Frauenunterdrückung: Kein Phantomschmerz, sondern bittere Realität

Der Presse-Leitartikel „Vom Patriarchat bleibt nur ein Phantomschmerz“ ist ein Paradebeispiel bürgerlicher Realitätsverweigerung. Mit Statistikhuberei (womit schlechtere Bezahlung von Frauen einfach weggezaubert wird) und dem Verweis auf juristische Gleichstellung wird behauptet, Frauenunterdrückung sei ein abgeschlossenes Kapitel. Von Hannah Ernst.
Doch die Realität sieht anders aus. Der Arbeitsmarkt allein zeigt ein klares Bild: 2022 verdienten Frauen im Schnitt 18 % weniger – bei gleicher Arbeitszeit. Die Hälfte arbeitet in Teilzeit, meist wegen „familiärer Verpflichtungen“. Nur 6 von 10 Kindergartenplätzen ermöglichen Vollzeitarbeit, in Oberösterreich sind es nur 4 von 10. Jede fünfte Frau über 65 ist von Altersarmut bedroht. Und allein 2024 wurden in Österreich 26 mutmaßliche Femizide gezählt.
Diese Liste ließe sich fortsetzen. Die Vorstellung, man könne Frauenunterdrückung per Gesetz abschaffen, ignoriert völlig, wie tief sie in den kapitalistischen Verhältnissen verankert ist. Der Kapitalismus hat ein klares Interesse an Frauen als billiger Arbeitskraft. In der Hochkonjunktur wird sie gebraucht – in der Krise ist sie die Erste, die gekündigt wird. Aktuell steigt die Arbeitslosigkeit unter Frauen doppelt so stark wie unter Männern.
Die Presse meint, Frauen würden „freiwillig“ in Teilzeit gehen oder schlechter verdienen. Was für eine zynische Verdrehung! Wer keine ganztägige Kinderbetreuung findet, wessen Job schlechter bezahlt ist, wer die Pflegearbeit in der Familie übernehmen muss, entscheidet nicht „frei“, sondern wird gesellschaftlich dazu gezwungen.
Diese Haltung, individuelle Schuld zuzuweisen, ist keine Analyse – sie ist ein ideologischer Angriff auf alle, die für Befreiung kämpfen. Frauenunterdrückung ist kein Phantom. Sie ist kapitalistische Realität. Und sie wird erst verschwinden, wenn das System überwunden wird, das sie täglich neu hervorbringt.
(Funke Nr. 232/24.03.2025)