Auf unserer jüngsten bundesweiten Redaktionssitzung wurde folgendes Perspektivdokument diskutiert und verabschiedet. Es liefert die politische Grundlage für die Arbeit der Funke-Strömung in der kommenden Periode.
Einleitung
Unsere Epoche wird bestimmt durch die größte kapitalistische Krise seit Jahrzehnten. Das Kapital nutzt diese Krise zu einer beispiellosen Offensive. Über Sparpakete, Null-Lohnrunden, Arbeitsmarktreformen, die Zerschlagung der Kollektivverträge, Arbeitsplatzvernichtung und Fabrikschließungen wird die Krise auf den Rücken der Arbeiterklasse abgewälzt. Die traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung stehen dieser Krise hilflos gegenüber, weil auf kapitalistischer Grundlage, die sie grundsätzlich als gegeben hinnehmen, auch gar kein anderer Weg denkbar ist. Die Führungen dieser Organisationen sind meilenweit von der Lebensrealität der Lohnabhängigen entfernt. Diese Krise der politischen Repräsentanz der Arbeiterklasse ist ein zentraler Faktor zum Verständnis der aktuellen Situation in Österreich und international. Dieses Problem zu lösen, ist die grundlegende Aufgabe, vor der MarxistInnen heute stehen.
Ursachen der kapitalistischen Krise
Jeder Versuch, eine politische Alternative zur jetzigen Führung der Arbeiterbewegung aufzubauen, kann nur erfolgreich sein, wenn es gelingt eine Antwort auf die Krise zu formulieren. Dies wiederum setzt eine korrekte Analyse der Krisenursachen voraus.
Die Krise nahm 2007 ihren Anfang mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA. Damit waren all jene bürgerlicher Ökonomen widerlegt, die uns erklären wollten, dass es einen krisenfreien Kapitalismus geben könne. Diese Krise ist aber weit mehr als eine Rezession im Zuge des normalen Konjunkturzykluses. Vielmehr markiert diese Krise einen Epochenwandel, der nicht nur durch eine Verschlechterung bestimmter Wirtschaftszahlen gekennzeichnet ist, sondern auch nachhaltig die Beziehungen zwischen den Klassen und die internationalen Beziehungen verändert. Der Kapitalismus ist mit dieser Krise ökonomisch aus dem Gleichgewicht geraten. Jeder Versuch dieses Gleichgewicht wieder herzustellen, bedeutet Krieg gegen die Arbeiterklasse und destabilisiert die Beziehungen zwischen den Klassen.
Die These, dass wir es hier mit einer Finanzkrise zu tun hätten, ist völlig ungeeignet den wahren Ursprung der Krise zu verstehen. Schon Marx setzte sich im „Kapital“ mit dieser Frage auseinander: „In einem Produktionssystem, wo der ganze Zusammenhang des Reproduktionsprozesses auf dem Kredit beruht, wenn da der Kredit plötzlich aufhört und nur noch bare Zahlung gilt, muß augenscheinlich eine Krise eintreten, ein gewaltsamer Andrang nach Zahlungsmitteln. Auf den ersten Blick stellt sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise dar.“ Die Grunddaten in der Produktion erscheinen zu diesem Zeitpunkt noch als „gesund“, wie Marx erklärt hat. In Wirklichkeit sind die Produktivkräfte in dieser Phase der Überproduktion schon längst „auf das höchste, bis über die kapitalistischen Schranken des Produktionsprozesses hinaus angespannt“. Der Finanzkrise liegt aber immer eine Überakkumulation von Kapital zugrunde. Weil in der Produktion das Kapital nicht mit der ausreichenden Profitabilität eingesetzt werden kann, beginnt neben einem Kapitalexport in Niedriglohnländer eine Suche nach neuen Anlageformen auf den Finanzmärkten.
Auch der gegenwärtigen Krise liegt eine Überproduktion und Überkapazität im Produktivsektor zugrunde. Ein gutes Beispiel liefert die Stahlindustrie. VOEST-Chef Eder ließ erst jüngst mit der Aussage aufhorchen, dass in Europas Stahlindustrie 50-60 Mio. Tonnen zu viel produziert werden, das entspricht jeder vierten Tonne Stahl. Diese Situation hält seit vier Jahren ununterbrochen an. Eder fordert daher einen von der EU finanziell unterstützten Schrumpfungsplan, der die Schließung von ganzen Produktionsstandorten vorsieht. In der Autoindustrie, einem weiteren Schlüsselsektor der kapitalistischen Wirtschaft, haben wir dieselbe Situation. Hier ist die Flurbereinigung schon angelaufen. Vor allem die Autohersteller in Frankreich und Italien müssen Produktionsstandorte stilllegen, doch auch vor der deutschen Autoindustrie macht diese Überproduktionskrise nicht halt. 2012 werden in Europa 5 Millionen weniger Autos verkauft als es an Produktionskapazitäten gibt. Das ist kein neues Phänomen. Über Jahre konnte diese schon seit langem schwelende Krise aber hinausgezögert werden. Die Mittel dazu waren die Expansion des Finanzsektors und des Kreditwesens, was zu einer Verschuldung der privaten und öffentlichen Haushalte wie auch der Unternehmen von historischem Ausmaß geführt hat. Eine weitere Rolle spielten die Hebung der Profitrate in Folge der Integration Chinas in den Weltmarkt und niedrige Rohstoffpreise aufgrund der Hegemonie des US-Imperialismus nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Eine Reihe von politischen Faktoren hatten diesen Wirtschaftsaufschwung verstärkt: der relative soziale Frieden in den USA und Europa als Folge der sich beschleunigenden politischen Degeneration der Arbeiterbewegung nach dem Zusammenbruch des Stalinismus, die weitere Integration der großen Wirtschaftsblöcke (EU, NAFTA), der kapitalistische Transformationsprozess in China u.a.
Die Bürgerlichen haben versucht diese Krise mit allen Mitteln zu verhindern. Ein wichtiges Instrument dazu war die expansive Geldpolitik nach 2001 in den USA. Was eine Zeit lang gut zu gehen schien, legte aber im Endeffekt nur die Basis für eine Verallgemeinerung der Krise. Das Hinauszögern der Krise hat lediglich dazu geführt, dass sie jetzt eine umso zerstörerische Kraft entwickelt.
In der Linken wird zwar sehr viel von „Systemkrise“ gesprochen, doch sind die politischen Antworten angesichts des falschen Verständnisses der Krisenursachen mehr als unzureichend.
Mit Ausbruch der Krise haben zwar systemkritische Ideen Hochkonjunktur, das allein ist aber noch nicht ausreichend für den Aufbau einer Alternative. Das Ausmaß der Krise hat selbst in den Reihen der herrschenden Klasse den Ruf nach Maßnahmen und wirtschaftlichen Reformen zur Restabilisierung des Systems aufkommen lassen. Eurobonds, Reform der EZB, Finanzmarktregulierung sollen wieder den Kapitalismus „zur Vernunft“ bringen. Dazu kommt Kritik von Organisationen wie ATTAC, die mit ihrem Ruf nach einer demokratischen Bank, Corporate Social Responsability (CSR) usw. dem Unmut von Teilen des Kleinbürgertums und der Mittelschichten eine Stimme geben. Diese Teile der Gesellschaft bekommen selbst oft die Krise schmerzhaft zu spüren und sind dementsprechend „empört“, gleichzeitig sind sie jedoch aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung nicht fähig, eine gangbare Alternative aufzuzeigen. Sie finden einen Ausdruck in allerlei utopischen und obskuren Konzepten (Kapitalismus ohne Zins).
Die organisierte Arbeiterbewegung hat auch fünf Jahre nach Ausbruch der Krise keine eigenständige und wirklich kohärente Position zur Frage der Krisenursachen und einer möglichen Systemalternative entwickeln können. Dementsprechend gibt sie das Fußvolk für die hier angeführten Formen von „Systemkritik“.
Die Bürgerlichen geben hingegen von ihrem Klassenstandpunkt aus eine unmissverständliche Antwort, wie die Krise zu lösen sei. Ihr zentraler Ansatzpunkt zur Wiederankurbelung der Akkumulation ist die verstärkte Ausbeutung der Ware Arbeitskraft (Arbeitszeit verlängern, Löhne senken, Arbeitsdruck erhöhen, Kollektivverträge spalten und zerschlagen, Pensionsantrittsalter erhöhen). Das Kapital wird nur investiert, wenn es möglichst viel Profit abwirft und der einzelne Kapitalist auf dem Markt wettbewerbsfähig ist. Außerdem sollen durch die ganzen staatlichen Rettungspakete die Schulden der Kapitalisten in öffentliche Schulden umgewandelt werden.
Die Krise soll auf diesem Weg von den ArbeiterInnen gezahlt werden. In dieser Frage sind sich die Bürgerlichen allesamt einig.
Lösung der Krise im Rahmen des Systems?
Der zweite Hebel zur Abwälzung der Krise auf die Arbeiterklasse erfolgt im Zuge der massiven Kürzungen bei den staatlichen Sozialausgaben. Die Bürgerlichen verkaufen uns das als notwendige Antwort auf die Staatsschuldenkrise. Dabei ist diese hohe Staatsverschuldung das direkte Resultat einer Wirtschaftspolitik, die entgegen der neoliberalen Doktrin auch in den 1990ern und 2000ern keinen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft brachte, sondern gezielt die Kapitalverwertungsbedingungen zu verbessern versuchte. So stieg schon vor Ausbruch der Krise die Staatsverschuldung der größten Industrienationen von 40% des BIP (1974) auf 80% des BIP (2007). Durch die massiven Sparpakete im Zuge des Maastricht-Prozesses und auf der Grundlage des spekulationsgetriebenen Aufschwungs im vergangenen Jahrzehnt konnte die Staatsverschuldung in einigen Ländern ein wenig eingedämmt werden, dies änderte aber nur wenig am generellen Trend der letzten 40 Jahre. Im Vergleich zur Krise von 1929 lag die Staatsverschuldung vor Ausbruch der aktuellen Krise um 20 Prozentpunkte höher. Die Bankenrettungs- und Konjunkturpakete nach 2008, mit denen die Verluste des Privatkapitals v.a. im Finanzsektor im großen Stil vergesellschaftet, d.h. zu öffentlichen Schulden gemacht wurden, hatten zum Ziel, einen unmittelbaren Zusammenbruch des Systems abzuwenden und die Investments der Kapitalbesitzer vor Wertzerfall zu sichern. Wer damals die Hoffnung hatte, dass diese verstärkte Intervention des Staates in die Wirtschaft zu einem „Ende des Neoliberalismus“ führen würde, hat sich aber mächtig getäuscht.
Die Sozialdemokratie ist heute von der Vorstellung getrieben, es gehe einfach nur um die Erringung politischer Mehrheiten, um dann diese Masse an öffentlichen Geldern im Interesse der Bevölkerung einzusetzen. Mit ihren Forderungen nach mehr Steuergerechtigkeit und Umverteilung, stärkeren Finanzmarktregulierungen, soll ein längst vergangenes Goldenes Zeitalter des Kapitalismus neu belebt werden.
In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine utopische Konzeption. Sie blendet völlig die konkreten (und sehr außergewöhnlichen) Umstände aus, unter denen sich der Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg entwickeln konnte.
Die Gefahr, die mit diesem Ansatz verbunden ist, besteht darin, dass die Arbeiterbewegung auf ein Anhängsel von angeblich vernünftigen Teilen aus dem bürgerlichen Lager reduziert wird. Sobald die Sozialdemokratie an der Regierung ist, ist sie aber unter dem Druck der Märkte gezwungen, selbst dieses gemäßigte Reform- und Regulierungsprogramm aufzugeben. Die einzige „Vernunft“ ist dann das Programm der wirtschaftlich stärksten Macht. Die Entwicklung von Hollande in Frankreich, der schon kurze Zeit nach seinem Amtsantritt ein riesiges Sparpaket umsetzen muss, die Politik seines konservativen Vorgängers fortsetzt und sich auf europäischer Ebene Merkel unterordnet, zeigt dies eindrücklich. Das politische Scheitern eines solchen Projekts ebnet erst recht der Rechten den Weg.
