Die Bedeutung des Alaska-Gipfels

Die Nachrichten aus Alaska sorgten in jeder europäischen Hauptstadt für Entsetzen. Allerdings nicht bei den gewöhnlichen Bürgern, sondern bei jener besonderen Elite selbsternannter „Weiser“, die sich selbst gern als unsere „Führungspersönlichkeiten“ bezeichnen. Dieser Artikel von Alan Woods erschien am 18. August 2025 auf marxist.com.
Das Ausmaß der Propaganda, die derzeit von den Medien verbreitet wird, übertrifft alles, was ich je erlebt habe – oder je zu erleben hoffe.
Der Chor der Verurteilungen ist ohrenbetäubend. Die Hysterie, die dieses eine Ereignis ausgelöst hat, spiegelt den außergewöhnlichen Grad der Frustration bei den selbsternannten „Führern der freien Welt“ wider, die sich aufführen wie ein verwöhntes Kind, dem man gerade das Lieblingsspielzeug weggenommen hat.
Noch vor einer Woche beglückwünschten sich dieselben Führer gegenseitig dazu, den Präsidenten der Vereinigten Staaten dazu gebracht zu haben, eine verheerende neue Sanktionswelle loszutreten, die auf die völlige Zerstörung der russischen Wirtschaft und die völlige Unterminierung von Wladimir Putins Krieg in der Ukraine abzielte.
Die New York Times berichtete mit hörbarer Verzweiflung:
„Der Waffenstillstand, auf den Mr. Trump in Alaska verzichtet hat, war ihm im letzten Monat so wichtig, dass er mit harten neuen Wirtschaftssanktionen drohte, falls Russland den Krieg nicht innerhalb von 50 Tagen stoppe. Dann zog er die Frist auf vergangenen Freitag vor. Nun gibt es keinen Waffenstillstand, keine Frist und keinen Sanktionsplan.“
Plötzlich, wie durch eine grausame und unerwartete Wendung des Schicksals, wurden all ihre Träume zunichte gemacht. Innerhalb von 24 Stunden verwandelt sich alles ins Gegenteil.
Das wäre eine äußerst wertvolle Lektion über die Überlegenheit der Methode des dialektischen Materialismus, wenn nicht die dicken Schädel unserer bornierten Politiker absolut immun gegen jede Lektion wären.
Anstelle von Argumenten greifen sie zu immer neuen Formen von Bluffs und Getöse, schimpfen und toben gegen die finsteren Machenschaften des Mannes im Kreml und die erstaunliche „Naivität“ (lies: Dummheit) des Mannes im Weißen Haus.
Welchen unverzeihlichen Fehler hat der Präsident der Vereinigten Staaten also begangen? Er hat sich doch tatsächlich bereit erklärt, sich mit dem Präsidenten der Russischen Föderation an einen Tisch zu setzen – mit dem Mann, von dem uns immer wieder gesagt wurde, er habe 2022 einen „brutalen und unprovozierten Angriffskrieg gegen die Ukraine“ begonnen und sei aller nur denkbaren Verbrechen schuldig, mit Ausnahme vielleicht davon, Babys zum Frühstück zu verspeisen (zu dieser Unterstellung hat man bisher noch nicht gegriffen – aber wer weiß, was noch kommt …).
Hier nur ein paar Kostproben: Die New York Times veröffentlichte umgehend einen Artikel mit dem Titel „Trump beugt sich Putins Kurs in der Ukraine“.
Darin lesen wir:
„Auf dem Flug nach Alaska erklärte Präsident Trump, wenn er während der Gespräche mit Präsident Wladimir W. Putin keinen Waffenstillstand in der Ukraine erreichen sollte, ‚wäre ich nicht glücklich‘ und es würde ‚ernste Konsequenzen‘ geben.
Nur wenige Stunden später stieg er wieder in die Air Force One und verließ Alaska ohne den von ihm als so entscheidend betrachteten Waffenstillstand. Dennoch verhängte er keine Konsequenzen und zeigte sich so zufrieden mit dem Verlauf des Treffens mit Herrn Putin, dass er sagte: ‚Das Treffen war eine glatte 10.‘
Selbst in den Annalen von Herrn Trumps launischer Präsidentschaft sticht das Treffen in Anchorage mit Herrn Putin als eine Kehrtwende von historischem Ausmaß hervor. Trump gab das Hauptziel seines subarktischen Gipfels auf und erklärte, künftig nicht einmal mehr einen sofortigen Waffenstillstand anzustreben. Stattdessen übernahm er Putins bevorzugte Linie, ein umfassenderes Friedensabkommen zu verhandeln, das die Ukraine zur Abtretung von Territorium zwingen würde.
Die Nettoauswirkung war, dass Herrn Putin einen Freifahrtschein erhalten hat, seinen Krieg gegen den Nachbarn auf unbestimmte Zeit ohne weitere Strafen fortzuführen – während langwierige Verhandlungen für einen weiter gefassten Deal beginnen, der schwer erreichbar scheint.“
Stundenlang folgten nun Zeitungsartikel und Fernsehinterviews, um ein regelrechtes Protestgeheul gegen Trumps angeblichen Verrat an der Ukraine zu inszenieren. Die Aggressivität dieser Attacken übertraf alles bisher Dagewesene.
Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson ließ nicht lange auf sich warten und glänzte mit besonders farbigen und geschliffenen Formulierungen, ganz wie es einem Diplomaten von internationalem Rang gebührt.
Er nannte das Alaska-Gipfeltreffen „so ziemlich das widerwärtigste Kapitel in der ganzen schäbigen Geschichte der internationalen Diplomatie“.
Wir überlassen es dem Leser, sich auszumalen, wie sich wohl unsere Verdauung beim Gedanken an Johnsons eigene lange Geschichte aus Lügen, Betrug und schmutzigen Manövern verhielte, und wenden uns lieber seriöseren Kommentatoren zu.
