Die Formierung der reaktionären Bürgerblockregierung von FPÖ und ÖVP erfolgt schnell. Die Grundlage dafür ist: Die Industriellen und Bankiers wollen eine Regierung, die freie Hand hat, ihre Interessen umfassend durchzusetzen. Die Jugend und die Arbeiterklasse – insbesondere die unterdrücktesten Teile: Migranten, sexuelle Minderheiten, Kranke, Arme – haben NUR soziale Verschlechterungen zu erwarten. Von Emanuel Tomaselli.
Dabei lassen die Herren und Damen von der Raiffeisenbank und Industriellenvereinigung nichts anbrennen, sie nehmen die Regierungsbildung gleich selbst in die Hand. Zentrale Verhandlungsgruppen der blau-schwarzen Verhandlungen werden nicht nur von Wirtschaftskammerfunktionären, sondern im Paarlauf von Raiffeisenbankern und Industriellenvereinigung bestritten. Darunter: Steuern, Finanzen, Infrastruktur, Frauen und Verkehr. Ganz vorne mit dabei sind der Generalsekretär der Industriellenvereinigung Christoph Neumayer und der „Blümels-Laptop-Mann“ Clemens Niederist. Nach dem Fall von Sebastian Kurz wechselte Niederist in den Raiffeisenkonzern. Aus dieser Position soll er zur Jahrwende die von der SPÖ vorgeschlagene Erhöhung der Bankenabgabe torpediert und in der ÖVP den Schwenk zur FPÖ eingeleitet haben. Aus Dankbarkeit für seine konstruktive Mitarbeit winkt auch Ex-Kanzler Nehammer jetzt ein Job im schwarzen Bankenkonzern (seine Frau ist schon dort).
Kickl: Kanzler der Bosse
Es geht also Schlag auf Schlag. Die Verhandlungsaufstellung der Bürgerblockregierung von FPÖ und ÖVP spiegelt dabei den ersten „Vorzug“ dieser bürgerlichen Angriffs-Formation wider: große Flexibilität, die Arbeiterklasse schnell anzugreifen.
Man muss nur aktuelle Ansagen und Konflikte wahrnehmen, um zu verstehen in welche Richtung die Weichen in den kommenden Jahren gestellt werden: Krankenstand soll Urlaubsanspruch reduzieren (Wirtschaftskammer), Zahnfüllungen sind keine Versicherungsleistung (Zahnärztekammer weigert sich, dass der Amalgam-Ersatz Versicherungsleistung wird), Überstunden und Arbeit in der Pension sollen steuerlich entlastet werden (Wirtschaftskammer), Pensionen sollen auf dem Aktienmarkt veranlagt werden (Vorstand der Wiener Börse, NEOS), „Gesundheitssystem ist nicht, den Mercedes in Vollausstattung erwarten. Seine Aufgabe ist es, einen guten Standard-Golf zu liefern.“ (Peter Lehner, ÖVP, Chef des Dachverbandes der Sozialversicherungen), „Standortpartnerschaft schlägt Sozialpartnerschaft“ (Heimo Scheuch, Wienerberger CEO und Vorstand der Wiener Börse), …
Blau-Schwarz wird – wie schon in der Vergangenheit – soziale Rechte von Arbeitenden demontieren. Dazu gehört auch die selbstständige Rolle der Frau anzugreifen. Besonders wenn die Arbeitslosigkeit jetzt steigt, wird die Familie als der „natürliche Lebensraum“ von Mädchen und Frauen angeschoben werden.
Bei dieser Regierungsbildung sind direkt jene am Werk, die mit jeder politischen Maßnahme ihren eigenen Sack füllen. Das ist, als ob man den Hund damit beauftragt, auf die Wurst aufzupassen.