Dazu kommt, dass angesichts des gewaltigen Ausmaßes der Staatsverschuldung in den letzten Jahren eine weitere Ausdehnung der Staatsfinanzen und eine klassisch keynesianistische Politik undenkbar ist. Die Reformisten aller Länder klammern sich trotzdem an Keynes wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm. Die materielle Basis für den Reformismus, die Bürokratie in der Arbeiterbewegung, ist in letzter Instanz abhängig vom Kapitalismus und der Bourgeoisie. In der Epoche nach dem zweiten Weltkrieg wurde sie materiell durch den Wirtschaftsaufschwung enorm gestärkt. Als sich in den 80ern am Horizont ihr politischer Bankrott bereits abzeichnete, kam ihr aber der Kollaps des stalinistischen Ostblocks zu Hilfe. Der Kapitalismus erhielt eine historische Gnadenfrist, und mit ihm die Reformisten in der Arbeiterbürokratie. Die Massenorganisationen gingen weit nach rechts, nachdem die scheinbare Alternative zur offenen Unterstützung des Kapitalismus weggebrochen war. Die Rechtsreformisten gingen offen auf die Seite der Bourgeoisie über. Doch die Niederganstendenzen des Kapitalismus, die spätestens seit dem Ende der 70er und Anfang der 80er wieder deutlich geworden waren, ließen sich nicht aufhalten, nur aufschieben. Im Kapitalismus war seitdem die Verbesserung, ja allein das Bewahren der Lebenssituation der Massen nur noch über gesteigerte Verschuldung der Staaten und auch Privathaushalte möglich. Die linksreformistischen Massenorganisationen- und Strömungen, selbst die radikalsten, wurden deswegen zu Verteidigern der steigenden Staatsverschuldung, verbrämt durch keynesianische Ideologie. Doch die Rückzahlungsversprechen an die BesitzerInnen von Staatsanleihen sind mit Brief und Siegel eingeräumt. Auch sozialdemokratische Regierungen sind gezwungen diese Schulden zurückzuzahlen. Seit dem Beginn der Krise sind diese noch einmal enorm explodiert. Ein grundlegender Konflikt in allen europäischen Ländern liegt deswegen darin, dass die garantierte Verzinsung für den aufgehäuften Reichtum der Kapitalisten (in Form von Anleihen und Krediten) in einer Periode der schrumpfenden Märkte und finanzieller Turbulenzen nicht bedient werden kann. Der Ausweg aus Sicht des Kapitals: Der Anteil der Arbeiterklasse am wirtschaftlichen Gesamtprodukt muss nachhaltig zurückgefahren werden. Griechenland liefert aber den traurigen Beweis, dass selbst das brutale Kürzen der Sozialausgaben und der Löhne (die sogenannte „interne Abwertung”) nicht genügend Ressourcen mobilisiert, um die Rückzahlung der Schulden an die Investoren zu garantieren.
Eine Lösung der Krise im Rahmen des Kapitalismus wäre nur möglich, wenn es zu einer massiven Reduktion der Produktionskapazitäten im Rahmen einer Kapitalvernichtung kommt. Dies ist die zentrale Rolle der Krise als reinigendes Gewitter. Eine Kapitalvernichtung würde aber erhebliche Folgen haben: Arbeitslosigkeit, Massenarmut, und könnte eine weitere Abwärtsspirale auslösen. Die miteinander in Konkurrenz stehenden KapitalistInnen versuchen eine Vernichtung eigenen Kapitals (Produktionskapital und Ansprüche) abzuwenden (hier Allianz zwischen ArbeiterInnenbewegung und Kapital in solchen Fragen, siehe oben) und eine Vernichtung des jeweils anderen Kapitals zu erreichen. Sie versuchen dies, indem die nationalen Regierungen mit Hilfe von nationalen Konjunkturpaketen die nationale Bourgeoisie über die Krise hinwegretten, während ausländisches Kapital in der Krise untergeht (hier war z.B. Deutschland wesentlich erfolgreicher als andere Länder). Eine Vernichtung von Produktionskapital im Rahmen eines Weltkrieges wie Anfang der 40er Jahre scheint aus heutiger Sicht unrealistisch. Teilweise versuchen die Bürgerlichen, über eine gezielte, subventionierte Deinvestierung in Griechenland oder in einzelnen Wirtschaftssektoren Überkapazitäten abzubauen. Dies ist allerdings fruchtlos, wenn so deinvestiertes Kapital nicht woanders profitabel investiert werden kann. Ohne Vernichtung von Produktionskapazitäten kann aber diese Krise mittelfristig selbst dann nicht abgewendet werden, wenn es zu einer Verbesserung der Verwertungsbedingungen des Kapitals durch eine Erhöhung der Mehrwertrate kommt.
Ernsthafte Schritte in die Richtung einer höheren Besteuerung von Vermögen und Profiten zur Finanzierung des Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssystems sind unter den jetzigen politischen Kräfteverhältnissen undenkbar. Möglich wären diese nur als Nebenprodukt heftiger Klassenkämpfe, die in Wirklichkeit schon einem revolutionären Prozess gleichkommen würden. Dies zeigt sich am Beispiel der Verstaatlichungen und Sozialreformen in Venezuela und Bolivien.
Ein weltweiter Prozess
Die Globalisierung des Kapitalismus hat in den letzten 20 Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Alle Länder sind über den Weltmarkt eng miteinander verbunden. Nationale Sonderwege sind unter diesen Bedingungen nahezu ausgeschlossen. Diese Entwicklung erklärt auch, warum sich die Krise weltweit entfaltete. Der Arabische Frühling ist genauso vor ihrem Hintergrund zu sehen wie die Streikbewegungen in Nigeria, Südafrika oder in Indien. In den USA hatte die Wirtschaftskrise ganz verheerende soziale Folgen. Die materielle Grundlage des „American Dream“ ist dauerhaft zerstört, was auch in der Occupy-Bewegung und in einer Zunahme des Klassenkampfes resultierte.
Was wir hier global sehen, ist die Vorbereitung der materiellen Bedingungen für einen Aufschwung des Klassenkampfes und für revolutionäre Prozesse. Von entscheidender Bedeutung dafür wird aber die Entwicklung in Europa sein. Und mit der Krise in den südeuropäischen Ländern, beginnend mit Griechenland und nun auch Spanien, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass die Revolution wieder nach Europa zurückgekehrt ist.
Die Krise in Europa
Die Krise in Europa ist untrennbar verbunden mit der Frage der Gemeinschaftswährung Euro, auch wenn der Euro nicht die Ursache der Krise, sondern nur einer ihrer Katalysatoren ist. Die EU war immer das Europa des Kapitals, wie sich anhand seiner Liberalisierungspolitik, seiner Außen- und Sicherheitspolitik, seiner undemokratischen Institutionen usw. sehr gut zeigen lässt. Die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, die fortschreitende Integration der EU und vor allem die Einführung des Euro solllten den europäischen Kapitalismus für den globalen Konkurrenzkampf gegen die USA und Asien fit machen. Der Versuch eine gemeinsame Währung auf kapitalistischer Grundlage und mit völlig verschiedenartigen nationalen Ökonomien, die in entgegengesetzte Richtungen sich entwickeln, zu schaffen, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. In der Krise sind die Widersprüche und Gegensätze zwischen den wirtschaftlich stärkeren Ländern (allen voran Deutschland) und den schwächeren Ländern voll aufgebrochen. In dem rigiden System der Währungsunion setzten sich die Ökonomien mit einer höheren Arbeitsproduktivität immer mehr durch und verdammten Länder wie Griechenland zum wirtschaftlichen Niedergang. Das ist der wahre Kern der Euro-Krise.
Die Achillesferse der europäischen Bourgeoisie liegt in ihrer organischen Unfähigkeit zur Überwindung der nationalstaatlichen Grenzen auf dem alten Kontinent, die einer vollständigen Integration Europas entgegenstehen. Diese Schwäche manifestiert sich in der Krise ganz offen und rückt Europa ins Zentrum der Krise des globalen kapitalistischen Systems. Die Entwicklung in Europa ist widersprüchlich: Das Ziel der deutschen Bourgeoisie die direkte Kontrolle über die anderen EU-Länder zu erlangen steht ihrer gleichzeitigen Unfähigkeit ihren Willen allen anderen Ländern vollständig aufzuzwingen entgegen.
Es wurde in der Krise offensichtlich, dass das deutsche Kapital die vergangene Periode dazu nutzte, um seine Stellung auf dem Weltmarkt zu verbessern. Es investierte in die Produktion, steigerte die organische Zusammensetzung des Kapitals und unter der Führung eines sozialdemokratischen Kanzlers senkte sie massiv die Arbeitskosten durch eine Reihe von Arbeitsmarktreformen (Hartz IV), die Anhebung des Pensionsantrittsalters und niedrige Lohnabschlüsse. Unterstützung erhielt das Kapital dabei von der Gewerkschaftsführung, die auch während der Krise auf eine Burgfriedenspolitik setzte. Deutschland nutzte außerdem die sinkenden Zinsraten in den südeuropäischen Staaten in Folge der Errichtung der Eurozone zu einem regelrechten Exportboom. Die Exporte finanzierte sie über die billige Kreditvergabe der deutschen Banken an die Käufer dieser deutschen Industrieprodukte. Das führte zu einer extrem ungleichen Entwicklung der Zahlungsbilanz in den verschiedenen europäischen Staaten: (siehe Statistik in Funke Nr. 110, S.2)
Mehr als ein Viertel der gesamten Industrieproduktion in der EU entfällt heute auf Deutschland. Auf der anderen Seite vernachlässigte die Bourgeoisie der sogenannten PIGS-Staaten die Investitionstätigkeit in die Produktion, dafür weitete sie enorm die öffentliche Verschuldung aus, um das System am Laufen zu halten. Diese Haltung erinnert stark an die Bourgeoisien in der ex-kolonialen Welt.
Durch die daraus resultierenden Kapitalflüsse konnten Deutschland und die anderen Länder im Zentrum der EU große Vermögenswerte gegenüber den Staaten der EU-Peripherie anhäufen: (siehe Statistik in Funke Nr. 110, S.3)
Im Zuge der Krise explodierten die finanziellen Ungleichgewichte zwischen der Deutschen Bundesbank und den südeuropäischen Zentralbanken regelrecht. Dies lässt sich sehr gut anhand des Target 2-Zahlungsverkehrssystems der EZB (Saldo des Zahlungsverkehrs zwischen den verschiedenen Ländern der Eurozone). Zu Beginn der Krise gab es diese Ungleichgewichte in nur sehr geringem Ausmaß, mittlerweile hält die Deutsche Bundesbank Verbindlichkeiten in der Höhe von 750 Mrd. Euro. Dem stehen die Defizite der Notenbanken Griechenlands, Spaniens, Italiens und mittlerweile auch Frankreichs entgegen. Darin zeigt sich, dass die Handelsdefizite der PIGS-Staaten gegenüber Deutschland und seinen Satelliten (Österreich, Holland) nicht mehr durch Kreditflüsse oder durch Unternehmensinvestitionen ausgeglichen werden.
Dies ist ein wichtiges Anzeichen für eine massive Kapitalflucht aus den krisengeschüttelten Ländern. Einerseits sucht das deutsche Kapital sichere Häfen und zieht aus Griechenland, Spanien usw. ab (was teilweise durch das Geld der SteuerzahlerInnen in Form der „Rettungspakete“ ersetzt wird), doch gleichzeitig zieht auch die griechische und spanische Bourgeoisie selbst Kapital aus ihren Heimatländern ab.
