Was Ökonomisierung der Bildung konkret bedeutet, lässt sich sehr gut am Beispiel der Studienrichtung Internationale Entwicklung analysieren. Doch es regt sich Widerstand. Von Bianca Schellander und Julia Eder.
Der Wahlfachkorb Internationale Entwicklung (IE) wurde erst nach einem mehrjährigen Kampf als eigenständige Studienrichtung anerkannt. Dennoch wurden dieser nicht dieselben Rechte zugestanden wie anderen, etablierten Studien. Die IE hatte beispielsweise jahrelang kein eigenes Institut. Erst die Proteste im Rahmen der Uni-Bewegung 2009 konnten eine Institutionalisierung des Studiums durch die Schaffung einer Forschungsplattform gewährleisten. Ein eigenständiges Institut, das mehr Rechte als die Plattform hätte, bleibt der IE aber weiterhin verwehrt. An der IE herrscht akuter Mangel an Personal und Raum für die Studierenden. Vor wenigen Wochen wurde eine neue Hiobsbotschaft verkündet: Die eigentlich zugesagte Finanzierung des Masters wurde zurückgenommen, da der Studienplan „inhaltliche Mängel“ aufweise. Festgestellt hatte dies das Rektorat, das bei diesem Punkt eigentlich kein Mitspracherecht besitzt. Der IE-Master kommt nun wahrscheinlich nicht – wie versprochen – im Wintersemester 2011, sondern erst 2012. Und dann vermutlich auf Englisch, um Zugangsbeschränkungen einführen zu können. Die Zustände, die auf der IE herrschen, und wie mit den Rechten der Studierenden umgegangen wird, machen eines deutlich: Bildung, die nicht direkt von kapitalistischen Strukturen verwertet werden kann, wird finanziell ausgehungert.
wIEderstand
Das Rektorat unterschätzte allerdings die Wut der Studierenden, die am 13. April zu einem Aktionstag mobilisierten, an dem verschiedene Workshops und Versammlungen sowie abschließend eine Demo stattfanden. Diese startete vor dem Hörsaal C1 auf dem Campus und zog Richtung Hauptuni, um den dort vom Rektorat und VertreterInnen der Wirtschaft abgehaltenen „Bachelor’s Day“ aufzulösen. Die unter dem Motto „Bachelor – was nun?“ gehaltene Veranstaltung musste abgebrochen werden, um vor den wütenden, auf ihr Recht pochenden Studierenden zu fliehen. Der kleine Festsaal wurde eine Weile besetzt gehalten, um die Message vorzubringen, dass es nicht von elitären, privilegierten AnzugsträgerInnen abhängen darf, welches Studium Unterstützung erhält und welches nicht. Bildung ist ein Recht, das für alle Menschen zugänglich sein muss – ohne jegliche Einschränkungen. Die derzeit stattfindende Ökonomisierung von Bildung ist nur eine weitere Art das sich in der Krise befindliche kapitalistische System zu stützen, indem kritische, die Gesellschaft hinterfragende Zugänge aus den Lehrplänen gedrängt werden.
Wie weiter?
Die im Moment dominierenden dezentralen Aktionsformen (z.B. „critical knitting“) in Kombination mit dem Fehlen einer einheitlichen Linie bergen die Gefahr in sich, dass sich die Proteste ohne konkrete Erfolge verlieren. Es ist falsch, sich auf individualisierende Ansätze zu verlassen, da es der Bewegung so an Schlagkraft fehlt. Der Fokus sollte auf eine einheitliche Mobilisierung und Aktionen zur Gewinnung der Solidarität der anderen Studierenden sowie anderen Teilen der Gesellschaft gelegt werden. Nur durch kollektive Organisation wird es möglich, gesellschaftliche Strukturen zu verändern und kleine und große soziale Kämpfe zu gewinnen!
Um den Kampf für den Master gewinnen zu können, sind einige Punkte entscheidend. Es sollten auf den wIEderstands-Plena kollektiv Forderungen diskutiert und abgestimmt werden. Diese müssen von einer von allen an den Protesten beteiligten IElerInnen gewählten (und auch wieder abwählbaren) Vertretung nach außen getragen werden. Der Unmut der Lehrenden und der Studierenden muss in weiteren, größeren Aktionen wie beispielsweise einer weiteren Demo in Kombination mit einem Institutsstreik seinen Ausdruck finden.
Die Autorinnen sind Studentinnen der IE an der Uni Wien