Gemeinsam gegen JEDE Unterdrückung – Free Palestine

In Ungarn verbietet Ministerpräsident Orbán die Pride-Demonstrationen und lässt die zwei Geschlechter in die Verfassung schreiben. Eine der ersten Amtshandlungen von US-Präsident Donald Trump war die gesetzliche Festlegung, dass es nur noch zwei Geschlechtsidentitäten in den USA gibt: männlich und weiblich. In den USA wurden allein 2025 bisher 910 Anti-Trans Gesetze eingebracht und sind aktuell in Begutachtung. In Großbritannien griff Keir Starmer, Premier der aktuellen Labour-Regierung, ein Anti-Trans-Urteil des Obersten Gerichtshofes auf, um einen reaktionären Kulturkampf anzufachen. Nur noch biologische Frauen sollen in Zukunft durch das Gleichstellungsgesetz geschützt werden. Diese Politik der Spaltung hat tödliche Folgen: In Europa wurden 2024 350 Transpersonen ermordet. In Österreich machen rechtsradikale Gruppen unter dem Vorwand des Bestrafens von Pädophilie Jagd auf schwule Männer, um sie zu verprügeln und zu erniedrigen. Von Laura Höllhumer.
Die Rechten und Reaktionären sind weltweit am Drücker. Vorgeblich schützen sie Frauen vor der „Gender-Ideologie“, in Wahrheit zementieren sie die Gitterstäbe des Familiengefängnisses, das Mädchen und Frauen an Herd und Heim fesseln soll. Dagegen braucht es einen Kampf. Viele Konzerne, die sich bisher als Verbündete der LGBT+ Bewegung dargestellt haben, machen eine Kehrtwende und verabschieden sich von bisherigen Bekenntnissen. Meta, McDonalds, Walmart, Ford, Google, Amazon,… Sie alle haben ihre Programme für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion aufgegeben. Die waren für sie nie mehr als ein Geschäftsmodell. Jetzt wo sich der politische Wind gedreht hat, wechseln sie ihre „Werte und Überzeugungen“ wie Unterhosen.
Dabei ist LGBT+-Unterdrückung kein isoliertes Phänomen, sondern ist eng mit der Struktur des Kapitalismus und der Klassengesellschaft verwoben. Allein schon dadurch, dass die überwältigende Mehrheit aller LGBT+-Personen selbst Teil der Arbeiterklasse sind – bzw. es nach Schule und Studium werden wird. Es kann also keine Befreiung, ohne ein Ende der Profitwirtschaft und der Ausbeutung geben. Es kann keine Befreiung ohne ein Ende des Kapitalismus geben.
Für die Liberalen und Reformisten, die über Jahrzehnte die Queer-Community dominiert haben, ist LGBT+-Unterdrückung ein Single Issue Thema. Sie bestehen darauf, diese hätte nichts mit anderen Formen der Unterdrückung, Ausbeutung oder der Krise des Kapitalismus zu tun. Das führt dazu, dass die Pride-Demos zwar als politische Demonstrationen vermarktet werden, aber dann vor Ort den größten Konzernen Pinkwashing erlaubt wird.
Das stellt sich mittlerweile als enorm schädlich heraus. Denn damit einher geht die Überzeugung, man solle nicht gegen JEDE Unterdrückung kämpfen, sondern nur gegen spezifische Formen. Andere werden sogar weiter bestärkt. Die Thematisierung von sexueller Unterdrückung im Programm der aktuellen Regierung spricht dafür Bände: Als größtes Problem für LGBT+-Personen wird nicht die tägliche Diskriminierung am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche oder der Gesundheitsversorgung erkannt, sondern „religiös und kulturell motivierte Homophobie“, die die Regierung durch Wertekurse verhindern möchte. Denn: „LGBTIQ+-feindliches Verhalten ist in bestimmten migrantisch geprägten Gruppen weit verbreitet.“ Pro-LGBT+ heißt bei ihnen anti-muslimisch. Dieses Argumentationsmuster kennt man schon aus der verlogenen Antisemitismus-Debatte. All das spielt den Rechten in die Hände und untergräbt eine starke Kampffront gegen Angriffe.
Die Liberalen und in ihrem Schlepptau die Reformisten brauchen die Dominanz über die LGBT+-Community, um weiterhin gesellschaftlichen Rückhalt zu generieren. Allein durch diesen Kulturkampf können sie sich in den Augen der Jugend als die progressivere Option darstellen. Das Programm, das sie vertreten, ist dabei dabei um keinen Deut fortschrittlicher. Sie wollen weiter wie bisher die Arbeiterklasse und die ex-kolonialen Länder harmonisch im Sinne von Globalisierung und Freihandel ausbeuten. Das verteidigen sie gegen jenen Flügel der Herrschenden, die ihr Heil in Protektionismus und Nationalismus suchen. Kapitalismus, Imperialismus und alles was dazu gehört, wie Rassismus, Ausbeutung, Krieg und nationale Unterdrückung, sind ein integraler Bestandteil der liberalen Interessenlagen und müssen deshalb, wie eben auch die bedingungslose Unterstützung Israels, unbedingt aufrechterhalten bleiben. Die queere Solidarität der unterdrückten Palästinensern passt ihnen da gar nicht rein.