Darin drückt sich aus, dass sich die Krise immer mehr beschleunigt und zu einem Aufbrechen Europas in verschiedene Zonen führen wird. Die Maßnahmen der EU und der EZB, dies zu verhindern, sind nicht ausreichend, um dieses Problem zu lösen. Bestenfalls wird damit Zeit gewonnen. Doch die grundlegenden Widersprüche bleiben weiter bestehen. Die nicht enden wollenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die immer größer werdenden Ungleichgewichte in der EU und der Aufschwung des Klassenkampfes gegen die “interne Abwertung” (Senkung der Lohnstückkosten durch Sparpakete, Lohnkürzungen, Prekarisierung der Arbeitsmärkte, Aufbrechen der Kollektivverträge,…) in den südeuropäischen Staaten, machen ein Aufbrechen der Eurozone daher immer wahrscheinlicher. Die Bürgerlichen werden mit ihren Lösungsversuchen, egal ob Fiskalpakt, Bankenunion oder Eurobonds usw., zu spät kommen, um ein solches Szenario noch aufhalten zu können.
Die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften haben den Integrationsprozess unterstützt, weil sie gehofft haben, dass dadurch die materielle Basis für eine Politik der Sozialpartnerschaft und soziale Reformen erhalten bliebe. Schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten war die europäische Integration aus der Sicht großer Teile der europäischen Arbeiterklasse gekennzeichnet von Angriffen auf den Sozialstaat, Liberalisierungen und Privatisierungen. Mit der jetzigen Krise liegt das Projekt von einem „sozialen Europa“, wie es die Sozialdemokratie vertritt, endgültig in Trümmern. Unter den Bedingungen der Krise wird offensichtlich, dass das EU-Einigungsprojekt entweder zum Scheitern verurteilt ist oder völlig reaktionäre Züge annehmen muss. Das sieht man anhand der Politik gegenüber Griechenland und Spanien. Wer ein „soziales und demokratisches“ Europa will, der muss zuerst die Macht der Banken und Konzerne brechen.
In der europäischen Bourgeoisie mehren sich die Stimmen, die eine stärkere Integration der EU befürworten und z.B. europäische Staatsanleihen (Eurobonds) fordern. Durch das Inkrafttreten des ESM und die direkte Staatsfinanzierung durch die EZB wird dieser Weg allen Widerständen zum Trotz weiter beschritten. Dadurch soll Druck von den schwächeren Ländern, die ständig unter den Angriffen der Finanzmärkte leiden, genommen werden. Vor allem die Sozialdemokratie hat sich dieses Programm auf die Fahnen geheftet. Ihre Antwort auf die Krise ist eine verstärkte Integration des Europas des Kapitals. Dieses Konzept ist aber völlig illusionär. Es blendet völlig die existierenden Widersprüche zwischen den europäischen Nationalstaaten aus, die immer stärker auf eine Desintegration der EU hinwirken. Wenn die USA als Vorbild für eine solche politische Union gelten, dann muss man auch erklären, wie die Vereinigung Nordamerikas von statten ging. Dieser Prozess setzte eine Revolution (1776) und einen Bürgerkrieg (1861-65) voraus. Eine solche Wiederholung der bürgerlichen Revolution ist heute undenkbar, weil ihr der soziale Träger fehlt.
Die Auseinandersetzungen um die Zukunft der EU und des Euro werden nicht nur den Klassenkampf in den einzelnen Ländern anheizen, sondern auch schwere Interessenskonflikte zwischen den verschiedenen nationalen Bourgeoisien auslösen. Alle Szenarien zur Lösung der Krise in Europa, die auf der Grundlage der Nationalstaaten und des Privateigentums an den Produktionsmitteln aufbauen, bedeuten für die Arbeiterklasse in ganz Europa einen Alptraum. Auf einer kapitalistischen Grundlage wird jeder Versuch diese Krise zu lösen eine Intensivierung arbeiterfeindlicher Politik mit sich bringen. Die Losung nach einer „sozialen und demokratischen EU“ ist eine gefährliche Utopie, weil sie die Arbeiterbewegung vor den Karren eines Integrationsprozesses spannt, der gegen die Interessen der Lohnabhängigen gerichtet ist. Am Beispiel Griechenlands und der Politik der Rettungsschirme, die mit beinharten von der Troika vorgegebenen Sparprogrammen einhergehen, lässt sich leicht der wahre Charakter der EU erkennen.
MarxistInnen haben die vorrangige Aufgabe die Klassenkämpfe in Europa gegen die bürgerlichen Krisenbewältigungsstrategien zu unterstützen und ihnen eine Perspektive und ein Programm zu geben, die von einem unabhängigen Klassenstandpunkt aus formuliert sein müssen. Eine Politik, die das „kleinere Übel“ im Sortiment der bürgerlichen Politikkonzepte zum eigenen Programm erhebt, entwaffnet die europäische Arbeiterbewegung.
Die Krise in Österreich – Teil eines weltweiten Prozesses
Der österreichische Kapitalismus gehört zu den relativen Gewinnern der ersten Runde in Europa. Dies hängt eng mit der Stellung der österreichischen Industrie auf den internationalen Märkten zusammen. Nicht zuletzt im Sog des deutschen Kapitalismus konnte sie in der Krise Marktanteile dazu gewinnen. Eine Reihe von österreichischen Industrieunternehmen hat die Position von Weltmarktführern eingenommen. Dazu zählen nicht nur Swarovski oder Red Bull sondern auch eine Reihe von Betrieben aus der Metallindustrie (Doppelmayer, Palfinger, Böhler, Rosenberger,…). Die österreichische Industrie profitiert weiterhin von den großen Zuwächsen im Export (seit dem Jahr 2000 ein Plus von 60 Prozent). Die Industrieinvenstitionen liegen in Österreich auch seit einem Jahrzehnt fast durchgängig über dem Durchschnitt der Euro-Zone. Die moderate Lohnpolitik der Gewerkschaften ist ein weiteres wesentliches Element dieses Erfolges, weil dadurch die Lohnstückkosten, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit bestimmen, im vergangenen Jahrzehnt niedrig gehalten werden konnten. Die jüngste Studie der AK über die Metallindustrie zeigt wie sehr dieser Erfolg der österreichischen Industriebetriebe auf der Auspressung der Ware Arbeitskraft basiert (Metallbranche: Gewinne steigen weiter, 18.09.2012, wien.arbeiterkammer.at). Die Produktivität (Wertschöpfung pro Beschäftigtem) stieg seit 2009 um 24 Prozent! Wenn man dies mit den Lohnerhöhungen der letzten Jahre in Relation setzt, sieht man, dass die alte Benya-Formel für Lohnerhöhungen (Inflationsrate + Hälfte des Produktivitätsfortschritts) längst nicht mehr eingehalten wird. Ein Großteil des Produktivitätsfortschritts fließt heute in die Taschen der Unternehmer. 2011 machten die Metallunternehmen 2,2 Mrd. € Gewinn, das sind 7,2% mehr als 2010. Auch für 2012 rechnet man mit Ausschüttungen an die Aktionäre in der Höhe von 1,8 Mrd. €. Somit gehen rund ¾ der Gewinne an diese Aktionäre. Nicht ganz ein Viertel wird wieder in die Betriebe investiert. Nimmt man alle Aktiengesellschaften her, werden sogar 85 Prozent ausgeschüttet. Ergebnisse der AK OÖ zeigen, dass dies nicht nur für die Metallindustrie stimmt. 2010 betrug der Jahresüberschuss pro Beschäftigtem (Wertschöpfung minus Personalaufwand) 40.335 €! Das ist im Vergleich zum Jahr 2002 eine Steigerung um 60 Prozent.
In dieser Zeit stagnierte die Kaufkraft der Lohnabhängigen bestenfalls. Die Lohnsteigerungen wurden von der Inflation fast zur Gänze aufgefressen, wobei der offiziellen Inflationsrate ein Warenkorb zugrunde liegt, der das wahre Ausmaß der Preissteigerungen, die einen normalen Arbeiterhaushalt betreffen, nicht widerspiegelt.
Der Überschuss an Kapital, der in der Industrie nicht profitabel investiert werden kann, führt zu einem gewaltigen Anstieg der Privatvermögen, die in Immobilien- oder Geldvermögen existieren.
Ein weiteres wichtiges Element des Erfolgs des österreichischen Kapitalismus im vergangenen Jahrzehnt war der massive Kapitalexport v.a. nach Ost- und Südosteuropa. Österreichische Banken (inkl. der BankAustria) haben noch immer 300 Mrd. € Kreditvolumen in Osteuropa. Das entspricht der österreichischen Wirtschaftsleistung eines ganzen Jahres, und stellt im internationalen Vergleich einen absoluten Spitzenwert an Kapitalexport im Vergleich zum BIP dar. Der Ausfall von 15-20 Prozent dieser Kredite würde in Österreich eine veritable Bankenkrise auslösen, die weit über das bisherige Ausmaß (Kommunalkredit, ÖVAG, Hypo Alpen Adria) hinausgehen würde. Lange Jahre waren diese Osteuropageschäfte sehr erfolgreich. Der Rückfluss von Profiten, die auf ausländischen Märkten erzielt wurden, bildete die Grundlage für relativ stabile Klassenbeziehungen in Österreich selbst. Doch schon 2009 wären die österreichischen Banken fast der Krise in Osteuropa zum Opfer gefallen und wurden durch einen internationalen Stabilitätsplan („Wiener Intitiative“) vorerst abgefangen, das grundlegende Problem wurde aber nicht gelöst. Erst jüngst sagte der EU-Parlamentspräsident Österreich drohte damals „eine Kernschmelze“. Dieses Bedrohungspotential wird jetzt wieder deutlich spürbar.
Die Krise wird so in ihrem weiteren Verlauf auch die starken Länder in der EU nach unten ziehen. Die starke ökonomische Integration des Kontinents ist mit der Idee einer “Insel der Seligen” nicht vereinbar. Mittlerweile steht die gesamte Euro-Zone vor einer neuerlichen Rezession. Die jüngsten Daten zeigen eine Stagnation des österreichischen BIP. In den kommenden Monaten ist mit einem Rückgang der Produktion zu rechnen. Wichtige Industriesektoren melden rückläufige Aufträge. In Deutschland sehen wir die gleiche Entwicklung.
Eine neuerliche Rezession würde die Basis für massive Angriffe auf die Arbeiterklasse legen. Der jetzige Versuch, den Metaller-KV aufzuspalten, wäre nur der Anfang. Arbeitsplatzvernichtung und steigende Arbeitslosigkeit werden dann zentrale Themen im Klassenkampf. Das wird zu einer Zunahme von betrieblichen Auseinandersetzungen führen.
Angesichts der hohen Staatsverschuldung wird auch der österreichische Staat sich zusehends schwerer tun diese Widersprüche durch höhere Staatsausgaben (etwa für Kurzarbeit, Frühpensionierungen und Bildungsmaßnahmen) abzumildern. Der jüngste Rechnungshofbericht zeigt, dass auch in diesem Bereich der Staatsverschuldung ein Damoklesschwert über dem österreichischen Staat schwebt. Die fixen Vorbelastungen für künftige Budgets belaufen sich schon jetzt auf 156 Mrd. €.(siehe Bundesrechnungsabschluss des Rechnungshofes für 2011), S. 231 ff.) Der Anstieg dieser kommenden Ausgaben ist 2011 um fast die Hälfte gestiegen. Österreich ist damit weit davon entfernt die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Allein der Bund hält mit 221 Mrd. € schon so viele Schulden, dass im Maastricht-Vertrag gesetzte Limit für die Staatsschuldenquote erreicht ist. Dazu kommen weitere der Länder und Gemeinden und außerbudgetäre Schulden (ÖBB, Asfinag). Die Haftungen (EFSF, Bankenpaket, Unternehmen mit Bundesbeteiligung) des Staates belaufen sich auf 122 Mrd., ein Teil wird angesichts von Euro-Krise und Bankenkrise sicher noch schlagend werden. Die bisher angefallenen Kosten für die österreichische Bankenrettung („ein gutes Geschäft für die Republik“, Josef Pröll und andere) betragen zum heutigen Tag 4,5 Mrd. €.