„Er hat sich schon wieder übers Ohr hauen lassen“, meinte Ivo Daalder, früherer NATO-Botschafter unter Obama. „Nach all den Versprechungen über Waffenstillstand, harte Sanktionen und angebliche Enttäuschung hat es Putin zwei Minuten auf dem roten Teppich und zehn Minuten in der Präsidentenlimousine gekostet, um Trump wieder einmal hereinzulegen. Was für ein Trauerspiel.“
Die New York Times zog sogar Parallelen zwischen dem Treffen Trump-Putin und der Appeasement-Politik Neville Chamberlains gegenüber Hitler in München 1938:
„Am Freitag hat sich der Präsident mit Mr. Putin, der unter US- Sanktionen steht und gegen den ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen vorliegt, in Alaska getroffen. Manche Kritiker verglichen dieses freundschaftliche Treffen mit der Münchner Konferenz von 1938. Wie damals, als der britische Premierminister Neville Chamberlain im Rahmen einer Beschwichtigungspolitik einen Teil der Tschechoslowakei an Hitlers Deutschland auslieferte, hat es wütende Reaktionen ausgelöst.“
So weit ist es mit der Hysterie dieser Leute also gekommen.
Später beschäftigen wir uns noch mit der immer wiederkehrenden Behauptung, Donald Trump sei vom Mann aus dem Kreml „hereingelegt“ worden. Man sagt uns, dieser habe in seiner KGB-Vergangenheit die dunkle Kunst erlernt, Menschen zu manipulieren und sie seinem Willen zu unterwerfen.
Bevor wir aber tiefer auf dieses empörte Geschrei eingehen, seinen Inhalt analysieren und seine verborgenen Motive aufzeigen, verweilen wir noch beim Gipfel in Alaska.
Trump hatte sich für diese Konferenz erklärtermaßen vorgenommen, zu versuchen, eine friedliche Lösung für den Krieg in der Ukraine zu finden.
Jedem vernünftigen Menschen müsste eigentlich klar sein, dass man, um zu einem Verhandlungsfrieden zu gelangen, sich hinsetzen und mit beiden Seiten verhandeln muss. Anfänglich hätte die Verhandlung das Ziel, die Positionen beider Seiten zu klären und dann schrittweise, durch geduldige Gespräche, einen gemeinsamen Nenner für einen Kompromiss zu finden.
Das müsste selbst für einen nicht besonders intelligenten Sechsjährigen einsichtig sein. Doch alle führenden Politiker der europäischen Länder lehnen genau das strikt ab.
Allein die Tatsache, dass Trump es gewagt hat, sich mit Putin an einen Tisch zu setzen, versetzte sie in Wutanfälle, die nicht gut für ihren Blutdruck sein können.
Anstatt den Präsidenten einmal dafür zu loben, dass der die Initiative ergreift und einen Frieden verhandeln will, tun sie nichts anderes, als ihn dafür zu beschimpfen. Die Panik in den Regierungskreisen von London bis Berlin ist so groß, dass sie an kollektiven Wahnsinn grenzt.
Leider gibt es nicht das geringste Anzeichen dafür, dass Donald Trump sich davon bewegen lässt.
Doch versuchen wir einmal, unter die Hysterie an der Oberfläche zu schauen und uns einen Eindruck von ihrer tieferen Logik zu verschaffen.
Wenn wir den Inhalt analysieren, führt er uns zu folgenden Schlüssen:
1. Trump habe Putin einen Gefallen getan, als er deren Bitte um ein persönliches Treffen akzeptierte.
Das ist falsch. Alle verfügbaren Informationen zeigen, dass es die Amerikaner waren, die dieses Treffen anstrebten, nicht die Russen. Trump schickte eigens Witkoff nach Moskau, um das Treffen vorzubereiten.
2. Das Ziel des Treffens sei ein Friedensabkommen gewesen, der erste Schritt sollte ein Waffenstillstand sein. Da dieser nicht erreicht wurde und es weder Deal noch Waffenstillstand gibt, sei das Treffen ein Fehlschlag gewesen.
Auch das ist falsch. Trump hatte vorab deutlich gemacht, dass er keine Vereinbarung in Alaska erwartete. Es ging in erster Linie darum, den abgebrochenen Kontakt wiederherzustellen, sich über verschiedene Themen auszutauschen (darunter die Ukraine) und im besten Fall ein Folgegespräch zu verabreden.
All diese Ziele wurden erreicht. Und genau das ist es, was die Europäer dermaßen in Rage und Angst versetzt. Mehr als alles andere fürchten sie, dass Amerika und Russland enge Beziehungen aufbauen und sie außen vor bleiben.
Die Furcht ist sicher berechtigt.
3. Das Treffen war ein riesiger Propagandaerfolg für Putin, der zuvor international isoliert war und jetzt zusammen mit dem US-Präsidenten im Rampenlicht steht.
Am 16. August veröffentlichte BBC News einen Artikel mit der Überschrift: „Putin wird mit rotem Teppich auf die Weltbühne zurückgeholt“. Darin steht:
„Als Präsident Wladimir Putin am Freitag zurück auf die Weltbühne trat, war der Himmel über Alaska wolkenverhangen. Auf dem Rollfeld der Joint Base Elmendorf-Richardson wartete US-Präsident Donald Trump mit ausgerolltem roten Teppich.
Als Putin näherkam, applaudierte Trump. Die beiden Führer schüttelten sich herzlich die Hand und lächelten.
Es war ein bemerkenswerter Moment für Putin – einen Machthaber, der seit dem Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine 2022 von den meisten westlichen Nationen gemieden wurde. Seine Auslandsreisen beschränkten sich seitdem weitgehend auf Länder, die Russland freundlich gesinnt sind, etwa Nordkorea und Belarus.
Schon die Tatsache, dass der Alaska-Gipfel überhaupt stattfand, war für Putin ein Sieg. Aber dieser Empfang übertraf selbst die kühnsten Erwartungen des Kremls. In nur sechs Monaten ging Putin vom Paria in den Augen des Westens dazu über, wie ein Partner und Freund auf US-amerikanischem Boden empfangen zu werden.
Den Höhepunkt bildete ein offenbar nicht abgesprochener Moment, in dem Putin beschloss, mit Trumps gepanzerter Limousine zur Airbase zu fahren, anstatt in seiner eigenen russischen Staatskarosse.
Als das Fahrzeug davonfuhr, zoomten die Kameras auf Putin, der auf dem Rücksitz saß und lachte.“
Ach, du liebe Zeit! Da haben die beiden Männer sich doch tatsächlich getroffen und Hände geschüttelt! Welch Unglück! Schlimmer noch, sie sind im Wagen des Präsidenten davongefahren und man hat sie sogar dabei lachen sehen!
