Antitrotzkistische Hexenjagd oder sozialistische Demokratie
Die Ereignisse rund um die Bezirkskonferenz der SJ Floridsdorf sind ein Schock für alle ehrlichen AktivistInnen in der SJ Wien.
Unverständlich dabei ist für viele das Verhalten der Wiener Landesführung, die leider nichts gegen den Putsch von Bernhard Herzog unternommen hat.
Unverständlich ist auch das Verhalten der Wiener Kontrolle, die ca. vierzig Erlagscheine von Delegierten, die für den Gen. Herzog stimmten, bei denen Adresse und Geburtsdatum fehlten, anerkannt hat.
Unverständlich ist weiter, dass die SJ Wien Führung versucht hat, AktivistInnen der SJ Floridsdorf im Zeitpunkt der höchsten Not von anderen Bezirks-Gruppen fern zu halten.
Die Führung der SJ Wien hat die ganze Zeit über beteuert neutral zu sein. Nehmen wir an, sie war tatsächlich neutral. Wenn die Führung der AktivistInnen mit Hilfe von Parteicliquen (beispielsweise die JG Korneuburg) und Masseneinzahlungen weggeputscht wird, dann kann es für eine linke SJ keine Neutralität geben. Diese Art von Neutralität ist Unterlassung von Hilfeleistung. Und nicht nur das! Es ist noch dazu gefährlich! Denn die SJ Wien hat hier indirekt oder direkt, das sei dahin gestellt, Methoden zum Durchbruch verholfen, die sie selbst in ihrer Existenz bedrohen.
Der Putschismus stärkt die SJ-Rechte!
Der Putschismus spielt immer den Rechten in der SJ in die Hände, den Parteicliquen und den Apparatschiks. Denn sie sitzen mit ihren Netzwerken im Apparat und mit ihrem Zugang zu Geldern am längeren Ast, wenn es um eine Karteileichenschlacht geht. Es stimmt, dass es auch schon linke Übernahmen in der SJ gegeben hat, die durch bürokratische Manövern herbeigeführt wurden. In diesen Fällen wäre die linke Übernahme bei einer Konferenz aber schon früher gekommen, hätte es von beiden Streitparteien keine bürokratischen Manöver gegeben. Die politische Mehrheit war bei der Wiener Landeskonferenz 2001 schon längst in den Händen der Linken in der SJ Wien, bevor der Gen. Landgraf (ehemaliger, parteitreuer SJ Wien-Landesvorsitzender) durch ganz ähnliche Manöver eine Karteileichenschlacht und Statutenbrüche herbeigeführt hat. Wichtig ist folgendes: Das bürokratische Manöver an sich spielt immer der SJ- Rechten in die Hände. Das ist auch nicht verwunderlich. Das bürokratische Manöver wurde quasi erfunden, um linke AktivistInnen unter Kontrolle zu bringen und zu disziplinieren. Ist der Putschismus als Methode einmal salonfähig, dann wird er für alle Linken zur Gefahr.
Es ist immer das selbe Spiel, die selbe alte Leier: Der Hexenjagd auf die TrotzkistInnen folgt der Schlag gegen die gesamte Linke, wie der Donner auf den Blitz. So war es in den 80er Jahre in England wo als ein Resultat der Hexenjagd gegen die trotzkistische „Militant Tendency“ die neokonservative Fratze Tony Blair in der Labour Party das Haupt erhob. So war es in den 30er Jahren in der UdSSR, wo nach den TrotzkistInnen alle anderen linken Strömungen, die SinowjewistInnen, die „Arbeiteropposition“, und am Schluss sogar die AnhängerInnen Stalins selbst von der Stalinschen Bürokratie verfolgt worden sind. So war es in Spanien Ende der 70er Jahre in der Sozialistischen Jugend, so war es in Österreich 1945- 50 und in den USA in der McCarthy-Ära: Der allgemeinen Jagd gegen die „bösen KommunistInnen“ oder gegen die „bösen TrotzkistInnen“ ist schlussendlich die gesamte Linke in der ArbeiterInnenbewegung zum Opfer gefallen. Besonders die SJ sollte aus dieser Zeit ihre Lehren ziehen. Josef Hindels, der theoretische Gründervater der SJÖ nach 1945, war ein linker Marxist. Er zog es vor 1945 -1950 nicht gegen den aufkommenden Antikommunismus in der SPÖ zu kämpfen, und unternahm nichts gegen die „Enttarnung kommunistischer Agenten“. Er argumentierte dies mit seiner antistalinistischen Haltung. Nachdem aber der der „kommunistischen Unterwanderung“ bezichtigte Flügel von Erwin Scharf aus der SPÖ ausgeschlossen wurde, wurde auch die Strömung von Hindels marginalisiert. Die Sozialistische Jugend rückte nach rechts.
