Die Montanuni Leoben ist eine traditionelle Hochburg rechtsextremer Burschenschaften. Über deren Rolle und Ideologie berichtet unsere Korrespondentin aus Leoben.
„Oh alte Burschenherrlichkeit, wohin bist du entschwunden? Nie kehrst du wieder, goldne Zeit, so froh und ungebunden…!“ Nun ja, vielleicht gehört diese „Burschenherrlichkeit“ an vielen Universitäten in Österreich wirklich der Vergangenheit an, aber das ist in Leoben definitiv nicht der Fall. Als ahnungsloser Erstsemestriger bekommt man in den ersten Wochen einen regelRECHTEN Kulturschock: Unzählige „Unifestln“ auf den verschiedenen Buden (Häusern der Verbindungen) werden veranstaltet mit dem offensichtlichen Ziel wieder möglichst viele neue Füxe, also neue Verbindungsmitglieder, zu fangen. Das Bier fließt in Strömen, die Verbindungsangehörigen sind freundlich und eine Unterschrift nach der anderen landet auf der Anwärterliste. So weit, so gut, aber noch weiß man nicht, auf was man sich da wohl eingelassen hat. Immer wieder wird man auf die Buden eingeladen und auf einmal hört man dann als Verabschiedung „schön, dassd da warst, es war mir ein innerer Reichsparteitag“. Gut. Das muss man dann erstmal verdauen.
Und irgendwie nimmt man es hin, solange am nächsten Tag die Lösungen der Mathematik-Übung auf der Facebook-Seite der Verbindung stehen. So macht man im Alltag der Montan-Uni Werbung für sich. Die Vorrechenabende und Lerngruppen auf den Buden der Verbindungen sind gut besucht und insgesamt hört es sich ja gar nicht mal so schlimm an, Mitglied einer Verbindung, oder Burschenschaft zu sein: gemeinsame Studierstunden, Feste, Zusammenhalt, körperliche Ertüchtigung,…. Moment mal, das kommt uns allen dann doch REICHlich bekannt vor – also das mit der körperlichen Ertüchtigung und dem Zusammenhalt. Und dann sind da noch zwei besondere Aufnahmekriterien, die in vielen Burschenschaften großgeschrieben werden: der abgeleistete Wehrdienst und die österreichische oder deutsche Staatsbürgerschaft. Zusammen mit dem Wahlspruch „Deutsch, Furchtlos und Treu“ (B! Leder) kann da auch die Beteuerung „Extreme beider politischer Lager werden nicht aufgenommen“ das Bild nicht mehr gerade rücken.
Aber all das soll doch nur dazu dienen die Tradition aufrecht zu erhalten. Ein Spruch, der auf der Montanuniversität Leoben gut ankommt, wo hier doch so viel Wert auf gute alte Traditionen gelegt wird und ist der Grund, warum die zehn Korporationen in Leoben von der Universität nicht nur geduldet, sondern auch gefördert werden. Am Tag der Matrikelschein-Übergabe wird einem Erstsemestrigen das erste Mal bewusst, wie viel Einfluss die Verbindungen auf das Uni-Leoben haben: die Fuxmajore, also die „Vorgesetzten“ der Füxe, ziehen im Gleichschritt ausgestattet mit Schläger (eine Art Säbel), Uniform und einem Fuchs am Kopf, oder auf der Schulter als Zeichen ihres Standes ein. Die gesamte Veranstaltung über stehen sie im Hintergrund und der jeweilige Fuxmajor salutiert, wenn einer seiner Füxe an ihm vorbeizieht. Außer dem enormen Unterhaltungswert der Uniformen (in den Augen vieler eher als Faschingskostüme zu bezeichnen) ist es auch interessant zu beobachten, wer nun wirklich vor hat in eine der Verbindungen einzutreten. Aber der Weg zum Beitritt soll für sie noch ein langer werden.