Einstiegsdroge Budget
Der Einstieg zur Regierungsbildung ist das Drücken des Budgetdefizits auf unter 3 % der Wirtschaftsleistung im heurigen Jahr. Dabei geht es um 6,4 Mrd. €, die zu zwei Dritteln aus Massenbelastungen bestehen: Co2-Steuererhöhung (Klimabonus weg), Bildungskarenz weg, Gebührenerhöhungen, noch unspezifische Einschnitte in Pensionen, Bildungsausgaben, bei Arbeitslosen und ÖBB. Einmaleffekte sollen durch Abschöpfungen aus Staatsbetrieben gezogen werden. Selbst bei Fahrradfahrern wird gekürzt (Pendlerpauschale), aber der Agrardiesel wird weiter subventioniert – man sieht schon, wie diese Leute ticken. Diese Regierung schert sich in ihrem Maßnahmenmix dabei nicht so sehr um die Vorgaben der liberalen Experten. Die Experten sind Hauptberuflich die Dompteure der Reformisten, und ihre Institute staatsfinanziert. Den Bankern und Industriellen reden sie nicht drein, sondern zu. WIFO-Chef Felbermayr unterstützt das Maßnahmenpaket öffentlich.
Die großen Budgeteinschnitte (2/3 der vereinbarten Einsparungen) werden aber erst kommen, voraussichtlich im kommenden Jahr. Die Aufgabe des nach Brüssel gemeldeten „Budgets“ für 2025 ist erstmals nur, dass die Regierung zustande kommt und den Segen aus Brüssel erhält. Dies ist der Fall. Kickl nützt das hinterlassene Defizit, um seine versprochenen „fünf guten Jahre“ jetzt nach hinten zu verschieben, und fordert auf, zuerst einmal „hart zu arbeiten“ und „den Klassenkampf einzustellen“.
Nationalismus statt Brüssel
Eine akzentuierte nationalistische Außenpolitik zur Wahrung der Interessen der österreichischen Kapitalisten in Osteuropa, Balkan und Russland ist angesichts Trumps „america first“-Politik ein Gebot der Stunde. Die EU ist nicht fähig dem Druck aus Washington eine geeinte Front entgegenzustellen. Es gilt die Energieversorgung Österreichs sicherzustellen und wieder zu verbilligen, sowie die Interessen der Raiffeisenbank in Russland zu verteidigen. Gerade hat ein russisches Gericht die Raiffeisenbank zu einer Geldstrafe von 2 Mrd. € verdonnert, weil sie sich US-Sanktionen unterwarf. Die von Liberalen, Sozialdemokraten und der KPÖ kritisierte „Russland-Nähe“ der FPÖ kommt den österreichischen Bankiers und Industriellen ganz recht.
Stramm nach rechts
Diese Regierung wird den ideologischen Rechtsruck verfestigen: Staatsbürgerschafts- und Heimatkult werden die Norm. Der bereits restriktive Zugang zur Staatbürgerschaft wird weiter eingeengt werden, wie auch der Zugang zu einem Asylverfahren. Der Bekämpfung von „Antisemitismus und Islamismus“ wird in den Verhandlungen ein eigenes Kapitel eingeräumt. Die FPÖ strebt einen Umbau der Medienlandschaft an, ein FPÖ-TV. Nationalistische Provokationen, aktuell Steiermark gegen Slowenien, werden zur Norm. Sexuelle Orientierung und vor allem Geschlechtsidentität werden im Sinne der „Normalität“ stärker unterdrückt werden. Kurz, alles was Vorurteile befeuert und die Arbeiterklasse spaltet wird aufgegriffen und aufgeblasen.
Das Kleinere Übel: zum Scheitern verurteilt
Die Politik der vorangegangenen Periode – die Kapitulation vor dem anti-muslimischen Rassismus, die Parteinahme für die Zelensky-Regierung und die Russland-Sanktionen, die Einstellung der Arbeitskämpfe durch den ÖGB in der vergangen Herbstlohnrunde, die „Demokratie verteidigen!“-Koalition, die eine „Regierungskoalition der Vernunft“ anschieben sollte, sie sind allesamt gescheitert. Die Realität ist: Die Bürgerlichen wollen eine Angriffs-Regierung, keine Vernunftkoalition unter liberalen Vorzeichen. Diese politische Orientierung hat Kickl nicht verhindert, sondern im Gegenteil den Widerstand gegen Kickl desorientiert und geschwächt und damit alle Kapitalisten gestärkt. All jene, die Hoffnung hatten die FPÖ durch die Unterordnung unter die liberaleren Bürgerlichen stoppen zu können, müssen jetzt radikal umdenken. Wir sagen: Nur der Klassenkampf gegen alle Kapitalisten kann diese Regierung und ihre Angriffe abwehren! Dies ist die zentrale Idee, die es stark zu machen gilt.
