Filmrezension: „Die Karawane bewegt sich wieder.“

Und wieder und wieder und wieder. Der Dokumentarfilm „Caravan“ zeigt einen Einblick in die Leben von Samim Mohmand, Najib Mohamadi, Marwand Mohamadi und Fawad Akbari, die in Österreich um Asyl angesucht haben. Von Miriam Schaller.
Aus Afghanistan geflüchtet finden sie selbst nach den bereits überwundenen tausenden Kilometern in Wien keine Ruhe, ziehen von Unterkunft zu Unterkunft, von Gerichtstermin zu Gerichtstermin. Als sie anfingen, mit Handykameras ein Videotagebuch zu filmen, waren sie bereits mehrere Jahre in Österreich und der Status ihrer Asylanträge immer noch unklar.
Die bürokratischen Hürden, mit denen Samim, Najib, Marwand und Fawad konfrontiert werden, sind Teil der feindseligen Umgebung des österreichischen Integrationssystems, das scheinbar wahllos entscheidet, wer es „verdient“ zu bleiben. Eine beabsichtigte Einrichtung, obwohl Migration im Kapitalismus eine Notwendigkeit ist. Unsichere Jobs mit schlechten Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung werden oft nur von Menschen in prekären Verhältnissen angenommen, die keine andere Wahl haben. Diese Seite der Arbeitswelt wird im Film ebenfalls gezeigt: Unsere Hauptdarsteller schieben während eines Wintereinbruchs Schnee vom Dach eines Gebäudes, damit es nicht einstürzt. Ein anderes Mal nimmt Najib einen Job auf der Baustelle an, wo ihm keine Schutzkleidung zur Verfügung gestellt wird.
Im Lauf der Dokumentation werden zwei der vier Asylanträge abgelehnt, jede Polizeistreife könnte Abschiebung bedeuten. Die „Karawane“ zieht nach Frankreich weiter, um ein weiteres Mal Asyl anzusuchen. In Paris kollidieren zwei Seiten der Realität von Geflüchteten. Nach Shots vom sonnenbestrahlten Eiffelturm folgen lange Wartezeiten in Behörden. Aufgrund von abgespeicherten Fingerabdrücken im österreichischen System wird auch in Frankreich der Asylantrag abgelehnt. Die idyllischen Szenen der Touristenattraktionen werden von Erzählungen der Schubhafterfahrungen unterbrochen.
2021 endete dann die 20-jährige Besetzung Afghanistans durch die USA, die Lage verbesserte sich jedoch nicht, denn die westlichen Soldaten überließen das Land den Taliban. Erschütterung zieht sich durch den Freundeskreis, dem wir im Film folgen. Die Barbarei in ihrem Heimatland scheint kein Ende zu nehmen. Sie verlieren nicht die Hoffnung und rufen in die Welt hinaus: Nur eine Revolution wird diesen Teufelskreis beenden.
Auch wenn die Machtübernahme der Taliban für ihre Familien und Freunde in Afghanistan große Unsicherheit bedeutet, gibt dies gleichzeitig eine Chance, in Österreich doch noch positive Asylbescheide zu erkämpfen.
Während dieser Odyssee sieht man, wie Samim und Fawad in Wien mit positivem Bescheid endlich anfangen dürfen zu arbeiten. Wir bekommen einen Einblick in den Schichtdienst eines Westbahnschaffners, der am Tag Österreich mehrmals durchquert. Wir sehen politische Diskussionen neben Gedichtsrezitationen am Kahlenberg, eine alte, noch immer lebendige Tradition der paschtunischen revolutionären Bewegung. Am 1. Mai-Aufmarsch der Sozialdemokratie beklagt Samim den Reformismus dieser einst revolutionären Partei. „Jetzt kaufen sie nicht mal eine revolutionäre Zeitung!“
Dieser Dokumentarfilm zeigt einen Abschnitt des Lebens von Geflüchteten, die Teil der Arbeiterklasse in Österreich werden und sich so teilweise auch in der kommunistischen Bewegung wiederfinden. Heute zeichnen sich die Spardiktate der kommenden Regierung bereits am Horizont ab, der Rassismus wird ihnen als Waffe dienen, um diese auch durchzusetzen. Nur geeint, unabhängig von Hautfarbe, Sprache, Geschlecht, Sexualität, können wir uns wehren. Egal wo in der Welt, vor Ort kämpft man in der Arbeiterbewegung für die Überwindung des Kapitalismus. Für einen proletarischen Internationalismus!
Als Gegengift zu rassistischer, islamophober Rederei empfehlen wir „Caravan“: Der Einblick in die Leben von Samim, Najib, Marwand und Fawad zeigt vielseitige, humorvolle, widerspenstige und revolutionär-optimistische Menschen, durch die Selbstaufnahmen mit Handykameras persönlich in Szene gesetzt. Zu sehen im Admiralkino am 01.03, 18:30.
(Funke Nr. 231/26.02.2025)