Die nächste Veranstaltung, die zu den „großen Traditionen“ auf der Montan gehört, ist der Ledersprung. Ein jährlich von einer anderen Verbindung ausgerichtetes Besäufnis unter den Augen des Rektors und der Professoren. Viele der Professoren geben hier offen zu selbst Korporationsangehörige zu sein und als unbeteiligter Beobachter stellt sich da schon die Frage, ob sich nicht unter Umständen Vorteile für bestimmte Studenten ergeben…. Die Offenheit der Korporierten in Leoben spricht ein Fux in der Fuxenrede an: „Bevor ich nach Leoben kam, hab ich in Wien studiert und war dort Teil einer Verbindung. Sie haben unser Verbindungshaus angezündet. Hier kann ich wie alle meine Bundesbrüder und auch die Mitglieder der anderen Verbindungen jeden Mittwoch im Couleur und mit meinem Band (zeigt an, welcher Verbindung man angehörig ist) auf die Uni gehen und brauche keine Angst zu haben.“ Na gut, aber warum hat man wohl in Wien Aggressionen gegen die Verbindung gezeigt? Vielleicht hilft folgender Wahlspruch, der beim Ledersprung in aller Öffentlichkeit und aus vollem Herzen in ein Mikrophon gebrüllt wurde, bei der Beantwortung dieser Frage: „Mit Reinheit zur Einheit“. Ich glaube, das erklärt einiges.
Nach der erfolgreichen Absolvierung des Ledersprungs (den man auch nur als Gast einer Verbindung machen kann) folgt für die Füxe die Fuxenprüfung. In den Vorbereitungsstunden lernen sie in dort unter anderem die Geschichte des eigenen Bundes, deutsche Geschichte, bergmännisches Brauchtum und Liedgut und müssen wöchentlich Referate zur Innen- und Außenpolitik halten (B! Cruxia). Bei schlagenden Verbindungen muss auch noch die Schlägermensur gefochten werden, bevor man aktiver Bursch ist. Dass diese Mensuren nicht immer ungefährlich sind, zeigen der eine oder andere Kopfverband und die Narben im Gesicht der schlagenden Burschen (Schmiss). Diese Verletzungen werden mit solch Stolz und Würde getragen, dass man meinen könnte, es handle sich dabei um besonders teure Accessoires. In der gesamten Zeit als aktiver Bursch ist man an den organisatorischen Fragen in der Verbindung beteiligt und verbringt den Großteil seiner Zeit in Verbindungshaus. Nach dem Studium hört man immer wieder von seiner Verbindung, denn es gilt der Freundschaftsbund mit Lebensprinzip. Alles was einem die Verbindung gegeben hat, erwartet sie jetzt zurück. So sind die Finanzierung und der Fortbestand auch weiterhin gesichert.
Aber ist das wirklich eine Tradition, die zu bewahren sich lohnt? Ist das Ziel Studenten im Sinne eines mannhaften Eintretens für Heimat und Volk formen zu wollen nicht vollkommen fehl am Platz?! Die Burschenschaften rühmen sich heute noch im Kärntner Abwehrkampf an vorderster Front gekämpft zu haben, aber gegen was wollen sie heute ihre Säbel erheben? Gegen die „roten Putschisten“, wie es die B! Leder formuliert? Eher kämpfen sie gegen sich selbst in so manchem Leobener Nachtlokal, denn nach der anstrengenden „körperlichen Ertüchtigung“ folgt meist ein kleines Besäufnis auf der Bude und die „kleineren“ Streitereien zwischen den Verbindungen enden nicht selten im Krankenhaus. Und die Universität schaut zu und ist stolz auf diese „Tradition“. Eine „Tradition“ bei der (angehende) Akademiker sich gegenseitig Verbindungsnamen wie „Bimbo“ geben, über Ausländer lästern und „die Judenfrage diskutieren“. Und das alles auf einer der führenden Universitäten Österreichs….
Es ist Zeit die Burschenherrlichkeit wirklich entschwinden zu lassen, und Zeichen zu setzen, dass dies Zeit nie wieder kehren soll. In diesem Sinne ein rotes Glück Auf!