Der neue Funke ist da!
Uns bietet sich gerade ein unglaubliches Schauspiel, in dem sich alle Parteien Kurz als Juniorpartner andienen, anstatt ihn herauszufordern.
Die FPÖ plakatiert für eine Neuauflage der Koalition. Die Grünen positionieren sich für eine Koalition mit der ÖVP, die Neos haben sich schon vor Monaten dafür festgelegt. Kurz selbst schickt auch Signale an die SPÖ aus – und ihre Spitzen greifen nach jedem Strohhalm, um von den Bürgerlichen wieder als Partner „auf Augenhöhe“ akzeptiert zu werden. Die SPÖ dominiert die politische und gewerkschaftliche Agenda der Arbeiterbewegung – und an der Wahlurne gibt es für die Arbeiterklasse am 29.9. keine Alternative zu einer Stimme für die Partei. Doch mit ihrer derzeitigen Führung wird der Kurs weiter eine Unterordnung der Arbeiterbewegung unter die Interessen des Kapitals sein. Es gilt daher, einen entschlossenen Kampf gegen diese KapitulantInnen zu führen. Die Frage der Führung des sozialen und politischen Protestes muss in den kommenden Kämpfen mutig gestellt werden.
Katastrophen haben heuer keinen Urlaub gemacht: der Urwald brennt, der CO2-Ausstoß steigt weiter, Handelskriege werden schärfer, eine neue Wirtschaftskrise klopft an die Türe. Das Kapital und seine PolitikerInnen haben keine Lösungen für die Probleme der Welt.
Die Konten der ÖVP geben Auskunft über eine Ursache dafür: Die Superreichen halten sich politische Parteien, um ihre egoistischen Interessen der Profitmaximierung durchzusetzen. 98,5 % ihrer Spenden kommen von KapitalistInnen – von der Milliardenerbin über Industrielle bis zu Immobilienhaien. Ihre Agenda wird von Kurz bestmöglich umgesetzt: 12-Stundentag, Profitsteigerung für Vermieter, Verwässerung der Umweltverträglichkeitsprüfung, Zurückdrängung von Arbeitsschutz und Gewerkschaften und die Vermehrung ihres Reichtums. „Menschen, die arbeiten und diesen Staat erhalten, haben keine Zeit zu demonstrieren“, meint etwa der 270 Mio. € schwere Erbe R. Gürtler (Spende an die ÖVP: 65.000 €). Als Hobby organisiert er die strafrechtliche Verfolgung von Tierschützern und Mountainbiker, und er ist der Anführer jener Bürgerlichen, die Demos in der Wiener Innenstadt verbieten wollen.
Aktuell starrt die Weltöffentlichkeit auf die Rauchschwaden des brennenden Amazonas. Um handlungsfähig zu sein, müssen wir das Gesehene richtig beschreiben. Hier ist der Kapitalismus am Werk, die Natur wird in ein Produktions- und Spekulationsmittel umgeformt. Aktuell brennen 2127 Großfeuer am Amazonas, 6902 in Angola und 3395 Feuer im Kongo, tausende mehr weltweit. Am G7-Gipfel in Biarritz vereinbarten die führenden Industrienationen der Welt eine Soforthilfe von 18 Mio. € (!) zur Rettung des Amazonas, etwa 0,009% der globalen Militärausgaben (2018 – neuer Weltrekord von 1600 Mrd. €). Die Eliten der führenden Wirtschaftsmächte haben keinen Plan zur Rettung des Planeten. Das gilt auch hierzulande. Die zufällige Reduktion des CO2-Ausstoßes in Österreich im Jahr 2017 ist allein auf den milden Winter und die Wartungsarbeiten an einem Linzer Hochofen zurückzuführen. Dennoch jubilierte die ÖVP in der Öffentlichkeit, dass dies ein Erfolg ihrer Politik sei. Eine Lüge folgt der anderen.
„Wenn es die Fridays for Future-Bewegung nicht gegeben hätte, würde ich heute nicht so fröhlich vor ihnen stehen“, so der Bundespräsident Van der Bellen auf der Tagung in Alpbach unter frenetischem Applaus der zahlreich anwesenden Prominenz.
Lassen wir uns durch solches Lob nicht täuschen. Indem junge Menschen folgenlose moralische Appelle an die menschenverachtende Profitmaschinerie halten dürfen, werden neue Lügen fabriziert. Die Ausrufung der symbolischen Klimanotstände, die Kooptierung von AktivistInnen in „Dialoge“ und „Verhandlungen“ soll die Bewegung kastrieren und zum Spielball herrschender Interessen machen.
Dabei wird von Bürgerlichen aller Parteifarben suggeriert, dass Klimaschutz nur funktioniert, wenn er profitabel sei. Neue Geschäftsfelder sollen entstehen, wo dieselben Reichen, die heute aus der Vernichtung der natürlichen Grundlage der Menschheit Profit schlagen, in Zukunft aus dem „Schutz der Umwelt“ Profit ziehen können. Dazu sollen neue staatliche Gelder in „Zukunftstechnologien“ fließen. Diese technologische Umrüstung sollen die Arbeitenden durch neue (CO2-)Steuern und höhere Konsumpreise bezahlen. Unter dem Banner „Umweltschutz“ sollen nun auch die Handelskriege der EU geführt werden.
