Mehr als 2500 BetriebsrätInnen aus der Metallindustrie zeigten sich bei der gestrigen Betriebsrätekonferenz kampfbereit und forderten mehr Lohn. Ein Bericht von einem Wir sind ÖGB-Aktivisten.
Seit einem Monat laufen die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 170.000 Beschäftigten in der Metallindustrie. Diese Verhandlungen haben traditionell Vorbildwirkung für die Lohnabschlüsse auch aller anderen Branchen. Nach drei Verhandlungstagen zeichnet sich eine äußerst harte Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital ab. Die UnternehmerInnen führen die drohende Wirtschaftskrise ins Spiel und sind nicht bereit Lohnabschlüsse über der Inflationsrate zuzugestehen. Bis zuletzt haben sie in den Verhandlungen gemessen an ihrem ersten Angebot nur eine Erhöhung von 0,1% draufgelegt. Gleichzeitig fordern sie die Einführung des 10-Stunden-Normalarbeitstages, den 12-Stunden-Tag im Schichtbetrieb, einen mehrjährigen Durchrechnungszeitraum der Arbeitszeit und weitere Verschlechterungen im Rahmenrecht des KV. Die letzte Verhandlungsrunde endete überhaupt damit, dass die UnternehmerInnen ursprünglich weitere Gespräche über einen neuen KV auf unbestimmte Zeit verschieben wollten.
Diese Verhandlungsstrategie kann nur als bewusste Provokation gegenüber den Gewerkschaften GMTN und GPA-djp gewertet werden.
Mit dieser Betriebsrätekonferenz wollten die beiden Gewerkschaften den Druck vor der nächsten Verhandlungsrunde erhöhen. Das ist auch gelungen. Aus ganz Österreich waren mehr als 2500 KollegInnen angereist und zeigten sich kampfbereit.
Die Gewerkschaft fordert derzeit 5,4% mehr Lohn. Diese Forderung ist angesichts der tatsächlichen Teuerung, die von der offiziellen Inflationsrate nicht einmal ansatzweise erfasst wird, ohnedies schon sehr moderat. Doch selbst mit dieser „wirtschaftskonformen Forderung“ (Zitat Kollege Erich Foglar von der GMTN) ist ein Kompromiss am Verhandlungstisch derzeit außer Reichweite.
Die Gewerkschaft betont, dass die Unternehmen Jahre mit Rekordgewinnen hinter sich haben. Allein im letzten Jahr wurden in der Metallindustrie 2,2 Mrd. Euro an Dividenden ausgeschüttet. Die Aktionäre haben somit im Durchschnitt ihren Gewinn im Vergleich zu 2006 um 115% steigern können! Im Gegensatz dazu hatten die Beschäftigten Reallohnverluste (gemessen an der offiziellen Inflationsrate!) in der Höhe von 0,7 Prozent zu verzeichnen. Viele KollegInnen kommen mit diesem Lohn nicht mehr über die Runden. Es wurde mehrfach betont, dass die Beschäftigten nicht für diese Krise zahlen sollen. Ein Betriebsrat brachte es auf den Punkt: „Die Kollegen haben vielleicht Angst vor der Krise. Aber sie haben noch mehr Angst, dass sie ihre Miete nicht zahlen können, dass sie die Heizkosten nicht zahlen können.“
Die Zeichen in dieser Lohnrunde stehen also auf Sturm. Wenn die nächste Verhandlungsrunde wieder kein passendes Ergebnis bringen sollte, dann wird es ab 5. November zu Betriebsversammlungen kommen, die nicht nur Informationscharakter haben werden, sondern wo auch der Betrieb gestört wird. Es wurde von mehreren Betriebsräten betont, dass es dann darum geht, den UnternehmerInnen dort weh zu tun, wo sie es wirklich spüren – in den Betrieben!
Bemerkenswert war auch der Auftritt von Franz Sieder, dem Betriebsseelsorger aus Amstetten, der eine klar antikapitalistische Position einbrachte. Er meinte sogar, es sei nicht einzusehen, warum in der Gesellschaft das Kapital und nicht die ArbeiterInnen das Sagen hat. Seine Ausführungen erhielten tobenden Applaus aus dem Publikum.
„Der Funke“ war vor Ort und verteilte ein Flugblatt (siehe unten). In unseren Gesprächen mit Dutzenden KollegInnen zeigte sich der Wunsch nach einer kämpferischen Gewerkschaft. Viele kritisierten, dass die Gewerkschaft bisher zu zahnlos aufgetreten war. Aus diesen Diskussionen ging auch deutlich hervor, dass in vielen Betrieben die Auswirkungen der Krise spürbar werden. Tausende LeiharbeiterInnen wurden bereits abgebaut (leider ohne sichtbaren Widerstand der Gewerkschaft!), in der Autozulieferindustrie gibt es in mehreren Betrieben bereits Kurzarbeit, allein im steirischen Autocluster wurden bereits 5000 ArbeiterInnen entlassen und eine gleiche Anzahl für die Kurzarbeit angemeldet. Harte Zeiten brechen für die KollegInnen in den Betrieben an.
Man kann der Führung der GMTN einige Kritik nicht ersparen. Nach ihren eigenen Aussagen bewegt eine Lohnerhöhung um einen zehntel Prozentpunkt (0,1 Prozent) 7 Millionen Euro. Über Jahre boomte die österreichische Metallindustrie. Wenn man letztes Jahr nun eine Lohnerhöhung von ca. 10 Prozent durchgesetzt hätte, hätte dies ein zusätzliches Lohnvolumen von 450 Millionen Euro bewegt. Damit hätte man gerade mal ein Viertel der Profite der Metallindustrie in die Taschen der MetallarbeiterInnen und Angestellten umgeschichtet. Die „verantwortungsvolle“ Lohnpolitik der letzten Jahre war nichts anderes als eine gewerkschaftlich akzeptierte Umverteilung von den arbeitenden Menschen zu den Kapitalbesitzern. Jetzt im Nachhinein, wenn bereits deutliche Krisensignale hör- und spürbar sind, diese falsche Lohnpolitik auszubügeln wird umso schwieriger sein.
