Das Land zum Stillstand bringen

Seit dem 30. Juni 2024 haben die Metaller in Italien keinen Kollektivvertrag mehr. Bisher konnte mit den Unternehmen keine Einigung über seine Verlängerung oder Erneuerung erzielt werden. Von Sara Lorenzini.
Deswegen traten die Metallarbeiter am 20. Juni in einen achtstündigen landesweiten Streik ein. Slogan des Streiks lautete: „Ohne (Kollektiv-)vertrag kommt das Land zum Stillstand“. Die stärkste Metallergewerkschaft FIOM beschreibt die Beteiligung am Streik als „außergewöhnlich“: leere Fabriken aber volle Plätze bei den 19 Demonstrationen in den wichtigsten Städten aller Regionen Italiens.
Die 1,5 Mio. Metallarbeiter Italiens haben heuer schon insgesamt 40 Stunden gestreikt – so viel wie seit 1997 nicht mehr. „Der Konflikt entwickelt sich gut“, versichert uns ein revolutionärer FIOM-Betriebsrat. Als Reaktion auf die Machtdemonstration der Arbeiter haben die Arbeitgeber angekündigt, dass sie sich wieder an den Verhandlungstisch setzen wollen. Ein Termin ist für Mitte Juli angesetzt.
Die Wirtschaftskrise ist immer spürbarer. In den letzten drei Jahren sind die Reallöhne um über 8 % gefallen. Dies ist das Ergebnis des Abschaffens der automatischen Anpassung der Löhne an die Inflation und die Lebenshaltungskosten, eine gesetzliche Bestimmung die 1992 abgeschafft wurde. Unsere Schwesterpartei PRC argumentiert in den Gewerkschaften dafür, diese Frage wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Es gibt auch immer mehr Branchen ohne Kollektivvertrag (Gesundheitswesen, Schulen und der gesamte öffentliche Dienst, private Gesundheitsversorgung, Telekommunikation, um nur einige zu nennen) oder mit einer miserablen Erneuerung der Verträge.
Wir haben schon berichtet (Funke 230), wie beim Generalstreik letzten Herbst die Kampfbereitschaft greifbar war. Diese Stimmung ist seither auch bei den Streiks im öffentlichen Nahverkehr und bei der Stellantis-Gruppe an die Oberfläche getreten.
Diesmal hat sich die Kampfbereitschaft besonders ausdrücklich in Bologna gezeigt. 10.000 Metallarbeiter blockierten für ca. 45 Minuten die Autobahn, blockierte LKW-Fahrer solidarisierten sich. Die Demonstranten werden wegen unbefugter Straßenblockade gemäß dem jüngsten Sicherheitsdekret der Rechtsregierung unter Meloni (Decreto Sicurezza) strafrechtlich verfolgt.
Das Sicherheitsdekret zeigt, wie der bürgerliche Staat die Macht der Kapitalisten schützt und verteidigt. Das Dekret begünstigt die Unterdrückung der Proteste der Arbeiter. Zum Beispiel, Straßenblockaden, die bisher nur verwaltungsrechtlich strafbar waren, werden nun zu Straftaten, die, wenn sie von mehreren Personen begangen werden, mit bis zu sechs Jahren Haft bestraft werden können.
Die Genossen der PCR, die eine starke Verankerung in den Metall- und Autofabriken haben, rufen die Gewerkschaften dazu auf, den Kampf in den Betrieben gegen die Arroganz der Bosse und der hinter ihnen stehenden Regierung auf nationaler Ebene zu koordinieren und zu intensivieren.
Der einzige Weg, so unsere Genossen, den Vertrag ohne die nächste Verschlechterung abzuschließen, besteht darin, eine langanhaltende Mobilisierung in Gang zu setzen. Dafür gilt es in den Betrieben die jeweils wirksamste Streikform zu identifizieren, die den Arbeitgeber hart treffen, ohne den Beschäftigten unnötige Opfer abzuverlangen. Dies kann jedoch nur erreicht werden, indem man den Konflikt von unten aufrollt, durch die Koordination der Streikdelegierten und die Einbeziehung der Arbeiter in den Betriebsversammlungen, wo alle Entscheidungen über die zu ergreifenden Maßnahmen getroffen werden sollen.
Revolutionär-kommunistische Metaller werden in diesem Kampf in der vordersten Reihe stehen.
(Funke Nr. 235/09.07.2025)