Allein in der Hypo Alpen Adria sind weitere 10 Mrd. an faulen Krediten durch Haftungen der Republik besichert. Davon werden noch heuer zwei Milliarden schlagend. Generell wird versucht scheibchenweise (unter der Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit) Investoren mit Steuergeld aus ihren bankrotten Investments raus zu schlagen. Und noch etwas zu „faulen Krediten“: Sie sind keine konstante Größe, sondern im weiteren Verlauf der Krise werden immer mehr Kredite anfangen zu faulen. Momentan sind in den Bilanzen der europäischen Banken 1,05 Billionen Euro faule Kredite, doppelt soviel als im Jahr 2008. Die stärksten Steigerungsraten gibt es in jenen Ländern, die unter einer nachlassenden Wirtschaftskraft leiden (Griechenland, Spanien, Italien). Diese Dynamik wird anhalten.
Wohin die Reise geht stellt der jüngste IWF-Jahresbericht dar: „Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt dem österreichischen Finanzsektor kein allzu gutes Zeugnis aus. Im neuen Länderbericht heißt es, Österreich sei ‚overbanked’. Im Vergleich zu anderen Ländern gebe es zu viele Bankfilialen und Bankmitarbeiter. ’Die Profitabilität der österreichischen Bankgeschäfte war in den letzten paar Jahren ziemlich niedrig’, sagte IWF-Chefprüferin Enrica Detragiache. Es sei möglich, dass auf den Staat weitere Kosten durch die Restrukturierung des Finanzsektors hinzukommen. Daher rät der IWF der Regierung, eine Strategie zu entwickeln, wie man die Anteile an den im Zuge der Finanzkrise übernommenen Banken wieder los wird. Dabei soll grundsätzlich eine Beseitigung von Banken-Assets in Betracht gezogen werden.“ (Die Presse, 2. Juli 2012) Was hier vorgeschlagen wird ist nichts anderes als eine Marktbereinigung auf dem österreichischen Bankensektor, bei dem die Aktionäre sich vollständig am Steuerzahler schadlos halten.
Angesichts der krisenhaften Epoche und der Aussicht einer neuerlichen Rezession wird der Spardruck also noch mehr zunehmen.
In der Vergangenheit wurden über öffentliche Ausgaben die Klassenbeziehungen relativ stabil gehalten und soziale Kämpfe immer wieder vermieden. Diese sozialen Puffer werden nun weniger leicht zum Einsatz kommen. Das wird in einer Rezession auch die Konflikte zwischen den Regierungsparteien verschärfen, was den Punkt ergeben könnte, wo diese Zwecksgemeinschaft, die sich schon seit Monaten als politisch gelähmt erweist, aufbrechen könnte.
Aufgrund der generellen Instabilität, die heute den Kapitalismus in de facto allen Ländern auszeichnet, könnten die nächsten Nationalratswahlen 2013 dann gewaltige politische Umbrüche bringen und einen neuerlichen Wendepunkt (wie 1999/2000) darstellen. Diese Wahlen werden durch einen Lagerwahlkampf zwischen Rot-Grün einerseits und den traditionellen Parteien des bürgerlichen Lagers geprägt sein. Wenn die bürgerlichen Parteien bei diesen Wahlen eine Mehrheit und eine Regierung zu Stande bringen, wird auf Österreich eine Politik der Austerität zukommen. Im Mittelpunkt der Angriffe werden das Gesundheitswesen, die Pensionen und der öffentliche Dienst im Allgemeinen stehen. Falls keine bürgerliche Regierung zu Stand kommt und die SPÖ eingebunden werden muss, wird sich dieser Prozess verlangsamt und abgeschwächt vollziehen. Die SPÖ kann den Angriff auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse nicht so offen führen wie die bürgerlichen, da sie organisch mit den Gewerkschaften verbunden ist und ein solcher Angriff ihre Existenzberechtigung als Arbeiterpartei in Frage stellen würde. Die Unterordnung unter die Kapitalinteressen und die Umsetzung von Sparmaßnahmen und Lohnzurückhaltungen (Länder, Beamte,…) wird aber die Widersprüche in der Partei (OÖ), sowie zwischen Partei und Gewerkschaft verstärken. Wir werden in diesem Wahlkampf zur Wahl der SPÖ aufrufen. Dies ist das einzige – wenn auch unzulängliche – Werkzeug, das die Arbeiterklasse derzeit hat, um eine bürgerliche Mehrheit zu verhindern. Stellt die SJ einen Kandidaten an wählbarer Stelle, werden wir eine kritische Wahlunterstützung für diesen Kandidaten aussprechen. Als Nationalratsabgeordneter würde dieser SJ-Vertreter einem massiven Druck ausgesetzt sein. Es ist die Aufgabe aller linken SozialistInnen ihm den Rücken zu stärken, damit er konsequent die Positionen der SJ vertreten kann.
Die materielle Grundlage des österreichischen Nachkriegskonsenses erodiert ständig weiter, wenn auch noch gewisse Reserven (z.B. durch die Extraprofite jener Konzerne, die auf den Weltmärkten eine führende Position inne haben) vorhanden sind. Zu Beginn der Krise waren die Bürgerlichen aus ihrer Position der Schwäche heraus, die aus dem Scheitern des schwarz-blauen Wendeprojekts resultierte, gezwungen eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, die auch die Gewerkschaften verstärkt einbezieht. Dies schuf in der Arbeiterbewegung die Illusion, es wäre eine Rückkehr zum alten politischen System möglich. Doch hinter den Kulissen formieren sich die Bürgerlichen neu. In den Unternehmerverbänden sieht man diese Verschiebung schon heute, wo eine neue Generation das Sagen hat, die mit der Sozialpartnerschaft nichts mehr am Hut hat. Dies zeigt sich im grafischen Gewerbe, in der Chemischen Industrie und in der Metallindustrie.
Auf politischer Ebene ist dieser Prozess noch nicht so weit fortgeschritten. In der ÖVP ist die Erfahrung der Ära Schüssel noch nicht vollends verdaut. Bei einer Zuspitzung der Krise wird es aber auch dort zu einer Umorientierung kommen, wo der Wirtschaftsflügel dann den Ton angeben wird. Erst jüngst waren die Konflikte in der ÖVP in der Frage um Personalrochaden in der Regierung offen aufgebrochen. Die gegenwärtig von Skandalen in Kärnten etwas mitgenommene FPÖ hat auf jeden Fall das Potential diese Krise bald schon zu überwinden. Mit ihrem Sozialpopulismus ist sie die einzige sichtbare Kraft, die in den zentralen politischen Fragen eine Opposition darstellt. Die FPÖ lässt sich nicht stoppen, indem man ihre Beziehungen ins rechtsextreme Lager aufdeckt. Der einzige Weg ist, dass die Arbeiterbewegung ein sozialistisches Programm gegen die kapitalistische Krise als glaubhafte Alternative präsentiert.
Aber es könnte auch zu einer weiteren Fragmentierung des Parteiensystems kommen. Sowohl die zeitweiligen Umfragehochs der „Piratenpartei“ als auch die mediale Unterstützung für die in Gründung befindliche Stronach-Partei zeigt das Potential für solch neue Formationen auch aus dem Nichts heraus ins Parlament einziehen zu können. Angesichts des Autoritätsverlusts der traditionellen Parteien ergeben sich für solche neue Parteien Spielräume. Die Wahlen 2013 könnten zu Umbrüchen führen, die eine Regierungsbildung massiv erschweren könnten, was die politische Instabilität auf ein neues Niveau heben würde.
Reform oder Revolution?
Unser Programm muss sich als grundlegende Alternative zum Herumdoktern am Krankenbett des Kapitalismus verstehen. Unser Programm ist ein Programm zur revolutionären Überwindung des Kapitalismus, das unter den Bedingungen der Krise erstmals seit Jahrzehnten Masseneinfluss bekommen kann. Die Methode unseres Programms stützt sich dabei auf die Methoden, wie sie der revolutionäre Marxismus im Zuge der Geschichte der Arbeiterbewegung entwickelt hat. Unser Ziel ist die sozialistische Umwälzung der Gesellschaft. Das Konzept einer Trennung unseres Programms in zwei Teile, in “realistische Tageslosungen” und in die Vision von einer sozialistischen Gesellschaft als Fernziel, ohne zu erklären, wie wir zum Sozialismus kommen, endet letztlich in einer Politik, die im Rahmen des Kapitalismus bleibt. Auf der Grundlage dieser Gesellschaftsordnung gibt es aber unter den jetzigen Bedingungen der Krise, und das wird noch Jahre wenn nicht Jahrzehnte so bleiben, keinen Spielraum für eine reformistische Politik. Wer diesen Weg geht, wird letztlich die Rolle eines Anhängsels bürgerlicher Politikkonzepte einnehmen.
„Unser Programm muss bei den konkreten Fragen des Klassenkampfs ansetzen, bei den konkreten Bedürfnissen der Lohnabhängigen. Es muss dem aktuellen Bewusstseinstand und den Grad der Mobilisierung der Arbeiterklasse Rechnung tragen und dies mit der Perspektive einer sozialistischen Umwälzung verknüpfen. Die strategische Aufgabe der nächsten Periode – der vorrevolutionären Periode der Agitation, Propaganda und Organisation – besteht darin, den Widerspruch zwischen der Reife der objektiven Bedingungen der Revolution und der Unreife des Proletariats und seiner Vorhut (Verwirrung und Entmutigung der alten Generation, mangelnde Erfahrung der Jungen) zu überwinden. Man muß der Masse im Verlauf ihres täglichen Kampfes helfen, die Brücke zu finden zwischen ihren aktuellen Forderungen und dem Programm der sozialistischen Revolution. Diese Brücke muß in einem System von Übergangsforderungen bestehen, die ausgehen von den augenblicklichen Voraussetzungen und dem heutigen Bewußtsein breiter Schichten der Arbeiterklasse und unabänderlich zu ein und demselben Schluß führen: der Eroberung der Macht durch das Proletariat.“ (Leo Trotzki, Übergangsprogramm)
Unsere Aufgabe ist nicht die Reform des Kapitalismus sondern sein Sturz.
In der heutigen Krise gibt es drei zentrale Fragen, von denen ausgehend ein sozialistisches Programm entwickelt werden kann:
* Die Frage der Staatsschuldenkrise und der permanenten Sparpolitik
* Die Frage der Verteidigung der Löhne und Arbeitsrechte und der Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse
* Die Frage der Verteidigung von Arbeitsplätzen.
Weltweit sehen wir, wie sich rund um diese Fragen eine Bewegung entwickelt, deren übergeordnete Losung “Wir zahlen eure Krise nicht!” lautete. Dieser Losung versuchen wir einen bestimmten Inhalt zu geben.
