Zwei traditionsreiche Metallunternehmen geraten in Turbulenzen. Die Firma Erne in Schlins/Vorarlberg wird von einem neuen Eigentümer saniert, die SAG in Lend/Salzburg wurde geschlossen. Von Emanuel Tomaselli.
Beide Firmen sind Familienbetriebe, deren Eigentümer sich selbst als „mittelständisch“ bezeichnen würden. Der Aluminiumkonzern SAG, der weltweit rund 1100 Mitarbeiter beschäftigt, entstand in seiner heutigen Form durch ein Management-Buyout seitens des Präsidenten der Salzburger Industriellenvereinigung Josef Wöhrer im Jahr 1992. Mit der Schließung wurde ein Schlussstrich unter 120 Jahre Metallproduktion in Lend gesetzt, 83 Arbeiter und Angestellte verloren wenige Tage vor Weihnachten damit ihre Lebensgrundlage.
Eine wichtige Rolle im Konzern spielt die Tochter des IV-Chefs Karin Exner-Wöhrer, die auch als Geschäftsführerin der SAG Lend fungierte. Sie ist eine industrielle Society-Lady und verkörpert die neue Managementkultur: Komplexe Firmenstrukturen, immer auf der Suche nach dem höchsten Profit. Langfristiges Engagement für Standorte und die Belegschaft haben in ihrer Welt keinen Platz.
Das Argument für die Schließung von Lend ist, dass die Marge des Standorts zu gering sei, da das Aluminium nicht vor Ort raffiniert wird. Dabei hat die Familie Wöhrer 1996 die ehemals staatliche AMAG-Raffinerie im Innviertel gekauft, um sie dann aber wieder abzustoßen. Die Schließung in Lend erfolgte drei Monate nachdem das neue Top-Produkt des Konzerns in einer neuen Fabrik in Spanien produziert wird.
Mitarbeiter berichten, dass in Lend seit Jahren nicht mehr investiert wurde, stattdessen externe Unternehmensberater permanent Optimierungskonzepte vorlegten. Das Verhältnis zur Belegschaft kann man am besten als überheblich beschreiben. Seit der Krise 2008 herrschte in Lend ein permanenter Druck. Die Belegschaft verzichtete zeitweise „freiwillig“ auf 7,5% des Lohns, die neuen All-Inclusive-Verträge lagen deutlich unter den alten Verträgen. Zu Weihnachten 2014 informierte das Management der SAG-Gruppe die Mitarbeiter der österreichischen Standorte (Lend, Schwarzach und die AMAG Ranshofen), dass sie „letztmalig“ durch die Gewinne der Auslandstöchter finanziert würden. Die AMAG wurde von der Familie Wöhrer mittlerweile verkauft und erzielte 2016 einen Gewinn von 110-125 Mio. €. Soviel zum Wahrheitsgehalt der permanenten Erpressung der Familie Wöhrer.
Im Konkursantrag heißt es, dass 7 Mio. € investiert werden müssten, diese Summe sei jedoch nicht erwirtschaftbar. Die Schließung erfolgte damit nur zwei Monate, nachdem das Unternehmen einen Prozess gegen die Hinterbliebenen von zwei tödlich verunglückten Arbeitern im Werk gewonnen hat (Der Funke berichtete). Ein neuer Sachverständiger untermauerte zwar, dass es keine behördliche Genehmigung für die Anlage gab und auch Sicherheitsmängel bestanden, allerdings hätten die Verunglückten selbst fahrlässig gehandelt. Der Opferanwalt hingegen sprach von „Opfern der Unternehmensstruktur“ und stellte die Frage, ob nicht der Profit des Unternehmens im Vordergrund gestanden und die Fürsorge für die Mitarbeiter vernachlässigt worden sei.“
Die Schlinser Rohrbogenfabrik Erne war bis vor Kurzem im Besitz mehrerer ortsansässiger Familien. Die Familie Gamon, die durch Claudia Gamon (NEOS) im Parlament vertreten ist, hat sich vor zwei Jahren mit einem zweistelligen Millionen-Deal aus der Firma auszahlen lassen, nun hat auch die Familie Erne ihre Anteile verkauft. Käufer ist der Investmentbanker Stefan Zöchling, der u.a. Krankenhäuser, Metallbetriebe u.a. betreibt. Zöchling leitet auch die Geschäftsführung der im Steuerparadies sitzenden Rasperia Ltd., die dem russischen Oligarchen Deripaska zugerechnet wird.
Vorgestellt hat sich Zöchling den ArbeiterInnen des Schlinser Werkes bisher nicht. Das deutsche Werk soll nun geschlossen werden. Das Werk in Saudi Arabien wurde zum Sargnagel. Beflügelt von großen Phantasien vor dem Ausbruch der Krise 2008 sollte von hier aus Asien erobert werden. Hier stehen die modernsten Anlagen des Konzerns, allerdings richtig produziert wurde dort nie. Arbeiter berichteten uns, dass im Erne-Stammwerk wie auch in Lend schon lange nichts mehr investiert wurde.
Während die KollegInnen in Lend beim AMS Schlange stehen, geht es für die ArbeiterInnen in Schlins vorerst weiter. Ein Schicksal teilen sie mit allen Lohnabhängigen: Eigentum ist nur verpflichtet den Reichtum der Eigentümer permanent zu vermehren. Die menschliche Komponente muss durch die Solidarität der Arbeiterbewegung durchgesetzt werden. Für den gewerkschaftlichen Kampf heißt dies auch, dass wir es uns nicht länger leisten können, die Frage nach dem Eigentum an den Unternehmen nicht zu stellen.