Es gibt in der ArbeiterInnenbewegung eine allgemeine Gesetzmäßigkeit, der sich niemand entziehen kann: Ein Schlag gegen eine linke Strömung ist ein Schlag gegen alle linken Strömungen. Die Rechte beginnt immer mit einem Schlag gegen die radikalste Strömung. Wenn diese fällt, folgt der Schlag gegen die gesamte Linke. Es gibt in der gesamten Geschichte der ArbeiterInnenbewegung kein einziges Beispiel wo es anders war, keine einzige Ausnahme. Es war immer so, und es wird immer so sein. Grundlage dieser unerbittlichen Logik ist die Tatsache, dass zur Verfolgung der „bösen radikalen Strömung“ ein Lügengebäude aufgestellt werden muss. Dieses Lügengebäude der „kinderfressenden Trotzkisten“ oder der „kinderfressenden KommunistInnen“ (nach dem Krieg), meist verbunden mit einer Art „Agentenring- und Unterwanderungstheorie“ stürzt jedoch im Zuge der Verfolgung meist ein. Genau aus diesem Grund beginnen immer mehr AktivistInnen die „böse radikale Strömung“ zu verteidigen und müssen ebenfalls diszipliniert werden. Außerdem gerät auf Grund einer Art chronischen Hysterie der Bürokratie („Von Freud als Ausdruck von Schuldgefühlen erkannt“), jedeR in den Verdacht TrotzkistIn zu sein, der sich nicht zu absolutem Gehorsam verpflichtet.
Hinzu kommt noch ein weiterer Grund, warum antidemokratische Schläge einer an sich „linken“ Führung die Dynamik einer Rechtsentwicklung verstärken: Das Verhalten der Landesführung empört alle ehrlichen und linken AktivistInnen moralisch zu tiefst und führt in vielen Fällen zu einem Abgleiten dieser AktivistInnen in die Inaktivität. Dies kommt vor allem in Bezirken vor, die dem Landesbüro nahe stehen, wo es ja auch viele ehrlich AktivistInnen gibt. Dadurch, dass linke AktivistInnen nach solchen Aktionen die SJ verlassen, die moralisch, verschiebt sich das Kräfteverhältnis weiter nach rechts.
Die wichtigste Gefahr repressiver Maßnahmen für die gesamte Linke liegt jedoch darin, dass eine Führung, die permanent nach links schlägt, der Rechten unweigerlich die Flanke öffnet und darüber vergisst, an den Aufbau der SJ zu denken.
Setzt sich der momentane Kurs der SJ Wien Führung durch, werden diesem Kurs nicht nur die TrotzkistInnen, sondern alle linken, unabhängigen Bezirke und am Ende die SJ Wien Führung selbst diesem Kurs zum Opfer fallen.
„Warum sind die so deppert? Warum sind die so gemein?“
Diese Fragen haben sich in den letzten Tagen viele AktivistInnen gestellt, wenn die neusten Aktionen oder die neusten Postings im SJ-intern des Wiener Landesbüros bekannt wurden.