MarxistInnen müssen in ihrer Propaganda die Eigentumsfrage und damit verbunden die Frage der politischen Macht zum Thema machen. Die Verstaatlichung der Schalthebel der Wirtschaft (Bankensystem, strategische Industrien, Telekom, Transport, Großhandel) unter der Kontrolle der Arbeiterbewegung durch eine sozialistische Regierung ist der Schlüssel zur Überwindung des Systems. Auf dieser Grundlage lässt sich die Wirtschaft neu ordnen und die Produktion zur Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen und nicht mehr länger nach der Profitlogik gestalten. Aber dieses Grundverständnis enthebt MarxistInnen nicht der Notwendigkeit der Teilnahme an den Teilkämpfen der Arbeiterklasse. Nur in diesen Kämpfen zur Verteidigung sozialer Errungenschaften oder zur Durchsetzung konkreter Reformen kann die Arbeiterklasse die nötige Einheit und organisatorische Kraft entwickeln, die es im Kampf zur Überwindung des Kapitalismus benötigt. Das Übergangsprogramm nimmt als Ausgangspunkt die realen Bedürfnisse der Arbeiterklasse und der Massen im Allgemeinen. Wo die Forderungen unseres Programms dem tatsächlichen Bedürfnis breiter Schichten der Arbeiterklasse entsprechen, wo sie von dem Empfinden erfüllt sind, dass sie ohne die Verwirklichung dieser Forderungen nicht existieren können, wird das Programm zu einer materiellen Kraft, die in der Folge auch den Ausgangspunkt für den Kampf um die Macht darzustellen vermag. In unserer Agitation erheben wir nur Forderungen, die von einer realen sozialen Kraft getragen werden können, die stark genug ist, diese Forderungen durchzusetzen. Unsere Forderungen müssen dabei einen organisierenden Charakter haben. Erst die Tätigkeit der Klasse schafft ein neues Bewusstsein und damit die Grundlage für weitreichendere Forderungen. Zudem schafft die Aktivität der Klasse das Bedürfnis nach einer ihren Zwecken dienlichen Organisation. Diesem Bedürfnis sollten wir damit Rechnung tragen, dass wir Forderungen zur Umgestaltung der bestehenden Organisationen stellen. Das erwachende Selbstbewusstsein der Klasse kann auch dazu führen, dass sie bereit ist, für die Erweiterung der Kompetenzen und des Wirkungskreises ihrer Organisationen zu kämpfen. Die Bildung von demokratischen Organen der Arbeiterklasse weist den Weg zu einem System der Doppelherrschaft, das bereits die bürgerliche Herrschaft herausfordert – zuerst zögerlich, dann immer offener und entschlossener.
Krise des politischen Regimes
Die gegenwärtige Krise spiegelt sich auch in einer Krise des politischen Systems und anderer Institutionen im gesellschaftlichen Überbau (Justiz, christliche Kirchen, Medien) wider. International und auch in Österreich jagt ein Korruptionsskandal den nächsten. In Österreich sind VertreterInnen aller Parteien in solche Skandale verwickelt, die die Verschmelzung von Kapital und “Volksvertretung“ augenscheinlich macht. Diese Skandale sind Ausdruck eines kränkelnden Systems, das an die letzten Tage des Ancien Regimes im Frankreich des 18. Jahrhunderts erinnert. Die Glaubwürdigkeit der Träger des politischen Establishments wird im Zuge der Krise schwer erschüttert. Ausdruck findet dies in einer großen Instabilität der traditionellen Parteiensysteme. In der Praxis erweisen sich alle Kräfte als hilflos, egal ob sie dem rechten oder eher dem linken Lager zuzuordnen sind. Sie scheitern ganz offensichtlich an den Sachzwängen einer kapitalistischen Ökonomie.
Diese Krise des politischen Regimes bestätigt die Grundaussagen der marxistischen Staatstheorie, wonach die bürgerliche Demokratie nichts anderes als eine verhüllte Diktatur des Kapitals ist, in der nicht gewählte Volksvertreter das Sagen haben, sondern die Chefetagen der großen Banken und Konzerne. Unter den Bedingungen der Krise wird der Charakter des Staates daher für die gesamte Gesellschaft zu einer praktischen Erfahrung, was die gesellschaftliche Unterstützung für das wirtschaftliche- und politische System zusätzlich untergräbt. MarxistInnen verteidigen alle in der Vergangenheit errungenen demokratischen Rechte, weil diese die Organisierung der Arbeiterklasse und die politische Tätigkeit der Arbeiterbewgeung erleichtern. Aber wir sind nicht blind gegenüber den wahren Mechanismen im bürgerlichen Staat. Wo die Bürgerlichen die Demokratie aushöhlen und den Repressionsapparat ausbauen (Abschaffung der Wehrpflicht und Einführung eines Berufsheers, Anti-Terror-Gesetze, Einführung von Bereitschaftspolizei und besonderen Sondereinheiten), muss die Arbeiterbewegung entschiedenen Widerstand leisten.
Staat und Kapital sind untrennbar miteinander verbunden. Der bürgerliche Staat hat die Rolle eines ideellen Gesamtkapitalisten inne und unterliegt direkt dem Druck des Kapitals. Der Beamtenapparat ist eine wesentliche Stütze der herrschenden Ordnung, der unabhängig vom Parteibuch des jeweiligen Ministers sein Eigenleben hat. Daran können auch linke Mehrheiten in den bürgerlichen Parlamenten nichts ändern, solange nicht die Macht der Banken und Konzerne gebrochen wird. Ein wichtiger Schritt dazu ist die Verstaatlichung der Schalthebel der Wirtschaft unter Arbeiterkontrolle und die Enteignung der Medienkonzerne. Letztlich wird die Arbeiterbewegung aber nur demokratische Verhältnisse herstellen können, wenn sie selbst die Macht erobert und den alten Staatsapparat durch eine Arbeiterdemokratie ersetzt. Auf die österreichischen Verhältnisse umgelegt, bedeutet dies, dass wir eine SPÖ-Alleinregierung propagieren, die einen unabhängigen Klassenstandpunkt und ein sozialistisches Programm vertritt, was eine Koalition mit den Bürgerlichen ausschließt, und sich rein auf die mobilisierte Arbeiterbewegung stützt, die sich in den Betrieben und Stadtvierteln auf der Grundlage von Strukturen der Selbstorganisation die Verwaltung übernimmt. Innerhalb der Sozialdemokratie müssen wir deshalb dafür eintreten, dass sich die Sozialdemokratie an sozialen Protestbewegungen beteiligt, das heißt an den Mobilisierungen öffentlich teilnimmt und die Forderungen der Bewegungen in ihre Programmatik aufnimmt.
Unter den Bedingungen der Krise wird eine politische Massenkraft nach der anderen einem Test unterzogen und scheitern, weil die Massen ihre Programme und Ideen als das erkennen, was sind – leere Versprechungen. Damit verbunden ist eine wachsende Skepsis gegenüber der Politik im Allgemeinen. Die Perspektive ist aber nicht eine Masseunterstützung für autoritäre, antiparlamentarische Modelle. Die demokratischen Traditionen sind in der europäischen Arbeiterklasse stark verankert. Die sozialen Schichten, die einst die Massenbasis des Faschismus bildeten, haben viel an gesellschaftlicher Bedeutung verloren und wurden selbst einem Proletarisierungsprozess unterzogen. Auch wenn die Illusionen in den Parlamentarismus schwer erschüttert sind, werden die Menschen in erster Linie versuchen auf Wahlebene alle möglichen Kräfte auszuprobieren. In diesem Sinn können wir uns auch der Hysterie in der Linken angesichts der Wahlerfolge rechtsextremer Parteien (wie der FPÖ) nicht anschließen. Was wir in der kommenden Periode immer mehr sehen werden, ist eine Polarisierung zwischen Links und Rechts.
Vor diesem Hintergrund wird es auch in den Reihen der Arbeiterbewegung zu Spaltungen und Umgruppierungen kommen, wobei jedoch nur aus dem Alten etwas Neues entstehen kann. Dies zeigen auch die internationalen Erfahrungen, wo in vielen Ländern linke Kleinparteien, die jedoch auf eine lange Tradition zurückblicken können, in letzter Zeit stark an gesellschaftlicher Unterstützung zulegen konnten, während Linksparteien aus der Retorte allesamt scheiterten. Wir werden diese Entwicklungen genau beobachten und dabei versuchen, die fortgeschrittensten Sektoren der Arbeiterklasse und der Jugend für eine revolutionäre Perspektive zu gewinnen. Das Publikum für solche Ideen wird im Zuge der Krise vor allem in der Jugend zusehends größer werden.
Rolle der Sozialdemokratie
Die Führung der Sozialdemokratie vertritt heute in der Praxis in keiner entscheidenden Frage eine von den Bürgerlichen unabhängige Politik. Dies gilt vor allem für die Maßnahmen zur Lösung der Wirtschaftskrise. Sie hat sich angesichts der Krise völlig der nationalen Einheit verschrieben. Wo sie an der Regierung ist, akzeptiert sie voll und ganz das Spardiktat. Bestenfalls will sie die Sparpakete abfedern und langsamer umsetzen als die rechten Parteien. Ihre Konzepte zur Vermögensbesteuerung und zur Regulierung der Finanzmärkte sind in erster Linie gedacht, um die eigenen Reihen in Wahlkampfzeiten oder rund um Parteitage geschlossen zu halten. In der konkreten Praxis setzt die Sozialdemokratie aber keine wirklichen Initiativen zur Umsetzung dieser Forderungen. Wenn Maßnahmen gesetzt werden, dann sind diese nicht mehr als eine kosmetische Korrektur der Austeritätspolitik. Auf dem Bundesparteitag in St.Pölten hat die SPÖ einmal mehr ihre Forderungen nach „mehr Gerechtigkeit“ bestärkt. Mit ihrem Ruf nach Vermögenssteuern, Erbschafts- und Schenkungssteuern, einer Wertschöpfungsabgabe, einer Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von ManagerInnengehältern stellt sie sich klar in Widerspruch zu den Positionen der ÖVP. Die Debatte um Verteilungsgerechtigkeit ist ein zentrales Feld im ideologischen Klassenkampf in Österreich und wird vor allem im kommenden Nationalratswahlkampf zu einer politischen Polarisierung führen. Die am Parteitag erhobenen Forderungen nach einer höheren Besteuerung von Vermögen oder der Einführung einer Wertschöpfungsabgabe sind ein Symptom dafür, dass die Parteispitze auf den Druck ihres Gewerkschaftsflügels reagieren muss. Gesellschaftspolitische Fragen (Bildung, Gleichberechtigung) sind das Feld, wo sich die Sozialdemokratie am stärksten von den konservativen Parteien unterscheidet. Sie nimmt in letzter Instanz die Rolle eines „linken Flügels“ der bürgerlichen Herrschaftsordnung ein. Die SPÖ-Spitze versucht außerdem mit der Forderung nach Abschaffung der Wehrpflicht und der Einführung eines Berufsheers an politischem Profil zu gewinnen. In diesem Punkt entsorgt die Löwelstraße einen jahrzehntelangen Grundsatz der Arbeiterbewegung auf dem Misthaufen der Geschichte. Die Führung der Sozialdemokratie versucht damit das Vorhaben des europäischen Bürgertums umzusetzen, die das Bundesheer im Rahmen einer EU-Armee für imperialistische Kampfeinsätze einsatztauglich machen will. Man kann davon ausgehen, dass eine solche Berufsarmee auch zu einem Instrument für eine Repression nach innen umgewandelt werden soll. Diesem Verrat an den Interessen der Arbeiterbewegung muss entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden.
