Es ist Schulbeginn in Österreich. Die Gesellschaft wirklich verstehen lernt man dort aber nicht, wie Max in diesem Leserbrief schildert. Wenn du auch den Kapitalismus verstehen – und stürzen – willst, mach bei uns mit!
In einem Test soll Chinas Wirtschaft charakterisiert werden. Zwar gibt es dort Milliardäre und Immobilienblasen, doch wer antwortet, China sei kapitalistisch, kassiert Punktabzug. Denn in China gibt es einen brutalen Überwachungsstaat, und wie wir lernen, ist das angeblich ein klares Zeichen für Kommunismus.
Was lernen wir hingegen über den Kapitalismus? Unter anderem, dass es gut ist, wenn viele Menschen keinen Job finden und zur Arbeitslosigkeit verdammt werden – die sogenannte „optimale“ Arbeitslosenrate.
Für Klimakatastrophe und Umweltzerstörung kann der Kapitalismus nichts. Daran sind die dummen und egoistischen Menschen schuld, die nicht die richtigen Bioprodukte kaufen und nicht genug recyceln. Auch Preisexplosion und Kriege sind keine Probleme des Kapitalismus, sondern daran sind nur verrückte, machthungrige Diktatoren schuld – insbesondere Putin. Aja, Armut gibt angeblich auch kaum und wenn dann nur ganz weit weg von hier, und ethische Großkonzerne wollen gar keine billige Kinderarbeit, sie sind leider nur machtlos im Angesicht ihrer vielen „bösen“ Zulieferbetriebe.
Um so einen lehrreichen Schultag zusammenzufassen: Während der Marxismus eigenhändig für jeden Toten in der Sowjetunion verantwortlich ist, behält der Kapitalismus eine weiße Weste. Für Nahrungsmittelknappheit und ein unleistbares Leben kann doch das bestmögliche aller Wirtschaftssysteme nichts. Vieles läuft natürlich nicht optimal, aber wir lernen, dass das alles in Zukunft mit den richtigen Gesetzen hingebogen werden wird. Wenn man unbedingt selbst die Welt verbessern will, soll man einfach die „richtigen“ Politiker wählen oder Charities und NGOs – wie Greenpeace – spenden.
Was wir leider nicht gelernt haben, ist die Geschichte der Arbeiterklasse, die seit 200 Jahren um ihre Freiheit von Ausbeutung durch die Bourgeoisie (Jeff Bezos, Elon Musk und Co.) und für ein besseres Leben kämpft. Auf die Idee, dass wir nicht nur passive Beobachter des Weltgeschehens sind, sondern bewusst darin eingreifen können und müssen, wenn wir es zu unseren Gunsten drehen wollen, kommt man so nicht. Über Revolution gibt es ein ausführliches Kapitel im Geschichtsunterricht, dieses handelt jedoch ausschließlich von bürgerlichen Revolutionen, die den Kapitalismus errichtet haben. Die Russische Revolution – die erste Machtergreifung der Arbeiterklasse in einem ganzen Land – wird nur flüchtig im Kapitel “Diktatur” thematisiert.
Es ist kein Zufall, dass der bürgerliche Staat uns nicht lehrt, dass wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Immerhin ist er (wie durch diverse Skandale und Korruptionsaffären transparent gemacht) ein Werkzeug der Kapitalisten zur Aufrechterhaltung ihrer Macht. Keine Reform wird den Staat auf die Seite des Proletariats, also auf unsere Seite, stellen, und ebenso sehr müssen wir unsere revolutionäre Bildung selbst in die Hand nehmen, denn in der Schule wird man uns nicht beibringen, wie der Kapitalismus zu stürzen ist! Der beste Weg, das zu tun, ist beim „Funke“ aktiv zu werden.
Maximilian
(Funke Nr. 206/30.8.2022)