Am 8./9. Dezember findet in Wien der Verbandstag der Sozialistischen Jugend Österreich statt. Mit ihren Leitanträgen positioniert sich die SJÖ-Spitze als die wichtigste linke Stimme in der Arbeiterbewegung. Ein Diskussionsbeitrag der Funke-Redaktion.
In sieben Leitanträgen liefert die Verbandsführung die inhaltlichen Grundlagen, auf denen die SJÖ in den kommenden beiden Jahren weiter aufgebaut werden soll. Die Veröffentlichung dieser Leitanträge mit dem Aufruf, diese bereits im Vorfeld des Verbandstages öffentlich zu diskutieren, ist eine erfreuliche Initiative. Unsere Bewegung steht angesichts der Krise vor großen Herausforderungen, und eine breite, offene, demokratische Debatte über Programm und Methoden ist eine wichtige Voraussetzung, um unseren Aufgaben gerecht werden zu können.
Rise up
Von zentraler Bedeutung ist der Antrag „Generation of the Crisis – Rise up!“, in dem ein sozialistischer Kurswechsel zur Sparpolitik in Europa gefordert wird. Die SJÖ hat sich in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt hin zu einer marxistischen Analyse der kapitalistischen Krise gearbeitet. Nicht mehr von einer Finanzmarktkrise ist die Rede (wie dies 2008 noch der Fall war), sondern die Ursache wird in der kapitalistischen Produktionsweise gesehen, die zu Überakkumulation und Überproduktionskrisen führt. Genau das ist die wissenschaftliche Grundlage für die Entwicklung eines sozialistischen Programms gegen die Krise, das sich von den kleinbürgerlichen Reformkonzepten à la ATTAC oder neokeynesianischer ÖkonomInnen abzuheben vermag.
Die Krise drückt sich mittlerweile als eine Staatsschuldenkrise aus. Dies ist aber nicht das Ergebnis der Deutungshoheit der Neoliberalen, wie zu Beginn des Leitantrags in Anklang an die KeynesianerInnen gesagt wird, sondern das Resultat der Bankenrettungspakete und der Konjunkturpakete. Als weitere Ursache werden die Ungleichgewichte in der EU zwischen exportorientierten Industriestaaten (Deutschland & Co.) und den PIGS-Staaten in der Peripherie genannt. In der Tat haben Deutschland und Österreich in den vergangenen zehn Jahren nicht zuletzt durch eine moderate Lohnpolitik ihre Wettbewerbsfähigkeit zu Lasten der südeuropäischen Länder massiv verbessern können. Doch was will man mit dem Appell an diese „Exportstaaten“, ihre Binnennachfrage zu fördern, den Lohndruck aufzuheben, die Steuer und Standortkonkurrenz zu beenden, bezwecken? Glauben wir wirklich, dass die deutschen Konzerne, die sich selber in einem beinharten globalen Konkurrenzkampf befinden, freiwillig auf ihre Wettbewerbsvorteile verzichten werden, damit Griechenland aus der Krise kommt? Dieser Ruf nach mehr Vernunft muss angesichts der kapitalistischen Realität ungehört verhallen. Um den vorhandenen Ungleichgewichten in der EU gezielt entgegensteuern zu können, braucht es eine europaweit geplante Wirtschaft. Dazu muss zuerst aber die dem Kapitalismus eigene Anarchie des Marktes und die Nationalstaaterei überwunden werden.
Der selbständige bürgerliche Nationalstaat erweist sich in dieser Krise eindeutig als Hindernis. Aus Sicht der Bürgerlichen ist die Einigung Europas aber nur über den Weg der Entdemokratisierung und der Diktatur der Troika möglich. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Schon Lenin vertrat 1915 die Meinung, dass die Vereinigung Europas auf kapitalistischer Grundlage entweder eine Utopie bleiben muss oder als reaktionäres, weil gegen die Arbeiterklasse gerichtetes Projekt abgelehnt gehört. Die SJÖ-Spitze kritisiert zurecht den Demokratieabbau in der Europäischen Union. Es muss aber gesagt werden, dass auf EU-Ebene der Parlamentarismus immer schon nur bloßes Beiwerk war, und die zentralen Entscheidungen ganz woanders gefällt wurden. Formulierungen wie „das europäische Projekt zeigt sich in neuem Gewand“ oder „dass das europäische Projekt in seiner gegenwärtigen Gestalt in erster Linie der Durchsetzung von neoliberalen Wirtschaftsinteressen dient“ verschleiern, dass die EU vom ersten Tag an nichts anderes war als das Europa des Kapitals, und sich daran auch nichts ändern kann. Das öffnet dem in der Sozialdemokratie des „dritten Weges“ gebräuchlichen Newspeak vom „sozialen und demokratischen Europa“ Tür und Tor. Diese theoretischen Unschärfen führen in der Praxis zu einer falschen Stoßrichtung. Dies zeigt sich im Aufruftext der „Rise up“-Kampagne, wo man zur Durchsetzung seiner Forderungen rein auf Appelle an den „Europäischen Rat und das Europäische Parlament“ setzt. Aber auch die Forderung im Leitantrag nach einer „Neuausrichtung der EZB“ zeigt, dass die SJ-Spitze Illusionen in die Reformierbarkeit der EU-Institutionen hat.
