Die Belegschaft das LKW-Werkes Steyr hat in einer Urabstimmung laut NEIN zur Werksübernahme samt Massenentlassung und Lohnraub gesagt. Der Konzern droht mit Werkschließung. Jetzt muss die gesamte Arbeiterbewegung zusammenstehen!
Die Bedeutung des mutigen NEINs der Kolleginnen und Kollegen bei MAN Steyr kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es geht in allen Betrieben derzeit um die Erhöhung der Ausbeutung zur Steigerung des Profits: Die Industriellenvereinigung kalkuliert, dass man nach der Krise mit 80% der Belegschaften 100% produzieren könnte. Die Manager errichten in den Betrieben eine eiserne Diktatur. Massenentlassungen und Änderungskündigungen sollen als Normalität hingenommen werden. Das haben wir bei Swarovski in Tirol gesehen, bei der Werkschließungen von ATB in der Steiermark, Mayr-Melnhof und jetzt eben auch bei MAN. 8.400 Jobs in der Region stünden in Folge auf der Kippe.
Abgekartetes Spiel von Konzern & Politik
Für die Unternehmer ist es notwendig, die Profite in der Krise zu steigern, um damit im internationalen Konkurrenzkampf als Sieger hervorzugehen. Die türkis-grüne Regierung ist dabei der wichtigste Bündnispartner der Kapitalisten. Unternehmen werden mit Steuergeld zugeschüttet (siehe S.3), staatliche Beschäftigungsprogramme für die 450.000 Arbeitslosen werden dezidiert abgelehnt und das Arbeitsrecht wird, beginnend im Gesundheitssektor, ausgehebelt (Aufhebung der Arbeitszeitbeschränkungen für die Impfkampagne, Sonderverträge für Import-Arbeitskräfte, siehe S. 6).
In dieses Bild passt das erpresserische Angebot des Investors Sigi Wolf. Sein Angebot war ein abgekartetes Spiel: MAN verkauft an Sigi Wolf, der den Betrieb durch Auspressen der Mitarbeiter extraprofitabel (in den Worten von Bundeskanzler Kurz „wettbewerbsfähig“) macht. Diese Extraprofite fließen dann über den russischen VW-Partner GAZ wieder zurück an den VW-Mutterkonzern. Freilich, dass mit diesem Profitmaximierungsplan der Standort Steyr gesichert wäre, ist keinesfalls garantiert.
Dass die Politik Teil der Planung dieses „Zukunftskonzepts“ war, liegt auf der Hand. Sigi Wolf ist selbst langjähriger Unterstützer (und vermutlich auch Sponsor) von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er sprach sich schon 2017 für vorgezogene Neuwahlen und für Kurz als Kanzler aus. Seither gilt er als türkise Personalreserve. Er wurde u.a. als Kandidat für den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG gehandelt (siehe S. 2). ÖVP-Politiker sprechen sich daher bei jeder Gelegenheit für das „gute“ Konzept ihres Freundes aus. Dass dafür auch der Geldhahn in Form von staatlichen „Investitionshilfen“ aufgedreht werden würde, gilt als offenes Geheimnis.
Vor unseren Augen sehen wir ein Paradebeispiel dafür, was Karl Marx und Friedrich Engels vor über 170 Jahren so beschrieben: „Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.“
Dieses abgekartete Spiel wurde von den Beschäftigten deutlich zurückgewiesen. Die Gewerkschaft und der Betriebsrat in Steyr beschrieben die Situation korrekt als „Friss oder stirb“-Erpressung. Das „Angebot“ hätte vorgesehen, dass von den 2.300 ArbeiterInnen nur 1.250 ihren Job behalten würden, während für den Rest der Belegschaft Lohnkürzungen von bis zu 15% gefordert wurden.
Dass die KollegInnen vor Ort jetzt selbst die Stimme erheben, ist den Bürgerlichen gar nicht recht. Jede Form von Initiative soll im Keim erstickt werden.
