Nach monatelangen Provokationen der Arbeitgeber mussten die Verhandlungsführer der Gewerkschaft Ende Juli feststellen, dass die Arbeitgeberseite den Metaller-KV endgültig zerschlagen will. Von Emanuel Tomaselli
Das Ringen um Kollektivverträge ist längst keine Angelegenheit von mehrwöchigen Verhandlungen mehr, sondern eine unablässige Auseinandersetzung, die auf allen Ebenen geführt wird.
Egal in welcher Branche: Neueinstellungen finden nur noch zu den Mindestbedingungen des Kollektivvertrags statt. In Zeiten der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit sind die in einem Kollektivvertrag festgeschrieben Mindeststandards für Entlohnung und Arbeitszeit daher fundamentale Sicherheiten, auf die ArbeitnehmerInnen zählen können. Dies ist immer mehr Unternehmern ein Dorn im Auge.
Im Zuge der Rettungspakete, die aufgrund ihrer „Alternativlosigkeit“ auch von allen Gewerkschaftern im Parlament mitbeschlossen wurden, waren „Reformen des Arbeitsmarktes“ Teil der Troika-Bedingungen in den Krisenstaaten. In Griechenland, Spanien, Portugal und auch Italien erlitten unsere KollegInnen drei Wellen an Gegenreformen am Arbeitsmarkt. Das Resultat ist, dass hier die Flächenkollektivverträge Geschichte sind und Gewerkschaften sogar auf Ebene der Betriebe ihr alleiniges Recht auf Kollektivabschlüsse verloren haben. Die Resultate sind greifbar: Das Lohnniveau der ArbeiterInnen in der spanischen Autoindustrie etwa hat sich beinahe halbiert. Dies passiert inmitten des EU-Binnenmarktes, hier wurden auch für viele österreichische Betriebe neue „Benchmarks“ gesetzt. Wenn der „verlässliche“ Sozialpartner Leitl nun die Platte vom „abgesandelten Österreich“ auflegt, dann wurde die Titelmusik dafür in Brüssel und Berlin komponiert, und in Südeuropa uraufgeführt.
Offiziell wird die Erfahrung der Kurzarbeit zu Beginn der Krise als österreichische Erfolgsstory beschrieben. Allerdings ist mittlerweile auch statistisch nachvollziehbar, dass damals über einige Monate hinweg das Vermögen der Unternehmer deutlicher gefallen ist als das Realeinkommen der Beschäftigten. Für eine renditegetriebene Wirtschaft ist dies ein Horrorszenario, insbesondere weil auch in der produzierenden Wirtschaft die Lage weiterhin alles andere als stabil ist. Die jährlichen Rekordgewinne und –entnahmen (drei Mrd. Euro Gewinnentnahmen im Jahr 2012) sind den Metallunternehmern nicht genug, sie wollen volles Durchgriffsrecht in ihren Betrieben haben. Alle, die aufgrund eines starken Betriebsrats nicht direkt erpressbar sind, gelten ihnen als „Strukturproblem“.
Im Verband der Maschinen- und Metallarbeitenden (FMMI) sind die härtesten Befürworter eines aggressiven Kurses zu finden. Diese Falken haben deutlich gemacht, dass eine große Metallerrunde im Herbst für sie „nicht zur Debatte steht“. Damit ist die Strategie der Verhandlungsführer der Gewerkschaft der vergangenen Monate gescheitert. Die Idee bestand darin, eine weitreichende Flexibilisierung der Arbeitszeiten (zwei Monate Überstunden über zwei Jahre hinweg auf ein Zeitkonto) gegen gemeinsame Verhandlungen bei der Metaller-Herbstlohnrunde einzutauschen.
Nur gemeinsam geht’s!
Alleine mit kollektiven und massenhaften Aktionen können wir das Kräfteverhältnis zwischen den Unternehmern und den MetallerInnen zu unseren Gunsten verschieben. Die Einberufung einer großen, bundesweiten Konferenz, gleich zu Beginn der Herbstlohnrunde und noch vor der Nationalratswahl, zu der alle Betriebsräte und Ersatzbetriebsräte eingeladen sind, ist in dieser Hinsicht ein wichtiger erster Schritt. Auf dieser Konferenz müssen die Vorbereitungen für einen heißen Herbst in der gesamten Metallindustrie getroffen werden. Es gilt dort alle auf einen solidarischen Kampf zum Erhalt unseres Lebensstandards festzulegen. Zur Verteidigung des gemeinsamen Metaller-KVs und zur Durchsetzung unserer Interessen wird an einer gemeinsamen Streikbewegung der gesamten Metallindustrie kein Weg vorbeiführen.
Dieser Artikel erschien in der September-Ausgabe unserer Zeitschrift „Der Funke“. Die gesamte Ausgabe kann ab sofort bei der Redaktion zum Preis von 2 Euro + Porto bestellt werden: redaktion@derfunke.at