Dahinter steckt wohl immer noch die Vorstellung, es wäre möglich die Sozialdemokratie nach links zu bewegen, auf dass diese erneuerte Sozialdemokratie in den nationalstaatlichen Regierungen und den Institutionen der EU für eine „soziale und demokratische EU“ sorgt. In dem Antrag zeigt sich leider, dass die SJÖ ein völlig beschönigendes Bild von der Sozialdemokratie vertritt. Die Dominanz der Neoliberalen ist nicht nur auf die „inhaltliche Schwäche der Sozialdemokratie europaweit“ zurückzuführen. Und die Sozialdemokratie hat nicht „nicht rechtzeitig die kapitalistische Wirtschaftsweise und die private Kontrolle über die Produktionsmittel in Frage gestellt“, sondern sieht ihre Rolle einfach als Ärztin am Krankenbett des Kapitalismus, den sie als einzig denkbares Gesellschaftsmodell anerkennt.
Eines muss festgehalten werden: Das Programm gegen die Krise, das die SJÖ mit diesem Leitantrag präsentiert, ist ein gewaltiger Fortschritt zu alldem, was die Organisation bisher zu der Frage vertreten hat bzw. was man sonst in der Arbeiterbewegung in Österreich finden wird. Forderte man bisher eigentlich nur eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte und mehr Steuergerechtigkeit, so stellt die SJÖ mit diesem Leitantrag erstmals die Eigentumsfrage und fordert sowohl die Verstaatlichung des Bankensektors wie auch der Schlüsselindustrien und der Infrastrukturunternehmen. Es werden außerdem die Politik der „inneren Abwertung“ der Troika und alle „Verträge und politischen Maßnahmen, die den Sparkurs fortführen“, abgelehnt. Dies bedeutet auch ein Nein zum ESM und zum Fiskalpakt. Die Systemfrage zu stellen und eine antikapitalistische Perspektive zum Prinzip zu erheben, sind korrekte Schlussfolgerungen aus einer marxistischen Krisenanalyse.
Der mögliche Weg zum Sozialismus ist noch immer nicht sehr schlüssig beschrieben. Formulierungen wie z.B. „Forcierung der Entwicklung und Ausweitung neuer alternativer wirtschaftlicher Eigentumsformen als Keimzelle eines nicht-privatkapitalistischen Wirtschaftssektors“ erwecken leicht das Bild eines gradualistischen Hinüberwachsens in den Sozialismus. Wenn wir Wirtschaftsdemokratie fordern, müssen wir uns entscheiden, ob wir damit „demokratische Kontrolle durch das Parlament“ oder „Arbeiterkontrolle und – verwaltung“ meinen. Doch das im Leitantrag vorgelegte Programm liefert erstmals einen Ansatz für eine Debatte, wie die Brücke von der kapitalistischen Krise zur sozialistischen Umwälzung aussehen kann. Auf dem Verbandstag und danach gilt es diese Diskussion zu vertiefen und unser Programm zu konkretisieren. Die UnterstützerInnen der Funke-Strömung in der SJ werden dabei für eine revolutionäre Perspektive entsprechend der Methode des Übergangsprogramms argumentieren. Die wichtigsten theoretischen Fragen, die es dabei zu klären gilt, sind jene nach dem Verhältnis zwischen Tageskämpfen und der sozialistischen Revolution und nach dem Charakter des Staates.