Die Aktionen des Landesbüros oder der „Büroclique“ – wir benutzen diesen Begriff, weil viele AktivistInnen, die nicht den „Funke“ unterstützen, diesen Ausdruck mittlerweile verwenden, um die Führung der SJ Wien zu charakterisieren – sind jedoch nicht aus den Motiven der Dummheit oder Gemeinheit heraus zu begreifen. Der Wahnsinn hat Methode. Oder besser er entspringt einer gewissen Methode, die fürs erste gar nicht so wahnsinnig, dumm oder gemein ist. Was ist das für eine besondere Methode?
Es ist eine Methode, die am Anfang ganz vernünftig klingt, sie scheint aufs erste sogar vernünftiger als die „utopischen und weltfremden“ Ideen der Funkeströmung. Um diese Methode zu verstehen müssen wir etwas ausholen. Beginnen wir bei den elementaren Dingen.
Was will die Führung der SJ Wien? Sie will die ArbeiterInnenbewegung in eine linke Richtung verändern. Wir sehen, wir gestehen der SJ Wien Führung ehrliche Motive zu. Wie will sie das tun? Sie will das vor allem tun, indem sie den Apparat der Partei und der Gewerkschaft nach links zu treiben versucht. Die SJ Wien Führung ist „realistisch“, oberflächlich betrachtet realistischer im Übrigen als die Funkeströmung. Sie nimmt die Partei, die Gewerkschaft, die ArbeiterInnenbewegung so wie sie ist. Momentan ist die Partei hauptsächlich ein Apparat mit ein paar unpolitischen Sektionen als Anhängsel.
Wie kann man diesen Apparat nach links treiben? Man muss Verbündete in diesem Apparat finden, Leute die eine linke SJ unterstützen, trotz pro-kapitalistischer Politik der SPÖ, trotz Regierungsbeteiligung der SPÖ. Das ist gar nicht so einfach. Nichts desto weniger ist es extrem wichtig für die SJ, diese Unterstützung in der Partei zu gewinnen. Immer wieder droht sonst der Aufbau paralleler „roter“ Jugendorganisationen durch Parteikreise. Dieser Aufbau muss verhindert werden.
Die SJ Führung versucht also linke Netzwerke in den Funktionärsapparaten auszubauen, im Parteiapparat, im Gewerkschaftsapparat, in den Bezirksvorständen, in den Apparaten der Jugendorganisationen der Gewerkschaften, usw.
Diese linken Netzwerke sind jedoch ein zweischneidiges Schwert. Eine Hand wäscht die andere. Die Funktionäre, die die SJ unterstützen wollen auch etwas im Gegenzug für ihre Unterstützung. Oder besser. Die UnterstützerInnen im Apparat verlangen im Gegenzug für ihre Unterstützung eine gewisse Verlässlichkeit, eine gewisse Kontrollierbarkeit, eine gewisse Berechenbarkeit der SJ. Eine gewisse Verlässlichkeit dahingehend, dass die SJ nicht irgendwelche unberechenbare Aktionen durchführt, die dem Apparat, auch den „linken“ „SJ- freundlichen“ Teilen des Apparats unangenehm sind. Was sind solche unberechenbaren Aktionen? Zum Beispiel die lautstarke Forderung nach einer Begrenzung des Einkommens für FunktionärInnen auf dem durchschnittlichen ArbeiterInneneinkommen. Es gibt kaum eineN hauptamtlicheN FunktionärIn in der gesamten ArbeiterInnenbewegung, ganz unabhängig von der politischen Einstellung, der diese Forderung unterstützen würde (Die SJ Wien-Spitze hatte entsprechende Forderungen auf der letzten LK noch massiv abgelehnt, bevor der Druck zu stark wurde und der Verbandstag dank der ehrlichen Einstellung anderer Landesorganisation Tatsachen geschaffen hat). Oder aber die Einmischung der SJ in die Politik der Gewerkschaft, die Einmischung der SJ in die Politik der Partei. Selbst die Einmischung der SJ in die Politik der Jugendorganisationen der Gewerkschaften, der AKS oder des VSSTÖs kann schon als Affront gesehen werden. Ein SchülerInnenstreik gemeinsam mit jungen ArbeiterInnen organisiert von der SJ zu einem Kernthema von AKS, VSSTÖ und ÖGJ könnte von diesen Organisationen als Provokation gesehen werden (Wie oft hörten wir schon das Argument, dass dieses oder jenes der ÖGJ-Führung missfallen würde?). Das wiederum könnte die Stellung der SJ im Apparat schwächen.
