Auch in Österreich haben über Monate hinweg fast wöchentlich hunderte, oft tausende Menschen gegen die Unterdrückung der Palästinenser und gegen die Unterstützung der österreichischen Regierung für den Krieg demonstriert. Dies ist bemerkenswert, da Staat und Medien sofort jeden Ausdruck der Solidarität mit den Palästinensern mittels staatlicher Repression und medialer Verleumdung (Terrorsympathie und Antisemitismus) brechen wollten. Einen massenhaften Charakter konnte die Bewegung in Österreich so nicht erlangen, aber die Stimmung in der Bevölkerung ist trotzdem klar auf Seiten der unterdrückten Palästinenser. Von Florian Keller.
Doch die weltweiten Demonstrationen für einen Waffenstillstand mit Millionen Teilnehmern und individuelle Boykotte haben die Position der westlichen, arabischen und israelischen Regierungen nicht verändert. Das pazifistische Programm eines Appells an die UN oder Illusionen in die „Neutralität Österreichs“, das in verschiedenen Abstufungen sowohl von der „Liste Gaza“ als auch den wenigen propalästinensischen Kräften in der Linken (wie z.B. der KJÖ) vertreten wird, ist eine Sackgasse. Nur eine revolutionäre Perspektive bietet einen Weg vorwärts.
Die in den USA Ende April gestartete Encampmentbewegung an den Unis hat auch in Europa frischen Wind in die Bewegung gebracht. Sie rief bei den Herrschenden Angst vor einer Wiederholung der erfolgreichen Bewegung gegen den Vietnamkrieg hervor. Aber die politische Ausrichtung der Unibewegung blieb moralisierend, individualistisch (keine kollektiven politischen Diskussionen) und auf Boykott orientiert. Die Camps blieben so isoliert, obwohl an mehreren amerikanischen Unis Gewerkschaften mit dem Kampf der Studierenden sympathisierten. In der österreichischen Situation bot die Orientierung auf „Divest“ kaum Berührungspunkte zu nicht-aktivistischen Studierenden.
Deswegen haben wir als Revolutionäre Kommunisten die Initiative gesetzt, nach der Niederlage der Besetzungsbewegung auf Palästinademos und bei dutzenden Aktionen mit Reden, Flugblättern und unserer Zeitung, die Idee eines Schulstreiks für Palästina zu verbreiten.
Schools for Palestine
Dabei zeigte sich, wie dünn die Decke der nationalen Einheit tatsächlich ist! Bei den meisten Aktionen vor Schulen reichte es, eine Palästinafahne aufzuhängen, um von interessierten Schülern umringt zu werden. Die Schüler wollten endlich diskutieren, was in der Schule oft verboten ist: Warum finden der Krieg und der Massenmord an den Palästinensern statt? Was ist die Alternative dazu? Warum Lügen „unsere“ Medien, Politiker und das Bildungssystem über das, was tatsächlich passiert? Warum steigt der Rassismus immer mehr an? Hunderte Interessierte gaben uns so direkt ihre Kontaktdaten, weil sie zustimmten, aktiv etwas für Palästina zu machen – und die Idee eines Schülerstreiks konnte dieser Stimmung einen Ausdruck geben. Alleine bei einer Aktion in Graz meldeten sich fast 30 Schüler dafür, dass sie aktiv werden wollten.
Doch gleichzeitig bestätigte sich auch, wie weit die Unterdrückung geht. Bei mehreren Fällen wurde so bei unseren Flugblattaktionen die Polizei gerufen, die teilweise mit völlig konstruierten „Tatbeständen“ versuchte, die Aktionen zu beenden. In einem Fall in Wien argumentierten so herbeigerufene Polizisten, dass das große Interesse von dutzenden Schülerinnen und Schülern die Aktion zu einer „unangemeldeten Versammlung“ machen würde, weil sich eine Traube um die beiden Genossen bildete. Das ist die sogenannte „Demokratie“ und „Meinungsfreiheit“ im Kapitalismus! Viele Schüler sind daher nicht nur wütend über die Unterdrückung der Palästinenser und auch die Unterdrückung ihrer eigenen Meinung, sondern haben auch Angst.
Das bedeutet im Kontext der Ratlosigkeit der Bewegung im Allgemeinen, dass sich neben viel Sympathie und Willen, etwas zu tun, bei vielen auch Fatalismus breit gemacht hat: Solange die USA Israel unterstützt könne man eh nichts machen, in diesem System machen sich die Reichen und Mächtigen alles aus, Bewegungen wie Black Lives Matter und der Arabische Frühling sind ja auch gescheitert… solche Argumente hören wir oft. Vor dem Sommer gab es so keine Bedingungen für die Organisierung eines Schulstreiks – denn nur die Entschlossensten waren letztendlich bereit, auch gegen alle Widerstände aufzustehen. Und genau auf diejenigen kommt es jetzt an.