Arbeitslosigkeit
Die zweite größere Kampagne ist derzeit jene gegen Jugendarbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Diese Schwerpunktsetzung befürworten wir voll und ganz, weil nur auf der Grundlage einer fundierten und systematischen Orientierung auf Lehrlinge und junge ArbeitnehmerInnen wird die SJÖ ihrem Anspruch, die Arbeiterjugend organisieren zu wollen, gerecht werden. Der dazu gehörige Leitantrag „Zeitbombe Jugendarbeitslosigkeit“ bettet diese Frage ebenfalls in eine sehr gute Kapitalismusanalyse ein.
In weiterer Folge beinhaltet der Antrag eine Vielzahl unterstützenswerter Forderungen (Verbesserung der Lehrausbildung, Maßnahmen gegen das Prekariat). In Bezug auf die Lehre gibt es jedoch zwei Punkte, in denen wir ein Problem sein. Zur Finanzierung eines „Lehrausbildungsfonds“ soll ein Bonus-Malus-System eingeführt werden, das Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden, bestraft und Betriebe, die ausbilden, mit Förderungen beglückt. Wir denken, dass jene Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden, durch eine „Ausbildungsabgabe“ (z.B. in der Höhe von 2 Prozent der Wertschöpfung) zur Finanzierung öffentlicher Lehrwerkstätten beitragen sollen, wie es auch in einem anderen Leitantrag gefordert wird. Entsprechend des jeweiligen Belegschaftsstandes müssen die Betriebe aber verpflichtend eine festgelegte Zahl von Lehrlingen innerhalb des Produktions- und Dienstleistungsbetriebes ausbilden, damit die Lehrlinge einen Teil ihres Ausbildungs- und Arbeitszeit in der betrieblichen Praxis absolvieren können. Aus unserer Sicht ist eine gesonderte staatliche Förderung von Betrieben, die Lehrlinge ausbilden, aber abzulehnen. Wie die Realität zeigt, wissen diese Betriebe ohnedies, wie sie aus den Lehrlingen genügend Mehrwert herauspressen können. Auch im Fall des Praxistests fordern wir im Gegensatz zum Leitantrag, dass im Fall einer guten Leistung der Lehrling die gesamte Erfolgsprämie bekommt und diese nicht zwischen Lehrherrn und Lehrling aufgeteilt wird.
Eine wichtige politische Frage im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Den Argumenten für eine Arbeitszeitverkürzung können wir uns voll und ganz anschließen. Wir müssen aber auch sagen, dass derzeit die Gewerkschaften vorrangig darum kämpfen, dass die Arbeitszeit nicht verlängert wird, wie es das Kapital vehement fordert. Dieser Kampf wird in der kommenden Periode noch heißer werden. Wir sollten uns als Organisation auf diese Klassenauseinandersetzung vorbereiten und aktiv darin einmischen.
Gleichzeitig gilt es zu diskutieren, welchen Effekt eine Arbeitszeitverkürzung tatsächlich hätte. Die Erfahrung aus Frankreich zeigt, dass das Kapital in so einem Fall Gegenmaßnahmen setzt und versucht, die Kosten dieser Reform auf anderen Wegen wieder auf die Lohnabhängigen abzuwälzen. Die Umsetzung einer 35-Stunden-Woche muss daher begleitet werden von einem Kampf der ArbeiterInnen um Einsicht in die Geschäftsbücher und Kontrolle der Produktion. Nur so kann garantiert werden, dass tatsächlich die Zahl der Beschäftigten steigt.
Das wichtigste ist aber nun, dass nach dem Verbandstag der Beschluss umgesetzt wird, unter Einbindung der Lehrlinge in der Organisation ein gutes Lehrlingsprogramm und eine Kampagne zu erarbeiten, mit der sich die jungen ArbeiterInnen in der SJ identifizieren können.
Reform oder Revolution
Selbst im Leitantrag „Für eine fortschrittliche Jugendpolitik“ wird schon in der Einleitung eine antikapitalistische Perspektive dargestellt: „Wir sind die Bewegung, die für eine Gesellschaft kämpft, in der die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht die Profit einiger weniger. Wir sind diejenigen, die das Ende des Privateigentums an Produktionsmitteln einfordern und stattdessen die Wirtschaft in den Händen der Lohnabhängigen sehen wollen.” Jede noch so kleine Errungenschaft wird dabei als Mittel gesehen, das uns auf diesem Weg (zur Überwindung des Kapitalismus) weiterbringt.
