut der Arbeiterklasse wurde von unserer Führung nur solange gebündelt bis unsere Führung irgendetwas unterschreiben durfte. Der Streik bei der AUA im gleichen Jahr wurde in der letzten Minute durch einen gemeinsamen Auftritt am Flughafen Schwechat vom damaligen ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch und dem Unternehmer Leitl gemeinsam unterbunden. Schauen wir uns an was seither passiert ist: Wurden unsere Pensionen gesichert? Was ist in der ÖBB seither passiert? Für wen fliegt heute die AUA? Halten wir nüchtern fest: Das permanente Zurückweichen bevor dem Zeitpunkt, an dem wir unsere ganze Kraft zum Einsatz gebracht haben, hat nichts zum Besseren gewendet. Das Zurückweichen unserer Führung hat die Gegenseite nur zu weiteren Angriffen eingeladen. Daher: Das Eingreifen des ÖGB-Präsidenten Foglar ist uns in dieser Weise nicht willkommen. Uns scheint, dass er nur eingreift um die Unternehmer vor unserer Kampfkraft zu retten. Von unserem Gewerkschaftspräsidenten erwarten wir uns aber die volle Unterstützung unserer moderaten Forderungen, gerade jetzt wo die Solidarisierungswelle aus der gesamten Gewerkschaftsbewegung so groß ist und im Energieversorgerbereich sogar eine Ausweitung der Streiks beschlossen wurde.
Wir wollen gewinnen
Alle Energie von Foglar und Hundstorfer darauf abzielt die Dynamik aus dem Arbeitskampf der Metaller herauszunehmen. In der Diskussionssendung „Im Zentrum“ im ORF am Sonntagabend ist weder ein Gewerkschafter noch ein Industrieller anwesend. Man will jedes falsche Wort vermeiden, damit der Metallerstreik nicht doch noch eskaliert. Wir wissen aus Erfahrung, dass dies für uns nichts Gutes bedeutet. Auch wenn die überholte Tradition der „Sozialpartnerschaft“ sich jetzt durchsetzen mag: Die Unternehmer haben uns verarschen wollen. Wir haben ihnen einen Eindruck unserer Kraft und Solidarität vermittelt, und uns etwas erkämpft. Aber halten wir nüchtern fest: Das ist zu wenig – weil mehr drinnen ist. Wir können Niederlagen akzeptieren, wir geben uns auch mit einem Unentschieden zufrieden – wenn wir zu schwach sind. Aber wenn unser Teamchef statt elf nur sechs Spieler aufs Feld schickt dann müssen wir in der Kabine die Auseinandersetzung suchen – und nächstes Mal mit einer Führung im Betrieb und ÖGB kämpfen die unseren Vorstellungen entspricht.
Für Betriebsratskonferenzen
Wir müssen feststellen wie stark wir sind. Wir müssen uns beraten, von den Starken lernen und die Schwachen stützen. Wenn wir uns beratschlagt haben, dann können wir entscheiden, ob wir verloren haben, ob wir ein Unentschieden oder ob wir den Sieg anstreben. Übersetzt in Welt der unserer Klasse heißt dies: Nur eine bundesweite Betriebs- und Jugendvertrauensrätekonferenz kann und darf feststellen, ob wir bei den Verhandlungen das Maximum für uns und unsere KollegInnen erreicht haben. Wir wollen siegen!
16.10.2011, 23:50