Der Kampf um die Angriffe der Regierung ist längst in den Betrieben angekommen und wird rege diskutiert. Viele glauben noch daran, dass es sie persönlich nicht betreffen wird.
Im Sozialbereich fühlt sich so mancher Bedienstete “durch den guten Vorarlberger Sozial-KV” vor solchen Entwicklungen geschützt, “in Vorarlberg läuft das alles etwas anders als in den anderen Bundesländern”, ist eine Mitarbeiterin überzeugt. Arbeitsdruck, Zwang zur persönlichen Aufopferung und konstante Personalengpässe sprechen aber dieselbe Sprache wie überall. Es herrscht Unklarheit darüber, wie man in diese Situation geraten ist.
Während einer Intervention bei der GKK hat sich uns ein ähnliches Bild gezeigt: unter den MitarbeiterInnen herrscht nur eine diffuse “Sorge” über das, was passiert, viele fühlen sich noch nicht persönlich betroffen, der Unmut gegen die Regierung zieht sich aber quer durch alle Betriebe. Das lässt sich bei vielen Sozialbediensteten beobachten: keine klaren Vorstellungen und nur ein verzerrtes Bild davon, was gerade abgeht. Viele stürzen sich in die kleinen Details ihrer Arbeit und die sattsam bekannte tägliche und persönliche Aufopferung. Das hat manchmal den Charakter einer Flucht vor den großen in die kleinen, selbständig lösbaren Probleme. Dass gemeinsam gekämpft werden muss, stellt viele Beschäftigte vor eine neue Situation.
Entsprechend breit gestreut sind die Vorstellungen darüber, was in dieser Situation getan werden soll: ein BR-Mail in einem großen Vorarlberger Sozialbetrieb schließt nach einer langen Auflistung aller geplanten Verschlechterungen mit: “Wir sind die Gewerkschaft! Es ist Zeit aufzustehen und Mitglied zu werden!” Dieselbe Betriebsrätin ist überzeugt: “Wir bauen auf die und leben die Sozialpartnerschaft”.
Dass diese Perspektive schon länger nicht mehr der Realität entspricht, hat die BRK für Vorarlberg gezeigt. Die “Aufkündigung” der Sozialpartnerschaft durch die Regierung wird mit Unverständnis quittiert: “Bisher haben wir immer gut miteinander reden können, aber das ist ein Angriff auf unsere Würde” – in einem BR-Mail klingt dann tatsächlich dieselbe Enttäuschung durch: “die vorliegenden Gesetzesänderungen entsprechen fast zur Gänze den Forderungen vor allem der Industriellenvereinigung, aber auch der Wirtschaftskammer” – der (ehemalige) Sozialpartner trägt die Verschlechterungen nicht nur mit, sondern kämpft aktiv um ihre Umsetzung.
Entsprechend war die BRK über weite Strecken in sehr kämpferischem Ton gehalten. Es soll gekämpft und mobilisiert werden. Selbst schwarze Gewerkschafter reden vom Klassenkampf und bekommen tosenden Applaus. Die Kampfbereitschaft ist hoch, viele RednerInnen schließen mit: “Wir sehen uns auf der Straße”. Über den konkreten Kampf aber wird nur eine Resolution beschlossen, dass die Beschäftigten “informiert werden müssen” und “vor Ort” beraten wird, welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden. Klar ist aber allen: der Normalzustand ist endgültig vorbei.
(Funke Nr.165/Juni 2018)