So richtig dieser Gedanke ist, so halten wir doch eine genauere Formulierung für notwendig. Im Grundsatzprogramm wurde zur Darstellung des Wechselverhältnisses zwischen Reform und Revolution Rosa Luxemburg zitiert, wonach dieser Kampf um Reformen das Mittel zur Erreichung des Zwecks, die Ergreifung der politischen Macht und die Aufhebung des Lohnsystems ist. Durch die täglichen Kämpfe wird die Klasse vorbereitet für die Aufgabe der sozialistischen Revolution zu kämpfen. Die Formulierung im Leitantrag lässt offen, ob wir uns den Übergang zum Sozialismus als einen revolutionären Akt vorstellen, oder ob es sich dabei um einen graduellen Prozess handelt, indem durch eine Ansammlung von vielen kleinen Reformen irgendwann der Sozialismus erreicht werden kann.
Die folgenden Forderungen für eine fortschrittliche Jugendpolitik sind allesamt zu unterstützen. In den kommenden zwei Jahren gilt es dafür als Gesamtorganisation zu kämpfen. Dabei gilt es aber zu achten, dass der Kampf für diese Reformen immer mit unserer sozialistischen Perspektive verknüpft wird. In der Praxis, in der konkreten inhaltlichen Gestaltung unserer Kampagnenmaterialien gibt es da noch sehr viel Verbesserungsbedarf. Derzeit agieren wir viel zu sehr entsprechend der klassischen Trennung in ein Minimalprogramm (Reformen im Hier und Jetzt) und ein Maximalprogramm (Sozialismus in ferner Zukunft als Vision), was schon vor rund 100 Jahren die Sozialdemokratie in die Niederlage trieb.
Sozialdemokratie
In einem weiteren Leitantrag wird die Organisation auf den am letzten SPÖ-Bundesparteitag beschlossenen Prozess zur Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms orientiert. In der Tat ist das bestehende Parteiprogramm so schnell wie möglich auf dem Misthaufen der Geschichte zu entsorgen. Doch müssen wir eine realistische Perspektive haben, was mit dieser innerparteilichen Debatte tatsächlich möglich ist. Mit Sicherheit haben die Ideen des „Dritten Weges“ in der Sozialdemokratie heute keine Mehrheit mehr. Zu sehr stehen diese in Kontrast zur Wirklichkeit eines krisengebeutelten Kapitalismus. Wir können davon ausgehen, dass die Parteispitze mit ihrer Politik nicht das ausdrückt, was sich die Mehrheit der ArbeiterInnenbewegung wünscht.
Doch gleichzeitig ist die SPÖ nach fast drei Jahrzehnten der Neoliberalisierung schwer gezeichnet. Viele Parteistrukturen sind alles andere als in einem guten Zustand. Viele SozialdemokratInnen haben sich aus der Partei zurückgezogen. Die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie ist auf einem historischen Tiefststand angelangt. Es ist nur schwer denkbar, dass die Debatte um ein neues Parteiprogramm auch nur annähernd soviel Dynamik auslösen könnte wie 1978. Die Sozialdemokratie ist heute nur noch ein Schatten von einst. Es wird große soziale Bewegungen und Klassenkämpfe brauchen, um dieser Partei wieder mehr politisches Leben einzuhauchen. Diese Programmdebatte könnte unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Umständen für die Linke sehr leicht zur Beschäftigungstherapie werden.
Viel wichtiger erscheint uns, dass die SJ in der Praxis einen kompromisslosen Kampf gegen die prokapitalistische Politik der SPÖ führt. Die nächsten Gelegenheiten haben wir dazu in der Frage der Volksbefragung zum Bundesheer, wo es eine offensive Kampagne gegen die Einführung eines Berufsheers braucht, und in der Steiermark rund um ein neuerliches Sparpaket, wo Max Lercher zeigen kann, ob er die Lehren aus seinem Kardinalfehler von 2011 gezogen hat.