Das bedeutet, dass der Plan der SJ- Führung, schrittweise linke Position im Apparat der Bewegung zu verfestigen, eine gewissen Rücksichtnahme auf die verbündeten Kräfte, ein taktvolles, vernünftiges Maßhalten in den politischen Positionen und Aktionen verlangt. Schön und gut, wenn es da nicht die Funke Strömung gäbe, die diesen Plan permanent durch ihre Unberechenbarkeit hintertreiben würde.
Unabhängige Initiativen!
Die Funke- Strömung und die Bezirke, die sich zu ihren Ideen bekennen agieren unabhängig vom Landesbüro, sie schlagen Kampagnen und politische Slogans vor und laden alle AktivistInnen ein mitzumachen. Neben der Funke- Strömung gibt es eine Reihe von Bezirken, die eine vom Landesbüro unabhängige Rolle spielen. Mensch weiß nicht, ob sie in der nächsten Frage die Funke- Strömung unterstützen, neutral bleiben oder eine eigene Initiative ergreifen. Jedenfalls gibt es in der SJ Wien einige vom Landesbüro unabhängige Bezirksorganisationen, die jederzeit eine für die „Büroclique“ unberechenbare Dynamik erzeugen können und oft erzeugt haben. In vielen Fragen, haben politische Positionen und Kampagnenvorschläge der Funke-Strömung die Mehrheit der AktivistInnen der SJ Wien überzeugt. In vielen Fällen waren die SJ Wien Führung gezwungen den Kurs der Funke- Strömung aufzugreifen, wenn sie sich nicht von den AktivistInnen isolieren wollte. (Wie z.B. beim Funktionärslohn: „Da waren wir ja immer schon dafür!“, nachdem die SJ5 einen entsprechenden Antrag zum Verbandstag gestellt hatte.)
An sich ist das nichts Schlimmes. Strömungen, eigenständig denkende und handelnde Bezirke machen die SJ lebendig und stark. Viele Aktionen der Funke Strömung haben die SJ massiv gestärkt, wenn wir nur an die Veranstaltung mit Hugo Chavez in der Arena denken. (Die SJ Wien-Spitze hatte übrigens auf jener Ausschussklausur, als die Funke-UnterstützerInnen den Vorschlag machten, die Frühjahrsarbeit 2006 mit Aktionen rund um Chavez-Besuch und Bush-Demonstration ganz ins Zeichen internationaler Arbeit zu stellen, dies mit dem Argument abgelehnt, dass eine „Aktivierungskampagne“ mit dem Thema „Reich und Arm in Österreich“ viel sinnvoller sei. Die Geschichte hat mit 5000 Leuten in der Arena Recht gesprochen…
Versetzen wir uns aber in die Situation der Landesspitze hinein: Jederzeit muss sie damit rechnen, dass ihr der Kurs von einem unkontrollierbaren Punkt aufgezwungen wird. Sie hat ihre Landesorganisation nicht vollständig unter Kontrolle. Dadurch wird sie in den Apparaten von Partei und Gewerkschaft selbst zu einem unkontrollierbaren, unberechenbaren Partner, ihre Reputation ist gefährdet. Ja, die SJ Wien-Spitze wird mit Sicherheit in gewissen Parteikreisen selbst des „Linksradikalismus“ verdächtigt bzw. dafür mitverantwortlich gemacht, dass sich in der Sozialdemokratie der „Trotzkismus“ verankern kann. „Trotzkismus“ ist für BürokratInnen gleichbedeutend mit „Gefahr“ „Unberechenbarkeit“, und „Bedrohung“.