Für die Führer der westlichen Welt war dies der Weltuntergang. Zwei der mächtigsten Staatschefs der Welt hatten sich tatsächlich getroffen und schienen sich, nach allem, was man sehen konnte, blendend zu verstehen.
Das war so überhaupt nicht vorgesehen! Es bestätigte die schlimmsten Befürchtungen der Europäer: Dieses Treffen war eine ganz schlechte Idee und hätte niemals stattfinden dürfen! Eigentlich dürfte gar kein westlicher Politiker überhaupt je Kontakt zu den Russen aufnehmen.
Tatsächlich hat Putin einen erheblichen propagandistischen Erfolg erzielt. Doch die Behauptung, er sei „international isoliert“ gewesen, ist völlig falsch. Tatsächlich hat Russland inzwischen sogar mehr Verbündete als vor dem Ukrainekrieg. Dass Russland von einer Handvoll imperialistischer Staaten in Europa und Nordamerika boykottiert wird, ist eine andere Frage. Aber wie lange diese absurde Situation noch bestehen bleibt, wird sich zeigen.
Ebenso wenig trifft zu, dass Trump durch das Treffen nichts gewonnen habe. Das Gegenteil ist richtig: Er profitiert sogar deutlich mehr als Putin.
Indem Trump das Treffen anberaumt hat (wir betonen: Es war Trump, nicht Putin, der dazu den Anstoß gab), schaffte er es, sich aus der Sackgasse zu befreien, in die er durch die katastrophalen Ratschläge der Europäer und solcher Kriegshetzer wie Lindsey Graham geraten war.
Durch den ständigen Druck, immer weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, hatten sie Trump zu Drohungen getrieben, deren Umsetzung seine Chancen auf eine ausgehandelte Einigung mit Russland zunichtegemacht hätten.
Genau das war von Anfang an das eigentliche Ziel der Europäer. Als Trump aber klar wurde, dass auch die Verhängung weiterer Sanktionen sich als nutzlos dafür erweisen würde, Russland zur Annahme der Bedingungen des Westens zu zwingen, und dass die Sanktionen sowohl für die USA als auch für seine eigene Position katastrophale Folgen gehabt hätten, entschied er sich zu einem dramatischen Schritt, um sie doch noch abzuwenden.
Das war ein äußerst geschickter Schachzug, der es Trump ermöglichte, die angedrohten Sanktionen auf unbestimmte Zeit auf Eis zu legen, seine innenpolitischen Kritiker zu entwaffnen und die Europäer und Ukrainer in eine unmögliche Lage zu bringen. All das hat er erreicht. Das Treffen war also keineswegs ein Fehlschlag, sondern im Gegenteil ein schlagender Erfolg.
4. Trump sei „naiv“ (lies: dumm) und falle immer wieder auf die Tricks Putins, des ehemaligen KGB-Agenten mit schwarzem Gürtel in der dunklen Kunst der Manipulation, herein, als verfüge dieser über eine geheimnisvolle Art, sich den amerikanischen Präsidenten gefügig zu machen.
Wie das nun wirklich funktionieren soll, wird allerdings nie erklärt, immer nur angedeutet.
Dabei sagt diese Art von Erklärung überhaupt nichts aus. Niemand hat je erklärt, woher diese mysteriöse Macht kommt oder worin sie eigentlich bestehen soll.
Ist es denn völlig unmöglich, dass Trump von den Argumenten überzeugt wurde, die der russische Präsident ihm vorgetragen hat? Man geht einfach davon aus, dass es keine überzeugenden Argumente geben könne und dass man daher eine andere, ausgefuchste Erklärung braucht.
Wie wir noch zeigen werden, hatte Putin in der Tat sehr überzeugende Argumente, die auf überprüfbaren Fakten beruhten und jeden überzeugen könnten, der nicht völlig voreingenommen ist.
Genau darum geht es ja eigentlich bei Verhandlungen. Doch für die „Führer der freien Welt“ ist diese Art von Verhandlungen inakzeptabel.
Sie hatten im Vorhinein eine Reihe von Forderungen ausgearbeitet, von denen sie genau wussten, dass sie für die Russen unannehmbar sind, und erwarteten, dass Trump sie beim Treffen als Ultimatum stellen würde, damit die Verhandlungen garantiert scheitern und der Krieg weitergeht.
Wie aber soll der Krieg in der Ukraine, der in Wirklichkeit ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und Amerika ist, beendet werden, wenn es keine Gespräche zwischen beiden Seiten gibt? Das ist ein Rätsel. Tatsächlich ist das völlig unmöglich.
Die eigentliche Politik der Europäer – und auch von Wolodymyr Selenskyj – besteht darin, jeden Kontakt zwischen Amerikanern und Russen zu verhindern und jede Friedensverhandlung zwischen ihnen zu sabotieren.
Hat man das einmal verstanden, begreift man alles Wesentliche über den Stand des Krieges und die zynischen diplomatischen Manöver, die zwar den Anschein erwecken sollen, einen „gerechten und dauerhaften Frieden“ zu verfolgen, in Wahrheit aber darauf abzielen, den Krieg auf unbestimmte Zeit zu verlängern.
Das Gespenst von „Russiagate“ ist zurück. 2016 beschuldigten US-Geheimdienste Russland, in den amerikanischen Wahlprozess eingegriffen zu haben. So entstand der „Russiagate“-Skandal.
Eine laute Medienkampagne begann als Teil des Versuchs, Trump um die Präsidentschaft zu bringen. Die Vorwürfe sind längst widerlegt.
Trump hat jegliche unrechtmäßigen Kontakte zu russischen Offiziellen stets bestritten. Auch Moskau erklärte, die Behauptungen über eine Einflussnahme auf die US-Wahlen seien haltlos.
Robert Mueller, als Sonderermittler eingesetzt, führte eine Untersuchung zu den angeblichen Einmischungsversuchen durch. Das Justizministerium veröffentlichte 2019 seinen Abschlussbericht, dem zufolge es keinerlei Beweise für eine Absprache zwischen Russland und Trump gab.