In der österreichischen Sozialdemokratie hat der rechte Flügel die Zügel fest in der Hand. Mit Faymann & Co. sitzt eine offen bürgerliche Clique an der Spitze der SPÖ. „Rote“ Landeshauptleute entpuppen sich öffentlich als VertreterInnen reaktionärer Politikkonzepte. Gabi Burgstaller fordert immer wieder die Wiedereinführung von Studiengebühren. Franz Voves zeigt in der Steiermark mit seiner „rot-schwarzen Reformpartnerschaft“ der ganzen Republik vor, wie der Sozialstaat niedergespart wird und erntet daher von den Bürgerlichen viel Lob. Niessl (Burgenland) zieht öffentlich gegen die Initiative für ein Verbot des kleinen Glücksspiels, das die Linke in der SPÖ propagiert, zu Felde und zeigt damit wie eng die SPÖ-Spitze mit den großen Betreibern dieser Branche verwoben sind. Dabei zementiert auch die Verdoppelung der Parteienförderung die Macht der Bundesparteiführung ein. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der SPÖ in Vorarlberg: Eine kleine und aussterbende Parteistruktur ohne organische Verankerung in der Arbeiterbewegung ist immer mehr abhängig von den direkten Anweisungen und Winks der Bundesparteiführung, die sich zunehmend direkt über den bürgerlichen Staat finanziert.
Die Vorstellung, die Wiener Landespartei stehe im Vergleich dazu für eine linke Politik, verkennt völlig die Realität. Die Bildung einer rot-grünen Koalition in Wien brachte alles andere als einen Linksruck. Auch und gerade in Wien ist die Verwobenheit der SPÖ mit staatlicher Verwaltung und Wirtschaft so eng, dass dies das bestimmende Element in ihrer Politik darstellt. Die Interessen der Lohnabhängigen sind dem völlig untergeordnet, wie die Situation der Beschäftigten in Wiens Spitälern, die Umsetzung einer Null-Lohnrunde für alle Gemeindebediensteten oder der Arbeitskampf der AbfallberaterInnen zeigt. Die Wirtschaftskrise hat auch in Wien ihre Spuren hinterlassen. Der Spardruck auf die rot-grüne Stadtregierung ist groß. Dies zeigt sich bei der massiven Erhöhung der Gebühren für kommunale Dienstleistungen oder die Einsparungen bei der Wartung des Strom- und U-Bahn-Netzes, was immer wieder zu Störungen führt.
rot-grüne Bundesregierung, wie sie von vielen in der Sozialdemokratie gewünscht wird, würde angesichts der nicht vorhandenen wirtschaftlichen Spielräume ebenfalls keine fortschrittliche Politik machen können und nur die Rolle der Krisenverwalterin einnehmen. Unter den Bedingungen einer verschärften Krise wäre eine solche Regierung gezwungen harte Sparmaßnahmen zu ergreifen, womit selbst progressive Reformen in gesellschaftspolitischen Fragen nicht umsetzbar wären und sich in ihr Gegenteil verkehren würden. Eine solche Regierung würde nur einer rechten Bürgerblockregierung den Weg ebnen.
Die Einbindung der Sozialdemokratie in die Verwaltung des bürgerlichen Staatsapparates bestimmt ganz entscheidend den Charakter ihrer Politik. Oberstes Ziel der Bürokratie in der Sozialdemokratie ist die Sicherung des Wirtschaftsstandortes und das Wohl des bürgerlichen Staates. In diesen Fragen hat die Sozialdemokratie weiterhin eine sehr starke ideologische Hegemonie in der Arbeiterschaft.
Die Sozialdemokratie stützt sich immer noch durch ihre organische Verbindung zu den Gewerkschaften auf die organisierte Arbeiterbewegung. Und das ist die Ursache für die immer wieder kehrenden und offen aufbrechenden Widersprüche in der Sozialdemokratie. Teile der sozialdemokratischen Parteiführung artikulieren dabei relativ unvermittelt die Forderungen der Gewerkschaften. Dies gilt v.a. für die SPÖ in Oberösterreich, die immer wieder in Opposition zur Bundesparteispitze steht (Vermögensbesteuerung, Spitalsreform, Fiskalpakt). In entscheidenden Momenten schwenken sie jedoch immer auf den Kurs des Bundeskanzleramts ein und scheuen den offenen Konflikt. Sie haben in der Frage der Spar- und Krisenpolitik keine eigenständige Position und akzeptieren grundsätzlich die herrschende Sparlogik. Dies gilt übrigens auch für die Gewerkschaftsbürokratie. Wo sie sich unterscheiden, ist nur das Tempo und die Intensität dieser Sparpolitik. Dabei beziehen sie aber keine Positionen, die nicht auch von Teilen der bürgerlichen Klasse vertreten würden. Vor dem Hintergrund einer sich weiter verschlechternden Wirtschaftsentwicklung und einer wachsenden Offensive des Kapitals wird der Molekularprozess der Bewusstseinsveränderung in den Gewerkschaften aber weitergehen. Dieser Prozess wird auch durch Veränderungen im Auftreten führender FunktionärInnen bzw. einen langsamen Wechsel des Führungspersonals der Gewerkschaften geprägt sein. An die verschiedensten Führungspositionen werden neue Funktionäre gelangen, die eine kämpferischere und viel mehr an der Basis orientierte, sprich eine linkere Politik einfordern. Vor allem die zu erwartende lange Reihe von Defensivkämpfen gegen die Offensive der Unternehmer und den Abbau des Sozialstaates wird eine Haupttriebfeder dieser Entwicklung sein. Diese Entwicklung könnte dazu führen, dass aus der Gewerkschaft mehr Druck auf die SPÖ zur Umsetzung ihrer bisherigen Forderungen am Papier (wie z.B. die Vermögenssteuer) entsteht. Wir müssen uns auf dieses Szenario sehr sorgfältig vorbereiten und versuchen ein anerkannter, Bestandteil eines solchen Prozesses zu werden. Wo Teile der Arbeiterbewegung einen wirklichen Kampf für Vermögenssteuern und steuerliche Umverteilungspolitik führen, werden wir diese kritisch unterstützen.
Wenn die linken ReformistInnen dadurch in Konflikt mit der Bundesparteispitze geraten, werden wir sie kritisch unterstützen. Dies gilt umso mehr, wenn die Bundespartei gegen diese Kräfte mit bürokratischen Mitteln vorgeht, wie dies im Fall der Gegenstimme von NR-Abg. Sonja Ablinger zum Fiskalpakt passiert ist. Gleichzeitig kritisieren wir aber offen die Halbheiten dieser Kräfte in der SPÖ. Dies betrifft sowohl deren inhaltliche Positionen wie auch deren Weigerung in der Sozialdemokratie die Linke zu organisieren und für eine linke Mehrheit in der SPÖ zu kämpfen. Das jüngste Beispiel ist der Rückzieher der Jugendorganisationen aus taktischen Überlegungen am Bundesparteitag doch keinen Antrag gegen die von Teilen der Parteispitze geforderte Wiedereinführung von Studiengebühren einzubringen.
In den letzten beiden Jahren war es in der SPÖ ruhig geworden. Die Möglichkeiten zur Bildung eines organisierten linken Flügels rund um die Formierung einer Großen Koalition unter Gusenbauer und in den beiden Jahren danach konnten nicht genutzt werden. Dies liegt vor allem daran, dass es weder Organisationen noch Einzelpersonen gab, die über genügend Gewicht verfügten und auch willens gewesen wären, um den Differenzierungsprozessen in der Sozialdemokratie einen organisierten Ausdruck zu verleihen. Die marxistische Strömung kann dieses Vakuum nicht füllen und das Fehlen solcher Kräfte substituieren. Die Linke in der SPÖ wird heute medial vor allem mit der Sektion 8 verknüpft. Deren Aktivitäten zeigen, dass das Potential für eine organisierte Linke weiterhin existiert. In den entscheidenden Fragen führt die Sektion 8 aber keinen Kampf gegen die Parteispitze. Diese politische Selbstbeschränkung sagt aber natürlich sehr viel aus über die Schwächen der Linken in der SPÖ. Die SJ hat gemeinsam mit den anderen roten Jugendorganisationen aufgrund ihrer geschichtlichen Tradition und ihrer innerparteilichen Stellung eine besondere Verantwortung den Linken in der SPÖ eine Stimme und eine Plattform zu geben. Die Erlangung einer politischen und materiellen Unabhängigkeit von der SPÖ-Spitze ist dafür eine Grundvoraussetzung.
In letzter Zeit sehen wir einen Prozess, dass sich eine sozialdemokratische Vorfeldorganisation (Naturfreunde, ASKÖ,…) nach der anderen von der SPÖ organisatorisch trennt. Dies erinnert sehr stark an Wolf Biermanns Ballade „Die Füße der Partei“, wo sich die Partei die eigenen Füße abhackt. Generell sehen wir derzeit, dass sich immer mehr AktivistInnen aus der SPÖ zurückziehen und tote Strukturen hinterlassen. Diese Entwicklung erinnert stark an das Ende der 1990er Jahre. Dies wird sich erst wieder ändern, wenn die Gesellschaft von großen sozialen Bewegungen erschüttert wird und neue Schichten sich zu politisieren beginnen. Bis da hin gilt es durch geduldige Arbeit GenossInnen auf größere Ereignisse politisch vorzubereiten. Das vorrangige Ziel ist es eine Strömung in der Arbeiterbewegung zu etablieren, die das Problem der fehlenden politischen Repräsentanz der Arbeiterklasse zu lösen vermag. Auf diesem Weg gibt es keine Abkürzer.
Angesichts der Entwicklung der Sozialdemokratie hegen momentan nur noch die wenigsten AktivistInnen Illusionen in die Reformierbarkeit dieser Partei. Unter ehrlichen SozialdemokratInnen ist die Idee längst stark verbreitet, dass es eine neue linke Partei benötigen würde. Die internationalen Entwicklungen stärken diese Ansicht. Gleichzeitig ist es aber ein Faktum, dass in Österreich derzeit alle Voraussetzungen für die Gründung einer solchen Linkspartei fehlen. Die sozialen Prozesse, die dazu notwendig wären, sind noch viel zu wenig ausgebildet. Es gibt keine realen Kräfte zur Herausbildung einer neuen Arbeiterpartei. Der erste Schritt wäre, dass jene Kolleginnen und Kollegen, die konsequent in den Betrieben und Gewerkschaften die Interessen der Arbeiterklasse verteidigen, eine politische Perspektive entwickeln und versuchen diese systematisch in der Arbeiterklasse zu verankern.
Außerhalb der traditionellen Massenorganisationen der Arbeiterbewegung existiert nichts von Relevanz. Nur aus dem Alten wird etwas Neues entstehen. Die Prozesse, die dazu führen werden, müssen wir sorgsam begleiten und politisch befruchten. Entscheidend wird dabei die Entwicklung der Gewerkschaften und deren Verhältnis zur SPÖ sein.
Gewerkschaften
Die Gewerkschaften stehen aufgrund der Krise unter einem gewaltigen Druck. In ganz Europa sind sie mit harten Sparmaßnahmen, Arbeitsmarktreformen und dem Aufbrechen der Kollektivverträge konfrontiert. Ihr höchstes Ziel ist ein System der Sozialpartnerschaft, in dem die Gewerkschaftsbürokratie die Rolle eines Vermittlers zwischen Kapital und Arbeit einnehmen kann und dafür selbst an den Futtertrögen mitnaschen kann. In Österreich haben die Gewerkschaften in dieser Hinsicht noch relativ günstige Bedingungen im Vergleich zu den Gewerkschaften in den meisten anderen europäischen Staaten. Sowohl die ökonomischen Spielräume wie auch die politischen Kräfteverhältnisse ermöglichten es der ÖGB-Spitze die Illusion von Sozialpartnerschaft einigermaßen bestehen zu lassen. In den zentralen Fragen geht dies aber nur über eine Unterordnung des ÖGB unter die Ziele des Kapitals. Dies zeigte sich bei der Verabschiedung des Bundessparpakets wie auch bei der Abstimmung zum Fiskalpakt und zum ESM.