Klassenkampf anheizen
Die Arbeiterklasse kann es sich nicht leisten, jetzt auf Wunder oder kommende Wahlen zu warten. Dieser Ansatz ist falsch und gefährlich. Eine blau-schwarze Regierung wird nicht leicht an ihren inneren Widersprüchen zerbrechen. Die Krise des österreichischen Kapitalismus ist tief, und die Kapitalisten sind entschlossen, ihre Profite zu sanieren, indem sie die Ausbeutung steigern. Die Arbeiterbewegung muss endlich auf die Füße kommen, anstatt weiter vor den Kapitalisten auf den Knien zu rutschen. Dazu braucht es nicht schöne Reden, sondern den Willen zu kämpfen. Es gilt den Klassenkampf in den Straßen und Betrieben anzuheizen.
Der Klassenfriede, den Kickl in seiner Neujahrsrede einfordert und von den Gewerkschaftsführungen aktuell noch mitgetragen wird, wird unter den Angriffen der Kapitalisten so oder so zerbrechen. Das ist unvermeidlich. Das Ziel darf dabei nicht sein, die ärgsten Verschlimmerungen abzumildern. Wir wollen auch nicht die Wiederherstellung einer „Sozialpartnerschaft“, die nie eine Beziehung auf Augenhöhe sein kann, solange die Eigentümer die Arbeiter beherrschen. Es braucht eine komplette Schubumkehr. Die bürgerlichen Hetzer, Spalter und Profiteure müssen die Angst vor der sozialistischen Revolution im Nacken spüren.
Die RKP mobilisiert aktiv für die Proteste gegen diese reaktionäre Regierung der Bosse in allen Bundesländern – an Schulen, Betrieben, Universitäten und auf den Straßen. Stärke auch du die Bewegung gegen Blau-Schwarz, indem du dich unseren Initiativen anschließt. Verbreite diese Zeitung, folge unseren Social-Media-Kanälen, teile ihre Inhalte, druck unsere Flugblätter aus. Vor allem: Werde selbst aktiv! Kontaktiere uns, wenn du den Widerstand gegen Blau-Schwarz mit Kommunismus stärken willst.
22.01.2025
Aus dem Inhalt:
- Leserbriefe
- Leitartikel: Nieder mit Blau-Schwarz – Klassenkampf organisieren
- Demos gegen Blau-Schwarz: Für eine revolutionäre Perspektive
- Italien: Soziale Revolte? Ja, aber wirklich!
- Sparzwang im Seniorenheim
- Eisenbahner und Bevölkerung sagen NEIN zu Sparmaßnahmen!
- Swing-Kitchen: Bewegung für Betriebsräte
- Nobelpreisträger beweist Marxismus
- Erinnern heißt kämpfen
- Bürgerblock: Warum es jetzt so schnell geht
- Wie kämpfen Kommunisten gegen Rechts: KPÖ und RKP
- Pierer, Benko, Wolf: Pleiten, Entlassungen, Millionenauszahlungen
- Die FPÖ: Reaktionär bis in die Knochen
- Was darf Demokratie Kosten?
- USA: Was bedeutet „America first“?
- Deutschland: Wohlfühlwahlkampf in Krisenzeiten
- Die Kurden vor dem Verrat
- Waffenstillstand in Gaza – Unterdrückung der Palästinenser geht weiter
- Syrien: Spielball des Imperialismus
- Revolution finanzieren, Funke abonnieren!
- Warum bist du bei der RKP aktiv geworden?
- Serbien: Auf zum Generalstreik!