Trotzdem veröffentlichte die New York Times Folgendes:
„Trump hat immer wieder seine Bewunderung für Putin geäußert und Verständnis für dessen Positionen gezeigt. Bei ihrem wohl denkwürdigsten Treffen, 2018 in Helsinki, akzeptierte Trump Putins Dementi, Russland habe sich 2016 in die Wahl eingemischt. Damit stellte er die Aussage des früheren KGB-Offiziers über die Schlussfolgerungen der amerikanischen Geheimdienste.“
Damit bleibt die naheliegende Frage offen: Wer sagte damals die Wahrheit? Putin oder die US-Geheimdienste?
Monate vor der Wahl waren sich die US-Geheimdienste einig, dass Russland weder die Absicht noch die Fähigkeit habe, in die Wahl einzugreifen.
Doch im Dezember 2016, kurz nach Trumps Wahlsieg, ließ die Obama-Administration einen weiteren Bericht anfertigen, der diese Einschätzung revidierte.
Die entscheidenden Informationen, wonach Russland das Wahlergebnis nicht beeinflusst hatte, wurden unter Verschluss gehalten.
Vor kurzem erklärte die neue Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard, dass sie als Director of National Intelligence (DNI) „Top-Secret“-E-Mails aus dem Jahr 2016 freigeben werde, die zeigen, dass es Bedenken über den Versuch gab, Trump fälschlich mit Russland in Verbindung zu bringen und so das Ergebnis der Präsidentschaftswahl zu manipulieren, und dass der damalige DNI James Clapper versuchte, diese Bedenken zu unterdrücken.
Die Unterlagen früherer Geheimdienstchefs zeigen, dass die Geschichte von der russischen Wahlmanipulation in den USA von Anfang bis Ende erfunden war.
Dennoch wiederholen angeblich seriöse Journalisten diese Lüge bis heute und tun so, als sei sie eine unumstößliche Wahrheit. Und das, ohne mit der Wimper zu zucken.
Wie heißt es so schön: Warum sollten Fakten eine gute Geschichte verderben?
Wie also lässt sich Trumps Verhalten bei diesem Treffen erklären? Das ist eigentlich keine schwierige Frage.
Donald Trump ging in die Verhandlungen in Alaska nicht aus einer Position der Stärke hinein. Im Gegenteil. Seine Position war ziemlich schwach. Er hatte versucht, die Russen mit wilden Drohungen von „knochenbrechenden“ Sanktionen zu beeindrucken, die westliche Führer sich ausgedacht hatten, um Russland in die Knie zu zwingen. Doch vergebens.
Vor dem Treffen erhielt Trump Informationen, wonach seine angedrohten Sanktionen wirkungslos bleiben würden. China und Indien – die wichtigsten Abnehmer russischen Öls und Gases – lehnten jede Einmischung in ihren Handel mit Russland kategorisch ab.
Der Sanktionsdrohung war also bereits im Vorfeld die Grundlage entzogen. Das entging auch Trump nicht, der einen Riecher fürs Geschäft hat und die Grundregeln des Pokerspiels kennt.
Beim Poker kann man, wenn der Gegner aggressiv setzt, aber vermutlich nur ein schwaches Blatt hat, mitgehen und den Bluff aufdecken. Liegt man richtig und der andere kann kein gutes Blatt zeigen, gewinnt man.
Auch in Politik und Diplomatie sollte man niemals bluffen, wenn man nicht bereit ist, den Bluff mit echten Taten zu untermauern. Sich stärker zu geben, als man ist, führt unweigerlich zu einer demütigenden Niederlage, wenn der Bluff auffliegt.
In den vergangenen Monaten wurde auf der internationalen Bühne ein solches Pokerspiel gespielt. Nun ist der Bluff der Amerikaner und Europäer endgültig aufgeflogen.
So zeigt sich das wirkliche Kräfteverhältnis. Das erkannte Trump ebenso wie Putin. Deshalb machte Putin keinerlei substantielle Zugeständnisse und Trump akzeptierte die vollendeten Tatsachen.
Im Pokerjargon: Putin hatte alle Trümpfe in der Hand, während Trump mit leeren Karten dastand. Da braucht es keine mysteriösen Überredungskünste, um diese offensichtliche Tatsache zu erklären.
Die Hauptgrundlage für das Zetergeschrei war ja der Umstand, dass in Alaska kein Waffenstillstand vereinbart wurde. Diese Forderung hatten Selenskyj und seine europäischen Kumpane in den letzten Monaten bis zur Ermüdung wiederholt.
Vor dem Gipfel sagte die oberste EU-Diplomatin Kaja Kallas, sinnvolle Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine könnten „nur im Kontext eines Waffenstillstands oder einer Reduzierung der Kampfhandlungen“ stattfinden.
Jetzt scheint das alles anders zu sein.
Nach seinem Treffen mit Putin erklärte Präsident Trump, ein vollumfänglicher und zweifellos langwieriger Friedensprozess sei der „beste Weg“, den Krieg zu beenden, während die Kämpfe am Boden vorerst weitergingen. Das liege daran, so sagte er, dass vorübergehende Waffenstillstände „oft nicht halten“.
Was bedeutet das?
An der Oberfläche erscheint ein Waffenstillstand als vernünftige Forderung und als Schritt in Richtung Frieden. In Wahrheit ist er das nicht. Er ist ein zynisches Manöver, das darauf abzielt, den Krieg zu verlängern und vor allem die USA in diesen Krieg hineinzuziehen und ihren Rückzug zu verhindern.
Diese Forderung wird stets mit einer weiteren verknüpft: der Forderung nach amerikanischen „Sicherheitsgarantien“ für die Ukraine im Falle eines Waffenstillstands. Was heißt das?
In einer Lage, in der Russland den Krieg offensichtlich gewinnt und die Ukrainer in einer verzweifelten Position sind, wäre die unmittelbare Auswirkung eines Waffenstillstands, Letzteren eine Atempause zu verschaffen, die die NATO nutzen könnte, um die zerschlagenen ukrainischen Streitkräfte neu zu bewaffnen und aufzubauen und eine neue Offensive gegen Russland vorzubereiten.
Einen solchen Waffenstillstand kann Kiew jederzeit brechen, wenn es ihm nützlich erscheint, und die Schuld am Bruch den Russen zuschieben.
In der Zwischenzeit wird die sogenannte „Koalition der Willigen“ bereitstehen, um NATO-Truppen in die Ukraine zu entsenden. Angeblich, um den Waffenstillstand „zu verteidigen“, in der Praxis aber, um einen direkten Konflikt mit Russland vorzubereiten.
