Wir fahren und streiken gemeinsam

Am 20. Februar fand der erste Warnstreik der privaten Autobusbetriebe statt. Über 100 Standorte in ganz Österreich beteiligten sich an dem Streik, der von 4 bis 6 Uhr morgens angesetzt war. Nach vier erfolglosen Verhandlungsrunden, in denen sich die Arbeitgeberseite weigerte, neben dem Inflationsausgleich auch Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen zuzugestehen, erhöht die Gewerkschaft vida den Druck. Von Max Egger & Oscar Jenner
Seit Monaten hat die Initiative „Wir Fahren Gemeinsam“ (WFG), ein Bündnis aus Gewerkschaft und Teilen der Klimabewegung, die Belegschaften der Busunternehmen mobilisiert. Jetzt heißt es „Wir streiken gemeinsam“. Der Warnstreik war der erste Arbeitskampf in der Branche seit Jahrzehnten. In den KV-Verhandlungen forderte die vida zunächst eine Inflationsabgeltung von +4,03%, kurz vor dem Streik deutete sie jedoch unerklärlicherweise an, dem WKO-Angebot von +3,5% zuzustimmen. Sie will aber Verbesserungen bei den Nacht- und Pausenzulagen.
Der Streik wurde von großen Teilen der Belegschaften unterstützt, trotz Einschüchterungsversuchen durch die Geschäftsführungen (und teilweise auch durch „gelbe“ Betriebsräte). Dennoch äußerten z.B. in Innsbruck viele Lenker Kritik an der Zurückhaltung der Gewerkschaft. Sie empfanden die Uhrzeit und die kurze Dauer des Streiks als unzureichend. Auf die Frage eines Kollegen, warum der Streik nicht auf 8 Uhr verlängert wird, erklärte ein Gewerkschaftssekretär, dass sie noch Raum für weitere Eskalationen lassen wollen.
Ähnlich in Wien, wo die vida-Frauenvorsitzende und SPÖ-Gemeinderätin Rychly den Streikposten bei der zentralen Kundgebung vor der Garage von Dr. Richard anwies, die Streikbrecher nach einer kurzen Blockade durchfahren zu lassen. Auch ihre Begründung war, dass man ja noch weitere Eskalationsmöglichkeiten beim nächsten Streik haben möchte! Die Dynamik kippte dadurch zugunsten der Vorgesetzten und der Streik begann zu bröckeln.
Die Art, wie die vida diesen Arbeitskampf führt, zeigt, dass sie den Fokus auf einen „fairen“ Kompromiss legt und in erster Linie ihre Stellung als Vermittlerin zwischen Arbeitgebern und Arbeitern festigen will.
Das Besondere an diesem Arbeitskampf ist das Zusammenspiel aus Gewerkschaft und Klimabewegung. Wir haben immer argumentiert, dass die Klimabewegung ihre Ziele nur durchsetzen kann, wenn sie die Arbeiterklasse für ihre Anliegen gewinnt. Die Isolation von der Arbeiterklasse war eine enorme Schwäche der Klimabewegung. Klimaaktivistinnen haben aber aus dem Scheitern von Fridays for Future und Letzte Generation den richtigen Schluss gezogen haben, dass nur mit den Methoden des Klassenkampfs die notwendigen politischen Veränderungen durchgesetzt werden können. Das ist ein wichtiger Schritt vorwärts.
Die Gewerkschaft vida zeigt mit dieser Kampagne, dass sie offen für neue Aktionsformen ist. Gleichzeitig legt sie den Fokus auf einen „fairen“ Kompromiss und will in erster Linie ihre Stellung als Vermittlerin zwischen Arbeitgebern und Arbeiter festigen. Mit den Methoden, die wir zumindest in Wien und Innsbruck gesehen haben, kann man einen Arbeitskampf nicht gewinnen. So frustriert man eher die Kollegen, die heute bereits streikbereit wären. Aus den Schwächen des Warnstreiks gibt es viel zu lernen.