Anlässlich der bevorstehenden Landtagswahlen in Niederösterreich am 3. März führten wir ein Interview mit Naomi Dutzi, der Kandidatin der Sozialistischen Jugend.
Am 3. März finden in NÖ Landtagswahlen statt. Ein bestimmendes Thema im Wahlkampf sind die Spekulationsgeschäfte mit öffentlichen Wohnbaugeldern durch die ÖVP. Welche Position vertrittst du in dieser Frage und wie würde die SJÖ die Wohnungsfrage lösen?
Naomi: Es braucht bundesweit ein absolutes Spekulationsverbot mit Steuergeld. Vor allem die jüngsten Skandale rund um die verspekulierten Wohnbaugeldveranlagungen zeigen, dass endlich Schluss sein muss mit der Casino-Mentalität der ÖVP!
Die Steuergelder der NiederösterreicherInnen müssen endlich dafür genutzt werden, leistbare Startwohnungen ohne hohe Einmalkosten für junge Menschen zu finanzieren. Aber auch die Kostenexplosion am privaten Wohnungsmarkt muss gesetzlich eingedämmt werden. Es muss Mietzinsobergrenzen geben.
Ganz generell muss zum Beispiel Barrierefreiheit auch im Wohnungsbau forciert werden und grad bei öffentlichen Bauaufträgen muss eine möglichst gute soziale Durchmischung der NutzerInnen das Ziel sein.
Die SJ versteht sich in der Tradition der Arbeiterjugendbewegung. Was sind aus deiner Sicht heute die wichtigsten Probleme von (jungen) ArbeitnehmerInnen? Und welche Antworten hast du auf diese Probleme?
Naomi: Hier weiß ich leider gar nicht, wo ich anfangen soll. Die steigende Jugendarbeitslosigkeit ist sicher eines der Probleme, die wir sofort in Angriff nehmen sollten. Österreich kann sich aus meiner Sicht nicht durch eine vergleichsweise niedrige Jugendarbeitslosigkeitsquote mit Lorbereen schmücken, denn jeder Mensch ohne Arbeit ist einer zu viel! Ich denke durch eine Jugendbeschäftigungsgarantie bis 24 kann der steigenden Perspektivenlosigkeit junger Menschen entgegengesteuert werden. Aber das ist natürlich nur Symptombekämpfung. Die eigentliche Antwort muss Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich heißen. Und im Endeffekt geht es natürlich darum, das System der Lohnsklaverei zu überwinden.
Ein massives Problem, das für Frauen noch verstärkt in Erscheinung tritt und das in den Krisenjahren zugenommen hat, ist das der prekären Beschäftigungsverhältnisse. Während ManagerInnengehälter weiter steigen, werden Menschen in Kurzarbeit geschickt oder als LeiharbeiterInnen ausgebeutet. Dem sollte gesetzlich dringend ein Riegel vorgeschoben werden. Es darf keine Beschäftigungsverhältnisse geben, die nicht sozialrechtlich abgesichert sind.
Wenn es um Lehrlinge geht, sind hier die zentralen Probleme die niedrige Entlohnung und die teuren Internatskosten. Hier fordere ich eine Mindestlehrlingsentschädigung und die Übernahme der Internatskosten durch den Betrieb. Außerdem sollen jene Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden, in einen Lehrlingsfond einzahlen, dessen Erträge dann wiederum in überbetriebliche Werkstätten und andere Maßnahmen fließen müssen.
Du bist auch frauenpolitische Sprecherin der SJÖ. Welches frauenpolitische Programm vertrittst du in diesem Wahlkampf?
Naomi:
Frauenpolitik wird in der SJ vor allem als Querschnittsmaterie gehandhabt. Somit betreffen viele unserer Forderungen Frauen in besonderem Ausmaß. Wenn es um die Anhebung der Lehrlingsentschädigung geht, dann geht es auch um eine Neubewertung von Arbeit, dann geht es auch darum im selben Atemzug zu sagen, dass ein Kindergärtner/eine Kindergärtnerin nicht weniger Verantwortung trägt als eine KFZ Mechanikerin/ein KFZ Mechaniker.
So verhält es sich auch, wenn es um Umverteilung durch die Besteuerung von Vermögen geht. Auch hier wäre der Lenkungseffekt für Frauen, die insgesamt weniger Vermögen besitzen und auch öfter unter der Armutsgrenze leben, ein besonders positiver.