Die Klimabewegung muss ein antikapitalistisches Programm vertreten, sonst wird sie als Frischzellenkur für ein verrottetes und ausbeuterisches System missbraucht werden und damit scheitern. Um die Erderwärmung unter 1,5°C zu halten, muss eine schnelle Umrüstung von Energiegewinnung und Produktion auf klimaneutrale Verfahren angepackt werden. Dies erfordert einen enormen Aufwand an Arbeit und Ressourcen. Dies ist nur zu bewerkstelligen, wenn wir die privaten Profitinteressen der Konzerne und Superreichen rücksichtslos ignorieren und völlig überwinden. Das kann nur im Bündnis mit der Arbeiterklasse geschehen. Die sozialen Bedürfnisse der arbeitenden Menschen und ihrer Familien müssen daher ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung. Nur so kann das notwendige Programm zur Rettung der Natur und der Menschheit durchgesetzt werden.
Je schwächer Kurz und die ÖVP aus den Wahlen hervorgehen, desto besser. Die Maschinerie des Bürgerblocks stockt, eine Neuauflage mit der krisengeschüttelten FPÖ ist fraglich. Das Kapital drängt auf eine neue bürgerliche Koalition unter Kurz, um die ÖVP-Politik der Angriffe auf die Arbeiterklasse mit neuer Kraft fortführen zu können. Die Überlegung, bürgerliche Parteien wie die Grünen als Instrument für den gesellschaftlichen Wandel zu gebrauchen, ist inhaltlich falsch und stärkt die Bemühungen zur Neuorganisation des Bürgerblocks direkt.
Kurz selbst schickt auch deutliche Signale an die SPÖ aus. Die Spitze der Sozialdemokratie ist geneigt dies zu nützen, um von den Bürgerlichen wieder als Partner „auf Augenhöhe“ akzeptiert zu werden. Daher erhebt sie nur handzahme soziale Forderungen und stellt die Kurzsche Politik nicht grundsätzlich in Frage (Stichwort: 12-Stundentag, Kontrolle der Investmentbanker über die Krankenkassen).
Die Rettung der Welt, ja selbst die Stabilisierung der Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse, kann nur durch die Selbstaktivierung von sich selbst und den KollegInnen in der Klassenauseinandersetzung geschehen. Wer die Verantwortung für das Klima, die Gesundheit, seine Arbeitsbedingungen etc. delegieren will, hat bereits verloren.
Wollen wir in diesen Auseinandersetzungen gewinnen, dürfen wir dabei die Rolle der Sozialdemokratie nicht ignorieren. Sie dominiert die politische und gewerkschaftliche Agenda der Arbeiterbewegung. Diesem Umstand müssen wir Rechnung tragen, indem wir ihre Verantwortung anerkennen und aussprechen: Auf welcher Seite steht ihr?
Nur durch das praktische Abtesten der Sozialdemokratie und den von ihr politisch dominierten Massenorganisationen, kann die Arbeiterbewegung massenhaft politische Schlüsse ziehen, welche FührerInnen und Programme gestärkt und welche ersetzt werden müssen. Die Frage der Führung des sozialen und politischen Protestes muss in den kommenden Kämpfen daher mutig gestellt werden.
Wir schlagen vor auf den Klimademos am 27.9. große antikapitalistische Blöcke zu bilden, um dort die Frage der Klimarettung und des Lebensstandards der Massen zu verknüpfen. In dieser Linie gilt es in den kommenden Klassenkämpfen und politischen Auseinandersetzungen (etwa im Regierungsbildungsprozess) weiter gesellschaftlichem Druck aufzubauen. Die Frage des Klima-Generalstreiks wurde von Greta aufgeworfen und diese Strategie muss nun in der Praxis vorzubereitet werden.
Die Unternehmerverbände werden versuchen, den Metaller-KV ein Stück weiter zu zerstören, und das Argument der leeren Kassen wird den kämpfenden KollegInnen im Wiener KAV von der Sozialdemokratie entgegengehalten werden. Immer gilt: für die kämpfende Einheit der Arbeiterklasse und Jugend, für ein lebenswertes Leben, gegen die Zumutungen des Kapitals. Dafür machen wir uns stark, mach mit!
Wien, 28.08.2019
Aus dem Inhalt:
- SPÖ: Rennen bis zum Umfallen
- Wahlkampf der SJ
- Arbeitskampf bei VKKJ
- KAV: Warum braucht es eine Dienststellenversammlung?
- Betriebsberichte Metall
- Schwerpunkt: CO2-Steuer / Die Grünen
- KPÖ-Geschichte
- Wirtschaft: Die nächste Krise
- Großbritannien und Boris Johnson
- Sozialismus in den USA? Interview über die linken Hoffnungsträgerinnen der Demokraten
- Proteste in Hongkong
- Klimawandel stoppen: Verzicht oder Systemwechsel?
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