Gestern folgten rund 15.000 Menschen dem Aufruf des ÖGB und der „Plattform 25“ und demonstrierten neuerlich gegen das Sparpaket. Wir veröffentlichen das Editorial der Funke-Sondernummer zu dieser Bewegung, von der gestern mehrere hundert Stück auf der Demo verkauft wurden.
Gemeinsam kämpfen, gemeinsam streiken
Das Landessparpaket muss verhindert werden. Dies wird aber nur gelingen, wenn wir die Bewegung auf eine neue Ebene heben.
Landeshauptmann Voves trat einst als Robin Hood an, der in Wien die Vermögenssteuern erstreiten wollte, wandelte sich aber zum räuberischen Sheriff der grünen Mark. Soziallandesrat Schrittwieser (SPÖ) macht für ihn dabei die Drecksarbeit und rechtfertigt mit bedenklichem Zynismus die verheerenden Einschnitte im Sozialsystem („Warum sollte man ein Kind mit Therapien fördern, wenn es eh nichts bringt“). Nach Krise und Bankenrettung gehen die Regierungen nun in allen Staaten an die Aufräumarbeiten. Die steigende Staatsverschuldung ist aus der Sicht der Bürgerlichen ein reales Problem, das die Stabilität der Währung, der Wirtschaft und des Staates gefährdet. Wo die Sozialdemokratie Regierungsverantwortung hat, betreibt sie entsprechend dieser Logik das Geschäft der Bürgerlichen. Dabei wird die Politik der massiven Förderungen für die Wirtschaft und den Standort uneingeschränkt weitergeführt. Die SPÖ-Führung sagt, dass ein Verzicht auf dieses Sparpaket in wenigen Jahren noch tiefere Einschnitte unumgänglich machen würde.
So werden mit diesem Sparpaket einmal mehr die Ärmsten der Armen ins Visier genommen. Der angesprochene Ideenwandel von LH Voves ist das Ergebnis einer Politik, welche die Diktatur der Märkte als unumstößlich ansieht. Das ändert aber nichts daran, dass Voves & Co. direkt die Verantwortung für dieses Paket der sozialen Grausamkeiten tragen. Niemand kann den steirischen Landtag zwingen ein solches Sparpaket zu verabschieden. Jede und jeder Abgeordnete ist persönlich dafür verantwortlich, wenn Krankenhäuser geschlossen, behinderte Menschen keine Betreuung und Förderung bekommen, wenn die Mietbelastung nach dem Streichen der Wohnbeihilfe noch mehr steigt und die Kinderbetreuung für viele arbeitende Familien unleistbar wird. Es gibt kein Gesetz, kein Abkommen, das den Herrn und Frauen Landtagsabgeordneten eine solche Politik vorschreibt.
Es ginge auch anders
Die steirische Landesregierung könnte ihr Budget wie bisher fortführen, ja sogar Sozialleistungen ausbauen. Es ließen sich Spielräume schaffen und der Sparstift bei den Förderungen für Wirtschaft, Landwirtschaft und Großevents ansetzen. Wir könnten auch eine steigende Verschuldung in Kauf nehmen und eine politische Kampagne für einen neuen Finanzausgleich und eine höhere Besteuerung von Vermögen organisieren. Die Banken haben die Bundesregierung schlichtweg erpresst und Rettungspakete erzwungen. Was für die Manager und Aktionäre der Hypo-Alpe Adria oder der Raiffeisengruppe usw. recht ist, ist uns für arbeitende und kranke Menschen billig. Bauen wir politischen Druck von unten auf und fordern wir das Geld von den Reichen zur Finanzierung des Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystems.
Als Beispiel für eine solche Strategie dient uns die Geschichte der linken Liverpooler Stadtregierung in den 1980ern. Als Margret Thatcher damals den britischen Kommunen gesetzlich verbot Schulden zu machen, widersetzte sich der Stadtrat diesem Gesetz. Die Sozialprogramme wurden fortgeführt. Der monatelange Kampf wurde unter dem Slogan „Wir brechen lieber Gesetze als die Armen“ geführt. Die marxistischen Labour-Abgeordneten gingen für die Bevölkerung sogar lieber ins Gefängnis als Sparpakete zu exekutieren.