Ganz explizit fokussiere ich mich in diesem Wahlkampf frauenpolitisch auf zwei Punkte. Eine konkret umsetzbare Forderung ist das flächendeckende und kostenlose Angebot von Selbstverteidigungskursen an Schulen. Da in Österreich in etwa jede 5. Frau von Gewalt betroffen ist, wäre das eine ganz dringende Maßnahme.
Als zweiten Punkt beschäftige ich mich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Leider zählt dieses Thema noch immer zu der Rubrik „Frauenpolitik“, weil Frauen noch immer zwei Drittel der unbezahlten Reproduktionsarbeit verrichten und durch mangelndes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen nach der Karenzzeit oft nicht mehr in einen Vollzeitjob zurückkehren können. Ich denke, dass man hier ansetzten muss und flächendeckend Krabbelstuben und Kindergärten kostenlos anbieten muss, deren Öffnungszeiten mit den Arbeitszeiten der Eltern vereinbar sind! Und mit der Lüge der angeblichen Wahlfreiheit muss endlich Schluss sein und zwar solange bis es wirklich gleiches Geld für gleiche Arbeit gibt, bis es kostenlose Kinderbetreuung gibt, die sich den Bedürfnissen der Menschen anpassen, bis wir in einer Gesellschaft ohne einengende Geschlechterrollenbilder leben.
Die SJ steht oft links von der SPÖ. Würdest du dich als Landtagsabgeordnete z.B. bei der Abstimmung über ein Sparpaket an die SPÖ-Klubdisziplin halten oder dem Programm der SJ verpflichtet fühlen?
Naomi: Ich bin in der Sozialistischen Jugend aktiv geworden, weil ich mit linken Antworten auf die brennenden Fragen etwas verändern wollte – sowohl in der Gesellschaft, als auch in der eigenen Partei. Dazu stehe ich und dem bleibe ich treu, auch wenn ich eine politische Funktion bekomme. Ich bin sicherlich keine Parteisoldatin, die kopfnickend allem zustimmt, sondern bin der Überzeugung, dass nur konstante und konstruktive Kritik neuen Wind von links in die Bewegung bringen kann. Wenn ich an das mehrheitliche Kopfnicken der SPÖ Abgeordneten bei der letzten Verschärfung des Fremdenrechtspakets denke, kommt mir das Kotzen! Genauso verhält es sich mit dem Einzementieren von Sparzwängen, die im Abbau des Sozialstaates münden.
Warum sollte man am 3. März dir und nicht dem Spitzenkandidaten der SPÖ eine Vorzugsstimme geben?
Ein starkes Ergebnis für die Sozialistische Jugend ist auch ein starkes Zeichen für den Wunsch nach einem dringend notwendigen Linksruck in der Partei. Außerdem fordere ich ein, dass endlich auch Junge und ihre Interessen ernst genommen werden. Und zwar nicht nur die Angepassten.
Wie viel sollen Landtagsabgeordnete verdienen?
Naomi: Diese Frage kann ich nicht mit einer konkreten Zahl beantworten. Ich denke, wie vorhin schon erwähnt, dass Arbeit prinzipiell neu bewertet werden muss. Natürlich müssen auch Landtagsabgeordnete etwas essen und leben können und tragen viel Verantwortung, allerdings werden die sehr hohen PolitikerInnengehälter auch damit gerechtfertigt, dass es dann weniger Korruptionsanfälligkeit gibt – dieses Argument wurde aber in der letzten Zeit eindrucksvoll widerlegt. Gleichzeitig muss natürlich dafür gesorgt werden, dass sich auch jene aus finanziell nicht so rosigen Verhältnissen Engagement in der Politik überhaupt „leisten“ können. Ich denke man muss hier an ganz vielen Rädern drehen, um am Ende saubere Politik ohne reine KarrieristInnen herauszubekommen.
Ein gutes Beispiel finde ich die Vereinbarung der Abgeordneten der KPÖ Steiermark, die die Hälfte ihres Gehaltes als Landtagsabgeordnete spenden.
Danke für das Gespräch.
Bereits zuvor interviewten wir Nikolaus Lackner (KPÖ).