Den Kampf gegen das System aufnehmen: Werde Revolutionärer Kommunist!
Sobald die Grenzen der Aktivität mit „alten“ politischen Ideen deutlich werden, gerät jede Bewegung in eine Krise. Der Weg zur Befreiung
ist kein geradliniger! Aber diejenigen, die sich nicht mit der erzwungenen Friedhofsruhe der herrschenden Klasse zufriedengeben, haben es in der Hand, einen neuen Aufschwung der Bewegung vorzubereiten – einen größeren, mächtigeren und allumfassenderen. Doch nur unter einer Bedingung: Es müssen alle politischen Schlussfolgerungen aus den bisherigen Kämpfen vollständig und ehrlich gezogen werden.
Die Unterdrückung der Palästinenser und imperialistische Kriege allgemein, der Klimawandel, steigender Rassismus und Frauenunterdrückung, die immer schlechter werdenden Lebens- und Arbeitsbedingungen, der weltweit grassierende Hunger – sie alle sind einzelne Symptome des sterbenden kapitalistischen Systems, das in seinem Todeskampf wild um sich schlägt und dabei das Leben der unterdrückten Völker, der Jugendlichen und der Arbeiter weltweit systematisch zerstört. All diese Probleme können nur gemeinsam und auf einmal, durch eine sozialistische Revolution der Arbeiterklasse gelöst werden. Diese Zeitung kann als Instrument dienen, um diese Idee unter Freunden und Kollegen zu verbreiten und zu beginnen, die Isolation zu überwinden.
Und so wie wir für kleine und tagtägliche Kämpfe an den Schulen, Unis und in der Arbeit eine feste revolutionäre Organisation brauchen, um uns gegen den Druck der herrschenden Klasse stellen zu können (siehe Bericht unten und Leserbriefe auf S. 2), so braucht die Arbeiterklasse auch als Ganzes eine Revolutionäre Kommunistische Partei und Internationale, um den Kapitalismus selbst zu stürzen. Wir arbeiten unabhängig von den Aufs und Abs von Bewegungen und Stimmungen, im Kleinen wie im Großen gemeinsam in über 40 Ländern der Welt daran, diese Organisation aufzubauen, damit wir den Kapitalismus in seiner tiefsten Krise zusammen mit all der Unterdrückung, die er hervorbringt, so bald wie möglich stürzen können. Daher: Tritt ein, Bau auf!
Demo in Vorarlberg
In Vorarlberg haben wir uns enthusiastisch an der „Schools for Palestine“ Kampagne beteiligt. Insgesamt organisierten wir 44 Infotische, bei denen wir tausende Flugblätter verteilten und insgesamt 190 Zeitungen verkauften. Nach den guten Rückmeldungen, aktiv etwas machen zu wollen, entschlossen wir uns, noch vor den Schulferien eine „Schools for Palestine“-Demo zu organisieren.
Das taten wir letztendlich am Donnerstag, den 4.7. um 16.00 Uhr in Dornbirn. Wir waren aber schon ab 10:00 Uhr mit einem großen Infotisch mit Zelt am Dornbirner Bahnhof anwesend. Dort fanden sich immer wieder Leute, die bereit waren z.B. als Ordner mithelfen zu wollen.
Letztendlich zogen ca. 300 Menschen; Schüler und Arbeiter, Männer und Frauen gemeinsam, lautstark und motiviert mit Slogans wie „Free Free Palestine“ und „Hoch die internationale Solidarität“ durch Dornbirn. Die Reden bei der Schlusskundgebung, die die kommunistische Perspektive im Kampf gegen die Unterdrückung der Palästinenser, die Einschränkung der Meinungsfreiheit hier und die Perspektive eines Schulstreiks erklärten, bekamen viel Applaus und Jubel.
Das war die erste Demonstration für Palästina seit Monaten in Vorarlberg. Wie sehr der kommunistische Ansatz der internationalen Solidarität fähig ist, alle künstlichen Spaltungslinien zu durchbrechen zeigte ein wütender Instagrampost einer religiösen türkischen Arbeiterin nach der Demo. Sie adressierte diejenigen, die die Möglichkeit hatten mitzumachen, aber nicht gekommen waren, weil wir Kommunisten seien und für LGBT: „Sie sind mehr wert als ihr. Sie waren die Stimme unserer muslimischen Geschwister, obwohl sie nicht die gleiche Nation und Religion haben“. In diesem Geiste des gemeinsamen internationalistischen Kampfes gegen alle Unterdrücker und Ausbeuter traten uns auf der Diskussion nach der Demo dann auch gleich 3 neue Genossinnen und Genossen verschiedenster Nationen bei!
Revolutionäre Kommunisten Vorarlberg
(Funke Nr. 225/8.07.2024)