Das Management reagiert mit einem Stakkato an Aggression und Provokation: Dem ehemaligen Betriebsrat Erich Schwarz wurde nach 30 Jahren Werkszugehörigkeit ein Betretungsverbot für das Werkgelände ausgesprochen. Eine Woche nach der Urabstimmung folge die Kündigung der Hälfte der Leiharbeitskräfte, der Abschuss der restlichen Leasingarbeiter soll folgen. Dies ist eine Bestrafungsaktion – unter den Leiharbeitern war die Ablehnung des Wolf-Plans besonders hoch – und ein offensichtlicher Versuch, die Belegschaft zu spalten und Angst zu verbreiten.
Um die Daumenschrauben noch heftiger anzuziehen, hat MAN nun angekündigt, die Produktion in Steyr nicht wie geplant Ende 2023, sondern schon ein Jahr früher zu beenden. Schon in diesem Mai sollen die ersten Produktionschargen abgezogen werden. Und das, obwohl die Auftragslage bis über den Sommer hinaus die volle Auslastung des Werkes erfordern würde.
Ein solches scheinbar „irrationales“ Managerverhalten zeigt, dass es hier nicht um Argumente, nicht um „Zukunftskonzepte“ geht, sondern, dass ein Krieg gegen die Steyrer ArbeiterInnen geführt wird. Hauptprofiteur von diesem Raubzug wird die reichste Familie Österreichs sein: Die Salzburger Familie Porsche/Piëch ist der größte Eigentümer des MAN-Mutterkonzerns VW und 34 Mrd. € schwer.
Geschlagen wird auf die ArbeiterInnen von Steyer, gemeint ist aber die gesamte Arbeiterklasse. Wenn dieses durchsichtige Manöver durchgeht, ist kein Arbeitsplatz, kein Lohn und kein soziales Recht im Land mehr sicher. Der Abwehrkampf ist daher Aufgabe der gesamten Arbeiterbewegung. Der dringliche Antrag der SPÖ in der Nationalratssitzung vom 21. April zeigt, dass sie sich dem Problem bewusst, ihm aber nicht gewachsen ist.
Das „Tabu“ Verstaatlichung brechen!
Der eingebrachte Antrag fordert im Kern eine zeitlich begrenzte staatliche Minderheitsbeteiligung nach §7 des ÖIAG-Gesetzes zur Rettung des Standortes Steyrs. Die Idee ist, dass der Staat den Konzern (via ÖBAG, die die Staatsbetriebe verwaltet) finanziell stützt, dafür etwas Mitspracherecht bekommt – und sich dann schnell wieder aus der Beteiligung zurückziehen soll.
Doch selbst dieses schüchterne Ansinnen von staatlicher Beteiligung löst bei der bürgerlichen Presse und der Regierung hysterische Reaktionen und Schaum vorm Mund aus. Die Regierungsmehrheit gemeinsam mit den NEOS lehnte den Antrag resolut ab.
Die Scheinheiligkeit ist offensichtlich. Während sich der Finanzminister damit rühmt, in der Pandemie die EU-weit zweithöchsten Corona-Staatshilfen in die Wirtschaft zu pumpen, wird eine Verstaatlichung des MAN Werks kategorisch verneint. Klar: Der Staat soll die Milliarden lockermachen, aber die Kontrolle über die Profite sollen in private Millionärstaschen wandern.
Gebetsmühlenartig wird vor der Ineffizienz und Unwirtschaftlichkeit von verstaatlichter Industrie gewarnt, die NEOS kommen sich clever dabei vor, Kanzlerliebling Thomas Schmid (siehe S. 2, Stichwort: Chat-Protokolle), der ÖBAG-Vorsitzender ist, als Argument gegen eine Verstaatlichung ins Feld zu führen.
Dabei sind es die Intransparenz, die bürokratische Methode und die Freunderlwirtschaft – gerade die Merkmale der Privatwirtschaft – die Verstaatlichungen ineffizient machen. Manager mit Millionengehältern, unseriöse Stellenausschreibungen und Postenschacherei, Staatsunternehmen als „Selbstbedienungsladen“ für politische Freunde, das alles ist sind Laster des profitorientierten Kapitalismus, nicht der Verstaatlichung.