Die SJ Wien-Führung besteht im Prinzip aus netten und vernünftigen Leuten, die jederzeit einer alten Dame über die Straße helfen würden. Aber wie ein altes Sprichwort besagt: der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Ihre Methodik, den Apparat von Partei und Gewerkschaft von innen her reformieren zu wollen, führt mit grausamer Logik zu einem Punkt wo unabhängige Initiativen und unabhängig agierende linke Strömungen zu einem absoluten Hindernis für das Büro der SJ Wien werden müssen. Daher rührt der Hass auf die Funke- Strömung, die Angst vor unabhängig agierenden Bezirken, die ihre Autorität untergraben und ihrer Methodik das Wasser abgraben.
Diese Phänomene waren in der Politik der letzten zwei Jahre in Permanenz zu spüren. Am Anfang hat sich hinter diesem irrationalem Verhalten ein rationales Motiv versteckt, das heute jedoch schon nicht mehr erkennbar ist. Vernunft wird Unvernunft. Heute schaufelt sich die Büroclique durch ihre Politik der permanenten Angriffe gegen alles Kritische ihr eigenes politisches Grab.
Was will der Funke?
Wir haben uns eingehend mit der Methode der Wiener Landesführung beschäftigt. Wir haben gesehen, dass diese Methode im Prinzip vorerst ganz „vernünftig“ sein zu scheint. Undemokratisch muss sie ja nur werden, weil es „diese verrückten Funke-Leute“ gibt, könnte man meinen.
Jetzt ist es an der Zeit folgende Frage zu klären: Was will eigentlich der Funke? Es wird den Leser, die Leserin überraschen: Der Funke will das selbe wie die SJ Wien Führung. Er will die ArbeiterInnenbewegung, Partei und Gewerkschaft in eine linke Richtung verändern.
Der entscheidende Unterschied ist aber das Wie: die Methode wie diese Veränderung herbeigeführt werden soll.
Die Funke Strömung setzt nämlich bei der Veränderung nicht auf die Apparate von Partei und Gewerkschaft, sondern auf die Basis. Der Funke Strömung geht es darum, in Partei und Gewerkschaft, in den Sektionen, unter Betriebsräten und in Gewerkschaftsgruppen erste Stützpunkte einer kommenden Linken aufzubauen. Die Funke Strömung setzt nur in zweiter Linie auf den „linken“, „SJ-freundlichen“ Apparatschik. Sie setzt vor allem auf Unterstützung von unten. Deshalb kann die Funke- Strömung auch unabhängig agieren. Wir haben oben geschrieben, dass es so aussieht, dass genau in diesem Punkt die SJ-Wien-Führung realistischer zu sein scheint als die Funke Strömung: Sind es nicht Apparate, die Partei und Gewerkschaft in Geiselhaft genommen haben. Wo ist die Basis in der ArbeiterInnenbewegung, kann man überhaupt von Bewegung sprechen, ist es nicht vielmehr eine Erstarrung ?
