In Indien, Pakistan und der Türkei gehen aktuell tausende Menschen auf die Straße, um gegen Vergewaltigungen und Femizide zu protestieren. Teilweise trotz massiver Repression, Drohungen und Verhaftungswellen seitens der Regierungen. Den Bewegungen ist eines gemeinsam und klar: Femizide sind kein persönliches Schicksal, sondern Ausdruck eines Systemversagens. Von Lis Mandl.
Unbeachtet von den österreichischen Medien, aber umso bemerkenswerter, ist der Protest in Pakistan. Am 14. Oktober protestierten Tausende von Studierenden der Punjab Group of Colleges (PGC) in Lahore nach der Vergewaltigung einer Studentin durch einen Sicherheitsbeamten auf dem Campus. Die spontane Bewegung breitete sich schnell auf andere Hochschulen und Universitäten aus. Die Regierung und die College-Leitung antworteten mit einer Verleumdungskampagne und Gewalt.
Inzwischen sind alle Standorte der PGC und andere Unis, einschließlich des Lahore College for Women, bis auf Weiteres geschlossen. Das College PGC Lahore gehört übrigens dem privaten Medienmagnaten Mian Amir. PGC selbst wird nicht als Bildungseinrichtung geführt, sondern als ein Unternehmen, mit dem Mian Amir Milliarden Rupien verdient hat. Obwohl den Studierenden mit dem Verlust ihrer Zulassung gedroht wird, nehmen sie weiter an den Protesten teil.
Die Mitglieder der Inqalabi Communist Party (pakistanische Sektion der Revolutionären Kommunistischen Internationale) sind Teil dieser Bewegung und haben die Gründung von Aktionskomitees initiiert, um die Proteste zu koordinieren.
Sie fordern eine forensische Prüfung der Videoaufnahmen und die Veröffentlichung aller Beweise und bisher ergriffenen Maßnahmen, um den Fall lückenlos aufzuklären. Alle bisher involvierten Polizeibeamten sollen suspendiert werden. Der Staat hat aber gezeigt, dass auf ihn kein Verlass ist. Deshalb sollen eigene, demokratisch gewählte Anti-Belästigungs-Komitees gebildet werden, die an den Bildungseinrichtungen gegen sexuelle Belästigung und alle Formen von Gewalt vorgehen können.
Der konkrete Fall hat eine weitere Schattenseite der Privatisierung von Hochschulen offengelegt. Deshalb fordern Kommunistinnen in dieser Bewegung auch die Öffnung der College-Finanzen, damit die Studierenden sehen können, wofür ihre Studiengebühren ausgegeben werden, und generell ein öffentliches Bildungssystem, in dem für Ausbeuter und Vergewaltiger kein Platz ist.
(Funke Nr. 228/09.11.2024)