Am 8. März gehen weltweit Millionen auf die Straße, um gegen Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen zu kämpfen. Geschlechterspezifische Arbeitsteilung, Spaltung und Unterdrückung sind profitträchtig und ideologisch stabilisierend für die herrschenden Verhältnisse. Für die Befreiung braucht es eine gesamthafte, revolutionäre, antikapitalistische Perspektive. Doch die in der Bewegung dominanten Ideen und Methoden fördern die Spaltung in Identitäten statt den Kampf gegen die herrschende Klasse.
Der 8. März ist weltweit ein Anlass, um gegen Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen auf die Straße zu gehen. Im vergangenen Jahr sahen wir abermals mehrere massenhafte bis hin zu revolutionären Bewegungen, die durch ihre Radikalität herausstechen. Dies etwa in Sri Lanka, dem Iran und in Peru. Sexismus und Unterdrückung von Frauen sind ein deutlicher Ausdruck dessen, dass der Kapitalismus in der Krise steckt und nur noch Verschlechterungen und Perspektivlosigkeit bietet. Das sahen wir deutlich in den Großdemonstrationen gegen das Abtreibungsverbot in den USA, und im Iran.
Doch die in den Bewegungen dominanten Ideen und Methoden im Bezug zur Frauenunterdrückung werden dieser Radikalisierung – und auch den objektiven Notwendigkeiten – nicht gerecht und wirken stattdessen spalterisch, passivierend und vereinzelnd. Dies spiegelte sich auch am 8. März in Österreich wider.
Für die Befreiung von Frauen- und jeder anderen Unterdrückung braucht es einen gemeinsamen Kampf gegen den Kapitalismus mit einer Orientierung auf die Arbeiterklasse als das einzige Subjekt, das den Kapitalismus stürzen kann, und eine revolutionäre Perspektive. Der Funke war bei Demonstrationen in Wien, Graz, Linz, Feldkirch und Innsbruck dabei.
Wien
Am 8. März gab es in Wien mehrere Kundgebungen und Aktionen. Nach wie vor ist die Spaltung des Protests in mehrere Gruppierungen und verschiedene Demos und Kundgebungen eine zentrale Schwäche des Frauenkampftags.
Erstmals organisierte das Bündnis „Sozial aber nicht blöd“ eine öffentliche Kundgebung des Sozialbereichs, einige Betriebe beriefen auch öffentliche Betriebsversammlungen ein, um den KollegInnen die Teilnahme zu ermöglichen. Etwa 150 Personen fanden sich ein, die in den Reden auf die Situation am Arbeitsplatz eingingen und die Forderungen nach einer 30-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, die Erhöhung der Grundlöhne um 20%, gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder Altersarmut vorbrachten. Eine Funke-Unterstützerin zeigte auf, dass in der tiefen Krise des Kapitalismus die Herrschenden keinen Cent freiwillig hergeben und daher ein Ende der sozialpartnerschaftlichen Orientierung und die Kontrolle der Beschäftigten selbst über ihre Arbeitskämpfe, Organisationen, Arbeitsbedingungen und Leben notwendig ist.
Zur größten Demonstration, aufgerufen von „take back the streets“, gingen heuer mehr als 7000 Menschen auf die Straße. Schon beim Treffpunkt drängten sich die Großteils jungen Demonstrierenden am Yppenplatz. Der ganze Platz war voll von Gruppen junger Menschen, viele hatten selbstgebastelte Schilder dabei. Trotz der beachtlichen Mobilisierung muss doch gesagt werden, dass das Potential für einen kämpferischen 8. März in Wien noch lange nicht ausgeschöpft ist. Der identitätspolitische Ansatz der Demoanmelder gab der Demo mehr die Stoßrichtung eines linken Szene-Events mit Party-Charakter als eines Kampftags für Frauenbefreiung und gegen Kapitalismus. Die Forderungen in den Reden reichten von Appellen an die Regierung, die politische Zusammenarbeit mit dem Iran aufzukündigen, über Appelle bezüglich rechtlicher Anerkennung von Identitäten und der Entkriminalisierung der Abtreibung. Ein politischer Tiefpunkt war, dass auf der Schlusskundgebung einmal mehr eine NGO für die Gewerbefreiheit und die gesellschaftliche Aufwertung der Prostitution geworben hat. Die Rolle der Arbeiterklasse spielte in den offiziellen Reden keinerlei Rolle, ebenso wie die Kapitalismuskritik (dem Wort Kapitalismus wurde in zwei Nebensätzen Rechnung getragen). Dennoch war greifbar, dass unzählige Jugendliche diese Demo als Möglichkeit verstanden, ihre Wut auf dieses System zum Ausdruck zu bringen.