Wenn man nur auf den Augenblick schaut, ist es tatsächlich so. Der Marxismus betrachtet aber soziale Organismen nicht als Momentaufnahmen, sondern in ihrer Bewegung, als Prozess. Die Perspektive der Funke Strömung schaut folgendermaßen aus: Das Kapital ist in der Offensive, es greift die arbeitenden Menschen überall an, im Betrieb, in Schule, Uni, und von Regierungsseite her. Ab einem gewissen Zeitpunkt muss sich Gegenwehr entwickeln. Eine Gegenwehr wie sie sich immer in einer Klassengesellschaft ab einem gewissen Punkt entwickelt, auch die gerade laufende historische Epoche erlaubt nichts anderes. Die Klassenkämpfe werden sich zuspitzen. Ab einem gewissen Level des Klassenkampfes wird sich dieser Klassenkampf auch in den Massenorganisationen der ArbeiterInnenklasse ausdrücken. Die mächtigen Apparate werden herausgefordert werden durch unabhängige Aktionen der Basis: Zuerst in der Gewerkschaft und dann mit einiger Verzögerung in der Partei. In Deutschland sehen wir diesen Prozess schon in einem fortgeschrittenen Stadium. Durch die harten Attacken auf Betriebsebene und das völlige Versagen der Gewerkschaft, sind die arbeitenden Menschen gezwungen, sich auf Betriebsebene zusammenzuschließen und sich unabhängig von der Gewerkschaftsführung gegen die Attacken des Kapitals zu wehren. In einem zweiten Stadium beginnen sie sich zu vernetzen. In der SPD bildeten sich ebenfalls linke Basisnetzwerke, die schlussendlich zur Bildung der WASG führten. Auch in Österreich werden sich bald solche Prozesse abspielen. Auch in Österreich muss ein neues linkes politisches Projekt entstehen. Besser es entsteht innerhalb der SPÖ als außerhalb, aber es muss entstehen.
Und genau in der Unterstützung dieser Entwicklungen von unten her in Gewerkschaft und Partei sieht die Funke Strömung ihre Aufgabe. Wir sehen es als unsere Aufgabe noch bevor die Situation in Bewegung kommt, erste Stützpunkte in Gewerkschaft und Partei aufzubauen, in den Sektionen und in den Betrieben einzelne kritische, ehrliche linke AktivistInnen zu vernetzen, kleine Gruppen von echten SozialistInnen in den Sektionen und Betrieben zu vernetzen. Diese „echten SozialistInnen“ gibt es überall, in allen SPÖ Bezirken und Betrieben. Aus ihnen müssen wir einen ersten Kern bilden. In den kommenden Klassenkämpfen wird um diesen Kern herum die revolutionär-sozialistische Massenopposition in SPÖ und ÖGB aufgebaut werden. Das ist die Strategie der Funke-Strömung. Dabei lehnt es die Funke-Strömung nicht ab Positionen im Apparat zu erringen. Bedingung ist aber die absolute politische Unabhängigkeit und, dass diese Position auch eine Verankerung in der Basis hat. Damit ein Funktionär seine Unabhängigkeit verteidigen kann, braucht er Rückendeckung. Er braucht eine Basisorganisation, die ihm den Rücken stärkt und ihn kontrolliert. Der Funke lehnt auch eine Zusammenarbeit mit hauptamtlichen FunktionärInnen nicht ab. Diese Zusammenarbeit ist aber nicht hauptsächliche Orientierung, sondern eine untergeordnete Taktik und darf an keine Bedingungen geknüpft sein.
Wir sehen hier auch einen Unterschied zwischen „Büroclique“ und Funkeströmung in der Einschätzung der Perspektiven für die politische Entwicklung in Österreich. Diese Verschiedene Einschätzung hat damit zu tun, dass der Funke darauf vertraut, dass der Klassenkampf wieder aufflammen wird und dass es in den nächsten Jahren zu lange nicht gesehenen Aktionen der Jugend und der ArbeiterInnenklasse kommen wird. Genau das betrachtet die „Büroclique“ als utopisch. Und weil sie kein Vertrauen in die Klassenkampf und in die unabhängige Massenaktion hat, – ganz im Gegenzug zur viel gerühmten Rosa Luxemburg im Übrigen – muss sie ihr Vertrauen in den Apparat setzen.
Wir halten es für illusionär, den Apparat von innen her verändern und beeinflussen zu wollen.
Daher wollen wir Kerne in den Basisstrukturen unabhängig vom Apparat aufbauen. Nicht den bürokratischen Apparat reformieren, sondern sich vom Apparat zu emanzipieren muss die Strategie sein! Es kann kein Vertrauen in Apparate und deren Reformieren geben – unser einziges Vertrauen gebührt dem Klassenkampf allein.