Selenskyj besteht darauf: Seine „Sicherheit muss zuverlässig und langfristig garantiert werden – unter Einbeziehung sowohl Europas als auch der USA“, sagt er.
Nur gibt es ein Problem mit dieser Strategie: Ohne aktive Unterstützung der USA hat sie keinerlei Erfolgsaussichten. Sollten die Amerikaner töricht genug sein, dem Kiewer Regime und seinen europäischen Kumpanen zu geben, was sie verlangen – eine amerikanische Sicherheitsgarantie –, würden die Ukrainer die USA um Beistand rufen. Auf diese Weise würde Amerika in einen weiteren, nicht zu gewinnenden, teuren und blutigen „ewigen Krieg“ („forever war“) hineingezogen.
Das will Trump um jeden Preis vermeiden. Daher seine Aufrufe auf Social Media zu Friedensverhandlungen statt zu einem vorübergehenden Waffenstillstand.
Seine Worte deuten darauf hin, dass er verstanden hat, dass die Europäer und Selenskyj ihm eine Falle stellen. Deshalb hat er sorgfältig vermieden, einen Waffenstillstand zu erwähnen. Entgegen anderslautender Behauptungen sieht es nicht danach aus, dass er von seiner bisherigen Weigerung abrückt, der Ukraine irgendwelche Garantien zu geben.
Sein öffentliches Abrücken von der Forderung nach einem Waffenstillstand hat folglich bei den europäischen und ukrainischen Kriegstreibern Entsetzen ausgelöst.
Das bedeutet freilich nicht, dass sie ihre lärmende Kampagne für eine endlose Verlängerung des Krieges einstellen werden. Im Gegenteil: Wir dürfen erwarten, dass die Intensität dieser Kampagne in den nächsten Monaten noch zunehmen wird.
Putin hat wiederholt erklärt, dass ein umfassendes Friedensabkommen einen Rückzug der NATO-Einheiten auf die Grenzen vor ihrer Osterweiterung 1997, einen dauerhaften Ausschluss der Ukraine aus diesem Bündnis und seitens Kiews nicht nur einen Verzicht auf Gebiete im Osten, sondern auch eine drastische Verkleinerung seiner Streitkräfte erfordert.
Diese Forderungen, die von westlichen Kommentatoren routinemäßig (und absurderweise) als „maximalistisch“ abgetan werden, sind in Wahrheit Minimalanforderungen, um Russland künftig gegen jeden Versuch abzusichern, die Ukraine zu einem mächtigen nuklearen Vorposten der NATO direkt an seiner Grenze zu machen.
Stellen wir die Frage anders: Würde Russland auf dem Recht bestehen, unmittelbar an der mexikanischen Grenze zu den USA Militärbasen mit Atomwaffen zu stationieren, darf man annehmen, dass die Amerikaner sofort und unmittelbar einschreiten würden, um dies zu verhindern.
Würde jemand das als „maximalistisch“ bezeichnen? Oder würde man es nicht vielmehr als legitime aktive Verteidigung der USA anerkennen? Die Frage beantwortet sich von selbst.
In letzter Zeit richtete sich die Aufmerksamkeit auf die endlosen Zickzacks und Kehrtwenden in der Diplomatie. Das hat von der Lage auf dem tatsächlichen Schlachtfeld abgelenkt.
Die oft wiederholte Behauptung, der Kampf stecke in einem Patt fest, die Kräfte hielten sich die Waage und die Frontlinie bewege sich kaum, ist grundfalsch.
Die Front verschiebt sich ständig von Ost nach West. Die russische Armee setzt ihren unerbittlichen Vormarsch fort, nimmt einen befestigten Punkt nach dem anderen und drängt die Ukrainer entlang der gesamten Linie zurück.
Das nächste Ziel ist die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk, die die Ukrainer um jeden Preis zu halten versuchen. Sie haben zahlreiche Verstärkungen herangeführt, die wegen des akuten Personalmangels anderen Abschnitten entzogen werden mussten, die dadurch ausgedünnt und anfällig für Angriffe werden.
Das alles wird Pokrowsk nicht retten. Die Stadt ist praktisch eingekesselt. Eine große Anzahl ukrainischer Soldaten ist isoliert und einer sicheren Niederlage in nicht allzu ferner Zukunft ausgesetzt.
Die logische Lösung wäre, rechtzeitig den geordneten Rückzug anzuordnen. Aber Selenskyj und der Oberkommandierende Syrskyj scheinen das Kommando zum Rückzug nicht zu kennen und werden diese unglücklichen Männer höchstwahrscheinlich auffordern, bis zum bitteren Ende zu kämpfen.
Es ist daher unvermeidlich, dass die Stadt in naher Zukunft fällt. Das wird eine Katastrophe ersten Ranges darstellen und den Weg für den völligen Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigung im Donbass ebnen.
Erstmals veröffentlichen nun auch westliche Medien – sogar glühend pro-ukrainische Blätter wie der Daily Telegraph – Artikel, die anerkennen, dass die Ukraine den Krieg verliert.
Sie bringen Interviews mit Offizieren und Soldaten, die einen katastrophalen Niedergang der Kampfmoral schildern, der zu massenhafter Fahnenflucht und einer allgemeinen Weigerung junger Menschen führt, sich für einen offensichtlich verlorenen Krieg anwerben zu lassen.
All das ist den ukrainischen Führern ebenso bekannt wie ihren Verbündeten in London, Paris und Washington.
Da der Krieg für die Ukraine sehr schlecht läuft, haben sich die Herren in Kiew, und vor allem ihre europäischen Verbündeten, der Illusion hingegeben, sie könnten ihre Niederlagen auf dem Schlachtfeld durch einen Sieg auf dem diplomatischen Parkett wettmachen.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass in einem Krieg die Diplomatie stets eine untergeordnete Rolle spielt. Den Ausgang entscheidet nicht die Kraft der Argumente, sondern die Kraft der Waffen.
Nicht die Diplomatie diktiert dem Militär, sondern am Ende bestimmt das Militärische den realen Inhalt und Ausgang der Diplomatie.
Es ist offenkundig an der Zeit, in ernsthafte Verhandlungen mit den Russen einzutreten. Sie werden keinen Anlass sehen, bei den Hauptforderungen nachzugeben, weil sie den Krieg offensichtlich gewinnen.