Trotzdem sind wir natürlich dafür, dass die SJ in der Programmdebatte eine sozialistische Alternative zur Bundesparteispitze präsentiert. Wir setzen uns in dem Antrag den Anspruch, ein Programm zu entwerfen, das „Möglichkeiten und Wege zur Verbesserung der Lebensverhältnisse für die breite Mehrheit der Bevölkerung“ darstellt. Auf kapitalistischer Grundlage sind die brennenden sozialen Fragen, die uns davon abhalten ein Leben in Freiheit und Würde zu führen, aber nicht zu lösen. In dieser Frage trennen uns Welten von der Löwelstraße. Der letzte Punkt des Antrags, in dem eine „klare Alternative zur aktuellen Krisenverschlimmerungspolitik in Europa“ gefordert wird, lässt befürchten, dass sich die Verbandsspitze aber nicht entlang einer marxistischen Kapitalismusanalyse und einer sozialistischen Perspektive in die Debatte einbringen möchte. Es wäre ein schwerer politischer Fehler, von Anfang an als SJÖ keynesianistische Antworten auf die Krise zu formulieren, nur weil man denkt, dass dann leichter Bündnisse mit anderen kritischen Kräften in der SPÖ geschmiedet werden können. Eine solche Politik eines angeblichen kleinsten, gemeinsamen Nenners führt zwangsläufig zu einer Aufgabe der richtigen Theorie zugunsten einer falschen Praxis und ist somit abzulehnen. Notwendig ist vielmehr ein entschlossener Kampf um einen sozialistischen Kurswechsel innerhalb der SPÖ. Dieser Kampf könnte ein Fokuspunkt für die verbliebenen kritischen Kräfte innerhalb der Partei und der mögliche Startschuss für eine organisierte Parteilinke werden.
Die jetzige Verbandsspitze ist offensichtlich der Meinung, dass auf diesem Weg die SPÖ veränderbar sei. Einer offenen Konfrontation mit der Parteispitze wird tunlichst aus dem Weg gegangen, wodurch unsere Organisation sehr viel an politischem Profil einbüßt. Sollte sich die Krise auch in Österreich zuspitzen und hat die SPÖ dann noch immer Regierungsverantwortung, würde dieser Kurs, der heute noch irgendwie gangbar scheint, die SJ in eine schwere politische Zerreißprobe treiben. Eine klare Analyse der Rolle der Sozialdemokratie im heutigen Kapitalismus und der Aufgaben unserer eigenen Organisation ist das beste Rüstzeug, um so eine Situation vermeiden zu können.
Für eine starke Sozialistische Jugend
Das Bekenntnis zu einer starken sozialistischen Jugendorganisation, die sich in den besten Traditionen der ArbeiterInnenbewegung sieht und zum marxistischen Grundsatzprogramm bekennt, ist eine wichtige Voraussetzung, um diesen Konflikt bestehen zu können. Der dementsprechende Leitantrag verdient daher unsere Unterstützung. Unser Ziel ist eine Organisation, die tatsächlich über eine Massenverankerung an den Schulen, Unis und in den Betrieben, in den Städten und – wenn möglich – auch in den Landgemeinden verfügt.
Mitgliederwachstum und die Stärkung unserer organisatorischen Strukturen sind wichtige Ziele. Die Aufbauarbeit der letzten Jahre muss aber auch einer kritischen Bilanz unterzogen werden. Die größten Probleme sehen wir darin, dass noch immer zu wenig Aufmerksamkeit auf die Politisierung der Basisstrukturen gelegt wird. Die Verbands- und Landesorganisationen müssten darin ihre Hauptaufgabe sehen. Kampagnen sollten unter der direkten Einbeziehung der Ortsgruppen und Mitglieder erarbeitet und umgesetzt werden. Es macht keinen Sinn, Kampagnen auf Medienaktionen führender FunktionärInnen und auf Aktionstage zu beschränken, bei denen die lokalen Strukturen oft nur KonsumentInnen sind. Die politische Selbstermächtigung unserer Mitglieder und unserer Ortsgruppen muss ein vorrangiges Ziel im Aufbau unserer Organisation sein. Dies ist auch der beste Garant dafür, dass wir möglichst große Teile der Mitgliedschaft dazu befähigen, aktiv das politische Leben der SJ mitzugestalten, was auch für die demokratische Entwicklung unserer Organisation entscheidend wäre. Das ist auch der Weg, um zu verhindern, dass die SJ keinen zweiten Josef Cap hervorbringt, der als Jugendfunktionär links unten anfing und in Amt und Würden im Parlament schnell nach rechts oben wanderte, indem er auf den offiziellen Parteikurs einschwenkte.
Ein marxistisches Programm als Fundament und das Selbstverständnis, eine starke Jugendorganisation der Arbeiterbewegung aufbauen zu wollen, sind die besten Voraussetzungen, um die Herausforderungen der kommenden Zeit bewältigen zu können. Dieser Verbandstag ist eine große Chance, die Weichen dafür richtig zu stellen. In diesem Sinne wird sich die Funke-Strömung in die Debatten auf und nach dem Verbandstag bzw. in die konkrete Aufbauarbeit der SJÖ einbringen.
Eine gekürzte Version werden wir auf dem Verbandstag an die Delegierten verteilen.