Der Funke hatte schon beim Treffpunkt einen Infotisch mit einem breiten Angebot an marxistischer Literatur, der auf großes Interesse stieß. Bei der Demo beteiligten wir uns mit einem großen, starken Block. Auf unseren Transparenten stand „Für den Sturz der Ausbeuterregierung“ und „Für die Frauenbefreiung – für die soziale Revolution!“
Im Laufe der Demo kam es leider zu mehreren Aufforderungen von Menschen in Warnjacken (Ordner der Demoanmelder), dass wir unsere Fahnen und Transparente einpacken sollen. Eine solche Einschränkung der Meinungsfreiheit auf einer Demonstration ist eine bürokratische Methode und damit politisch falsch, so konnten wir diesen Aufforderungen auch nicht nähertreten.
In der Bewegung gegen Frauenunterdrückung gibt es unterschiedliche politische Zugänge und Ideen, wobei jeder in der Einheit der Demo die Freiheit haben muss, seinen politischen Ansatz umzusetzen. Wir sprechen uns seit Jahren für eine starke, einheitliche Demo aus, die sich aktiv an die Arbeiterklasse und ihre Organisationen, insbesondere die Gewerkschaften wendet. In Abwesenheit eines demokratischen Gremiums, etwa eines 8. März-Bündnisses, das allen mobilisierenden Kräften offensteht, bleibt uns nur die Möglichkeit selbstständig für diese politische Orientierung zu werben. Dies tun wir im Vorfeld der Demo in eigenen Veranstaltungen und durch Mobilisierungsinitiativen etwa in Betrieben und Schulen und eben auch auf der Demo selbst.
In unserem Verständnis ist der 8. März ist ein Kampftag der Arbeiterbewegung und war als solcher etwa der Startschuss zur russischen Revolution von 1917. Diesen Ansatz bringen revolutionäre MarxistInnen durch rote Fahnen zum Ausdruck, und so werden wir es weiter handhaben. Nur wenn alle auf der Demo (und darüber hinaus) frei ihre Meinung vertreten, werden politische Differenzen in der Bewegung produktiv behandelt, indem sie offen zur Debatte gestellt werden und sich jedeR selbst ein Bild machen und Position beziehen kann. Zensur und die Fragmentierung einer kollektiven Demonstration in Einzelperformances aber helfen der Bewegung in ihrer Gesamtheit nicht weiter. Der Niedergang der Frauenstreikbewegung in Spanien in konkurrierende Identitäts-Bewegungen sollten uns eine Warnung sein. Die Krise und die Unterdrückung im Kapitalismus nehmen immer neue barbarische Züge an. Wir brauchen eine offene Diskussion darüber, wie die Freiheit, Gleichberechtigung und das Ende von Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg erkämpft werden kann.
Graz
In Graz strömten am 8. März unter dem Motto „Schluss mit Patriachat und Kapitalismus – Feminismus und Frieden für alle“ 2000 Menschen auf die Straße, doppelt so viele wie letztes Jahr. Vor allem radikalisierte Jugendliche versuchten auf der Demo ihren Frust über Frauenunterdrückung und Ungleichheit Ausdruck zu verleihen. Allen voran die kurdische Community machte Stimmung: „Jin Jiyan Azadi“ (Frau, Leben Freiheit), der Slogan der iranischen revolutionären Bewegung, wurde von der ganzen Demo aufgenommen.
Diese Demo zeigte das Potential, den 8. März in Graz wieder zu einem Kampftag zu machen. Doch dafür braucht es eine klassenkämpferische Perspektive. Die KPÖ versuchte zwar ihre Forderungen nach mehr Geld für die Pflege und Arbeitszeitverkürzung mit der Forderung gegen Aufrüstung und für Frieden zu verknüpfen. Doch obwohl sie in dem 8. März-Bündnis eine zentrale Rolle spielt, hat sie auf der Demo den autonomen, identitätspolitischen Gruppierungen sehr viel Spielraum überlassen. Der Funke Graz bildete mit der KJÖ einen gemeinsamen revolutionären Block, um lautstark eine klassenkämpferische Perspektive auf der Frauentagsdemo sichtbar zu machen.