Wir entgegnen den Bürgerlichen daher: Was es braucht ist eine demokratische Kontrolle von unten, von der Belegschaft. Sie weiß am besten, wie die Produktion rational gestaltet werden kann. Statt öffentliche Gelder für private Profite, müssen staatliche Gelder für einen massiven Ausbau einer „green mobility“ Industrieregion Steyr investiert werden, mit Ausbildungsstätten, Technologiezentren und effizienter Zentralisierung der Arbeit unter Kontrolle der Beschäftigten und Einwohner selbst.
Zum Gegenschlag ausholen!
Damit der Kampf um das Steyr-Werk gewonnen werden kann, braucht es einen entschlossenen Schlachtplan, der auf die Arbeiter im Werk, in der ganzen Region und darüber hinaus aufbaut. Das ist auch eine Frage der Zeit: Schwäche lädt zu Aggression ein.
Die Sympathie für die Belegschaft bei MAN ist groß. Dies gilt es für die Bildung von Solidaritätskomitees in Betrieben, Schulen, Universitäten und Gemeinden zu nützen. Diese Solidarität muss aktiv in einer breiten Gewerkschaftskampagne organisiert werden. Eine breite Informations- und Solidaritätskampagne, die bundesweit in Betrieben über alle Branchen hinweg über die Pläne der Bürgerlichen und den Abwehrkampf dagegen berichtet ist notwendig. Betriebsversammlungen und Betriebsrätekonferenzen rund um Steyer können sogar in eine österreichweite Generalstreik-Bewegung gegen Lohnverlust, Schließungen und Massenentlassungen vorbereiten. So würde den Bürgerlichen das Grinsen vergehen!
Ein Sieg im Erhalt des Steyr-Werks hätte eine enorme Strahlkraft für die gesamte Arbeiterklasse des Landes. Es wäre ein Orientierungspunkt für die tausenden Menschen, die sich jetzt isoliert mit ihren eigenen Problemen herumschlagen müssen.
Die „Vernunft“, die „Verhandlungen auf Augenhöhe“, die Versprechen auf „Zukunftspläne“ von Seiten der Unternehmer und der Bundesregierung sind keinen Cent wert. Die Arbeiterklasse muss sich fest auf ihre eigenen Beine stellen. Wir müssen ihnen die Macht über unser Leben – die Kontrolle über die Produktion und die Wirtschaft – entreißen. Die Arbeiterklasse braucht eine sozialistische Antwort auf die Krise. Dafür kämpft der Funke.
Wien, am 22.4.2021
Aus dem Inhalt der Zeitung:
1. Mai Sondernummer mit +4 Extraseiten!
- Österreich
- Ma muss sich traun, dann kriegt man’s zahlt
- Was will das Kapital?
- Nein zum politischen Lockdown – Heraus zum 1. Mai!
- OMV soll Klimaaktivisten bespitzelt haben
- Banken: Schöne Bilanzen
- Sozialabbau: Steiermark als Vorreiterin
- Betrieb & Gewerkschaft:
- Amazon: Druck und Gegendruck
- Chemie-KV: Es gibt was zu holen!
- AUA: Für Verstaatlichung statt Investoren-Rettung!
- Die Lage der arbeitenden Klasse bei Swarovski
- Krise im Großraumbüro
- Gesundheits- und Sozialbereich
- Ein Jahr Pandemie: Politik verspricht – Personal kämpft! (Pflege)
- Wir lassen uns nicht spalten!
- „Gudi bleibt!“: Belegschaft streikt, GPA schläft
- Schwerpunkt: Österreich und die Nation – Den Internationalismus auf feste Beine stellen
- Jugend
- Marxismus an der Schule
- „Black Voices“ und der Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt
- Die Antikapitalisten in der bürgerlichen Partei
- Gesellschaft
- Hilda Monte – „im Dienste der sozialistischen Idee“
- Die Kronen Zeitung und das Matriarchat
- International
- In Andenken an Hans-Gerd Öfinger
- Türkei: Erdoğan sitzt in der Klemme
- Alles aus Mangel an Microchips
- Kampf um Gesundheit = Kampf gegen Kapitalismus
- USA: Bidens „diverses Kabinett“ und der Kampf gegen Unterdrückung
- Deutsche Wohnen & Co enteignen
- Myanmar: Für den Sturz der Militärdiktatur
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