Seit dem Juni gibt es große Proteste im Herzen Serbiens. Tausende von Arbeitern und Jugendlichen demonstrieren wöchentlich gegen den geplanten Abbau von Alkalimetallen (Lithium) durch den berüchtigten internationalen Bergbau-Konzern Rio Tinto. Von David Jovanović.
Für die Arbeiterklasse in Serbien ist dies kein neuer Konflikt, denn sie ist vor zwei Jahren bereits aus demselben Grund massenhaft auf die Straßen gegangen und konnte damals einen Sieg erringen! Die Regierung Vučić gab nach und verbot den Abbau, um (erfolgreich) ihre Chancen bei der Parlamentswahl 2023 zu wahren. Auslöser für die diesjährigen Proteste war die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, der die damalige Entscheidung wegen „Verfassungswidrigkeit“ aufhob. Das beweist, dass die Gerichte vor allem den großen Unternehmen dienen, nicht einer demokratisch gewählten Regierung. Vučić hatte jedoch sicher kein Problem damit. Es ist keine Frage, dass die Regierung und der Gerichtshof dieselben Interessen verfolgen. Nur acht Tage nach dem Gerichtsentscheid besuchte Olaf Scholz Serbien und unterschrieb ein Abkommen zur Ausbeutung von „nachhaltigen Ressourcen“ und Steuererleichterung für ausländische Bergbaukonzerne. Das serbische Lithium aus dem Jadar-Tal ist nämlich zentral für die Herstellung von deutschen Elektroautos.
Wenn das Hauptinteresse der Profit ist, besteht eine große Gefahr für die Umwelt: Die Ausbeutung von Lithium ist ein Prozess, in welchem viel Chemie und Giftstoffe eingesetzt und massenhaft schädlicher Abfall produziert wird, der auch ordentlich entsorgt werden muss. Das würde aber den Profiten des Konzerns schaden. Besonders Rio Tinto ist für seine Rücksichtlosigkeit gegen Mensch und Natur bekannt. Im steirischen Lassing ist 1998 aufgrund von Fahrlässigkeit ein ganzes Rio Tinto-Talkum-Bergwerk eingestürzt und hat 10 Bergleute getötet. Die serbische herrschende Klasse befürwortet aber dieses Investment, weil sie ein Versprechen von den EU-Imperialisten hat, einen kleinen Teil von dem zu erwartenden Riesenprofit zu bekommen.
Serbien ist seit dem Zerfall Jugoslawiens nur mehr eine Bananenrepublik, die sich zwischen den Interessen der EU, Russlands und Chinas hindurchschlängelt. Die Konkurrenz zwischen dem westlichen Imperialismus einerseits und dem russischen und chinesischen andererseits prägt das politische Leben, bedrückt die Arbeiterklasse und schafft ein enormes Misstrauen in der Bevölkerung. Der Balkan, und insbesondere Serbien, ist für den EU-Imperialismus sehr wichtig, denn Arbeitsrecht und Umweltauflagen sind kaum vorhanden, es liegt geographisch nah an den imperialistischen Mächten Europas und ist derweil kein EU-Mitglied. Deutschland und Österreich sind natürlich keine Ausnahmen, sie sind beide imperialistische Länder, die von der Ausbeutung des Balkans extrem profitieren und ihre Interessen am Balkan vorantreiben und verteidigen, besonders in Zeiten von internationalen Handelskriegen.
Die Proteste begannen in den Städten des direkt betroffenen Jadar-Tals. Sie haben sich seitdem weit verbreitet, bis in die Hauptstadt Belgrad. Das Zentrum des Kampfes bleibt aber das Jadar-Tal mit bis zu 7.000 Arbeitern bei fast jedem Protest. Die Proteste machen klar: Die serbische Arbeiterklasse ist bereit für sich und für ihre Interessen zu kämpfen. Damit sie jedoch gewinnen können, müssen die Arbeiter aus dieser Region alle Arbeiter Serbiens für den Kampf gewinnen. Allgemeinere Forderungen für ein besseres Leben wie höhere Löhne, Unabhängigkeit von den imperialistischen Kräften und Arbeiterkontrolle sind dafür hilfreich. Wir erinnern daran, dass die stärkste Waffe unserer Klasse der Streik ist. Diese Ideen verbreiten unsere jugoslawischen Genossen der Revolucionarni komunistički savez (Revolutionäre Kommunistische Liga) vor Ort.
Unsere Aufgabe, die Aufgabe der Arbeiter in Österreich, ist es aber, unsere herrschenden Klasse zu stürzen, die von der Ausbeutung am Balkan besonders profitiert. Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Nur mit dem Sturz der herrschenden Klasse hier können wir den Ländern, die unter dem österreichischen Imperialismus leiden, wirklich helfen.
(Funke Nr. 227/07.10.2024)