Die SPÖ unter Druck
In vielen Städten wurde in den letzten Wochen demonstriert, Gemeinderäte (z.B. jener von Mürzzuschlag) lehnten einstimmig die Budgetpläne ab und in Graz gingen bereits zweimal Tausende Menschen auf die Straße. Der “Plattform 25” ist es zu verdanken, dass der Unmut der steirischen ArbeitnehmerInnen in konzentrierter und klarer Form sichtbar wurde. Die Führung der Plattform zögerte nach ihrem ersten Erfolg vom 25. März und gab keine klaren Slogans zur Ausweitung der Proteste und ihrer Form aus (Der Funke argumentierte hingegen für die Einberufung einer Betriebsrätekonferenz des Sozial- und Gesundheitsbereiches um Kampfmaßnahmen anzukündigen und vorzubereiten). Die Dynamik blieb jedoch ungebremst, da die ersten konkreten Nachrichten über den Kahlschlag und seine verheerenden Auswirkungen in allen sozialen Bereichen für Entsetzen und Wut sorgten.
Sogar der ÖGB, der in der Steiermark besonders eng mit der SPÖ verwoben ist, musste sich angesichts der Schwere der Angriffe und der eisernen Haltung der Landesregierung, die jedes ernsthafte Gespräch ablehnte, dazu durchringen einen Beschluss zu allgemeinen Kampfmaßnahmen zu fassen.
Sag mir wo du stehst!
Der 27. und 28. April sind entscheidende Tage für die Bewegung gegen das Sparpaket. Unter dem Druck der Straße wird die Landesregierung der Führung der Bewegung halbseidene Versprechungen machen. Eines dieser Angebote wird sein, dass es im Laufe des Budgetjahres sogenannte „Nachtragstöpfe“ geben wird. Die Abgeordneten des ÖGB und der SJ dürfen sich auf solche Versprechungen nicht verlassen, sondern müssen gegen das Budget stimmen. Alles andere wäre zynisch. Hier steht die Glaubwürdigkeit der Organisationen der ArbeiterInnenbewegung und der Jugend auf dem Spiel. Wir erwarten uns von den Abgeordneten Max Lercher (Vorsitzender der SJ) und Klaus Zenz, dem Fraktionsvorsitzenden der FSG und Betriebsrat im direkt betroffenen Betreuungsverein “Mosaik”, sowie allen andern GewerkschafterInnen auf der Liste der SPÖ, dass sie nicht umfallen, nicht zustimmend die Hand heben, sondern die Faust ballen und: NEIN sagen!
Rückendeckung heißt Streik!
Und wir stärken ihnen dabei den Rücken. Die Demo am 26. April kann nur ein weiterer Schritt zur Ausweitung der Proteste sein. Die SprecherInnen der “Plattform 25” und die ÖGB-Führung haben die Verantwortung zu konkreten Kampfmaßnahmen, d.h. Streiks, in den steirischen Betrieben aufzurufen. SJ und aks dürfen nicht zögern und müssen mit SchülerInnendemos und -streiks die Jugend mobilisieren. Wir sind nicht hier um Dampf abzulassen, sondern um dieses Sparpaket zu verhindern. Und dies ist möglich, wenn wir konkrete Maßnahmen setzen:
* Machen wir den Landhausplatz zu unserem Platz, solange die Abgeordneten drinnen gegen uns regieren wollen!
* Für Streikmaßnahmen ab dem 27. April!
* Wir lassen uns nicht die Zukunft stehlen! Für eine kämpferische Jugendbewegung und einen SchülerInnenstreik!
* Wir haben diese Krise nicht verursacht – und wir werden sie jetzt auch nicht bezahlen!
Wien/Graz, 21. April 2011