Solange die Große Koalition besteht, wird die ÖGB-Spitze der Regierung die Mauer machen. Über die Person von Sozialminister Hundstorfer verfügt sie über eine direkte Verbindung in die Regierung. Auch wenn die Gewerkschaft kaum inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten hat, sieht sie in dieser Regierungskonstellation zumindest einen Abwehrriegel gegenüber Kapitalangriffen, der bei einer Bürgerblockregierung nicht mehr gegeben wäre. Dies reicht als Argument für eine Burgfriedenspolitik gegenüber der Regierung. Diese Politik muss aber in den Gewerkschaften selbst erst durchgesetzt werden. Die Sozialpartnerschaft ist bestenfalls ein Schatten vergangener Tage, aber die Gewerkschaftsstrukturen sind großteils wie aus der Hochblütephase dieses Systems. Die österreichischen Gewerkschaften sind extrem zentralistisch strukturiert und verfügen über einen starken Apparat. Gewerkschaftsdemokratie ist in dieser Struktur nicht vorgesehen und galt immer als Gefahr für die Sozialpartnerschaft. Dieses System ermöglicht es der Spitze in zentralen Fragen auch gegen den Mehrheitswillen der FunktionärInnen und Mitglieder Politik zu machen. Aus der Sicht der kritischen Kräfte in den Gewerkschaften stellt dies eine schier undurchdringbare Betondecke dar.
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass sich unter dieser Betondecke handfeste Widersprüche anhäufen, die früher oder später aufbrechen werden. Die Kraft, die dann zur Entfaltung kommt, wird diese Betondecke durchstoßen. In jedem Arbeitskampf der letzten Jahre sahen wir ansatzweise diese Differenzierungsprozesse. Wo ein subjektiver Faktor existiert, der eine politische Alternative zur Gewerkschaftsbürokratie aufbringt, kann das den Gang der Dinge massiv verändern. Ansatzweise sahen wir das bereits im AKH Linz während des Kampfes gegen die Mindervalorisierung.
Die größte Bedrohung für den von der Gewerkschaftsbürokratie heiß begehrten „sozialen Frieden“ sind die immer heftiger werdenden Angriffe auf das System der Kollektivverträge. Die Konflikte rund um diese Frage erweisen sich für die Gewerkschaften als echte Zerreißprobe. Den Anfang machten die Unternehmer in der Druckindustrie, die den KV für das grafische Gewerbe aufsprengten. Aufgrund der Mithilfe durch die Gewerkschaftsführung gelang dies auch. Die nächste große Auseinandersetzung war rund um die Mindervalorisierung für die Gemeindebediensteten in Oberösterreich. Dort wurde per Beschluss der Landesregierung eine 1%-Lohnkürzung gegenüber dem KV-Abschluss für den öffentlichen Dienst verordnet. In der Steiermark gab es sogar eine Nulllohnrunde. Höhepunkt dieser Entwicklung ist der Versuch der Unternehmer den gemeinsamen Metaller-KV zu spalten.
In den meisten Fällen kam es zu gewerkschaftlichem Widerstand. Warum setzte die Gewerkschaftsbürokratie in dieser Frage doch auf Mobilisierungen? Im Wesentlichen weil es ihr dabei um eine Verteidigung der Sozialpartnerschaft und ihrer Stellung geht. Dadurch ist sie gezwungen die Basis in den Betrieben und auch auf der Straße zu mobilisieren. Die Betriebsräte und die Belegschaften haben in ihrer großen Mehrzahl diese Initiativen mit großer Begeisterung aufgenommen und mitgetragen. Sie sind bereit gegen Verschlechterungen zu kämpfen. Teile der Betriebsräte sehen diese Kämpfe als guten Anlass frischen Wind in die Gewerkschaftsbewegung zu bringen. Sie haben verstanden, dass die Unternehmer nicht mehr wie früher in sozialpartnerschaftlicher Manier mit ihnen verhandeln wollen und fordern eine kämpferische Gewerkschaftspolitik. Teile der Bürokratie haben sich dieser Ansicht angeschlossen und geben dieser Stimmung in vielen Betrieben einen Ausdruck. Eine kleine Minderheit lehnt aufgrund gemachter Erfahrungen und auf der Grundlage eines sehr weitreichenden politischen Verständnisses mittlerweile sogar bewusst das System der Sozialpartnerschaft ab. In diesen Kämpfen treten die Differenzierungsprozesse in der Gewerkschaft offen zu Tage. MarxistInnen haben die Aufgabe diese Kämpfe politisch zu begleiten und die Prozesse der Herausbildung einer Gewerkschaftslinken zu unterstützen. Dies setzt voraus, dass wir den kämpferischen Teilen in der Gewerkschaftsbewegung Perspektiven, Methoden und ein Programm anbieten, die diese Kämpfe zum Sieg führen können.
In all diesen Auseinandersetzungen wurde jedoch auch offensichtlich, dass es einen Teil der Gewerkschaftsbürokratie gibt, der zum völligen Ausverkauf der Interessen der Beschäftigten ist. Bittner in der GPA-djp, Haudum in der GdG OÖ haben dies vorexerziert. Diese Herren an der Spitze der Gewerkschaft stehen längst auf der anderen Seite. Die kämpferischen KollegInnen müssen sich bewusst sein, dass diese Kräfte eine fünfte Kolonne in der Gewerkschaftsbewegung bilden. Sie unterliegen völlig dem Druck des Kapitals und des Staates und sabotieren gezielt die Abwehrkämpfe der Arbeiterklasse. Die zentralistischen Gewerkschaftsstrukturen und die undemokratische Organisationskultur in der Gewerkschaft machen es ihnen bisher möglich jeden Arbeitskampf abzuwürgen, bevor er noch in die heiße Phase gerät. Der Kampf für demokratische Gewerkschaften ist daher eine Grundvoraussetzung, um die Gewerkschaften wieder zu Kampfinstrumenten zu machen.
Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen, dass dieser Sektor in der Gewerkschaftsbürokratie auf Unterstützung in Betrieben setzen kann. Es gibt eine Schicht von Betriebsräten aus Großbetrieben (z.B. in der Stahlindustrie), die aufgrund der Position dieser Unternehmen als Weltmarktführer sehr günstige Ausgangsbedingungen für betriebliche Interessensvertretung vorfinden. Diese Konzerne haben Extraprofite, die sie zu einem Teil an die Belegschaften in den Stammwerken über Erfolgsprämien oder betriebliche Lohnerhöhungen weitergeben. Teilweise halten diese Belegschaften sogar Anteile an diesen Unternehmen und hoffen auf eine Gewinnbeteiligung. Die Betriebsräte genießen oft eine Sonderstellung im Unternehmen (teure Dienstautos, Urlaube oder sonstige materielle Privilegien). Ihre Beziehung zur eigenen Geschäftsführung ist sehr eng und das Standortdenken extrem ausgeprägt. Diese Betriebsräte haben kein großes Interesse an einer offenen Konfrontation mit dem Kapital und sind auch bereit die gewerkschaftliche Einheit aufzugeben, weil sie sich auf ihre Stellung im eigenen Betrieb verlassen. Diese Schicht spielt in den Gewerkschaften eine sehr konservative Rolle.
Eine entscheidende Rolle für die weitere Entwicklung der Gewerkschaften kommt der PRO-GE zu. Hier haben derzeit Teile der Bürokratie das Heft in der Hand, die verstanden haben, dass sich die Gewerkschaften ändern müssen, wenn sie nicht untergehen wollen. Der Verlust der BAWAG hat ihr nachträglich eine große Bedeutung. Die Gewerkschaften können nicht mehr mit dem Geld aus Bankgeschäften rechnen, wodurch die Mitgliederstärke einen neuen Wert bekommt. Ohne einen hohen Organisationsgrad lässt sich der Gewerkschaftsapparat nicht finanzieren. Eine kämpferische Politik, Organising-Modelle werden von einem Teil der Bürokratie als Antwort auf dieses Problem erkannt. Die Ansichten dieser Führung sind teilweise sehr widersprüchlich. Die Einsicht in die Notwendigkeit nach kämpferischer Gewerkschaftspolitik geht dabei Hand in Hand mit Illusionen in eine Neuauflage der Sozialpartnerschaft. Die Bedeutung einer Demokratisierung der Gewerkschaft für die Steigerung der Mobilisierungsfähigkeit teilt sie ebenfalls nicht. Wo sie jedoch eine progressive Rolle spielt, sollten MarxistInnen diese Kräfte in der Bürokratie kritisch gegen jene Kräfte unterstützen, die den klassischen Sozialpartnerschaftskurs vertreten.
In der kommenden Periode werden wir aber in einer Branche nach der anderen Kämpfe zur Verteidigung der Löhne, Arbeitsrechte und der Arbeitsplätze sehen. Diese Kämpfe werden für die Gewerkschaften eine Erschütterung nach der anderen bringen und die Grundlage für die Herausbildung einer Basisbewegung für kämpferische und demokratische Gewerkschaft legen.
Wir Marxisten sehen unser Ziel darin, Teil einer solch klassenkämpferischen Basisbewegung in den Gewerkschaften zu werden. Dies geht nur über eine geduldige Arbeit in den Betrieben und Gewerkschaften und Interventionen in Arbeitskämpfe.
Jugendbewegungen und soziale Bewegungen
Im Zuge der Krise sahen wir weltweit bereits eine Reihe von massiven Jugendprotesten (Chile, Quebec, Großbritannien, Indignados in Spanien oder die Occupy-Bewegung in den USA). Diese Bewegungen sind eine direkte Reaktion von großen Schichten der Jugend auf die bürgerlichen Antworten auf die Krise, die nicht zuletzt zu Lasten der Jugend gehen. Hohe Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit auch für junge Menschen mit akademischem Abschluss, massive Erhöhungen bei den Studiengebühren, ein Leben in der Prekarität mit unsicheren Arbeitsverhältnissen, überlangen Arbeitszeiten und schlechter Bezahlung. Alleine der Slogan „We are 99%“ zeigt einen wichtigen Sprung im Bewusstsein dieser neuen Generation.
Die Radikalität, mit der diese Bewegungen herrschende Verhältnisse anprangern und sich für eine Alternative zum „System“ aussprechen, sind ein neues Phänomen und Ausdruck veränderter objektiver Umstände. Diese Stimmung kann als direkter Ausgangspunkt für die Propagierung eines revolutionären Programmes angenommen werden.
Diese Protest waren fast durchwegs von der Dominanz seminanarchistischer Konzepte geprägt: “Basisdemokratie”, apolitische Vorurteile gegenüber allen Organisationen (auch solchen mit revolutionären Anspruch). Diese Bewegungen waren dadurch aber auch unfähig sich ein gemeinsames Programm und eine Struktur zu geben und mussten scheitern. Das Fehlen einer klaren Perspektive und die undemokratischen Strukturen ließen viele AktivistInnen früher oder später ermüden.
Kommt es jedoch zu einer Fusion dieser Bewegungen mit der organisierten Arbeiterbewegung, wie es in Griechenland teilweise und in Spanien in noch viel deutlicherer Form geschehen ist, sehen wir die völlige Transformation der Situation. Als der Kampf der wenigen tausenden Bergmänner nach Madrid getragen wurde, verwandelte sich die spanische Hauptstadt in einen vorrevolutionären Hexenkessel. Hunderttausende säumten bis tief in die Nacht die Straßen, in den nächsten Tagen kam es zu einer Welle spontaner Streiks und selbst im Repressionsapparat traten massive Proteste und sogar Sabotageakte auf. Die „indignados“ entdeckten innerhalb von Stunden die Zentralität der Arbeiterklasse und ihrer Kampfmethoden, um ihre sozialen und politischen Forderungen zu vertreten.