Feldkirch
In Vorarlberg fand die Demonstration zum internationalen Frauenkampftag unter dem Slogan „Für die Frauenbefreiung – für die soziale Revolution“ statt, organisiert von einem Bündnis von Funke, SJ Vorarlberg, SPÖ Feldkirch, JG Vorarlberg, dem Alevitischen Verein Weiler und der aks. Der Demozug war mit etwa 60 Personen klein, aber lautstark und kämpferisch. Die Einheit der Kämpfe aller Unterdrückten und der Klassenkampf standen in den Demosprüchen im Vordergrund und mehrere RednerInnen betonten die Notwendigkeit der Überwindung des Kapitalismus. Bei einer Feier nach der Demonstration wurden angeregte Diskussionen weitergeführt.
Innsbruck
Auch Innsbruck erlebte eine sehr laute, dynamische und kämpferische 8. März-Demo, die vom Frauennetzwerk, einem Zusammenschluss verschiedener feministischer Gruppen, organisiert wurde. Mit 1300 TeilnehmerInnen war diese Demo ein starkes Zeichen, und in den Reden wurden mehrfach antikapitalistische Töne laut, wobei jedoch auch hier identitätspolitische Ansätze sehr dominant waren. Der Funke hatte auch einen sehr kämpferischen Block (mit Slogans wie „Only Solution – World Revolution” und „A-Anti-Anticapitalista”) und eine Genossin zeigte in ihrer Rede die Notwendigkeit einer revolutionären Perspektive im Kampf für Frauenbefreiung auf.
Linz
In Wien, Graz und Innsbruck spielten sozialdemokratische Organisationen bestenfalls eine Nebenrolle an diesem Frauentag. Die SPÖ-Frauen beließen es einmal mehr bei Blumenverteilaktionen, internen Festveranstaltungen, die Jugendorganisationen beteiligten sich mit eigenen Blöcken an den Demos, wobei ihre Slogans („Patriarchat abtreiben“ oder „30-Stunden-Woche: Aufstiegschance für Männer im Haushalt“) zeigen, wie weit sie von den Traditionen der sozialistischen, proletarischen Frauenbewegung mittlerweile entfernt sind.
In Linz jedoch, wo in den letzten Jahren das Bündnis „Do it yourself: Frauentag“ (an dem sich auch der Funke beteiligt) immer die Demo am 8. März organisiert hatte, machte sich die Sozialdemokratie dieses Jahr daran, ein eigenes Demo-Bündnis zu organisieren. 31 Frauenorganisationen (inkl. Grüne Wirtschaft, NEOS und KPÖ) aus ganz Oberösterreich riefen zu einer Demo der Zivilgesellschaft auf. Bei der Auftaktveranstaltung forderte von der Bühne eine als Bundespräsidentin verkleidete Künstlerin die Demoteilnehmerinnen auf, ihre Sorgen und Probleme auf Zettel zu schreiben und in eine Kummerbox einzuwerfen. Bis zu 1000 Menschen beteiligten sich an dieser Demo.
Im Vorfeld versuchte das DIY-Bündnis eine Zusammenarbeit der beiden Bündnisse zu erzielen, was aber von den sozialdemokratischen Organisationen abgelehnt und offen sabotiert wurde. Dies führte zu der absurden Situation, dass zwei Demos getrennt voneinander auf derselben Route hintereinander marschierten. Die DIY-Demo hatte einen durchwegs antikapitalistischen, (klassen-)kämpferischen Charakter. Eine Genossin des Funke aus Linz betonte in ihrer Rede die Notwendigkeit einer revolutionären Perspektive.
Der heurige 8. März hat gezeigt, wie viele vor allem junge Menschen bereit sind gegen Frauenunterdrückung und Ungleichheit zu kämpfen. Ganz viele sehen auch die Notwendigkeit diesen Kampf mit dem Kampf gegen den Kapitalismus zu verknüpfen. Man muss aber ganz offen sagen, dass die Dominanz identitätspolitischer und reformistischer Ideen in der Frauenbewegung ein objektives Hindernis für den Kampf um Frauenrechte darstellt. Mit ihrem Feminismus sind sie ganz weit weg von den Bedürfnissen der Masse der arbeitenden Frauen, die die Last der kapitalistischen Krise besonders drückend spüren, und sie zeigen auch keine Perspektive auf, wie der Kampf gegen Frauenbefreiung erfolgreich geführt werden kann.
Clara Zetkin hat einst die Aufgabe des 8. März definiert, die aus unserer Sicht auch heute noch gültig ist: „Wir müssen Sorge tragen, dass der Frauentag nicht nur eine glänzende Demonstration für die politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts, sondern darüber hinaus der Ausdruck einer Rebellion gegen den Kapitalismus, eine leidenschaftliche Kampfansage all den reaktionären Maßnahmen der Besitzenden und ihrer willfährigen Dienerschaft, der Regierung ist.“