Bei der gestrigen Regierungsklausur einigte sich die Große Koalition auf eine weitere Verschärfung der Asylgesetzgebung. Zur gleichen Zeit verstarb der 20jährige Schubhäftling Gaganpret Singh K. im Polizeigefängnis Hernalser Gürtel gestorben. Der Funke sprach mit Michael Genner, Obmann von Asyl in Not, über Maria Fekters Asylpläne.
Gaganpret Singh K. war seit 4. August in Schubhaft hatte sich seit 7. August im Hungerstreik befunden. Bei der täglichen Untersuchung wurde noch am Sonntag die Haftfähigkeit durch den Amtsarzt attestiert. Am Montag konnte der Aufsichtsbeamte beim Wecken kurz nach 6 Uhr keine Auffälligkeiten feststellen. Gegen 7.15 Uhr sei der Mann laut Aussagen von Mithäftlingen in der Zelle zusammengebrochen, so die Polizei. Sofort eingeleitete Reanimationsversuche durch den Amtsarzt und den herbeigerufenen Notarzt verliefen erfolglos.
Ein neuerlicher tragischer Anlass die Asylgesetzgebung des österreichischen Staates einer Kritik zu unterziehen. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir ein Interview mit Michael Genner von „Asyl in Not“, das auch in der aktuellen Printausgabe unserer Zeitung „Der Funke“ erschienen ist.
Die Redaktion
Haft ohne Delikt“
Innenministerin Fekter hat eine Novelle zum Asylgesetz vorgelegt. Welche Folgen hat das für die Flüchtlinge?
Michael Genner: Dieses Gesetz wird neues, unfassbares Leid über Tausende Menschen bringen. Die schrecklichste Folge wird die Ausweitung der Schubhaft sein. Flüchtlinge sollen sofort nach der Einreise verhaftet werden, um sie in angeblich sichere Nachbarstaaten Österreichs abzuschieben, von den wir genau wissen, dass sie dort nicht sicher sind.
Ist das denn neu? Das war doch auch schon unter Liese Prokop so.
Michael Genner: Ja, so war es schon vor drei Jahren unter dem Prokop-Gesetz. Tag für Tag wurden Väter vor den Augen ihrer Kinder in Handschellen abgeführt, die Familien auseinander gerissen. Wir haben aber durch unsere Haftbeschwerden erreicht, dass der Verwaltungsgerichtshof die Verhaftung am Beginn des Verfahrens für rechtswidrig erklärte: unser größter juristischer Erfolg im Kampf gegen das Prokop-Gesetz. Fekter will nun diese Errungenschaft zerstören.
Was genau steht in dem Entwurf?
Michael Genner: Fekter führt die Schubhaft am Verfahrensbeginn verpflichtend ein: Asylwerber müssen sofort verhaftet werden, wenn Österreich sie an ein anderes Land loswerden will. Das bedeutet, wie das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge warnend feststellt, „die geplante Schubhaft für Tausende unbescholtene Asylwerber pro Jahr“. Und zwar nicht nur, wie früher, die Väter (als Geiseln für den Rest der Familie), sondern auch die Frauen und Kinder werden eingesperrt, weil Fekter so familienfreundlich ist.
Was sagst Du dazu, dass Fekter bbehauptet, ihre Maßnahmen dienten der Bekämpfung der Kriminalität?
Michael Genner: Daran ist kein wahres Wort. Die Menschen, die gleich am Beginn des Verfahrens eingesperrt werden, haben nichts verbrochen. Ihre einzige „Schuld“ besteht in ihrer Flucht. Schubhaft ist Haft ohne Delikt. Die Hauptleidtragenden werden die „echten Flüchtlinge“ sein: schwer kranke, traumatisierte Menschen, die schon in der Heimat im Gefängnis waren, mit knapper Not dem Tod entronnen sind, Folteropfer, vergewaltigte Frauen, verstörte Kinder. Sie alle sollen sofort hinter Gitter kommen. Folteropfer neuerlich einzusperren, löst immer eine schwere Retraumatisierung aus und ist psychische Folter. Frau Fekter trägt die volle Verantwortung dafür.
Danke für das Gespäch.
Gedenkkundgebung für den verstorbenen Schubhäftling Gaganpret Singh K.
Dienstag 15. September, 17 Uhr
vor dem Schubhaftgefängnis in Wien 8., Hernalser Gürtel 8-12