Nach Jahren ausufernder Krise der Österreichischen Briefzustellung kann nach wie vor keine Rede von einem Ende der Probleme bei der Post sein.
Nach Jahren ausufernder Krise der Österreichischen Briefzustellung, die ab Herbst 2017 in einen offenen Konflikt zwischen Personalvertretung und Management mündete (mit einem Epizentrum in Vorarlberg), kann zehn Monate später keine Rede von einem Ende der Probleme bei der Post sein. Ein Update zur Situation und zur Verantwortung der FSG (Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen) nach den Personalvertretungswahlen.
Bei unserem letzten Artikel zur Post Anfang 2018 befand sich insbesondere die Vorarlberger Personalvertretung mitten in einer medialen Offensive gegen die katastrophalen Zustell- und Arbeitsbedingungen im Unternehmen. Die Personalvertreter Franz Mähr und Marc Sigl (FSG) wurden dafür vom Management mit Kündigungsdrohungen und Gerichtsklagen eingedeckt, um ein „Medienkontaktverbot“ zu erzwingen.
Dieser „Maulkorb-Erlass“ war in aller Munde, der öffentliche Aufschrei wurde zum Politikum: es gab „Postgipfel“ und scharfe Rügen von Landtag und Landesregierung. Die Klagen mussten ruhend gestellt werden, und das Post-Management war gezwungen, öffentlich „Besserung“ zu geloben.
Modernste Management-Methoden: der „perfekte“ Personalstand
In einem ersten Schritt dieser „Besserung“ putzte sich das Management an der eigenen Regionalleitung ab und kündigte mehrere mittlere Angestellte (die allein für alle Probleme verantwortlich gemacht wurden). Schließlich zog man aus anderen Bundesländern Briefträger ab, um dem akuten Verfall der Zustellung irgendwie Herr zu werden – „Zusammenziehen auf nationaler Ebene“, könnte man das im Postler-Jargon nennen.
Dadurch, vor allem aber durch den saisonbedingten Rückgang des Post-Volumens im Sommer, ist die Situation derzeit in mehreren Zustellbasen einigermaßen stabil. Punktuell wurden bei der letzten Systemisierung tatsächlich auch einige Bezirke minimal verkleinert, private Paketfrächter schufen vereinzelt Erleichterung. Allerdings ist der Winter mit massiv gesteigertem Post- und Paketvolumen bereits wieder angelaufen, und in Gesprächen mit Postlern herrscht kein Zweifel darüber, dass die immer noch hauchdünne Personaldecke jederzeit wieder reißen kann. In der Gesamtschau der letzten Jahre kann man sagen: das Management hat diese selbst hervorgerufene Krise sehr gut genutzt, um das Personal ziemlich exakt auf einen Punkt herunterzukürzen, wo die Zustellung (momentan!) irgendwie funktioniert.
Die „Taten“ Pölzls und der Vorarlberger Landesregierung
Somit wäre ja alles paletti! Der ach-so-väterliche „Beistand“ der Vorarlberger Landesregierung erübrigte sich sofort: man stellte dem repressiven Post-Chef Pölzl bereits im Juni ein „gutes Zeugnis“ aus – „Den Worten sind Taten gefolgt!“, kommentiert Landesrat Karlheinz Rüdisser die vorläufige Ruhendstellung der bisher drastischsten Sparmaßnamen der Österreichischen Post.
Wie nachhaltig übrigens die „Taten“ der Post zur Rettung der österreichischen Zustellung sind, zeigt sich in Salzburg. Hier hat sich rein gar nichts geändert: die Regionalmedien sind weiterhin voll von wutentbrannten Leserbriefen, von Berichten über den Teufelskreis aus Überbelastung und Unterbesetzung der Postler – und höchstens die Salzburger Burnout-Raten übersteigen hier die Profite der Post.
FSG-Wahlsieg
In dieser Situation fanden Ende September die Gewerkschafts- und Personalvertretungswahlen der Post statt. Das Ergebnis: die FSG erhielt bundesweit 68,7% (plus 3%), in Vorarlberg fuhr Franz Mähr sogar plus 6 (über 71%) der Stimmen ein.
Dieser Zuwachs ist zweifellos der scharfen (und dringend notwendigen!) medialen Kritik der FSG an den Zuständen im Unternehmen geschuldet. Es ist sonnenklar, dass der entschlossene Mediengang von Franz Mähr zentral für den Stimmenzuwachs in Vorarlberg war. Für viele Postler muss die Veröffentlichung der barbarischen Arbeitsbedingungen, und die Entlarvung von Oberschinder Pölzl eine außerordentliche Genugtuung sein. Auch die klare Positionierung von FSG-Chef Köstinger gegen die schwarz-blaue Regierung trug sicher einiges zum Ergebnis bei (er sprach bei der Wiener Gewerkschaftsdemonstration im Juni vom Sturz der Regierung!).
Ebenso sonnenklar ist aber, dass von keiner „Begeisterungswahl“ für Mähr oder die FSG gesprochen werden kann. Die mediale Veröffentlichung des Post-Skandals wird allseits gelobt. In unseren Gesprächen mit Briefträgern wurde aber gleichzeitig ein Widerspruch zu dem deutlich, was sich die Belegschaft mit der Wahl der „Roten“ eigentlich erwartet: nicht das äußerst seltene Erscheinen der Personalvertreter vor Ort mit Wurstsemmeln zum Stimmenfang, sondern Streikfähigkeit der Belegschaft gegen kommende Angriffe; nicht ständiges Hochloben der angeblich „großen Erfolge“ der Gewerkschaft, sondern das Eingeständnis, dass man in der Tinte sitzt; keine Fortsetzung der leeren Wahlkampfzettel mit dem Stehsatz: „Wir werden auch weiterhin alles tun, um …“, sondern wirkliche Strategien, wie die Stärke der Belegschaft gegen das Management eingesetzt werden kann. Kurz: man erwartet sich eine Veränderung anstatt eine “bessere“ Form der Verwaltung des Status Quo.
Was brauchts? Nichtstun rächt sich!
Hinter diesen Erwartungen steckt das Bewusstsein, dass Medienberichte der Profitgier der Geschäftsführung keinen Abbruch tun. Die FSG muss das gute Wahlergebnis ummünzen in eine gewerkschaftliche Strategie zur Beendigung des kapitalistischen Kahlschlags im „Staatsunternehmen“ Post. FSG-Chef Köstinger muss seinen Worten vom „Sturz der Regierung“ Taten folgen lassen. Der angekündigte „heiße Herbst“ bietet die Gelegenheit, die ökonomische Macht der 20.000 Postler solidarisch in die KV-Verhandlungen einzubringen – spätestens im Sommer, wenn man sich wieder mit den eigenen Chefs um den KV schlägt, machen sich Kampferfahrung und Solidarität anderer Branchen bezahlt! Findet diese dringend nötige Mobilisierung und Organisierung der Belegschaft aber nicht statt, werden wir bald wieder in den Abendnachrichten von weiteren „Postskandalen“ zu erfahren.