Was weiter auffällig war ist das völlige Schweigen der GMTN zum Thema von Stellenabbau. Während kaum ein Debattenredner eine massive Kritik am Finanzkapitalismus ausließ, und jeder betonte, dass heuer mehr als ein Reallohnverlust drinnen sein muss, so wurde dieses Thema ausgelassen. Es war augenscheinlich, dass Kämpfe gegen Stellenabbau von Seiten der Gewerkschaft nicht vorhergesehen sind.
Umso wichtiger ist jetzt, dass sich in der Gewerkschaft die Stimmen für einen kämpferischen Kurswechsel erheben. Die UnternehmerInnen sind zu keinen Zugeständnissen, bisher nicht mal zu Verhandlungen mehr bereit. Alle KollegInnen, die einen kämpferischen Kurswechsel in der Gewerkschaft für notwendig halten, müssen jetzt in ihren Betrieben die Belegschaften informieren und auf den Kampf vorbereiten. Die Auseinandersetzung um einen halbwegs ordentlichen Lohnabschluss ist nur zu gewinnen, wenn jetzt die KollegInnen in den Betrieben den nötigen Druck erzeugen und diesen Kampf aktiv führen und demokratisch bestimmen. Die UnternehmerInnen müssen jetzt die geballte Faust der MetallarbeiterInnen zu spüren bekommen!
Flugblatt:
Eure Krise zahlen wir nicht! –
Kein Abschluss für den Metaller-KV unter 8%!
Auch in der dritten Verhandlungsrunde bei der diesjährigen Lohnrunde für die Beschäftigten der Metallindustrie wollten die Unternehmer nicht mehr als eine Inflationsabgeltung und eine Einmalzahlung zugestehen. Das Argument der Unternehmer: “Angesichts der drohenden Wirtschaftskrise würden Lohnerhöhungen den Standort Österreich gefährden.”
GMTN-Vorsitzender Foglar hat vollkommen Recht, wenn er sagt, dass “die ArbeitnehmerInnen aufgrund der Finanzkrise schon als SteuerzahlerInnen für eine Krise, die sie nicht selbst verursacht haben, gerade stehen. Jetzt sollen sie offensichtlich ein zweites Mal durch Zurückhaltung bei den Lohn- und Gehaltserhöhungen die Zeche zahlen.”
Und das in einer Situation, wo die Teuerung zu einer echten Bedrohung für unseren Lebensstandard geworden ist. Die offizielle Inflationsrate spiegelt das in keinster Weise wider. Deshalb dürfen wir bei unseren Forderungen nach einer Lohnerhöhung auch nicht von der offiziellen Inflationsrate ausgehen; es braucht einen Warenkorb, der die tatsächlichen Ausgaben (Lebensmittel, Wohnen, Heizen,…) der Beschäftigten wiedergibt.
Ganz zu schweigen davon, dass wir mit unserer Arbeit den gesellschaftlichen Reichtum schaffen, der aber fast zur Gänze von den Unternehmern einkassiert wird. Für die Lohnabhängigen soll nichts abfallen. Als es der Wirtschaft gut ging, forderten sie Lohnzurückhaltung, damit der Aufschwung weitergeht, jetzt in der Krise fordern sie Lohnzurückhaltung, damit es nicht noch schlimmer kommt. Mit anderen Worten: In diesem System gibt es aus ihrer Sicht nie den richtigen Zeitpunkt, um den ArbeitnehmerInnen was abzugeben. Das einzige, was zählt, ist ihr PROFIT!
In Teilen der Metallindustrie (z.B. Autozulieferer) sind diese Profite nun nach den Rekordjahren der jüngsten Vergangenheit in Gefahr. Mit dem Schreckgespenst Betriebsschließung wollen uns die Unternehmer und ihre Medien nun einschüchtern.
Was heißt das für uns? Unsere Antwort kann nur lauten: Wir zahlen Eure Zeche nicht! Keine Kompromisse mit dem Kapital – wir müssen endlich wieder unsere eigenen Interessen vertreten!
Die Unternehmer werden sich nur bewegen, wenn wir in den Betrieben Druck machen und Stärke beweisen.
Wir fordern daher:
• Betriebsversammlungen, wo alle Beschäftigten über den Stand der Verhandlungen informiert bzw. Kampfmaßnahmen diskutiert und geplant werden.
• Warnstreik und öffentliche Kundgebungen am Tag der nächsten Verhandlungsrunde! Stärken wir unserem Verhandlungsteam den Rücken!
• Kein Abschluss bei den KV- und IST-Löhnen unter 8%, für einen Sockelbetrag von 200 Euro! Keine Einmalzahlungen auf der Grundlage des Betriebsergebnisses! Zumindest quartalsweise Anpassung der Löhne und der Lohnsteuergrenzen an die Inflation unter Kontrolle der Gewerkschaften.
• Urabstimmungen über den KV-Abschluss!
• Wo das Management nicht imstande ist, den Betrieb trotz großem Arbeitseinsatz der Beschäftigten erfolgreich zu führen, sollte dieser verstaatlicht werden – wie dies auch bei den Banken nun möglich wird.