In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurden die Kollektivvertragsverhandlungen der Metall-Gewerkschaft mit der Arbeitgeberseite ergebnislos abgebrochen. Am 19. Oktober wird weiterverhandelt. Falls es zu keiner Einigung kommt, sollen noch in diesem Monat Betriebsversammlungen folgen. Die Positionen der UnternehmerInnen kommen einer Provokation gleich. Es darf kein Zurückweichen geben!
Die Ausgangssituation war folgende: Eine Inflationsrate von 1″6% bei einem Wachstum von 3″1%. Nach dem Vorjahresabschluss von 3″1% war es zu großen Unstimmigkeiten unter den Arbeitgeberverbänden gekommen. Vom Finanzminister Grasser bis zur Industriellenvereinigung mehrten sich die Stimmen, die dieses Ergebnis nicht mittragen wollten. Der „Standort Österreich, leide unter zu hohen KV-Abschlüssen. Selbst in den Reihen der Führung der ArbeiterInnen und Angestellten gibt es noch so manchEn, der/die solche Abschlüsse als wirtschaftsschädigend betrachtet. Ironischerweise war es gerade der Vorsitzende des Handels, der das kräftige Plus im vergangenen Weihnachtsgeschäft auf die hohen Abschluss der Metaller zurückführte!
Heuer stehen die Zeichen auf Konfrontation: Gewisse Verbände fordern ein Abgehen von der bisherigen Lohnverhandlungstrategie. Und das sieht in etwa so aus: Es soll nur noch eine Abgeltung der Inflation von 1″6% geben. Die restliche Erhöhung errechnet sich durch das EBIT (=Betriebsergebnis durch Umsatz, Jahresgewinn vor Steuer) .
Aber das ist noch nicht alles: 1% EBIT ergibt ein Plus von 0″1% der Jahreslohnsumme als bloße „Einmalzahlung“! Dazu kommt noch eine EBIT-Untergrenze von 4% und eine Obergrenze von 10%! Das heißt: Bei 3″9% EBIT gibt“s nichts außer die Inflationsabgeltung obwohl der Betrieb Gewinne macht, andererseits müssten sich MitarbeiterInnen eines Betriebes mit einem EBIT von 20% auch mit 2″6% begnügen (1″6% Inflation + 1% EBIT). Dabei möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass es sich beim Anteil, der sich aus dem EBIT berechnet, um eine Einmalzahlung handelt!!!
Dieses Differenzierungssystem an sich stellt uns vor grundsätzliche Probleme: Das Prinzip der gewerkschaftlichen Solidarität soll weiter ausgehöhlt werden. Man will bewusst einen Keil in unsere Bewegung treiben – zwischen KollegInnen aus Betrieben, die besser dastehen, und jenen aus Betrieben, die weniger gute Zahlen ausweisen. Und außerdem: Wer kontrolliert die Bilanz? Wie sieht die rechtliche Sicherheit aus? Speziell in Betrieben, die keinen Betriebsrat haben, wird es zu Problemen kommen.
Auf öffentliche Aussagen zur Gewerkschaftsposition bei den Lohnverhandlungen wartete man leider vergeblich. Einzig der Wunsch nach einer Woche Bildungsfreistellung für alle ArbeitnehmerInnen wurde präsentiert. Dies wurde – obwohl immer wieder Lippenbekenntnisse zur Weiterbildung abgegeben werden (letztens beim Gipfel der Sozialpartner in Bad Ischl) – von der Arbeitgeberseite nicht einmal richtig ernsthaft diskutiert.
Sehr wohl aber wollte die Arbeitgeberseite allerdings flexiblere Arbeitszeitmodelle diskutieren -sie fordert eine 48 Stunden-Woche, Durchrechnungszeiträume von bis zu zwei Jahren um Überstunden abzubauen, sowie eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit bis hin zu 12 Stunden. Eine Provokation!
Ebenso wie sich die Kapitalseite bei den Regierungsverhandlungen unnachgiebig zeigt, so ist sie auch bei den KV-Verhandlungen zu immer weniger Zugeständnissen bereit. Vielleicht rechnet man sogar mit einer politischen Intervention der SPÖ, die das Verhandlungsklima nicht durch gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen zerstört sehen möchte.
Vergessen wir nicht die Vorbildwirkung der Metaller-Verhandlungen. Wenn selbst bei den gut organisierten MetallerInnen ein schwaches Ergebnis und ein Aufbrechen der solidarischen Lohnpolitik herauskäme, dann wäre dies ein Signal für härtere Angriffe auf die weniger gut organisierten Branchen. Der gesamte ÖGB müsste sich bei allfälligen Kampfmaßnahmen hinter die MetallerInnen stellen und auf Betriebsversammlungen in den anderen Branchen Solidaritätsaktionen organisieren.
Kein Zurückweichen! Für eine Urabstimmung über die Verhandlungsergebnisse und allfällige Kampfmaßnahmen!
Auf Mitglieder- und Betriebsversammlungen müssten die Forderungen, mit denen wir in die Verhandlungen gehen, diskutiert werden. Heute weiß niemand, wie viel Prozent Lohnerhöhung eigentlich von unserer Seite gefordert werden. Wenn sich die Gegenseite unnachgiebig zeigt, muss noch während der Verhandlungen in Betrieben durch Mobilisierungen gezeigt werden, dass wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen. In Zeiten verschärften Klassenkampfs von oben schwächt uns nur die alte sozialpartnerschaftliche Gepflogenheit, dass man zum Zeichen des guten Willens auf Mobilisierungen verzichtet.
Vor dem Abschluss der Verhandlungen müssten in den Betrieben Betriebsversammlungen und Urabstimmungen aller Mitglieder organisiert werden. Auch allfällige gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen – Beginn, Ausweitung und Ende – müssten demokratisch in den Betrieben diskutiert werden.