Unabhängig davon, welche Ergebnisse der Gipfel in Alaska – oder irgendein anderes Treffen – zeitigt (oder auch nicht): Am Ende entscheidet das Schlachtfeld, nicht die Diplomatie.
Gleichwohl kann die Diplomatie eine Rolle spielen. Diese Rolle wird umso wichtiger, je näher der Wendepunkt des Krieges rückt. Die Weigerung der ukrainischen Führung, jetzt in ernsthafte Gespräche einzutreten, bedeutet, dass der Krieg selbst über den Ausgang des Krieges entscheiden wird.
Jemand sagte einmal, es gebe keinen schlechten Frieden und keinen guten Krieg. Das ist zweifellos eine Vereinfachung. Im vorliegenden Fall aber hat Trump recht, wenn er sagt, es sei besser, wenn die Ukrainer für den Frieden Territorium opfern, als alles zu verlieren, um einen Krieg fortzusetzen, den sie nicht gewinnen können.
Selbst ein Blinder sieht, dass eine Nation, die auf dem Schlachtfeld geschlagen wurde, die Bedingungen akzeptieren muss, die ihr der Sieger diktiert. Das ist selbstverständlich und war immer so.
Die meisten gewöhnlichen Ukrainer würden heute, wenn man sie fragte, antworten, dass sie Frieden wollen – selbst um einen hohen Preis. Alles ist besser als der derzeitige Albtraum.
Einer höchst eigentümlichen Logik (falls das der richtige Begriff ist) folgend, weigert sich Wolodymyr Selenskyj jedoch, die Tatsachen zu akzeptieren. Er verlangt, die Ukrainer müssten bis zum bitteren Ende weiterkämpfen.
Er versteht besser als jeder andere, dass diese Logik unvermeidlich zur vollständigen Niederlage seines Landes, ja mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Verschwinden der Ukraine als eigenständigem Nationalstaat führen wird.
Seine Lösung ist einfach. Kein Kompromiss! Keine Verhandlungen! Kampf bis zum Ende. Sieg oder Tod! Die Logik ist wirklich ganz einfach: alles oder nichts!
Und wie so oft wird das Ergebnis „nichts“ sein. Für das ukrainische Volk, wohlgemerkt, aber nicht unbedingt für Selenskyj persönlich. Seine Hauptsorge ist derzeit nicht die Verteidigung der Ukraine, sondern die Bewahrung seiner Kontrolle über die Ukraine um jeden Preis. Er weiß sehr genau, dass er in dem Moment, in dem der Krieg endet, stürzt. Es müssten Wahlen stattfinden, und deren Ergebnis steht fest.
Selenskyj wird diese Wahlen auf keinen Fall gewinnen. Er ist zutiefst unpopulär und seine Beliebtheit sinkt mit jedem Tag und jeder Niederlage.
Eine der Ursachen für seine Unbeliebtheit ist der wachsende Verdacht, sein Regime sei von Korruption durchzogen. Riesige Geldsummen aus dem Ausland sind spurlos verschwunden.
Das meiste davon landet nie bei den Truppen an der Front. Stattdessen landet es auf den Konten reicher Oligarchen und ihrer politischen Vertreter und endet auf Geheimkonten in irgendeinem fernen Land, weit weg vom Krieg.
Dort wird es bleiben, bis eines Tages bestimmte politische und militärische Führer angesichts eines unaufhaltsamen russischen Vormarsches aus dem Land fliehen, im Westen als „Helden“ empfangen werden und in einer bequemen Unterkunft auf einer Karibikinsel ihre Memoiren schreiben und neue, fiktive Heldensagen über sich selbst erfinden, während die übrige Bevölkerung zwischen den rauchenden Trümmern ihres Landes ums Überleben kämpft.
In Kiew beharrt man unterdessen darauf, dass kein Abkommen ohne die Ukraine geschlossen werden könne. Keine weiteren Gespräche zwischen Trump und Putin! Selenskyj müsse dabei sein!
War er aber nicht. Er war nicht dabei, weil er nicht eingeladen war. Warum war er nicht eingeladen? Weil Trumps Team erkannt hat, dass er nur zu dem Zweck dabei gewesen wäre, unüberwindliche Hindernisse für den Frieden aufzubauen.
Jetzt ist er in Washington, und alle seine europäischen Freunde sind mitgekommen. Sie werden Trump ihre Forderungen präsentieren. Was fordern sie denn genau?
Die Russen gewinnen. Macht nichts! Sie müssen sofort kapitulieren und sich von allem besetzten Territorium zurückziehen – nicht nur aus dem Donbass, sondern auch von der Krim. Das sind Selenskyjs „Friedensbedingungen“! Wäre die Lage nicht so ernst, es wäre zum Lachen.
Jeder weiß, dass das die Logik des Irrenhauses ist. Sie hat keinerlei Bezug zur Realität. Sie ist wahnhaft. Und doch unterstützen alle führenden Politiker Europas diesen Wahnsinn mit 101 Prozent. Merkwürdig ist das schon.
Die Politik, den Krieg bis zum Sieg fortzusetzen, wenn ein Sieg völlig ausgeschlossen ist, wird als Verteidigung der Interessen des ukrainischen Volkes verkauft. Das ist sie keineswegs. In Wahrheit ist sie ein zynischer Verrat an der Ukraine.
Die europäischen Führer sind bereit, bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen. Sie selbst werden natürlich nicht beteiligt sein. Sie stehen am Spielfeldrand und feuern die Ukrainer an, damit diese weiter einen weitaus überlegenen Feind bekämpfen. Sie wissen, dass das für die Ukraine nur eine Katastrophe bedeuten kann.
Der britische Premierminister Keir Starmer ist ein Meister darin, gleichzeitig in zwei Richtungen zu blicken. Man fragt sich, wie ihm bei diesem Kunststück nicht schwindlig wird.
So manch böse Zunge hat ihm Prinzipienlosigkeit vorgeworfen. Das ist überaus unfair. Wahr ist vielmehr, dass er an die Biegsamkeit aller Dinge, nicht zuletzt der Wahrheit, glaubt. Sein Motto lautet: Wenn dir meine Prinzipien nicht gefallen, habe ich noch andere.
Allerdings gibt es Dinge, an denen er gläubig festhält. Er ist zum Beispiel ein überzeugter Patriot. Er ist der Nation, die er liebt, tief verbunden und hat ihr ewige und unerschütterliche Treue geschworen.
