Insolvenzen: Wir sind kein Schlachtvieh!

2021 gab es noch 3.034 Insolvenzen, 2024 schon 6.587. Die Passiva der betroffenen Unternehmen haben sich dabei von 1,8 Mrd. auf beinahe 19 Mrd. verzehnfacht. Auch die Zahl der betroffenen Arbeiter hat sich auf fast 30.000 verdreifacht. Von Kurt Bührle.
Zwar gab es in der Vergangenheit Jahre mit ähnlich vielen Betroffenen, doch meist bei allgemeinem Wirtschaftswachstum. Heute aber steckt die Produktion das dritte Jahr in Folge in der Krise. Die Industrieproduktion im Dezember 2024 fiel im Vergleich zum November um 3,4%, im Jahresvergleich sogar um 9,6%. Dies ist der stärkste Rückgang in ganz Europa. Vorbei die Zeit, in der man darauf vertrauen konnte, ohnehin den nächsten gut bezahlten Industrie-Job zu finden. Massenentlassungen und drohende Arbeitslosigkeit sind damit programmatische Kernfragen der Arbeiterbewegung.
Von allen Verteidigern des Kapitalismus werden Betriebsschließungen als Naturkatastrophe dargestellt, die man nicht verhindern könne, sondern nur „sozial abfedern“. Dies ist falsch.
Der Fall der KTM-Pleite ist dafür nur das plakativste Beispiel. Hunderte Stellen werden gestrichen. Gleichzeitig übernimmt KTM-Eigentümer Pierer trotz Insolvenzverfahren gemeinsam mit Mateschitz und Raiffeisenbank sogar noch Fahrzeughersteller Rosenbauer!
Außerdem haben die Eigentümer solcher Pleiten stets viel Vermögen durch undurchsichtige Firmengeflechte und Stiftungen sicher verwahrt. In einer Untersuchung der Arbeiterkammer werden insgesamt 24 Privatstiftungen und 54 Immobiliengesellschaften der Familie Pierer zugeordnet. Arbeitslosigkeit für Arbeiter und Zulieferer, Renditen für den Geldbarone! Zuerst bei KTM und dann nochmals bei der „Rosenbauer-Sanierung“.
Was sollten Arbeiter und Gewerkschaften zu diesem Skandal sagen? Wir stellen unsere Interessen über eure Profitgier! Was aber tun die Gewerkschaften? Die Produktionsgewerkschaft PRO-GE betont, dass sie die Kollegen „über diese schwierigen Wochen hinweg begleiten“ wolle. Als einzigen Ansatzpunkt sieht sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Auszahlung der Löhne zu begleiten. Nett, aber tragisch unzureichend.
Die Möglichkeit, den Stellenabbau zu bekämpfen, sieht die derzeitige Gewerkschaftspolitik nicht vor. Dabei geht es hier um die Leben von tausenden Arbeitern die Tag und Nacht hervorragende Maschinen entworfen und gebaut haben. Mit dem erarbeiteten Profit der KTM-Belegschaft schleicht sich Pierer derweil aus der „unternehmerischen Verantwortung“, indem er sich einfach neue Betriebe krallt.
Mit „Standortpolitik“ und Verständnis für die Unternehmer werden wir in der Hölle der Massenarbeitslosigkeit und Verarmung enden. Wir brauchen einen ganz anderen Ansatz.
Kampf um den Erhalt jedes Arbeitsplatzes! Bei angedrohten Betriebsschließungen, Kapitalflucht oder Massenkündigungen müssen wir uns stark machen, damit wir die Geschäftsbücher und Konten einsehen können. Wir und Kollegen, denen wir vertrauen, müssen diese prüfen, um zu verstehen, was die Bosse mit den Profiten der letzten Jahre gemacht haben und welche Produkte sich verkaufen lassen und welche nicht. Um Betriebsschließungen und Maschinenabbau zu verhindern, können die Betriebe besetzt und ganz unter Kontrolle der Arbeiter gebracht werden.
Um das abzusichern, ist es notwendig, die Betriebe unter Arbeiterkontrolle wieder hochzufahren. Es gilt dafür zu streiten, dass der Betrieb ganz verstaatlicht und unter Kontrolle der Belegschaft, Vertretern der Gewerkschaften und des Staates paritätisch weitergeführt wird. Der ehemalige Eigentümer wird unter Abzug des Profits, den er aus dem Betrieb gepresst hat, entschädigt.
Die Krise des Kapitalismus vertieft sich ständig, doch unsere Chancen, eine intakte Industrie und technologische Entwicklung zu retten, bestehen weiter. Dies brauchen wir, um all die ungelösten Probleme des Planeten und ungestillten Bedürfnisse der Menschen zu bewältigen. Schließe dich heute der RKP an, um diese Ideen in den Betrieben zu verbreiten. Wir Arbeiterinnen und Arbeiter sind kein Schlachtvieh!
(Funke Nr. 231/26.02.2025)