Über die Basisstrukturen kann dann selbstverständlich der Apparat auch beeinflusst werden. Nehmen wir das Beispiel Unterstützung der SJ her. Ziel der Funke- Strömung ist es, dass die SJ, so ein hohes Prestige in den Sektionen hat, dass es dem Apparat unmöglich ist, sie zu bekämpfen, dass der Apparat gezwungen ist, sie zu unterstützen. Auf diese Weise hat die SJ Vorarlberg ein sehr hohes Prestige in der SPÖ Vorarlberg und ihre Situation ist momentan in keiner Weise bedroht, obwohl die SJ Vorarlberg einen kompromisslos revolutionär- marxistischen Kurs fährt.
Die SJ Wien Führung hingegen setzt hauptsächlich auf Bündnisse mit den sogenannten „linken“ FunktionärInnen und begibt sich dadurch oft in eine Geiselhaft.
Auf den linke Teil des Apparats ist übrigens kein Verlass! Die „linken“ Apparatschiks in SPÖ und ÖGB haben von jeher im Kern jeden Kurs der Führung mitgetragen. Man nehme nur die Sallmutters, Einems oder Haberzettels als Beispiel. (Und, mit Verlaub, das Krankstellen bei einer Abstimmung über ein rassistisches Asylgesetz ist kein Zeichen dafür, gegen die herrschenden Zustände kämpfen zu wollen. Da ist uns ein Liebknecht schon lieber, der gegen seine gesamte SPD-Parlamentsfraktion beim Ausbruch des Weltkriegs gestimmt hat.)
In der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung kam es oft vor, dass Teile des Apparats eine extrem linke, sogar linksradikale Rhetorik annahmen, nichts desto trotz aber weiter eine Politik der Klassenkollaboration fortführten. Die Geschichte lehrt: Gegenüber linken Stimmen aus dem Funktionärsapparat, ohne Verbindung mit klassenkämpferischen Aktionen ist immer höchste Vorsicht geboten!
Weil die Funke Strömung prinzipiell keinen Anspruch stellt, für den Apparat berechenbar zu sein, hat die Funke Strömung auch kein Problem mit Demokratie, mit Diskussion und mit einer lebendigen Sozialistischen Jugend. Deshalb kann die Funke Strömung auch überall in den Massenorganisationen der ArbeiterInnenbewegung ehrlich für den Pluralismus der linken Ideen eintreten.
Wohin geht die SJ Wien?
Die Situation in der SJ Wien ist besorgniserregend. Setzt sich der Kurs fort entsteht eine Gefahr für alle unabhängigen Bezirke. Noch schlimmer als die Entdemokratisierung der SJ Wien ist aber die Unfähigkeit des Landesbüros, die SJ aufzubauen. Gerade jetzt wo es so wichtig wäre eine Kampagne für eine Minderheitsregierung zu initiieren und in alle Sektionen hineinzutragen, ist die SJ Wien damit beschäftigt, die Kontrolle über die Organisation zu behalten.
Diese Kombination aus Entdemokratisierung und Unfähigkeit in der Aufbauarbeit ist die denkbar schlimmste. Nichts ebnet den Rechten in der SJ den Weg mehr als die Unfähigkeit einer linken Führung in der politischen Aufbauarbeit, kombiniert mit Entdemokratisierung. In all dem sehen wir eine große Gefahr für die SJ Wien. Diese Gefahr ist deshalb so groß, weil die SPÖ kurz davor ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen, in der sie dem Kapital und der hochsensiblen ÖVP Verlässlichkeit bis hinunter in die Jugendorganisationen beweisen muss.
Was jetzt notwendig ist, ist ein Bündnis aller Bezirke, die sich die Unabhängigkeit vom Landesbüro bewahren wollen, ein Bündnis aller AktivistInnen denen eine linke und demokratische SJ Wien wirklich am Herzen liegt, ein Bündnis zur Verteidigung einer linken SJ Wien.