In Österreich machten wir bereits im Zuge der letzten 10 Jahre mehrfach mit ähnlichen Bewegungen Erfahrung (Bewegung gegen Schwarz-Blau, Uni brennt), allerdings ließen die relativ stabilen sozialen Verhältnisse eine Entwicklung wie heute in Spanien nicht zu. Diese Bewegungen endeten alle in einer Niederlage. Aufgrund der Art und Weise, wie sie sich organisierten, waren sie nicht einmal zu einer theoretische Aufarbeitung ihrer Stärken und Schwächen imstande. Dadurch wurde mehr an politischem Kapital zerstört als aufgebaut werden konnte. An diesen Fehlern leidet die österreichische Linke noch immer. Die Nachwirkungen dieser Erfahrungen werden auch in der nächsten Periode noch schmerzvoll zu spüren sein.
MarxistInnen betonen die Zentralität der Orientierung auf die Arbeiterklasse im Kampf gegen die „1%“. Wir negieren dabei aber auch nicht den Wert von Jugend- und Studierendenprotesten und unterstützen diese vorbehaltlos. Auch der Kampf um freie Bildung und gegen die Ökonomisierung des Bildungssystems ist ein wichtiges Anliegen der Arbeiterbewegung. Diese Bewegungen können aber nur erfolgreich geführt werden, wenn sie kollektive Kampfformen entwickeln, die der Arbeiterbewegung entlehnt sind (Streiks, Großdemos). Dies geht Hand in Hand mit demokratischen Organisationsmethoden, die mit dem Konzept der sogenannten “Konsensdemokratie” unvereinbar sind. Dazu gehören demokratische Debatten über Programm und Strategie, die mit einem Mehrheitsbeschluss enden müssen, damit die Bewegung entlang einer bestimmten Linie handlungsfähig sein kann. Auf dieser Grundlage gilt es SprecherInnen zu wählen, die die Bewegung nach außen vertreten können, dieser aber jederzeit rechenschaftspflichtig sein müssen und die auch wieder abwählbar sind.
Diese Bewegungen unterliegen immer Auf und Abs. Die Mehrheit der in einer Bewegung Aktiven kann nicht ewig auf der Straße demonstrieren oder Plätze besetzen. Der Erfolg einer Bewegung misst sich nicht zuletzt daran, ob es gelingt möglichst viele AktivistInnen dauerhaft auf der Grundlage einer sozialistischen Programms zu organisieren.
Die Sozialistische Jugend
Die SJ hat aufgrund ihrer Geschichte und Traditionen eine Stellung inne, die sie selbst als Jugendorganisation dazu befähigen würde, dass sich rund um sie der Kern eines linken Flügels in der Arbeiterbewegung herausbilden kann. Dieser Aufgabe muss sich die SJ bewusst stellen. Die gegenwärtige Führung hat jedoch andere Prioritäten und versucht Konflikten mit der Parteispitze aus dem Weg zu gehen. Sie entwickelt sich immer mehr zu einer braven Parteijugend, ist nicht viel mehr als ein linkes Feigenblatt der Sozialdemokratie. Kritik wird nur dort geäußert, wo es niemandem weh tut. Die Themen, die sie besetzt, sind weitgehend darauf ausgerichtet, für die Partei Jugendliche zu organisieren. Die Aufgabe der SJ kann es auch nicht in erster Linie sein, zu schauen, in der SPÖ „etwas für die Jugend durchzubringen“. Das ist eine völlig falsche Prioritätensetzung angesichts der realen Stärke der SJ. Der politische Preis für solche „Erfolge“ ist zu hoch, weil es auf Kosten wichtiger Teile des eigenen Grundsatzprogramms geht und wichtige Aufgaben im Organisationsleben (v.a. die politische Schulung) vernachlässigt werden. In der Frage der Krise erhebt die SJ-Spitze ein offen reformistisches Programm. Damit verdammt sie die Organisation zu einem politischen Anhängsel der SPÖ.
Dies ist ganz besonders dort augenscheinlich, wo die SJ politische Mandate innehat. Das Negativbeispiel schlechthin lieferte der steirische SJ-Vorsitzende Max Lercher als Landtagsabgeordneter mit seiner Zustimmung zu bürgerlicher Kürzungspolitik.
Wie wir schon in der Vergangenheit betont haben, geht diese allgemeine Entwicklung der SJ aber sehr wohl einher mit einem gewissen Wachstum. Ein Sektor dieser neuen Mitglieder ist offen für revolutionäre Politik. Die MarxistInnen in der SJ sehen ihre Hauptaufgabe derzeit darin, das marxistische Grundverständnis der SJ, wie es im Grundsatzprogramm festgehalten ist, anhand von aktuellen Fragen (Krise, Bundesheer,…) zu verteidigen. Dabei betonen wir vor allem die besondere Verantwortung jener GenossInnen, die die SJ in den Spitzengremien der SPÖ und in Landtagen oder Gemeinderäten vertreten. Ihr Stimmverhalten muss auf der Grundlage der marxistischen Grundsätze der SJ erfolgen. Dies wird auch zu Konflikten mit der SPÖ-Führung führen. Auf die Auseinandersetzungen, die sich daraus ergeben, gilt es sich gezielt politisch vorzubereiten. Die Politisierung der SJ-Gruppen und die marxistische Schulung einer neuen Generation von Mitgliedern und FunktionärInnen ist die beste Garantie, um diese Konflikt überstehen zu können. Solche Funktionen sind daher auch nur anzustreben, wenn es gelungen ist, bereits im Vorfeld sich die nötige Verankerung und Basis aufzubauen, weil man nur so dem starken Druck der Bürokratie in der SPÖ standhalten kann. Der wichtigste Ansatzpunkt dazu ist die Forcierung der politischen Schulung in den eigenen Reihen.
Der Wettstreit der Ideen zwischen den verschiedenen Strömungen und politischen Ansätzen in der SJ und allgemein in den Organisationen der Arbeiterbewegung ist der beste Garant, um diese Organisationen in eine solche Richtung zu entwickeln. Demokratie hat dabei für diese Organisationen dieselbe Funktion wie Sauerstoff für das menschliche Leben. Das Recht sich in Strömungen zu organisieren und in organisierter Form an den Debatten dieser Organisationen teilzuhaben, ist historisch betrachtet eine wichtige Voraussetzung, um die Organisationen der Arbeiterbewegung lebendig zu halten. Politische Konflikte müssen politisch gelöst werden, durch theoretische Diskussionen und in der Praxis. Bürokratische Mechanismen können politische Meinungsverschiedenheiten nicht lösen, sondern werden die Organisation nur zerstören.
Welche Organisation wir wollen – und wie wir dahin kommen
Wir sind uns aufgrund der Erfahrungen der Geschichte der Arbeiterbewegung bewusst, dass die Überwindung des Kapitalismus nur möglich ist, wenn die Arbeiterklasse über Organisationen verfügen, die imstande sind eine revolutionäre Bewegung zum Sieg zu führen. Das beste Beispiel liefert die Russische Revolution von 1917, als Negativbeispiele müssen die gescheiterten Revolution in Deutschland, Österreich und anderen Ländern nach dem Ersten Weltkrieg herhalten.
Es existiert heute keine Organisation, die diese Rolle einnehmen kann, aber als revolutionäre MarxistInnen versuchen wir durch unsere theoretische und praktische Arbeit einen Kern einer solchen Organisation in unserem Land herauszubilden. Die Aufgabe einer marxistischen Strömung in der Arbeiterbewegung muss es sein, alle Ansätze für eine klassenkämpferische Bewegung, die sich aus den Widersprüchen des Kapitalismus, die sich auch in den traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung widerspiegeln, weiterzuentwickeln und vorwärtszutreiben. Dies setzt voraus, dass MarxistInnen dort präsent sind, wo sich Klassenkämpfe entfalten. Wir machen das nicht nur aus einer Beobachterfunktion, wir kommentieren nicht nur von außen, sondern versuchen je nach Stärke unserer Verankerung in der Bewegung unseren aktiven Beitrag zum Erfolg solcher Kämpfe zu leisten. Wir begleiten diese Kämpfe mit unserem politischen Material (Zeitung, Flugblätter, Homepage, neue soziale Medien), analysieren diese Prozesse und machen auch Vorschläge, mit welchen Methoden diese Kämpfe aus unserer Sicht organisiert und geführt werden sollten. Damit wollen wir die Debatte in den Organisationen der Arbeiterbewegung und unter kämpferischen Belegschaften beleben. Die Erfahrungen und Lehren aus solchen Kämpfen versuchen wir zu verallgemeinern, damit sie Teil des kollektiven Gedächtnisses der Bewegung werden können. Wir wollen den ArbeiterInnen, die in solchen Kämpfen aktiv sind, eine Stimme geben. Sie sollen über ihre Arbeits- und Lebenssituation und über Missstände berichten können. Wir organisieren auch Solidarität mit Kämpfen. Aber es geht um mehr. Es geht ausgehend von diesen Erfahrungen um die Ausarbeitung einer Perspektive, einer Strategie und eines Programms, die den Herausforderungen, vor denen wir angesichts der Krise stehen, gerecht werden. Durch die Teilnahme an realen Kämpfen gepaart mit einem ernsthaften Studium marxistischer Theorie versuchen wir jenen Stamm an GenossInnen zu schulen, der imstande ist diesen Perspektiven Leben einzuhauchen und eine Organisation aufzubauen, die es im Kampf zur Überwindung des Kapitalismus brauchen wird.
Schluss
Auf den ersten Blick schaut die Zukunft nicht allzu rosig aus: Die Wirtschaft steckt in der Krise fest, die Arbeiterklasse und die Gewerkschaften stehen unter enormem Druck, und es fehlt ihr an einer politischen Stimme, die den Herausforderungen dieser Epoche auch gerecht werden kann. Unsere Aufgabe als marxistische Strömung ist es aber die Prozesse in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit zu verstehen. Unser Hauptinteresse gilt der Frage, welche Auswirkung diese Prozesse auf das Bewusstsein der ArbeiterInnen und der Jugend haben. Und dieses Bewusstsein wird in dieser Periode massiv erschüttert werden, etwas anderes ist unter den beschriebenen Bedingungen gar nicht möglich. Unter dem Eindruck von einem großen Ereignis nach dem anderen wird so die Basis für revolutionäre Prozesse entstehen.
Kollektiv die Perspektiven des Klassenkampfs auszuarbeiten, ist ein wichtiger Teil unserer politischen Arbeit. Sie sind die Arbeitshypothese, entlang der wir unsere Arbeit organisieren, und zeichnen ein größeres Bild von den Bedingungen, unter denen wir politisch aktiv sind. Durch die Erfahrungen aus unseren Interventionen in die Arbeiterbewegung, ihre Debatten und Kämpfe, können wir auf der Basis von Ereignissen unsere Perspektiven konkretisieren und uns eine politische Klarheit erarbeiten, die es uns ermöglich wird, möglichst wenig Fehler im Aufbau einer starken marxistischen Strömung in der Arbeiterbewegung und der Jugend zu machen. Den meisten AktivistInnen in der organisierten Arbeiterbewegung und der Linken fehlt eine weitergehendere Perspektive, und sie haben daher kein klares Verständnis ihrer Aufgaben. Daran scheitern auch viele und ziehen sich dann wieder aus der politischen Aktivität zurück oder passen sich der Bürokratie an. Die marxistische Theorie und unsere langfristigen Perspektiven sind daher ein wesentliches Rüstzeug, um in diesen Zeiten vor lauter Bäumen nicht den Wald aus den Augen zu verlieren und frustriert aufzuhören. Geduldiges erklären steht heute auf der Tagesordnung, um Schritt für Schritt die Grundlage für eine starke marxistische Strömung zu legen. Diese Krise stellt einen Epochenwandel in der Entwicklung des Kapitalismus dar und wird noch viele Erschütterungen bringen, und wir müssen uns politisch, organisatorisch und auch psychologisch auf diese Entwicklungen und die damit verbundenen Aufgaben vorbereiten.
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