In der LGBT+-Community gibt es große Kampfbereitschaft gegen den Genozid, der von Israel an den Palästinensern verübt wird. Das sahen wir schon letztes Jahr auf den Pride-Demonstration, wo zig Menschen Kufiyas und Wassermelonen-Symbole trugen. In Schweden fanden anlässlich vom Eurovision Songcontest letztes Jahr Demos mit über 15.000 Protestierenden gegen die Teilnahme Israels statt. Genau diese Forderung hat auch JJ, der diesjährige ESC-Gewinner aus Österreich, vertreten. Er sei sehr enttäuscht, dass Russland vom Bewerb ausgeschlossen wurde, Israel aber nicht.
Damit drückt JJ die wahren Überzeugungen und Gefühle der Mehrheit aus. Einen seltenen Einblick darin bekamen wir jüngst durch eine Umfrage in Deutschland. Befragt, ob das militärische Vorgehen Israels gerechtfertigt ist, antworteten 80% der Menschen mit Nein. Für Österreich liegen solche Umfragen nicht vor, aber sie würde mit Sicherheit ein ähnliches Bild ergeben.
In den Redaktionen von Standard bis Profil herrscht Empörung, weil JJ es sich erlaubt, eine Meinung zu äußern, die den Bedürfnissen des Imperialismus entgegensteht. JJ würde „Unsinn plappern“, er sei zwar „stimmlich top, politisch jedoch töricht unbedarft“. (Der Standard, 22.05.25) Es muss nun bewiesen werden, warum die Aussagen von JJ antisemitisch seien. Genau die Medien, die seit 18 Monaten Propaganda für den Völkermord machen, holen nun das alte Mähr vom bedingungslos zu unterstützenden Selbstverteidigungskrieg wieder hervor. Im Standard liest man: „Israel ist nicht mit Russland vergleichbar. Russland führt einen Angriffskrieg gegen ein von ihm überfallenes Land, Israel wehrt sich gegen eine islamistische Terrororganisation, die am 7. Oktober 2023 das Land überfallen hat.“ (Stefan Weiss, Der Standard, 22.05.)
Noch witzloser ist es wie der ORF darauf zu pochen, dass der Song Contest unpolitisch bleiben muss. Was sie meinen: Song Contest und LGBT+-Community sollen ungeteilt vor ihren Wagen des westlichen Imperialismus spannen lassen. Denn Israel nutzt das Event schon lange ganz bewusst als politische Bühne, um sich trotz Kriegsverbrechen und Apartheit beliebt zu machen. Etwa durch das Publikumsvoting, wofür mit einer staatlich koordinierten PR-Kampagne mobilisiert wird. Das ist Teil strategischer Außenpolitik und der israelische Botschafter in Wien nutzt den ersten Platz Israels beim Publikumsvoting auch gleich, um darin „ein stilles, aber unbestreitbares Zeichen der Solidarität der Zivilgesellschaft mit Israel“ zu sehen. Der Vereinnahmung der LGBT+-Community für den westlichen Imperialismus wird von Ex-JÖH-Vorsitzendem Bini Guttmann die Krone aufgesetzt, als er JJ dessen Verehrung für die russischen Opernsängerin Anna Netrebko zum Vorwurf macht.
Die Pride-Demonstration soll ebenso zu einer Parade des Liberalismus gemacht werden, wo wir gemeinsam mit den verbliebenen Großkonzernen die Segen der liberalen Welt feiern dürfen. Der Kampf gegen Völkermord, Sparpolitik und Ausbeutung sollen bitte draußen bleiben. Um das durchzusetzen, müssen die Veranstalter die Regenbogenparade entdemokratisieren und setzen auf Zensur. In Wien wurden dieses Jahr erstmals Nationalfahnen verboten, nachdem es letztes Jahr zu vielen spontanen Soliaktionen mit Palästina gekommen war. Weiters müssen Teilnehmer an der Parade alle Inhalte zuvor freigeben lassen, sonst drohen Strafen bis zu 10.000 Euro. In dieser orwellschen Dystopie einer „politischen Demonstration“ darf es keinerlei Regung außerhalb des vorgegeben Programms geben. Von der Pride in Vorarlberg wurden Kommunisten ausgeladen mit der falschen Unterstellung, sie würden durch ihre offene propalästinensische Haltung „queerfeindliche Gruppen unterstützen“ und die Demokratie ablehnen.
The first Pride was a Riot! Wir müssen uns die Pride zurückerobern und sie zu einem Ereignis machen, vor dem die Herrschenden Angst haben. So wie das 1969 der Fall war, als die Polizei auf die demonstrierenden Schwulen, Lesben und Transpersonen gehetzt wurde und diese in tagelangen Straßenschlachten zurückgekämpft haben. Die Pride muss sich gegen alle herrschenden Zustände richten und zu einem Ausdruck der Solidarität und dem Kampf gegen ALLE Formen der Unterdrückung und Ausbeutung sein. Dafür kämpft die RKP. Schließ dich uns an.
Funke 234/28.05.2025
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