Im „Superwahljahr“ 2024 überschlagen sich die Parteien und Interessensvertretungen mit Forderungen nach einem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Wer glaubt, dass dahinter der Versuch steckt, die Versäumnisse der letzten Jahre wiederauszugleichen, irrt. Von Edina Robač.
Mittlerweile ist es keine Seltenheit mehr, dass Unternehmen und Organisationen, bei denen man vor wenigen Jahren nur durch das typisch österreichische „Vitamin B“ einen befristeten Sommerjob bekommen konnte, über die sozialen Netzwerke nach BewerberInnen für ihre offenen Stellen suchen. Die Unternehmen sind verzweifelt ob der Situation am heimischen Arbeitsmarkt. Es fehlt nicht nur an gut ausgebildeten FacharbeiterInnen, sondern auch mehr und mehr an Personen, die bereit sind, ihre Lebenszeit für einen Hungerlohn zu verkaufen. „Zuckerl“ wie Obstkörbe, Kaffee und flache Hierarchien reichen schon lange nicht mehr, um ArbeiterInnen von einer Stelle zu überzeugen.
Die „logische“ Konsequenz? Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, um auf jene Personengruppe zurückgreifen zu können, die aufgrund familiärer Verpflichtungen dem Arbeitsmarkt nur bedingt zur Verfügung steht – Eltern und dabei in erster Linie Mütter.
Doch die Sache hat einen Haken. Denn das benötigte Geld für den infrastrukturellen Ausbau sowie die Ausbildung und Bezahlung des pädagogischen Personals will der Staat nicht zur Verfügung stellen. Erklärtes Ziel der Regierenden ist es, lediglich Aufbewahrungsstätten für Kinder zu schaffen, um die Eltern aus der Betreuungspflicht zu nehmen. Die „industrielle Reservearmee“ soll so mobilisiert werden. Passend dazu die aktuelle Forderung nach der Kürzung des Arbeitslosengeldes und der Beschränkung der Zuverdiensts-Möglichkeiten für Arbeitslose mittels geringfügiger Beschäftigung.
In der Welt des Kapitals sind Kinder ein Störfaktor, der Mütter davon abhält, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Was es wirklich bräuchte, sind – neben einer generellen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich – ein tatsächlicher Ausbau der Kinderbildung und die Etablierung von betrieblichen Bildungseinrichtungen unter der Kontrolle der ArbeiterInnen. Im Kapitalismus wird es das nicht geben, denn dieses System ist nur darauf ausgelegt, möglichst kostengünstig Profit für einige Wenige zu erwirtschaften und mithilfe des maroden Betreuungs- und Schulsystems die nächste Generation an Arbeitskräften heranzuzüchten.
(Funke Nr. 221/27.02.2024)