Eine Welle antimuslimischer Gewalt prägte die ersten Augustwochen in Großbritannien. Nach einem Anschlag auf ein Tanzstudio, bei dem drei Mädchen ermordet wurden, verbreiteten rechtsextreme Gruppen auf Telegram die Lüge, dass es sich beim Täter um einen Muslim mit arabischem Namen handle. In zahlreichen Städten und Regionen kam es daraufhin zu ‚Protesten‘, das heißt faschistische Banden zogen randalierend durch die Straßen, attackierten Moscheen, Flüchtlingsunterkünfte und Supermärkte, verprügelten wahllos „Ausländer“ und schikanierten die muslimische Community. Von Willy Hämmerle.
Das britische Establishment schlägt nun Alarm und macht Leute wie den Neonazi Tommy Robinson oder Nigel Farage für die Gewalt verantwortlich. Aber gerade diese feine Gesellschaft – die Politiker und die Medien – hat überhaupt erst den Boden bereitet, auf dem Rassismus und Demagogie heute so prächtig gedeihen. Es sind die konservativen Tories, deren erklärtes Ziel die Schaffung einer „feindlichen Umgebung“ (hostile environment) für Migranten und Flüchtlinge war. „Stoppt die Boote“ um die „Invasion aus dem Ausland“ zu bekämpfen – das waren die Slogans der letzten Tory- Regierungen. Etwas gepflegter, aber nicht weniger rassistisch, gibt sich der neue Premierminister Keir Starmer (Labour), der mehr und schnellere Abschiebeverfahren verspricht.
Allerorts, auch hierzulande, kann dieses Muster beobachtet werden. Um von den Auswüchsen der Krise abzulenken, die unser Leben Jahr für Jahr immer unerträglicher macht, treiben die Herrschenden die Spaltung der Gesellschaft voran. Rassismus, Sexismus, Kulturkampf – jeder Ansatz ist recht, solange damit ein Keil in die Arbeiterschaft getrieben wird. Von den Bürgerlichen sind wir diese Politik gewohnt. Eine umso größere Schande ist es, wenn sich die führenden Vertreter der Arbeiterbewegung dieser miesen Tour unterordnen, oder sie gleich selber übernehmen. Das gilt für Großbritannien genauso wie für Österreich.
Denn um der rechten Gewalt und der rassistischen Hetze der Bürgerlichen etwas entgegensetzen zu können, braucht es die Einheit und Solidarität der Arbeiterklasse – darin liegt ihre Stärke. Lässt sie sich aber spalten, freuen sich die Kapitalisten. Hinter dem Rassismus verstecken sich Sparpakete, Lohnkürzungen und Angriffe auf die Arbeitsbedingungen. Das ist auch der Grund, wieso die Reformisten zu diesem Gift greifen: Weil sie den Kapitalismus akzeptieren, müssen sie selber diese Sparprogramme umsetzen.
An einigen Orten haben sich spontan die Bewohner zusammengetan, insbesondere aus der muslimischen Gemeinschaft, um sich gegen die Angriffe zu wehren. Sie bildeten Abwehrgruppen, organisierten Gegenproteste und blockierten die rechten Aufmärsche. Oftmals konnten so Moscheen oder Unterkünfte verteidigt werden und wo dies nicht gelang, wurden die von den Rechten verursachten Schäden schnell behoben. Überhaupt zeigte sich, dass die Faschisten in den breiteren Massen überhaupt nicht verankert sind. Während sie von überall her in die Zentren fahren, ist es die lokale Bevölkerung, die sich ihnen massiv entgegenstellt.
Der Widerstand ist spontan, er kommt aus dem unmittelbaren Bedürfnis der Arbeiter und Jugendlichen in den Stadtvierteln, die randalierenden Faschisten zurückzuschlagen. Diese Bewegung kommt von unten und demonstriert praktisch, dass die Rechten keine Chance haben, wenn wir uns gemeinsam zur Wehr setzen. Es ist aber klar: Die organisierte Arbeiterbewegung müsste eigentlich an ihrer Spitze stehen, den Widerstand organisieren und erklären, wie die rechte Gewalt untrennbar mit diesem System zusammenhängt. Die entschlossensten Kämpfer könnte man so für die Sache der Revolution, für den Sturz des Kapitalismus gewinnen.
Das ist aber nicht die Perspektive der der Reformisten und Sozialdemokraten. Diese Aufgabe fällt also den Revolutionären Kommunisten zu. Sie vertreten „stets das Interesse der Gesamtbewegung“ (Manifest). Sonst tut es keiner.
(Funke Nr. 226/30.08.2024)