Ein Metallarbeiter aus Vorarlberg berichtet, wie aus gemeinsamen Diskussionen in der Schicht auch eine gemeinsame Aktion entstanden ist.
Die Inflation trifft alle Arbeiter. Das macht sich auch in unserem Betrieb bemerkbar. Die Gespräche häufen sich, je höher die Inflation steigt. Einige Kollegen begannen sich angesichts der Abschlüsse in anderen Branchen (Chemie, Elektro) und dem Energiekostenzuschuss, der eine offensichtliche Farce ist, bald zu fragen was nötig ist, um die Auswirkungen der Inflation zu bekämpfen. Von Niedergeschlagenheit war nichts zu spüren, es war vielen klar: die Gewerkschaften dürfen uns dieses Jahr nicht mit Halbheiten abspeisen, sondern wir müssen uns zumindest die Inflation zurückerkämpfen. Dachten wir zunächst an eine Lohnerhöhung von mindestens 6%, stand seit Beginn der breiteren Diskussion auch die Streikbereitschaft und die Rolle des Betriebsrates (BR) im Mittelpunkt.
Unterschriften sammeln
So haben wir uns dazu entschlossen, eine Unterschriftenliste zu machen, mit der wir den BR auffordern, sich für ein Ergebnis von mindestens 10% einzusetzen und in der wir unsere Streikbereitschaft erklären.
Anfangs war die Aktion auf die Hilfsarbeiter der Dauernachtschicht einer einzigen Abteilung beschränkt, dann wollten wir alle Schichten mit ins Boot holen. Lebhafte Diskussionen entspannen sich, neunzig Prozent der Arbeiter unterschrieben, der Notwendigkeit der Streikbereitschaft sind sich die allermeisten Kollegen bewusst!
Schranken durchbrechen
Besonders eindrücklich ist, wie schnell alle Vorurteile sich in Luft auflösen. Waren anfangs Kollegen der Meinung „die Jugos“ würden nicht mitmachen oder „die Facharbeiter“ gehen uns nichts an, hat sich das krass geändert.
Ein Facharbeiter, der die Idee der Unterschriftenliste in vorangegangenen Diskussionen quasi mitentwickelt hat, sollte nicht der einzige bleiben, der unterschreibt. Von den schichtenden Facharbeitern unserer Abteilung hat nur einer nicht unterschrieben!
Darüber hinaus haben Diskussionen in der Pause schnell zu einer Verbreitung der Initiative über unsere Abteilung hinaus geführt. In Eigenregie haben auch Arbeiter anderer Abteilungen ihre Abteilung oder Schicht „überzeugt“, auch andere Abteilungen, zu denen die unsere keinen direkten Kontakt hatte, haben fast geschlossen unterschrieben.
Die Zustimmung kennt weder nationale noch berufsständische Grenzen!
Perspektiven entwickeln
Natürlich ist gleich zu Beginn die Frage aufgekommen, was wir damit konkret erreichen wollen, denn niemand von uns hat die Illusion, der BR würde unsere Anliegen den Verhandlern mitteilen, damit diese klaren Blickes in die Lohnrunde gehen.
Das Wesentliche an der Aktion ist, dem BR und den Gewerkschaften klarzumachen, dass wir im Betrieb hinter ihnen stehen und bereit sind, jeden Kampf selbst zu führen!
Ein richtiger Einwand kam auf: Es würde nichts bringen, wenn die Aktion auf unseren Betrieb beschränkt wäre, oder auch auf Vorarlberg. Ganz recht!
Der BR, und daran werden wir ihn messen, muss unsere Deklaration öffentlich machen, in die Zeitungen bringen und so früh wie möglich mit den Gewerkschaften so viel Unterstützung generieren, dass die Arbeitgeber es nicht wagen, unsere Forderungen abzulehnen.
Vor allem aber müssen die Arbeiter anderer Betriebe unserem Beispiel folgen und, egal ob auf Betriebsversammlungen oder per Unterschriftenliste, ihren Kampfeswillen ausdrücken! Nur durch eine breite Bewegung können wir dem Verfall unserer Lebensbedingungen entgegentreten. Die Gewerkschaften müssen dabei eine organisierende und vorbereitende Rolle spielen, doch dazu braucht es auch engagierte und aktive Arbeiter in den Betrieben.
Es ist nicht leicht, sich ohne Erfahrung und während der Arbeit zu koordinieren, das will ich nicht schönreden. Doch wenn wir jetzt beginnen, können wir im Herbst siegen!
- Für eine breite Mobilisierung der gesamten Arbeiterklasse durch die Gewerkschaften!
- Erkämpfen wir uns allen eine volle Inflationsanpassung!
- Machen wir uns streikbereit!
Wenn du mit uns in Diskussion treten willst, melde dich: redaktion@derfunke.at
(Funke Nr. 204/31.5.2022)