Dumm nur, dass diese Nation nicht das Vereinigte Königreich Großbritannien ist. Es ist die Ukraine.
Er hat einen erstaunlichen Eifer für die Sache Wolodymyr Selenskyjs an den Tag gelegt und verbringt viele Stunden am Telefon mit ihm. Da bleibt leider wenig Zeit, sich um die drängenden Probleme seines eigenen Landes zu kümmern, das in einem Meer aus Schulden, Vernachlässigung und Armut versinkt.
Wir dachten immer, Sir Keir habe keine Gefühle wie normale Menschen. Wir waren uns auch nicht sicher, ob er überhaupt Freunde hat. Viele konnten es jedenfalls nicht sein. Wie wir uns geirrt haben! Wenn sein Spezialfreund aus Kiew uns mit seiner Anwesenheit beehrt, rauscht er sogleich hinaus und schließt ihn, auf den Stufen von Downing Street Nr. 10, vor den Fernsehkameras, in die Arme.
Daher stand er vor einem Problem, als der Große Weiße Häuptling von jenseits des Atlantik den Herrn Selenskyj nicht zum Gipfeltreffen in Alaska einlud.
Es war ein Dilemma: So sichtlich verstimmt er über dieses bedauerliche Versäumnis war, scheute er doch davor zurück, den Mann im Weißen Haus zu verärgern und womöglich noch die „Sonderbeziehung“ zwischen Großbritannien und den USA zu belasten, wie er sie nennt.
In seiner Erklärung gab er sich daher alle Mühe, die Bemühungen von Präsident Trump zu loben, die „uns dem Ende des Ukrainekriegs näher gebracht haben als je zuvor“.
Gleichzeitig fügte er hinzu: „Bei den nächsten Schritten muss Selenskyj dabei sein – ohne ihn kann kein Frieden geschlossen werden“.
Die bloße Vorstellung, ein amerikanischer Präsident könnte mit den Russen über Friedensbedingungen sprechen, treibt diesen ganzen Leuten den Schweiß auf die Stirn. Was ist denn die Alternative dazu? Sie haben gar keine.
Alle ihre Vorschläge laufen auf einen einzigen Gedanken hinaus, den sie mit zwanghafter Beharrlichkeit wiederholen: Weitermachen wie bisher. Neue, vernichtende Sanktionen gegen Russland. Weitere zig Milliarden Dollar an die Ukrainer (gemeint ist: an Wolodymyr Selenskyj). Noch mehr Waffen nach Kiew, um den Krieg gegen Russland bis zum Ende zu führen.
Der ermüdende Chor wiederholt endlos dieselben, im Grunde sinnleeren Formeln, in der Hoffnung, dass bloße Wiederholung sie irgendwann plausibel macht.
Starmer sagt, er begrüße „die Offenheit der Vereinigten Staaten, gemeinsam mit Europa, der Ukraine im Rahmen eines Abkommens robuste Sicherheitsgarantien zu geben. Das ist ein wichtiger Fortschritt und wird entscheidend sein, um Putin davon abzuhalten, dass er versucht, noch mehr für sich herauszuholen.“
Wohlgemerkt: „Solange er seinen barbarischen Angriff nicht beendet, werden wir seine Kriegsmaschinerie mit noch mehr Sanktionen in die Zange nehmen. Schon bisher haben sie verheerende Auswirkungen auf die russische Wirtschaft und ihr Volk gehabt.“
Abschließend erklärt er:
„Unsere unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine wird so lange fortgesetzt, wie es nötig ist.“
Leicht gesagt. Nur denken Leute wie Starmer nie darüber nach, was das wirklich bedeutet. Sie übersehen geflissentlich, dass Russland seit beinahe einem Jahrzehnt mit den schärfsten Sanktionen überzogen wird.
Sie vergessen, dass diese Sanktionen die russische Wirtschaft zum Einsturz bringen und Moskau zwingen sollten, die Vorschriften der NATO zu akzeptieren.
Diese schillernden Erwartungen lösten sich in Rauch auf. Die russische Wirtschaft ist nicht eingestürzt. Sie hat nicht nur alle Sanktionen überstanden, sondern sich sogar als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen. Ihre Wachstumsraten übertreffen die mageren Werte des Westens deutlich.
Tatsächlich haben die Sanktionen Europa und Amerika wirtschaftlich weit mehr geschadet als Russland. Der Verlust billiger, verlässlicher Öl- und Gaslieferungen aus Russland hat zu galoppierender Inflation geführt (eine unbequeme Tatsache, die man inzwischen nicht mehr erwähnt).
Aber egal! Alles vergessen. Einfach dieselbe gescheiterte Strategie fortsetzen, die in der Ukraine nur zu Tod, Zerstörung und Elend geführt und Europa wirtschaftlich ruiniert hat.
Machen wir einfach weiter wie bisher, ohne klares Ziel, und hoffen, dass am Ende schon alles gut wird.
Was soll man dazu sagen? „Strategie“ jedenfalls nicht. Es erinnert eher an die Philosophie von Charles Dickens‘ bekannter Figur, Mr. Micawber: „Ich bin zuversichtlich, dass sich etwas ergeben wird.“
Immer wieder dasselbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten, ist ein Zeichen von Wahnsinn. Aber genau dazu wird Trump von den Europäern gedrängt.
Daher erfüllte sie die Schreckensmeldung, Selenskyj sei zu einem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten nach Washington zitiert worden, mit Entsetzen. Alle Alarmglocken ertönten in höchster Lautstärke.
Die Erinnerung an die gefeierte Begegnung ihres Helden mit Donald Trump im Oval Office verfolgt sie seitdem wie ein Alptraum.
Sie fürchteten sofort das Schlimmste, denn Selenskyj ist in den Feinheiten der Diplomatie etwa so kompetent wie ein japanischer Sumoringer, der sich an Tschaikowskis Schwanensee versucht.
Vor ihrem inneren Auge tanzten sofort Schreckensbilder davon, wie ein wütender Trump den armen Ukrainer erneut zu Hackfleisch macht, der dann wieder kein Wort herausbringt.
Eine solche Katastrophe musste um jeden Preis verhindert werden!
Also packten sie sofort ihre Koffer und stürzten sich in den erstbesten Flieger nach Washington – die ganze Bande riss sich um freie Plätze im Flugzeug!