Aufgabe dieses Bündnis ist zum einen die Verteidigung der Demokratie in der SJ Wien, zum anderen aber geht es darum, vorzuzeigen wie die SJ aufgebaut werden kann.
Ziel muss es sein, starke linke Bezirke mit Verankerung unter jungen ArbeiterInnen, in den Schulen und in den Parteisektionen zu schaffen, diese Bezirksorganisationen müssen regelrechte Festungen des Sozialismus werden.
Folgendes Aktionsprogramm schlagen wir vor:
Aktionsprogramm zur Verteidigung der linken SJ Wien:
• langer Marsch durch die Sektionen: Ziel ist es, innerhalb eines Jahres alle Sektionen in einem Bezirk zu besuchen, dort vorzustellen wie sich die SJ die Politik der SPÖ Spitze wünschen würde, und wie das Konzept der Minderheitsregierung aussehen könnte. Außerdem soll die Arbeit der SJ vorgestellt werden und erklärt werden, dass Versuche der SPÖ Spitze, sich wie im Fall der „jungen Roten“ in sozialdemokratische Jugendpolitik einzumischen abgewehrt werden müssen. Es gibt viele Sektionen und unsere Kräfte sind limitiert. Mit langer Marsch ist gemeint, dass es auch länger als ein Jahr dauern kann, bis alle Sektionen abgeklappert sind. Wichtig ist nur dass es passiert.
• Junge ArbeiterInnen für die SJ gewinnen: Ziel muss es sein gemeinsam mit Jugendvertrauensräten bzw. jungen Betriebsräten von größeren Betrieben ein Konzept für die Organisation junger ArbeiterInnen zu entwickeln. Möglich wäre ein wöchentlicher gemeinsamer Clubabend, der Freizeitangebot mit einem leicht verdaulichen politischen Programm verbindet. Als erster Schritt wäre eine gemeinsame Diskussion mit Jugendvertrauensräten und Betriebsräten aus dem Bezirk denkbar zu den Themen „ Wie können wir gemeinsam für die Interessen arbeitender Jugendliche eintreten?“ „Informationsaustausch: Was macht die SJ, was sind die Probleme in den Betrieben“ „ Was für eine Gewerkschaft, was für eine ArbeiterInnenbewegung brauchen wir“.
• Verankerung an den Schulen: Die Verankerung an den Schulen ist keine leichte Sache. Wenn sie aber einmal erreicht ist, dann ist der politische Lohn groß. Die Verankerung an den Schulen ist das wichtigste Element, um einen Wiener Bezirk wirklich stark zu machen. Deshalb muss sie systematisch geplant werden. Zum einen muss mit jedem/r einzelnen SchülerIn in der SJ Gruppe ein Konzept für seine, ihre Schule ausgearbeitet werden. Möglich ist es zum Beispiel Workshops nach der Schule zu organisieren, den oben angesprochenen Clubabend zu bewerben, systematisch 1 Mal im Monat einen Infotisch vor der Schule zu machen. Am besten ist es jedoch zu Missständen an der Schule oder zu bildungspolitischen Missständen Aktionen an den Schulen zu machen.
• Internationale Solidarität: Hier geht es darum weiter Solidaritätsaktionen mit Venezuela und Kuba durchzuführen und die Ereignisse dort zu verfolgen und zu studieren. Auch die Situation in Mexiko, Bolivien und Ecuador muss beobachtet werden.
• Kampf für Demokratie: Der Kampf für die Demokratie in der SJ Wien bedeutet jetzt vor allen Dingen einen politischen Kampf gegen putschistische Methoden in der SJ Floridsdorf. Das bedeutet einen gemeinsamen Kampf für eine demokratische Konferenz in Floridsdorf zu führen, die wirklich den Willen ALLER AktivistInnen zum Ausdruck bringt. Jeder Bezirk, der Opfer eines bürokratischen Manövers wird, muss von allen anderen Bezirken politisch unterstützt und verteidigt werden.
Redaktion „Der Funke“