Kneecap – laut, dreckig & die Stimme einer ganzen Generation

Sie kommen aus Belfast, rappen über Drogen, Depressionen, Konfrontationen mit der Polizei – und eine Fantasie davon, was Freiheit bedeuten könnte. Von Hannah Ernst.
Sie rappen auf Gälisch – jener irischen Sprache, die seit Jahrhunderten genauso unterdrückt wurde wie das irische Volk selbst. Ihre Sprache ist keine Folklore, sondern Rebellion: die Wiederaneignung von Identität, Geschichte und Kampf.
Doch was Kneecap ausdrückt, ist mehr als ihre persönliche Perspektive. Wenn ich im Kino sitze, sehe ich nicht die Geschichte von drei Jungs, die ich nicht kenne und mit denen ich nichts zu tun habe. Das bin ich. Das sind wir.
Wir alle kennen die einengenden Fesseln des Kapitalismus. Die einen erleben sie als brutale, rassistische Polizeigewalt. Andere spüren die Perspektivlosigkeit und das Gefühl, nicht ausleben zu können, was in uns steckt. Und wir alle sehen den blanken Horror zunehmender Kriege und Vernichtung.
Kneecap löst etwas aus, weil sie das aussprechen, was so viele fühlen:
Es gibt keinen Weg vorwärts mehr in diesem System. Keinen Platz, keinen Atem, keine Zukunft. Nur Misstrauen, Ohnmacht – und irgendwann: Widerstand.
Auf den Bühnen, wo sie spielen, verbinden sie ihren Widerstand gegen die britische Besatzung mit der palästinensischen Befreiung. Nicht als Symbolik, sondern als Konsequenz.
Denn wer den eigenen Feind erkannt hat, erkennt ihn überall. Mit seinen blutigen Händen zieht der Imperialismus überall seine Spuren. Und Kneecap spricht es aus:
„You stand complicit with the war criminals. We are on the right side of history. You are not.“
Kein Wenn und Aber. Keine Zwischenposition. Keine Entschuldigungen für Komplizenschaft und Ausbeutung.
Genau deshalb werden sie jetzt selbst zur Zielscheibe. Der britische Staat jagt sie – wegen Terrorverdachts.
Doch in Wahrheit ist das kein Angriff auf eine Band, sondern auf alle, die heute Widerstand leisten. Gegen die imperialistische Komplizenschaft mit dem Genozid in Gaza. Gegen das System, das Millionen in Armut und Aussichtslosigkeit hält – und jede Stimme, die laut wird, zum Schweigen bringen will.
Kneecap ist nicht nur ein Film – Kneecap ist ein Faustschlag. Gegen die britische Krone. Gegen Kolonialismus. Gegen den Kapitalismus, der einer ganzen Generation jede Selbstbestimmung und jede Freiheit raubt.
Es ist die Stimme einer Generation, die beginnt, mit den Herrschern der Welt unapologetisch abzurechnen.
(Funke Nr. 235/09.07.2025)