Deutschlands Kanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Großbritanniens Premierminister Keir Starmer, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und, nicht zu vergessen, die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen sowie NATO-Generalsekretär Mark Rutte – sie alle wurden für diesen entscheidenden Einsatz mobilisiert!
Ihr Ziel war klar: Sie wollten unbedingt beim Gespräch dabei sein, damit der arme Wolodymyr nicht wie Daniel in der Löwengrube ganz alleine dasteht. Sie wollten ihn im Blick behalten und nötigenfalls sofort einschreiten, falls er sich wieder um Kopf und Kragen redet.
Zweifellos hatten sie vor, massiven Druck auf den amerikanischen Präsidenten auszuüben, damit er ihre Forderungen akzeptiert: Er solle alles vergessen, was er in Anchorage gesagt hatte, sämtliche Beziehungen zu Putin abbrechen und zur Politik Bidens zurückkehren.
Also: noch mehr Sanktionen gegen Russland, sämtliche gewünschten Militär- und Finanzhilfen für Kiew, und zwar „so lange wie nötig“.
Zum Zeitpunkt, da ich dies schreibe, hat das besagte Treffen noch nicht stattgefunden. Nach den wenigen, mir bisher vorliegenden Informationen wird das Gespräch zwischen Trump und Selenskyj wohl ohne die ungeladenen Gäste aus Europa stattfinden, auch wenn das noch abzuwarten bleibt.
Ebenso bleibt offen, ob ihre Taktik, Trump als Gang unter Druck zu setzen, den gewünschten Erfolg bringt. Vielleicht bewirkt sie am Ende auch genau das Gegenteil. Trump lässt sich nur äußerst ungern von irgendwem unter Druck setzen.
Außerdem ist es ein offenes Geheimnis, dass er Selenskyj verachtet und von den europäischen Staats- und Regierungschefs nicht viel hält. Im Gespräch mit Putin hingegen fühlt er sich sichtlich wohl. Und für Trump scheint die persönliche Chemie von Bedeutung zu sein.
Werden sie ihm am Ende doch noch Zugeständnisse abringen? Trump ist immerhin für seine Unberechenbarkeit und Launenhaftigkeit bekannt. Man kann es also nicht völlig ausschließen.
Fürs Erste sieht es allerdings nicht so aus. Medienberichten zufolge hat er im Vorfeld klargemacht, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen wird und die Krim abschreiben muss. Mit diesen zwei Punkten ist ein direkter Konflikt mit Selenskyj schon vorprogrammiert.
Das Problem ist, dass dieser Herr seit so langer Zeit bevorzugt behandelt wurde (ein Fehler, den die Europäer selbst mitzuverantworten haben), dass er sich jetzt für berechtigt fühlt, dass man ihm unverzüglich und ohne nachzufragen jeden Wunsch erfüllt. Er ist daher organisch unfähig, irgendwelche Zugeständnisse zu machen.
Die diplomatische Offensive der Europäer könnte also am Ende enden wie die Titanic – am Eisberg zerschellt und in der Tiefe versunken.
Gleichwohl kann niemand im Voraus sagen, wie dieses tödliche Pokerspiel schließlich ausgehen wird.
Die Kriegspartei in den USA jedenfalls musste durch das Treffen in Alaska einen herben Rückschlag hinnehmen.
Trumps überraschender Vorstoß hat selbst einige seiner Kritiker in den USA aus dem Tritt gebracht. Selbst Lindsey Graham, Senator aus South Carolina, der für seinen berüchtigten Plan mit „Knochenbrecher“-Sanktionen gegen Russland bekannt ist und einer der lautesten Kriegshetzer im Ukraine-Krieg ist, sagte am Freitagabend bei Fox News:
„Ich hatte nie mehr Zuversicht als jetzt, dass dieser Krieg ehrenhaft und gerecht beendet werden kann.“
Zumindest vorerst scheint der Druck auf Trump im eigenen Land etwas nachzulassen. Wie lange das so bleibt, ist eine andere Frage.
Die Pläne der Kriegstreiber wurden über den Haufen geworfen. Das zeigt sich an der Wut und Hysterie der Europäer.
Was nun passiert, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Ungeachtet seiner öffentlichen Äußerungen hat Senator Graham seine Ansichten nicht geändert. Er und seine Clique werden ihre lärmenden Forderungen nach Sanktionen gegen Russland bei erster Gelegenheit wieder aufnehmen.
Aber was auch passieren mag, entscheidend bleibt das tatsächliche Kriegsgeschehen. Daran wird sich wenig bis nichts ändern.
Weder Sanktionen noch gewaltige Mengen amerikanischer Waffen haben den russischen Vormarsch in der Ukraine auch nur ansatzweise aufgehalten.
Die einzige Wirkung bestand darin, diesen ruinösen, barbarischen Konflikt um einige Monate zu verlängern. Für die Ukraine hatte das verheerende Folgen.
Ein solches Maß an Zynismus findet in den ganzen schmutzigen Annalen der internationalen Diplomatie kaum seinesgleichen.
Mit der bewussten Verlängerung des Krieges nehmen sie den Tod von Tausenden Männern, Frauen und Kindern sowie die vollständige Zerstörung der ukrainischen Gesellschaft billigend in Kauf.
Ich bin fast versucht, zu schreiben: Schämt euch! Aber diese moralischen Bankrotteure kennen das Wort Scham nicht. Diese jämmerlichen Heuchler unterschreiben ohne mit der Wimper zu zucken den Totenschein einer ganzen Nation und legen sich danach seelenruhig schlafen.
Wie immer zahlen die einfachen Menschen die Rechnung. Die europäische Arbeiterklasse wird diese endlosen Kriege mit einer neuen Inflationswelle, hohen Energiepreisen, höheren Militärausgaben, hohen Steuern, sinkendem Lebensstandard und tiefen Einschnitten bei Gesundheit, Bildung und sozialer Absicherung bezahlen.
Den höchsten Preis aber zahlen die armen, unglücklichen Männer, Frauen und Kinder in der Ukraine. Ihnen wird die Rechnung in Blut präsentiert.
Und die volle Verantwortung für dieses Verbrechen tragen ausgerechnet jene Führer, die sich fälschlicherweise als „Verteidiger der Ukraine“ ausgeben.
London, 18. August 2025